Anreise zum Vorstellungsgespräch: Wer trägt die Kosten?
13.04.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Bewerbungen für einen neuen Job beschränken sich oft nicht auf die Stadt, in der man wohnt - viele gute Stellen gibt es nur, wenn man sich überregional bewirbt. Dazu gehört aber auch, für Vorstellungsgespräche längere Strecken zurückzulegen. Dabei fallen Kosten an - für die Bahnfahrt oder Benzin, Verpflegungskosten, womöglich Übernachtungskosten. Ein zeitaufwändiges Assessment-Center macht vielleicht sogar mehrere Übernachtungen notwendig. Häufig braucht es einige Vorstellungsgespräche, bis man den perfekten Job gefunden hat. Muss diese nun der Bewerber selbst tragen oder der einladende Arbeitgeber? Oder gibt es womöglich eine Kostenerstattung vom Staat?
Wenn ein Arbeitgeber einen Bewerber zum Vorstellungsgespräch eingeladen hat, muss er nach dem Gesetz grundsätzlich auch die Anreisekosten tragen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Bewerber den Arbeitsplatz auch bekommt. Die Rechtsgrundlage dafür ist § 670 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Allerdings muss ausdrücklich eine Einladung stattgefunden haben. Bei einem Besuch ohne Aufforderung besteht also kein Anspruch auf Kostenerstattung. Eine Stellenanzeige ist noch keine Einladung. Keinen Unterschied macht es, ob die Bewerbung auf eine Stellenanzeige hin oder in Eigeninitiative erfolgt ist.
Ein Haken besteht für Bewerber jedoch darin, dass Arbeitgeber die Erstattung von Reisekosten ganz ausschließen oder begrenzen können. Eine solche Einschränkung kann bereits in der Stellenanzeige stattfinden. Sie wird jedoch meist im Einladungsschreiben vorgenommen. Darin kann zum Beispiel darauf hingewiesen werden, dass der Arbeitgeber keine Kosten erstattet oder nur Kosten für eine Bahnfahrt 2. Klasse übernimmt und nicht mehr. Ein solcher Ausschluss ist rechtsgültig.
Hinzu kommt: Arbeitgeber müssen nur die notwendigen Kosten des Bewerbers erstatten. Also nicht die Zugfahrt 1. Klasse sowie natürlich nur ein Mittelklasse- und nicht das Luxushotel. Andererseits müssen sich die Bewerber jedoch auch nicht auf Jugendherberge und Mitfahrzentrale verweisen lassen. Und: Der Ausschluss einer Kostenerstattung durch den Arbeitgeber muss vor der Anreise stattfinden. Wenn dies erst im Bewerbungsgespräch erwähnt wird, ist es zu spät und der Ausschluss ist unwirksam.
Ist nichts Besonderes vereinbart oder ausgeschlossen, müssen Arbeitgeber die Kosten für eine Bahnfahrt 2. Klasse (Hin- und Rückfahrt) oder bei Anreise mit eigenem PKW die steuerlich übliche Entfernungspauschale übernehmen. Eine Kostenerstattung für ein Flugticket muss nur nach besonderer Vereinbarung stattfinden. Ist jedoch der Flug preisgünstiger als eine Bahnfahrt, sollte einer Kostenerstattung in der Regel nichts entgegenstehen.
Notwendige Übernachtungskosten gehören ebenfalls zu den Kosten des Vorstellungsgesprächs, die der Arbeitgeber trägt. Zumindest dann, wenn er dies nicht vorher ausgeschlossen hat oder etwas anderes vereinbart wurde. Natürlich müssen keine außergewöhnlichen Kosten für Luxushotels übernommen werden, Mittelklasse ist angesagt. Als notwendig werden Übernachtungskosten dann angesehen, wenn es ohne Übernachtung nicht geht – etwa, weil sich ein Assessment-Center über mehrere Tage hingezogen hat oder der Termin so spät am Tag liegt, dass der Bewerber oder die Bewerberin nicht mehr am selben Tag die Rückreise antreten können.
