Anzeige wegen Körperverletzung – wie reagieren?

15.03.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
Staatsanwaltschaft Berlin Was muss man zur Anzeige wegen Körperverletzung wissen? © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Beweise sammeln: Ist man mit einer Anzeige wegen Körperverletzung konfrontiert, empfiehlt es sich, alle relevanten Beweise, wie Zeugenaussagen, Fotos oder andere Dokumente, welche die Unschuld beweisen können, zu sammeln.

2. Aussage verweigern: Auf keinen Fall sollte man bei einer polizeilichen Vorladung Angaben zum vorgeworfenen Sachverhalt machen. Diese können später in einem möglichen Gerichtsverfahren gegen den Angeklagten verwendet werden.

3. Anwalt konsultieren: Es ist ratsam, sofort, also schon vor der polizeilichen Anhörung, einen Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Strafrecht zu kontaktieren, um das beste Vorgehen zu besprechen.
Mancher meint nach einer körperlichen Auseinandersetzung nur sich selbst verteidigt zu haben – und wundert sich anschließend über eine Anzeige wegen Körperverletzung.

Was ist eine strafbare Körperverletzung?


Gesetzlich geregelt ist diese Straftat in § 223 des Strafgesetzbuches (StGB). Danach gilt es als Körperverletzung, wenn man "eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt“. Als Misshandlung zählt dabei jede üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt. Beispielsweise fällt ein Faustschlag ins Gesicht in aller Regel unter Körperverletzung. Ein Ohrfeige ist ein Grenzfall, denn sie wird manchmal auch als Beleidigung bewertet (und geahndet).

Welche Körperverletzungs-Tatbestände gibt es noch?


Es gibt zusätzliche gesetzliche Vorschriften, die sich mit weiteren und schlimmeren Arten der Tatausführung beschäftigen. Dazu gehören:

- Gefährliche Körperverletzung (unter Verwendung von Gift, Waffen, Hinterhalt, bei Begehung durch mehrere Personen, Lebensgefahr),
- schwere Körperverletzung (mit der Folge dauerhafter körperlicher Schäden oder Behinderungen) oder
- Körperverletzung mit Todesfolge.

Zu den Körperverletzungsdelikten gehören auch:

- Misshandlung von Schutzbefohlenen,
- Verstümmelung weiblicher Genitalien.

Alle diese Varianten der Straftat werden härter bestraft als eine einfache Körperverletzung.

Wie wird die Körperverletzung bestraft?


Für eine einfache Körperverletzung droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. Der Strafrahmen bei einer gefährlichen Körperverletzung liegt bei mindestens sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe, in minder schweren Fällen bei einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Eine schwere Körperverletzung wird mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren geahndet, bei einer Körperverletzung mit Todesfolge sind es mindestens drei Jahre. Strafbar ist auch eine versuchte Körperverletzung.

Was ist eine Misshandlung von Schutzbefohlenen?


Wenn Kinder von ihren Eltern oder Menschen, unter deren Aufsicht sie stehen, misshandelt werden, stellt dies strafrechtlich eine Misshandlung von Schutzbefohlenen dar. Ebenso gilt dies für die Misshandlung von Kranken oder gebrechlichen Senioren, etwa durch Pflegepersonal. Dieser Straftatbestand ist in § 225 StGB geregelt.

Als Schutzbefohlene gelten minderjährige, kranke oder gebrechliche Personen, die
- der Fürsorge oder Obhut des Täters unterstehen,
- zu seinem Haushalt gehören,
- ihm von Fürsorgepflichtigen (z. B. Eltern, Betreuer) zur Beaufsichtigung überlassen worden sind,
- ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses unterstellt sind (z. B. Praktikanten, Auszubildende).

Wer solche Personen quält, roh misshandelt oder ihre Gesundheit durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, schädigt, macht sich also strafbar.

Bestraft wird dies mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

Sind die betreffenden Personen durch die Tat in Lebensgefahr geraten oder in die Gefahr von schweren Gesundheitsschäden oder als Minderjährige in die Gefahr von schweren Schäden in ihrer Entwicklung, liegt die Mindeststrafe bei einem Jahr. In minder schweren Fällen sind zwar auch geringere Strafen möglich, allerdings gibt es immer eine Mindesthaftstrafe von drei bis sechs Monaten.

Verstümmelung weiblicher Genitalien


Diesen Tatbestand gibt es seit 2013. Geregelt ist er in § 226a StGB. Strafbar sind danach alle Varianten der Verstümmelung äußerer weiblicher Geschlechtsorgane bzw. der sogenannten Beschneidung bei Frauen. Hier droht eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsentzug. In minder schweren Fällen sind Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren möglich.

Was ist eine fahrlässige Körperverletzung?


Eine Strafe für eine Körperverletzung riskiert man sogar dann, wenn diese nicht vorsätzlich, sondern fahrlässig erfolgt ist. Wenn also zum Beispiel jemand verletzt wird, weil jemand anders notwendige Sorgfaltspflichten außer Acht lässt, riskiert der Verantwortliche eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.

