Arbeitsrecht: Die Kündigung in Kleinbetrieben

05.09.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Monteur,Anlage,Kontrolle,Kleinbetrieb Was gilt für die Kündigung in Kleinbetrieben? © - freepik

Das Kündigungsschutzgesetz gilt nicht für Kleinbetriebe. Daher ist eine Kündigung für Arbeitgeber deutlich einfacher durchzuführen. Arbeitnehmer sind jedoch auch hier nicht ganz schutzlos.

In Betrieben mit weniger als zehn Mitarbeitern gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht. Für Arbeitnehmer bedeutet das, dass der Arbeitgeber ihr Arbeitsverhältnis viel leichter beenden kann. In einem größeren Betrieb kann eine Kündigung nur aus betriebsbedingten, personenbedingten oder verhaltensbedingten Gründen stattfinden. Die Arbeitsgerichte stellen hohe Ansprüche an die jeweilige Begründung. All dies ist im Kleinbetrieb nicht erforderlich. Auch im Kleinbetrieb kann eine Kündigung jedoch aus verschiedenen Gründen unwirksam sein.

Wann genießen Arbeitnehmer gesetzlichen Kündigungsschutz?


Dies hängt zunächst von der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit ab. Das Kündigungsschutzgesetz gilt nur für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis bereits seit mehr als sechs Monaten bestanden hat (§ 1 Kündigungsschutzgesetz). Außerdem darf es sich nicht um einen Kleinbetrieb handeln, denn in diesen Betrieben kommt das Kündigungsschutzgesetz nicht zur Anwendung.

Wann zählt ein Betrieb als Kleinbetrieb?


Das Kündigungsschutzgesetz ist nur auf Betriebe anwendbar, die dauerhaft mehr als zehn Arbeitnehmer haben. Betriebe mit bis zu zehn Arbeitnehmern zählen daher als Kleinbetriebe und fallen nicht unter den Kündigungsschutz (§ 23 KSchG).

Die korrekte Bestimmung der Mitarbeiterzahl ist wichtig. Die Chancen einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage steigen erheblich, wenn der Betrieb womöglich doch unter das Kündigungsschutzgesetz fällt.

Bei der Berechnung der Mitarbeiterzahl werden Auszubildende nicht mitgezählt. Auch Praktikanten und geschäftsführende Gesellschafter zählen nicht mit.

Komplizierter wird es mit Teilzeitkräften:
- Teilzeitmitarbeiter mit einer wöchentlichen Arbeitszeit bis zu 20 Stunden werden zur Hälfte angerechnet (ihre Anzahl wird also mit 0,5 multipliziert),
- die Zahl von Teilzeitkräften mit einer wöchentlichen Stundenzahl von mehr als 20 und bis zu 30 Stunden wird mit 0,75 multipliziert.

Hat also ein Betrieb fünf Vollzeitkräfte, vier Arbeitnehmer mit 20 Stunden und zwei Arbeitnehmer mit 30 Stunden, wird so gezählt:

5 x Vollzeit = 5
4 x 0,5 = 2
2 x 0,75 = 1,5

Summe: 8,5 Mitarbeiter = Kleinbetrieb.

Dann käme das Kündigungsschutzgesetz nicht zur Anwendung. Bereits eine Mitarbeiterzahl von 10,5 bringt jedoch das Gesetz zur Geltung.

Arbeitnehmerinnen in Mutterschutz zählen mit. Allerdings wird eine Ersatzkraft für die Mutter dann nicht mitgezählt. Auch Mitarbeiter in Eltern- oder Pflegezeit werden eingerechnet.

Einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zufolge sind auch Leiharbeitnehmer voll mitzuzählen. Dies setzt jedoch voraus, dass ihr Einsatz auf einem dauerhaften Personalbedarf des Betriebes beruht und nicht nur auf einer kurzfristigen Auftragsspitze (Urteil vom 24. Januar 2013, Az. 2 AZR 140/12).

Was gilt für ältere Arbeitsverhältnisse in Kleinbetrieben?


Sonderregeln gibt es für sogenannte Altfälle aus der Zeit vor Einführung der heutigen gesetzlichen Regelung. Auf Arbeitnehmer, die bereits vor dem 1.1.2004 in ihrem heutigen Arbeitsverhältnis beschäftigt waren, wird nämlich noch die frühere Regelung angewendet. Diese ist für Arbeitnehmer günstiger. Damals galt der gesetzliche Kündigungsschutz, wenn der Betrieb mehr als fünf Arbeitnehmer hatte. Für ein solches altes Arbeitsverhältnis gilt also auch heute noch der gesetzliche Kündigungsschutz.

Voraussetzung ist, dass
- der Betrieb vor dem 1.1.2004 mehr als fünf Arbeitnehmer gehabt hat und
- auch heute noch mehr als fünf Arbeitnehmer hat und
- dass diese Arbeitnehmer auch alle Kündigungsschutz genossen haben, also mindestens seit sechs Monaten im Betrieb beschäftigt waren.

