Anhörung des Betriebsrats bei der Kündigung des Arbeitsvertrages
05.03.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Arbeitgeber machen bei der Anhörung des Betriebsrates immer wieder Fehler, die zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Daher lohnt es sich für Arbeitnehmer, sich genauer anzuschauen, ob sich ihr Chef wirklich an alle Vorgaben des Gesetzes gehalten hat.
Antwort: Bevor er einem Arbeitnehmer kündigt. Dies gilt für jede Kündigung und jede Art von Arbeitsverhältnis, also auch für Teilzeitverträge, geringfügige Beschäftigungsverhältnisse oder Arbeitsverhältnisse auf Probe. Es gilt gleichermaßen für die ordentliche und die fristlose Kündigung. Es gilt bei einer Massenkündigung ebenso wie bei einer Änderungskündigung. Die Rechtsgrundlage dafür ist § 102 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG).
Dabei ist das Wörtchen "bevor" ernst zu nehmen. Die Anhörung des Betriebsrates muss tatsächlich vor dem Ausspruch der Kündigung stattfinden und nicht irgendwann später. Voraussetzung ist natürlich, dass es überhaupt einen Betriebsrat gibt. Ob auf den jeweiligen Betrieb das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, spielt für die Anhörung des Betriebsrates keine Rolle.
Im öffentlichen Dienst gibt es entsprechende Regelungen. Dort ist dann der Personalrat der Behörde oder Dienststelle anzuhören.
Dann ist die Kündigung schlicht unwirksam. Der Arbeitnehmer muss diese Unwirksamkeit vor dem Arbeitsgericht geltend machen. Er hat nach Zugang der Kündigung drei Wochen lang Zeit, um Kündigungsschutzklage einzureichen.
Der Arbeitgeber kann eine unterlassene Anhörung des Betriebsrates nicht später nachholen. Die Kündigung bleibt dann unwirksam.
Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat nicht nur über die Person des zu Kündigenden unterrichten, sondern auch über die Gründe für die Kündigung. Er muss auch Daten über die soziale Situation des Arbeitnehmers liefern: die Dauer von dessen Betriebszugehörigkeit, Alter, Familienstand, Zahl der Kinder, ggf. Schwerbehinderung, ggf. Schwangerschaft. Durch diese Informationen soll der Betriebsrat in die Lage versetzt werden, sich selbst ein Bild von dem Fall zu machen und zu erkennen, inwieweit beispielsweise ein besonderer Kündigungsschutz besteht oder ob eine korrekte Sozialauswahl durchgeführt wurde.
Das Thema Sozialauswahl ist insbesondere bei der betriebsbedingten Kündigung entscheidend. Mehr dazu hier:
Auch muss der Arbeitgeber den Betriebsrat im Einzelnen über die Kündigung informieren, zum Beispiel über die Art der Kündigung (befristet, fristlos, Änderungskündigung etc.), über die Kündigungsfrist und über den geplanten Kündigungstermin.
Wenn das Kündigungsschutzgesetz im jeweiligen Betrieb anwendbar ist und es sich um eine ordentliche Kündigung handelt, muss der Chef auch genauer darauf eingehen, ob er dem Arbeitnehmer aus betriebsbedingten, verhaltensbedingten oder personenbedingten Gründen kündigen will.
Diese Informationen müssen wahrheitsgemäß und vollständig erfolgen. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat also zum Beispiel bei einer verhaltensbedingten Kündigung auch Umstände mitteilen, die den Arbeitnehmer entlasten könnten.
Die Folge einer unzureichenden Information des Betriebsrates ist ebenfalls die Unwirksamkeit der Kündigung.
Das Gesetz schreibt nicht vor, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat schriftlich über eine Kündigung eines Arbeitnehmers informieren muss. Dies ist jedoch weithin üblich, schon um im Kündigungsschutzprozess beweisen zu können, dass der Arbeitgeber seine Pflicht erfüllt hat.