Was ist ein Strafantrag und wann ist er nötig?


Umgangssprachlich wird oft von einer „Strafanzeige“ gesprochen. Es gibt hier aber einen wichtigen Unterschied: Mit einer Strafanzeige informiert jemand die Polizei lediglich über ein möglicherweise strafbares Verhalten. Dies kann jeder tun, nicht nur der Geschädigte. Es ist dann Sache der Ermittlungsbehörden, ob sie daraufhin Schritte einleiten.

Bei bestimmten Straftaten ist jedoch ein Strafantrag eine gesetzliche Voraussetzung dafür, dass die Behörden überhaupt ein Verfahren einleiten. Dies ist bei einigen Körperverletzungsdelikten der Fall. Zum Beispiel werden eine einfache Körperverletzung nach § 223 StGB und eine fahrlässige Körperverletzung nach § 229 StGB nur auf einen Strafantrag des Opfers hin verfolgt. Die Staatsanwaltschaft kann von sich aus eine Strafverfolgung einleiten, wenn sie besonderes öffentliches Interesse für die Strafverfolgung sieht. In aller Regel muss der Betroffene jedoch einen Strafantrag stellen, damit es zu einer Strafverfolgung kommt.

Geht es um Straftaten gegen Amtsträger im öffentlichen Dienst, Polizisten, Soldaten oder Amtsträger von Religionsgemeinschaften, kann auch deren Dienstvorgesetzter Strafantrag stellen. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Tat etwas mit dem Dienst oder dem Beruf des oder der Betreffenden zu tun hat.

Was ist eine wechselseitige Körperverletzung?


Es kommt häufig vor, dass sich nach einer Schlägerei beide Kontrahenten als Opfer einer Körperverletzung betrachten. Oft stellen beide Strafantrag gegen den jeweils anderen. Dann muss das Gericht genau untersuchen, ob ein sogenannter Rechtfertigungsgrund für einen der beiden spricht – wie etwa Notwehr. Denn: In diesem Fall hätte der Betreffende nicht rechtswidrig gehandelt und sich nicht strafbar gemacht. Kommt es im Rahmen einer Schlägerei mit mehreren Beteiligten zu einer schweren Körperverletzung oder zum Tod eines Menschen, wird übrigens auch ein reiner Teilnehmer mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft (§ 231 StGB).

Wie sollte man auf eine Anzeige wegen Körperverletzung reagieren?


Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung werden häufig eingestellt, wenn der Täter sich beim Geschädigten entschuldigt oder eine gegenseitige Körperverletzung vorliegt. Notwehr kann durchaus ein gutes Argument sein. Wichtig ist es, sich möglichst früh von einem Anwalt beraten zu lassen. Auf keinen Fall sollte man bei einer polizeilichen Vernehmung Angaben machen, ohne zuvor mit einem Strafverteidiger gesprochen zu haben. Denn: Unbedachte Aussagen lassen sich schwer rückgängig machen und werden im Strafverfahren verwendet.

Strafrecht und Zivilrecht – zwei verschiedene paar Schuhe


Oft folgt auf eine Körperverletzung nicht nur ein Ermittlungs- bzw. Strafverfahren, sondern auch eine Klage des Geschädigten auf Schmerzensgeld und/oder Schadensersatz nach dem Zivilrecht.
Dabei ist es wichtig, beide Rechtsgebiete auseinander zu halten. Es handelt sich um zwei verschiedene Verfahren vor unterschiedlichen Gerichten. Das Zivilverfahren um Schadensersatz findet oft erst statt, wenn im Strafverfahren eine Entscheidung gefallen ist.

Wenn die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren nach § 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung eingestellt hat (weil sie keinen ausreichenden Anlass für ein Strafverfahren gesehen hat) bestehen für den Geschädigten meist nur geringe Chancen, vor einem Zivilgericht Schmerzensgeld zu verlangen. Dies gilt auch, wenn im gerichtlichen Strafverfahren ein Freispruch erfolgt. Kommt es zur Einstellung nach § 153 StPO (Geringfügigkeit), hängen die Erfolgschancen sehr vom Einzelfall ab.
Nachdem der Täter allerdings wegen einer Körperverletzung strafrechtlich verurteilt wurde, steht einer Zivilklage auf Schmerzensgeld meist nichts im Wege.

Praxistipp zur Anzeige wegen Körperverletzung


Wer sich wegen einer Körperverletzung Ermittlungen ausgesetzt sieht oder strafrechtlich belangt wird, sollte sich so bald wie möglich von einem auf das Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt beraten lassen. Ohne die Beratung durch einen Strafverteidiger können Beschuldigte bei Vernehmungen durch die Polizei Fehler machen, die das gesamte weitere Verfahren beeinflussen.

(Wk)


 Günter Warkowski
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Juristische Redaktion
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