Verpflegungskosten können von Bewerbern ebenfalls nur verlangt werden, wenn sie notwendig waren. Wenn die Übernahme von Verpflegungskosten nicht zuvor ausgeschlossen wurde, gelten die steuerlich üblichen Pauschalen.
Die Pauschalen für Verpflegungskosten betragen laut § 9 Abs. 4a Einkommenssteuergesetz in 2023:
- 28 Euro für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist,
- jeweils 14 Euro für den An- und Abreisetag, wenn der Arbeitnehmer an diesem, einem anschließenden oder vorhergehenden Tag außerhalb seiner Wohnung übernachtet,
- 14 Euro für den Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer ohne Übernachtung außerhalb seiner Wohnung mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist.
Diese Dienstleister sind reine Vermittler und keine Arbeitgeber. Daher muss die Kosten für das Vorstellungsgespräch auch im Vermittlungsfall der Arbeitgeber erstatten. Vermittler sind nicht dazu verpflichtet.
Die Arbeitsagentur übernimmt die Kosten für das Vorstellungsgespräch nicht so ohne Weiteres. Zumindest ist sie dazu nicht verpflichtet. Allerdings kommt es trotzdem oft vor, dass sie die Fahrtkosten und, bei weiten Entfernungen, auch Übernachtungskosten ganz oder zum Teil übernimmt. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber eine Kostenerstattung vorher ausgeschlossen hat und der Bewerber diese rechtzeitig vorher bei der Arbeitsagentur beantragt hat. Die Behörde kann (nicht: muss) auch anteilige Kosten für Bewerbungsunterlagen erstatten. Meist sind dies fünf Euro pro Bewerbung, aber nur bis 260 Euro im Jahr.
Die Kosten für Bewerbungsmappen und die Anreise zum Vorstellungsgespräch können Bewerber auch beim Finanzamt steuermindernd geltend machen. Denn: Es handelt sich hier um Werbungskosten. Empfehlung: Belege sammeln!
Vor einigen Jahren entschied das Landes-Arbeitsgericht Rheinland-Pfalz zum Thema Kostenerstattung für ein Vorstellungsgespräch. Ein Mann war zu einem Vorstellungsgespräch in eine andere Stadt eingeladen worden. Er war per Auto dorthin gefahren. Nur fand er trotz Navi und vom Arbeitgeber geschickter Anfahrtskizze die angegebene Adresse nicht - obwohl diese in einer Hauptverkehrsstraße lag. Er rief beim Arbeitgeber an.
Nun gingen die Darstellungen auseinander: Laut Bewerber gelang es dem Mitarbeiter am Telefon nicht, ihm verständlich den Weg vom derzeitigen Standort zur Adresse des Unternehmens zu beschreiben. Laut Arbeitgeber erfolgte eine ausreichende Beschreibung. Der Bewerber jedenfalls teilte in diesem Gespräch schließlich mit, dass er keine Lust mehr auf das Vorstellungsgespräch habe - und fuhr nach Hause. 61,80 Euro Spritkosten stellte er dem Arbeitgeber in Rechnung. Dieser zahlte nicht.
Das Gericht entschied, dass der Arbeitgeber hier keine Kostenerstattung leisten müsse. Es sei Sache des Bewerbers, pünktlich beim Vorstellungsgespräch einzutreffen. Die bloße Anreise in die Stadt führe noch nicht zu einem Anspruch auf Kostenersatz nach § 670 BGB (Urteil vom 7.2.2012, Az. 3 Sa 540/11).
In vielen Fällen können Bewerber die notwendigen Kosten für Anfahrt, Verpflegung und Unterkunft vom Arbeitgeber oder zumindest anteilig vom Jobcenter erstattet bekommen. Im Streitfall kann Sie ein Fachanwalt für Arbeitsrecht zu Ihrer individuellen Situation beraten.
Ein Vorstellungsgespräch findet oft weit weg vom eigenen Wohnort statt. Die Anfahrt kostet Geld, womöglich wird sogar eine Hotelübernachtung erforderlich. Für Bewerber wichtig ist: Wer zahlt die Kosten?