Dies ergibt sich ebenfalls aus § 102 BetrVG. Hat der Betriebsrat Bedenken gegen eine Kündigung, kann er diese dem Arbeitgeber mitteilen – bei einer ordentlichen Kündigung innerhalb von sieben Tagen, bei einer fristlosen Kündigung innerhalb von drei Tagen. Den Arbeitnehmer soll der Betriebsrat dazu anhören, wenn dies erforderlich ist. Meldet der Betriebsrat sich innerhalb dieser Fristen nicht beim Chef, gilt dies als Zustimmung zur Kündigung.
Allerdings ist diese gesetzliche Regelung etwas irreführend. Grundsätzlich benötigt der Arbeitgeber für eine Kündigung nämlich nicht die Zustimmung des Betriebsrates.
Der Betriebsrat kann jedoch in bestimmten Fällen der Kündigung widersprechen. Dies muss innerhalb der genannten Fristen geschehen. Möglich ist ein solcher Widerspruch bei
- fehlerhafter Sozialauswahl,
- vorhandener Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf anderem Arbeitsplatz im Betrieb,
- vorhandener Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nach Fortbildung oder Umschulung,
- vorhandener Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mit Vertragsänderung, der der Arbeitnehmer zustimmt,
- Verstoß gegen mit dem Betriebsrat abgesprochene Auswahlrichtlinien für Kündigungen (§ 95 BetrVG).
Die Folge eines Widerspruchs des Betriebsrates gegen eine Kündigung ist jedoch nicht, dass der Arbeitgeber nun doch nicht kündigen darf. Die Kündigung darf stattfinden - der Arbeitgeber muss aber den Arbeitnehmer über die Einwände des Betriebsrates informieren. Dieser hat damit Argumente für eine Kündigungsschutzklage.
Wenn der Arbeitnehmer tatsächlich klagt und der Betriebsrat seiner Kündigung widersprochen hat, muss der Chef den Mitarbeiter auf dessen Verlangen hin zumindest bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichts weiter beschäftigen – und zwar zu den gleichen Bedingungen.
Das Arbeitsgericht kann den Arbeitgeber in bestimmten Fällen von dieser Pflicht entbinden, zum Beispiel, wenn eine Kündigungsschutzklage vollkommen ohne Aussicht auf Erfolg ist.
Übrigens können Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbaren, dass Kündigungen generell der Zustimmung des Betriebsrates bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten die Einigungsstelle entscheidet.
Der Arbeitgeber kann bei der Anhörung des Betriebsrates vor einer Kündigung vieles falsch machen. Ein Fehler ist es insbesondere, erst im Gerichtsverfahren seine wahren Gründe für die Kündigung klar zu formulieren. Gekündigte Arbeitnehmer sollten sich mit dem Betriebsrat in Verbindung setzen, um zu prüfen, ob bei der Anhörung alles richtig gemacht wurde. Wegen der kurzen Fristen ist beim Kündigungsschutz immer Eile geboten. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann Ihnen sachkundigen Rat geben und Ihre Vertretung vor dem Arbeitsgericht übernehmen.
Das Wichtigste in Kürze
1. Anhörung des Betriebsrats: Will der Arbeitgeber einem Mitarbeiter kündigen und gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, so muss dieser vor dem Aussprechen der Kündigung angehört werden.
2. Unterlassene Anhörung: Wurde der Betriebsrat vor der Kündigung nicht angehört, so ist die Kündigung allein deshalb unwirksam. Der gekündigte Arbeitnehmer muss die Unwirksamkeit im Wege einer Kündigungsschutzklage geltend machen.
3. Widerspruch durch Betriebsrat: Widerspricht der Betriebsrat der Kündigung, so darf der Arbeitgeber dem Mitarbeiter trotzdem kündigen. Er muss ihn aber über die Einwände des Betriebsrats informieren.
1. Anhörung des Betriebsrats: Will der Arbeitgeber einem Mitarbeiter kündigen und gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, so muss dieser vor dem Aussprechen der Kündigung angehört werden.
