Amazon: Was muss man bei der Artikelbeschreibung beachten?

03.08.2017, Redaktion Anwalt-Suchservice
Amazon: Was muss man bei der Artikelbeschreibung beachten? © Bu - Anwalt-Suchservice

Wer auf Amazon-Marketplace als Verkäufer auftritt, muss aufpassen: Einem BGH-Urteil zufolge hat er eine Überwachungs- und Prüfungspflicht bezüglich seiner Artikelbeschreibung. Was bedeutet das?

Bei Amazon gilt das Prinzip des Anhängens. Ein Artikel soll nur einmal auf der Plattform vorhanden sein. Wollen weitere Händler das Gleiche verkaufen, werden ihre Angebote an das ursprüngliche Angebot angehängt. Ändert ein Anbieter oder Amazon selbst etwas an einer Artikelbeschreibung, betrifft diese Änderung alle Angebote für diesen Artikel. Und dementsprechend haften womöglich auch alle, wenn die Änderung unzulässige Details enthält.

Was ist das Problem?


Online-Händler können sich durch falsche oder nach dem Wettbewerbsrecht unzulässige Angaben teuren Abmahnungen und Unterlassungsklagen, sowie im Wiederholungsfall auch hohen Vertragsstrafen aussetzen. Nur haben sie bei Amazon unter Umständen gar keine Möglichkeit, selbst über den Angebotstext zu entscheiden. Denn durch das „Anhängeprinzip“ gestaltet oft jemand anders die Anzeige oder ändert sie nachträglich. Mit Urteil vom 3. März 2016 (Az. I ZR 140/14) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Amazon-Händler eine Überwachungs- und Prüfungspflicht hinsichtlich der Produktbeschreibungen haben. Sie müssen also kontrollieren, ob vielleicht jemand unzulässige Änderungen daran vorgenommen hat.

Die BGH-Fälle: Was war passiert?


In einem Fall hatte ein Händler eine Armbanduhr für 19,90 Euro angeboten. Durch Amazon wurde dem Angebot eine „unverbindliche Preisempfehlung“ von 39,90 Euro hinzugefügt, die durchgestrichen war. Daneben stand: „Sie sparen 20 Euro.“ Sofort mahnte ein Konkurrent den Uhrenhändler ab: Diese Hinweise seien unzulässig, da die Uhr ein Auslaufmodell sei, für das gar keine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers mehr existiere. Also sei dies eine Irreführung der Verbraucher. Im zweiten Fall ging es um eine Computermaus. Hier war nachträglich durch einen anderen Anbieter der Markenname unzulässig geändert worden – auch dieser Händler bekam eine teure Abmahnung. Der Bundesgerichtshof entschied, dass beide für die falschen Angaben haften müssten. Denn: Als Amazon-Händler müsse man wissen, dass auch andere Leute Zugriff auf die Artikelbeschreibung hätten. Man habe daher die Pflicht, die Angebote regelmäßig darauf zu prüfen, ob noch alles im Einklang mit Recht und Gesetz sei.

Wie oft muss man kontrollieren?


Leider sagte der Bundesgerichtshof nicht konkret, wie diese Kontrollpflicht denn nun auszuüben sei. Zumindest seien 14-tägige Kontrollen nicht genug. Aber: Wie oft muss nun ein Amazon-Händler seine Angebote checken? Das Oberlandesgericht Köln wurde hier 2017 etwas konkreter. Es forderte regelmäßige Kontrollen. Demnach soll ein Marketplace-Händler, der sein Angebot einmal pro Werktag auf falsche UVPs (unverbindliche Preisempfehlungen) kontrolliert und Angebote mit unzulässigen Hinzufügungen sofort entfernt, auf der sicheren Seite sein. Also: Kontrollen sind von Montag bis Freitag nötig, aber nicht mehr nach Büroschluss und am Wochenende. Auch in diesem Verfahren ging es um einen Verstoß, der durch Änderungen von Amazon selbst stattgefunden hatte (OLG Köln, Beschluss vom 15.3.2017, Az. 6 W 31/17). Das Gericht lehnte hier eine weitergehende Haftung der Händlerin ab, etwa für Änderungen am Wochenende. Unterschied zwischen dem BGH-Verfahren und dem in Köln: In Karlsruhe ging es um einen Erstverstoß, in Köln um die ernsthaften Folgen eines Wiederholungsfalles. Die Kriterien werden von den Gerichten allerdings sehr wahrscheinlich ähnlich gehandhabt werden.

Abmahnung gegen Amazon selbst starten?


Nun könnte man als Konkurrent ja – wie das OLG Köln sogar in seinem Urteil festhält – auf die Idee kommen, nicht nur den Händler, sondern auch Amazon selbst abzumahnen. So etwas erscheint durchaus im Bereich des Möglichen. So entschied zum Beispiel das Oberlandesgericht Düsseldorf, dass ein Verkaufsportal haftet, wenn die einzelnen Händler in ihren Verkaufsanzeigen Wettbewerbsverstöße begehen, etwa das vorgeschriebene Impressum weglassen (Urteil vom 18.6.2013, Az. I-20 U 145/12). Demnach können Wettbewerber der Händler auch den Portalbetreiber direkt auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Allerdings ging es hier um eine etwas andere Situation: Das Gericht verlangte nicht vom Portal, jedes einzelne Verkaufsangebot zu kontrollieren. Der Portalbetreiber müsse aber seinen Händlern zumindest die Möglichkeit einräumen, sich korrekt zu verhalten und ihrer Anzeige ein eigenes Impressum hinzuzufügen. Parallel dazu könnte man auf den Gedanken kommen, dass Amazon sein System so ändern müsste, dass niemand mehr nachträglich korrekte Verkaufsangebote ändern kann – auch der Portalbetreiber selbst nicht. Eine Rechtsprechung existiert dazu allerdings noch nicht – die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.