Advent, Advent, die Lichterkette brennt

22.12.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
Balkon,Lichterkette Weihnachtsbeleuchtung: Was sollte man dabei beachten? © Bu - Anwalt-Suchservice

Lichterketten, blinkende LED-Leuchten, bunte Neon-Kunststoffschläuche – in der Adventszeit verwandelt sich Deutschland regelmäßig in ein Lichtermeer. In manchen Fällen sorgt die Festbeleuchtung jedoch für Ärger.

Zur Adventszeit gehört eine festliche Beleuchtung wie Lebkuchen und Stollen, Engel und Krippe, Glühwein und Bratapfel. Nicht nur die Fußgängerzonen und Weihnachtsmärkte erstrahlen zu dieser Zeit in den Innenstädten im Glanz vorweihnachtlicher Beleuchtung. Auch Vorgärten, Fenster und Haustüren werden mit Lichterketten und anderem Leuchtwerk je nach Geschmack der Bewohner in adventliches Licht getaucht. Aber: Was passiert, wenn die Grenzen des (guten) Geschmacks überschritten werden oder die Beleuchtung dem Nachbarn den wohlverdienten Schlaf raubt? In manchen Fällen führen Lichterketten und andere Festbeleuchtungen zum Streit zwischen Nachbarn, zwischen Mieter und Vermieter oder in der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Wo sind die Grenzen des Brauchtums?


Grundsätzlich darf jeder seine Wohnung, sein Haus und seinen Garten nach seinem persönlichen Geschmack so schmücken, wie er selbst es für die Jahreszeit angemessen findet. Dazu gehört selbstverständlich auch die vorweihnachtliche Beleuchtung. In Deutschland ist diese durchaus Teil des Brauchtums. Dies wird auch an der verbreiteten festlichen Beleuchtung der Innenstädte deutlich. Wie bei vielen anderen Dingen gibt es jedoch auch bei der Beleuchtung Grenzen. Diese haben nichts mit gutem oder schlechtem Geschmack zu tun. Die Festbeleuchtung kann nämlich durchaus die Rechte anderer Personen beeinträchtigen, zum Beispiel die des Vermieters oder von Nachbarn.

Was müssen sich die lieben Nachbarn gefallen lassen?


Licht ist eine der in § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gemeinten sogenannten "unwägbaren Immissionen". Immissionen dieser Art müssen die Nachbarn hinnehmen, solange sich diese noch im ortsüblichen Rahmen bewegen und die Nachbarn dadurch nicht unzumutbar beeinträchtigt werden. Wird aber zum Beispiel ein Nachbar von der Weihnachtsbeleuchtung permanent um seinen Schlaf gebracht, kann er einen Anspruch auf Unterlassung haben. Entsprechend entschieden hat beispielsweise das Landgericht Wiesbaden (Urteil vom 19.12.2001, Az. 10 S 46/01).

Entscheidend sind hier die jeweiligen Umstände des Einzelfalles: Wie intensiv ist das Licht (10 oder 1.000 Watt)? Wie lange bleibt es eingeschaltet (wenige Stunden oder die ganze Nacht)? Und wie ist die Beleuchtung zum Nachbarn hin ausgerichtet? Von den Gerichten werden all diese Umstände in Betracht gezogen. Oft wird ein Ortstermin veranstaltet, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Denn oft kann das Gericht nur so beurteilen, ob die Beschwerden des Nachbarn berechtigt sind. Natürlich wäre die billigere Lösung eine Zeitschaltuhr, die nachts die Festbeleuchtung abschaltet...

Was gilt im Verhältnis Mieter und Vermieter?


In der Vorweihnachtszeit kommt es zu so manchem Beleuchtungs-Konflikt zwischen Mietern und Vermietern. Vermieter müssen nicht ohne weiteres jede Form der Außenbeleuchtung dulden. Auf der anderen Seite können sie jedoch ihren Mietern auch nicht generell verbieten, leuchtendem Weihnachtsschmuck anzubringen.

Ein Urteil des Landgerichts Berlin besagt, dass das Anbringen einer Lichterkette auf dem Balkon kein Kündigungsgrund ist (Urteil vom 1.6.2010, Az. 65 S 390/09). Es ändert nichts, wenn der Mietvertrag das Anbringen von Lichterketten untersagt. Hier geht es grundsätzlich um einen so geringfügigen Verstoß, dass dieser weder eine fristlose noch eine fristgemäße Kündigung des Mietvertrages rechtfertigt.

Mieter sollten es jedoch vermeiden, bei ihren Licht-Installationen das Gebäude zu beschädigen. So können Bohrlöcher im Außenbereich bei modernen Gebäuden für Schäden an der Wärmedämmung sorgen; durch die Löcher kann Feuchtigkeit eindringen. Eine durchfeuchtete oder verschimmelte Dämmung verliert ihre Wirkung und wird möglicherweise dauerhaft unbrauchbar. Bei aufwändigen Licht-Installationen sollte man sich also mit dem Vermieter absprechen oder eine andere Befestigungsart wählen – ansonsten hat der Vermieter einen Schadensersatzanspruch.

Was gilt gegenüber Passanten?


Weihnachtsdekorationen müssen so gut befestigt sein, dass sie auch bei starkem Wind nicht herunterfallen können. Landet ein Passant im Krankenhaus, weil ihm ein die Hauswand hoch-kraxelnder Weihnachtsmann auf den Kopf gefallen ist oder steckt bei einem parkenden Auto morgens plötzlich ein Rentier mit dem Geweih voran in der Windschutzscheibe, haben die Geschädigten Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verantwortlichen. Dieser hat nämlich seine Verkehrssicherungspflicht verletzt.