2. Unterlassene Anhörung: Wurde der Betriebsrat vor der Kündigung nicht angehört, so ist die Kündigung allein deshalb unwirksam. Der gekündigte Arbeitnehmer muss die Unwirksamkeit im Wege einer Kündigungsschutzklage geltend machen.
3. Widerspruch durch Betriebsrat: Widerspricht der Betriebsrat der Kündigung, so darf der Arbeitgeber dem Mitarbeiter trotzdem kündigen. Er muss ihn aber über die Einwände des Betriebsrats informieren.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wann muss der Arbeitgeber den Betriebsrat anhören? Was ist die Folge, wenn die Anhörung des Betriebsrates unterlassen wird? Wie muss die Anhörung des Betriebsrates durchgeführt werden? Welche Formvorschriften gibt es für die Anhörung des Betriebsrates? Was kann der Betriebsrat gegen die Kündigung tun? Was ist die Folge eines Widerspruchs gegen die Kündigung? Praxistipp zur Anhörung des Betriebsrates Wann muss der Arbeitgeber den Betriebsrat anhören?
Antwort: Bevor er einem Arbeitnehmer kündigt. Dies gilt für jede Kündigung und jede Art von Arbeitsverhältnis, also auch für Teilzeitverträge, geringfügige Beschäftigungsverhältnisse oder Arbeitsverhältnisse auf Probe. Es gilt gleichermaßen für die ordentliche und die fristlose Kündigung. Es gilt bei einer Massenkündigung ebenso wie bei einer Änderungskündigung. Die Rechtsgrundlage dafür ist § 102 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG).
Dabei ist das Wörtchen "bevor" ernst zu nehmen. Die Anhörung des Betriebsrates muss tatsächlich vor dem Ausspruch der Kündigung stattfinden und nicht irgendwann später. Voraussetzung ist natürlich, dass es überhaupt einen Betriebsrat gibt. Ob auf den jeweiligen Betrieb das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, spielt für die Anhörung des Betriebsrates keine Rolle.
Im öffentlichen Dienst gibt es entsprechende Regelungen. Dort ist dann der Personalrat der Behörde oder Dienststelle anzuhören.
Was ist die Folge, wenn die Anhörung des Betriebsrates unterlassen wird?
Dann ist die Kündigung schlicht unwirksam. Der Arbeitnehmer muss diese Unwirksamkeit vor dem Arbeitsgericht geltend machen. Er hat nach Zugang der Kündigung drei Wochen lang Zeit, um Kündigungsschutzklage einzureichen.
Der Arbeitgeber kann eine unterlassene Anhörung des Betriebsrates nicht später nachholen. Die Kündigung bleibt dann unwirksam.
Wie muss die Anhörung des Betriebsrates durchgeführt werden?
Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat nicht nur über die Person des zu Kündigenden unterrichten, sondern auch über die Gründe für die Kündigung. Er muss auch Daten über die soziale Situation des Arbeitnehmers liefern: die Dauer von dessen Betriebszugehörigkeit, Alter, Familienstand, Zahl der Kinder, ggf. Schwerbehinderung, ggf. Schwangerschaft. Durch diese Informationen soll der Betriebsrat in die Lage versetzt werden, sich selbst ein Bild von dem Fall zu machen und zu erkennen, inwieweit beispielsweise ein besonderer Kündigungsschutz besteht oder ob eine korrekte Sozialauswahl durchgeführt wurde.
Das Thema Sozialauswahl ist insbesondere bei der betriebsbedingten Kündigung entscheidend. Mehr dazu hier:
Auch muss der Arbeitgeber den Betriebsrat im Einzelnen über die Kündigung informieren, zum Beispiel über die Art der Kündigung (befristet, fristlos, Änderungskündigung etc.), über die Kündigungsfrist und über den geplanten Kündigungstermin.
Wenn das Kündigungsschutzgesetz im jeweiligen Betrieb anwendbar ist und es sich um eine ordentliche Kündigung handelt, muss der Chef auch genauer darauf eingehen, ob er dem Arbeitnehmer aus betriebsbedingten, verhaltensbedingten oder personenbedingten Gründen kündigen will.