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wer trägt laut Gesetz die Kosten für die Anreise zum Vorstellungsgespräch? Wann kann der Arbeitgeber die Kostenerstattung ausschließen? Welche Besonderheiten gibt es bei der Erstattung von Fahrtkosten? Werden auch Hotelkosten erstattet? Welche Verpflegungskosten werden erstattet? Was gilt für Personalagenturen und Headhunter? Gibt es eine Kostenerstattung durch das Jobcenter? Kann man Bewerbungskosten bei der Steuer geltend machen? Urteil: Adresse nicht gefunden: Trotzdem Kostenerstattung? Praxistipp zur Kostenerstattung für ein Vorstellungsgespräch Wer trägt laut Gesetz die Kosten für die Anreise zum Vorstellungsgespräch?
Wenn ein Arbeitgeber einen Bewerber zum Vorstellungsgespräch eingeladen hat, muss er nach dem Gesetz grundsätzlich auch die Anreisekosten tragen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Bewerber den Arbeitsplatz auch bekommt. Die Rechtsgrundlage dafür ist § 670 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Allerdings muss ausdrücklich eine Einladung stattgefunden haben. Bei einem Besuch ohne Aufforderung besteht also kein Anspruch auf Kostenerstattung. Eine Stellenanzeige ist noch keine Einladung. Keinen Unterschied macht es, ob die Bewerbung auf eine Stellenanzeige hin oder in Eigeninitiative erfolgt ist.
Wann kann der Arbeitgeber die Kostenerstattung ausschließen?
Ein Haken besteht für Bewerber jedoch darin, dass Arbeitgeber die Erstattung von Reisekosten ganz ausschließen oder begrenzen können. Eine solche Einschränkung kann bereits in der Stellenanzeige stattfinden. Sie wird jedoch meist im Einladungsschreiben vorgenommen. Darin kann zum Beispiel darauf hingewiesen werden, dass der Arbeitgeber keine Kosten erstattet oder nur Kosten für eine Bahnfahrt 2. Klasse übernimmt und nicht mehr. Ein solcher Ausschluss ist rechtsgültig.
Hinzu kommt: Arbeitgeber müssen nur die notwendigen Kosten des Bewerbers erstatten. Also nicht die Zugfahrt 1. Klasse sowie natürlich nur ein Mittelklasse- und nicht das Luxushotel. Andererseits müssen sich die Bewerber jedoch auch nicht auf Jugendherberge und Mitfahrzentrale verweisen lassen. Und: Der Ausschluss einer Kostenerstattung durch den Arbeitgeber muss vor der Anreise stattfinden. Wenn dies erst im Bewerbungsgespräch erwähnt wird, ist es zu spät und der Ausschluss ist unwirksam.
Welche Besonderheiten gibt es bei der Erstattung von Fahrtkosten?
Ist nichts Besonderes vereinbart oder ausgeschlossen, müssen Arbeitgeber die Kosten für eine Bahnfahrt 2. Klasse (Hin- und Rückfahrt) oder bei Anreise mit eigenem PKW die steuerlich übliche Entfernungspauschale übernehmen. Eine Kostenerstattung für ein Flugticket muss nur nach besonderer Vereinbarung stattfinden. Ist jedoch der Flug preisgünstiger als eine Bahnfahrt, sollte einer Kostenerstattung in der Regel nichts entgegenstehen.
Werden auch Hotelkosten erstattet?
Notwendige Übernachtungskosten gehören ebenfalls zu den Kosten des Vorstellungsgesprächs, die der Arbeitgeber trägt. Zumindest dann, wenn er dies nicht vorher ausgeschlossen hat oder etwas anderes vereinbart wurde. Natürlich müssen keine außergewöhnlichen Kosten für Luxushotels übernommen werden, Mittelklasse ist angesagt. Als notwendig werden Übernachtungskosten dann angesehen, wenn es ohne Übernachtung nicht geht – etwa, weil sich ein Assessment-Center über mehrere Tage hingezogen hat oder der Termin so spät am Tag liegt, dass der Bewerber oder die Bewerberin nicht mehr am selben Tag die Rückreise antreten können.
Welche Verpflegungskosten werden erstattet?
