Auf eine
gemeinschaftliche Berufsausübung im Rahmen eines beruflichen Zusammenschlusses darf
nur dann hingewiesen werden, wenn diese mit
sozietätsfähigen Personen im Sinne des § 59a BRAO bzw. im Sinne der der Rechtsprechung des BVerfG
4 § 59a Abs. 1 S. 1 BRAO ist mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig, soweit Rechtsanwälten untersagt wird, sich mit Ärzten und Apothekern zur Ausübung ihrer Berufe zu einer Partnerschaftsgesellschaft zusammenzuschließen; BVerfG, NJW 2016, 700, 701 ff.
besteht. Dabei ist unerheblich, ob die gemeinschaftlich tätigen Berufsträger gesellschaftsrechtlich miteinander verbunden sind oder ob lediglich ein Anstellungsverhältnis besteht bzw. freie Mitarbeit geleistet wird, weil der Begriff der „Verbindung zur gemeinschaftlichen Berufsausübung“ im Sinne der anerkannten Auslegung von § 59a BRAO alle Formen von Berufsausübungsgemeinschaften umfasst (näher
↑§ 59a BRAO Rz. 17 ff.). Deshalb konnte die Aufzählung von Beispielen gemeinschaftlicher Berufsausübung in § 8 S. 1 BORA im Zuge der Neufassung der Vorschrift zum 1.3.2011 entfallen. Damit ist auch die Kundgabe sog.
Außen- oder Scheinsozietäten erlaubt, bei denen in Wahrheit keine Sozietät besteht, sondern die im Kanzleibriefkopf aufgeführten Anwälte lediglich Mitarbeiter des Kanzleiinhabers sind.
5 Henssler/Prütting/ Prütting, § 8 BORA Rz. 2, 5; Hirtz, NJW 2012, 3550, 3551 f. Vgl. zur alten Rechtslage insoweit BGH, NJW 2001, 165 f.; BGH, NJW 2012, 3102, 3103 ff.
Dies gilt aber nur, wenn Scheinsozietäten mit den in § 59a Abs. 1 S. 1 BRAO aufgeführten oder nach der Rechtsprechung des BVerfG
6 Näher BVerfG, NJW 2016, 700, 701 ff.
sozietätsfähigen Berufsgruppen kundgetan werden.
7 Es verstößt deshalb gegen § 59a Abs. 1 S. 1 BRAO, § 8 BORA, wenn ein Rechtsanwalt durch entsprechende Gestaltung seines Briefkopfes den Anschein erweckt, es bestehe eine gemeinschaftliche Berufsausübung mit einem Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH), AGH Koblenz, BRAK-Mitt. 2015, 148 ff.
Der BGH hatte die Kundgabe von Scheinsozietäten früher für unzulässig gehalten und dies mit der „Verkehrserwartung“ der rechtsuchenden Bevölkerung begründet, dass „eine kollegiale Zusammenarbeit aller gleichzeitig aufgeführten Rechtsanwälte auf gleicher Ebene“ stattfinde.
8 BGH, NJW 1996, 2308 (2310).
Man mag in der Tat darüber streiten, ob das Vertrauen des Mandanten in die Unabhängigkeit seines anwaltlichen Beraters in der Weise schutzwürdig ist, dass jener frei von Weisungen und Bindungen im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses handelt. Überwiegend wird heute aber nur noch die Haftungssituation als maßgeblich für die Kundgabe einer Außensozietät angesehen. Insoweit besteht tatsächlich kein Bedürfnis zur Offenlegung der vertraglichen Grundlagen der beruflichen Zusammenarbeit. Wer als Scheinsozius tätig wird, der wurde nach der früher herrschenden Lehre von der Doppelverpflichtung nach den Grundsätzen über die Anscheins- und Duldungsvollmacht mit verpflichtet.
9 BGHZ 70, 247 (249); NJW 2001, 165 f.
Die heute herrschende Akzessorietätsheorie
10 Vgl. BGHZ 146, 341 (344 ff.); s.a. bereits BGHZ 142, 315 (319); zu den Auswirkungen auf freiberufliche Sozietäten etwa K. Schmidt, NJW 2005, 2801 (2805 f.).
kommt über die Figur der Scheingesellschaft
11 Dazu Baumbach/Hopt/ Roth, § 128 HGB Rz. 5.
durch eine analoge Anwendung von § 128 HGB zum gleichen Ergebnis:
12 MüKo-BGB/ Schäfer, § 714 BGB Rz. 40.
Wer zurechenbar den Rechtsschein einer BGB-Außengesellschaft setzt, muss sich so behandeln lassen, als wenn diese auch tatsächlich bestehen würde. Dann würde er jedoch analog § 128 HGB für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften. Eine Irreführung über die Haftungssituation liegt demnach bei der Scheinsozietät nicht vor, weshalb § 8 BORA auch den Hinweis auf ein scheinbares Sozietätsverhältnis gestattet.