Mieter sollten allerdings vor der sturmsicheren Befestigung von Rentieren und Weihnachtsmännern an der Hauswand mit Schwerlastdübeln und Stahlseilen unbedingt vorher die Zustimmung des Vermieters einholen: Hier geht es um einen Eingriff in die Bausubstanz des Hauses. Auch eine Privathaftpflichtversicherung kann nicht schaden.

Wie sieht es im Wohnungseigentum aus?


Auch unter den Miteigentümern in Wohnungseigentümergemeinschaften ist man sich oft über den Adventsschmuck nicht einig. So ließ zum Beispiel ein Advents-Fan unter den Eigentümern eine weiß-bläuliche Lichterkette am Balkon nicht nur in der Adventszeit, sondern das ganze Jahr über leuchten. Nach einem Urteil des Landgerichts Köln muss die Eigentümergemeinschaft dies nicht hinnehmen (Beschluss vom 11.2.2008, Az. 29 T 205/06). Einen entsprechenden Beschluss der Eigentümerversammlung betrachtete das Gericht als wirksam: Die Lichterkette verändere das Gesamtbild der Wohnanlage und sei damit eine bauliche Veränderung.

In einem anderen Fall hatte die Eigentümerversammlung einer Wohnungseigentümergemeinschaft beschlossen, dass an den Wohnungstüren keine jahreszeitlichen Dekorationen angebracht werden durften. Das Landgericht Düsseldorf sah den Beschluss jedoch als nicht wirksam an. Dem Gericht zufolge durfte der Kläger ohne weiteres einen Adventskranz außen an seiner Wohnungstür anbringen (Beschluss vom 10.10.1989, Az. 25 T 500/89).

Was hat die Gemeinde zu sagen?


Eine Stadt oder Gemeinde kann eine Satzung erlassen und darin festlegen, was die Bürger bei ihrer Weihnachtsbeleuchtung beachten müssen. Geregelt werden kann zum Beispiel, wie hell der Lichterzauber sein darf, wann die Beleuchtung eingeschaltet sein darf und welche Lautstärke weihnachtliche Musikuntermalung haben darf.

In den meisten Fällen beschäftigen sich Gemeindesatzungen allerdings eher mit der „offiziellen“ Weihnachtsbeleuchtung in der Innenstadt und mit den Rechten von Geschäften, zu Werbezwecken festliche Beleuchtung an den Einkaufsstraßen zu verwenden.

Was Lärm betrifft, gelten auch in der Weihnachtszeit die üblichen Ruhezeiten. Um zu vermeiden, dass durch die eigene Weihnachtsbeleuchtung das Schlafzimmer des Nachbarn taghell erleuchtet wird, sollte man allzu grelle Außenbeleuchtung nachts abschalten. Dies kann eine Zeitschaltuhr erledigen, die zwischen 22 Uhr und sieben Uhr den Lichterzauber pausieren lässt.

Was ist im Treppenhaus erlaubt?


Das Treppenhaus zählt in einem Mehrfamilienhaus zu den gemeinschaftlich genutzten Räumen. Die Mieter dürfen es zwar mitbenutzen. Nach eigenem Gutdünken dekorieren dürfen sie es nicht. Natürlich wird sich niemand beschweren, solange der Weihnachtsschmuck im Rahmen bleibt. Der Vermieter darf jedoch grundsätzlich die Beseitigung der Dekoartikel in Treppenhaus und Hausflur fordern.

Ein entsprechendes Urteil gibt es vom Amtsgericht Münster, wenn auch ohne Weihnachtsbezug: Darin trug das Gericht einer Mieterin auf, den von ihr angebrachten sehr umfangreichen Blumenschmuck in Treppenhaus, Eingangsbereich und Vorgarten zu entfernen und die von ihr dort aufgehängten dekorativen Lampen wieder gegen die des Vermieters auszutauschen (Urteil vom 31.7.2008, Az. 38 C 1858/08).

Auch, wenn sich alle Hausbewohner über die Treppenhaus-Deko einig sind, sollte man die Sicherheit im Blick behalten: Stolperfallen sind zu vermeiden und auch die Rettungswege müssen frei bleiben. Ansonsten haftet im Zweifelsfall nämlich die Person, welche die Dekoration angebracht hat.

Praxistipp


Vermieter können kein grundsätzliches Verbot von Weihnachtsdeko und Lichterketten außen an der Wohnung verhängen. Allerdings können übertriebene Lichtorgien unter Umständen unterbunden werden. Hier ist jeder Fall unterschiedlich zu beurteilen, abhängig von der Schwere der Beeinträchtigung und dem Ausmaß der Beleuchtung. Auf der sicheren Seite ist man, wenn man sich auf wenige Lichtquellen beschränkt, vorher den Vermieter oder die Miteigentümer anspricht und grundsätzlich Rücksicht auf die Nachbarn nimmt. Dies gilt ebenso, wenn Sie die Beleuchtung der anderen stört. Das Beste ist es dann, den "Beleuchter" anzusprechen und um Verständnis zu bitten. Falls es dann doch zu einem Konflikt kommt, kann Sie ein Rechtsanwalt beraten, der sich auf das Zivilrecht oder je nach Fall auf das Mietrecht oder Wohnungseigentumsrecht spezialisiert hat.

(Bu)


 Stephan Buch
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