Verpflegungskosten können von Bewerbern ebenfalls nur verlangt werden, wenn sie notwendig waren. Wenn die Übernahme von Verpflegungskosten nicht zuvor ausgeschlossen wurde, gelten die steuerlich üblichen Pauschalen.
Die Pauschalen für Verpflegungskosten betragen laut § 9 Abs. 4a Einkommenssteuergesetz in 2023:
- 28 Euro für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist,
- jeweils 14 Euro für den An- und Abreisetag, wenn der Arbeitnehmer an diesem, einem anschließenden oder vorhergehenden Tag außerhalb seiner Wohnung übernachtet,
- 14 Euro für den Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer ohne Übernachtung außerhalb seiner Wohnung mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist.
Was gilt für Personalagenturen und Headhunter?
Diese Dienstleister sind reine Vermittler und keine Arbeitgeber. Daher muss die Kosten für das Vorstellungsgespräch auch im Vermittlungsfall der Arbeitgeber erstatten. Vermittler sind nicht dazu verpflichtet.
Gibt es eine Kostenerstattung durch das Jobcenter?
Die Arbeitsagentur übernimmt die Kosten für das Vorstellungsgespräch nicht so ohne Weiteres. Zumindest ist sie dazu nicht verpflichtet. Allerdings kommt es trotzdem oft vor, dass sie die Fahrtkosten und, bei weiten Entfernungen, auch Übernachtungskosten ganz oder zum Teil übernimmt. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber eine Kostenerstattung vorher ausgeschlossen hat und der Bewerber diese rechtzeitig vorher bei der Arbeitsagentur beantragt hat. Die Behörde kann (nicht: muss) auch anteilige Kosten für Bewerbungsunterlagen erstatten. Meist sind dies fünf Euro pro Bewerbung, aber nur bis 260 Euro im Jahr.
Kann man Bewerbungskosten bei der Steuer geltend machen?
Die Kosten für Bewerbungsmappen und die Anreise zum Vorstellungsgespräch können Bewerber auch beim Finanzamt steuermindernd geltend machen. Denn: Es handelt sich hier um Werbungskosten. Empfehlung: Belege sammeln!
Urteil: Adresse nicht gefunden: Trotzdem Kostenerstattung?
Vor einigen Jahren entschied das Landes-Arbeitsgericht Rheinland-Pfalz zum Thema Kostenerstattung für ein Vorstellungsgespräch. Ein Mann war zu einem Vorstellungsgespräch in eine andere Stadt eingeladen worden. Er war per Auto dorthin gefahren. Nur fand er trotz Navi und vom Arbeitgeber geschickter Anfahrtskizze die angegebene Adresse nicht - obwohl diese in einer Hauptverkehrsstraße lag. Er rief beim Arbeitgeber an.
Nun gingen die Darstellungen auseinander: Laut Bewerber gelang es dem Mitarbeiter am Telefon nicht, ihm verständlich den Weg vom derzeitigen Standort zur Adresse des Unternehmens zu beschreiben. Laut Arbeitgeber erfolgte eine ausreichende Beschreibung. Der Bewerber jedenfalls teilte in diesem Gespräch schließlich mit, dass er keine Lust mehr auf das Vorstellungsgespräch habe - und fuhr nach Hause. 61,80 Euro Spritkosten stellte er dem Arbeitgeber in Rechnung. Dieser zahlte nicht.
Das Gericht entschied, dass der Arbeitgeber hier keine Kostenerstattung leisten müsse. Es sei Sache des Bewerbers, pünktlich beim Vorstellungsgespräch einzutreffen. Die bloße Anreise in die Stadt führe noch nicht zu einem Anspruch auf Kostenersatz nach § 670 BGB (Urteil vom 7.2.2012, Az. 3 Sa 540/11).
Praxistipp zur Kostenerstattung für ein Vorstellungsgespräch
In vielen Fällen können Bewerber die notwendigen Kosten für Anfahrt, Verpflegung und Unterkunft vom Arbeitgeber oder zumindest anteilig vom Jobcenter erstattet bekommen. Im Streitfall kann Sie ein Fachanwalt für Arbeitsrecht zu Ihrer individuellen Situation beraten.
(Bu)