Diese Informationen müssen wahrheitsgemäß und vollständig erfolgen. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat also zum Beispiel bei einer verhaltensbedingten Kündigung auch Umstände mitteilen, die den Arbeitnehmer entlasten könnten.
Die Folge einer unzureichenden Information des Betriebsrates ist ebenfalls die Unwirksamkeit der Kündigung.
Welche Formvorschriften gibt es für die Anhörung des Betriebsrates?
Das Gesetz schreibt nicht vor, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat schriftlich über eine Kündigung eines Arbeitnehmers informieren muss. Dies ist jedoch weithin üblich, schon um im Kündigungsschutzprozess beweisen zu können, dass der Arbeitgeber seine Pflicht erfüllt hat.
Was kann der Betriebsrat gegen die Kündigung tun?
Dies ergibt sich ebenfalls aus § 102 BetrVG. Hat der Betriebsrat Bedenken gegen eine Kündigung, kann er diese dem Arbeitgeber mitteilen – bei einer ordentlichen Kündigung innerhalb von sieben Tagen, bei einer fristlosen Kündigung innerhalb von drei Tagen. Den Arbeitnehmer soll der Betriebsrat dazu anhören, wenn dies erforderlich ist. Meldet der Betriebsrat sich innerhalb dieser Fristen nicht beim Chef, gilt dies als Zustimmung zur Kündigung.
Allerdings ist diese gesetzliche Regelung etwas irreführend. Grundsätzlich benötigt der Arbeitgeber für eine Kündigung nämlich nicht die Zustimmung des Betriebsrates.
Der Betriebsrat kann jedoch in bestimmten Fällen der Kündigung widersprechen. Dies muss innerhalb der genannten Fristen geschehen. Möglich ist ein solcher Widerspruch bei
- fehlerhafter Sozialauswahl,
- vorhandener Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf anderem Arbeitsplatz im Betrieb,
- vorhandener Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nach Fortbildung oder Umschulung,
- vorhandener Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mit Vertragsänderung, der der Arbeitnehmer zustimmt,
- Verstoß gegen mit dem Betriebsrat abgesprochene Auswahlrichtlinien für Kündigungen (§ 95 BetrVG).
Was ist die Folge eines Widerspruchs gegen die Kündigung?
Die Folge eines Widerspruchs des Betriebsrates gegen eine Kündigung ist jedoch nicht, dass der Arbeitgeber nun doch nicht kündigen darf. Die Kündigung darf stattfinden - der Arbeitgeber muss aber den Arbeitnehmer über die Einwände des Betriebsrates informieren. Dieser hat damit Argumente für eine Kündigungsschutzklage.
Wenn der Arbeitnehmer tatsächlich klagt und der Betriebsrat seiner Kündigung widersprochen hat, muss der Chef den Mitarbeiter auf dessen Verlangen hin zumindest bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichts weiter beschäftigen – und zwar zu den gleichen Bedingungen.
Das Arbeitsgericht kann den Arbeitgeber in bestimmten Fällen von dieser Pflicht entbinden, zum Beispiel, wenn eine Kündigungsschutzklage vollkommen ohne Aussicht auf Erfolg ist.
Übrigens können Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbaren, dass Kündigungen generell der Zustimmung des Betriebsrates bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten die Einigungsstelle entscheidet.
Praxistipp zur Anhörung des Betriebsrates
Der Arbeitgeber kann bei der Anhörung des Betriebsrates vor einer Kündigung vieles falsch machen. Ein Fehler ist es insbesondere, erst im Gerichtsverfahren seine wahren Gründe für die Kündigung klar zu formulieren. Gekündigte Arbeitnehmer sollten sich mit dem Betriebsrat in Verbindung setzen, um zu prüfen, ob bei der Anhörung alles richtig gemacht wurde. Wegen der kurzen Fristen ist beim Kündigungsschutz immer Eile geboten. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann Ihnen sachkundigen Rat geben und Ihre Vertretung vor dem Arbeitsgericht übernehmen.
(Bu)