Darf der Chef im Kleinbetrieb ohne Regeln kündigen?


Obwohl in Kleinbetrieben das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist, herrscht kein Wildwest-Zustand. Zwar gilt hier der gesetzliche Kündigungsschutz mit seinen strengen Regeln nicht. Der Arbeitnehmer ist daher nicht auf die strengen Kündigungsgründe beschränkt, die dieses Gesetz vorgibt. Trotzdem benötigt er für die Kündigung einen sachbezogenen und anerkennenswerten Grund. Auch eine sehr lange Betriebszugehörigkeit ist vom Arbeitgeber zu berücksichtigen.
Im Kleinbetrieb gelten die generellen Regelungen aus dem Zivilrecht, die im Bürgerlichen Gesetzbuch niedergelegt sind. Danach ist eine Kündigung unwirksam, wenn sie sittenwidrig oder treuwidrig ist. Auch im Kleinbetrieb darf eine Kündigung daher nicht willkürlich erfolgen oder auf sachfremden Gründen beruhen.

Beispiele:
Eine Kündigung kann sittenwidrig sein, wenn der Chef einem Arbeitnehmer vor versammeltem Betrieb in herabwürdigender Form die Meinung sagt und ihm die Kündigung überreicht.

Auch eine Kündigung aus einem verwerflichen Motiv kann sittenwidrig sein, etwa aus Rachsucht oder weil der Arbeitnehmer sich weigert, dem Chef privat beim Umzug zu helfen.

Als treuwidrig gilt eine Kündigung, wenn beispielsweise bei einer betriebsbedingten Kündigung allzu rücksichtslos vorgegangen wird. Auch im Kleinbetrieb muss in gewissem Rahmen eine soziale Rücksichtnahme stattfinden. Das heißt: Muss jemandem gekündigt werden, weil die Geschäfte schlecht laufen, muss der Chef denjenigen auswählen, der dies persönlich und familiär am besten wegsteckt und der am schnellsten wieder eine Arbeit findet. Dabei gehen junge Arbeitnehmer ohne Bindungen älteren mit Familie vor. Gute Chancen auf eine erfolgreiche Kündigungsschutzklage haben Arbeitnehmer in Kleinbetrieben jedoch meist nur dann, wenn wirklich erhebliche Unterschiede zwischen den infrage kommenden Arbeitnehmern bestanden haben und sich dies auch beweisen lässt.

Ist eine Kündigung als Bestrafung erlaubt?


Auch in Kleinbetrieben gilt das sogenannte Maßregelungsverbot. Das bedeutet, dass eine Kündigung nicht als Bestrafung erfolgen darf, nur weil der Arbeitnehmer seine Rechte ausgeübt hat – zum Beispiel, weil der Arbeitnehmer sich geweigert hat, einer vom Chef vorgeschlagenen Verschlechterung seines Arbeitsvertrages zuzustimmen. Gesetzlich geregelt ist das Maßregelungsverbot in § 612a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Wann ist eine Kündigung wegen Formfehlern unwirksam?


Eine Kündigung muss auch im Kleinbetrieb schriftlich erfolgen. Die elektronische Form ist hier gesetzlich ausgeschlossen. Wichtig: Die Kündigung muss eigenhändig von jemandem unterschrieben sein, der tatsächlich Kündigungen aussprechen darf – also zum Beispiel nicht von der Frau vom Chef, die die Buchhaltung macht, sondern vom Geschäftsführer selbst.

Welche Kündigungsfristen gelten im Kleinbetrieb?


Die Kündigungsfristen aus § 622 BGB gelten auch im Kleinbetrieb.

Grundsätzlich kann ein Arbeitsverhältnis mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden. Für den Arbeitgeber verlängert sich die Kündigungsfrist abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Mitarbeiters:

Beispiele:

- Zwei Jahre Betriebszugehörigkeit = Kündigungsfrist ein Monat zum Ende eines Kalendermonats
- fünf Jahre Betriebszugehörigkeit: = zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats
- acht Jahre Betriebszugehölrigkeit = drei Monate zum Ende eines Kalendermonats.

Während der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist zwei Wochen.

Eine außerordentliche fristlose Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen, nachdem der Chef vom Anlass der Kündigung erfahren hat. Zu einem späteren Zeitpunkt wäre sie unwirksam (§ 626 Abs. 2 BGB).

Welcher Kündigungsschutz gilt für besondere Personengruppen?


Auch in Kleinbetrieben gilt unabhängig vom Kündigungsschutzgesetz der Kündigungsschutz für Schwerbehinderte oder Betriebsratsmitglieder. Auch das Mutterschutzgesetz wird angewendet.

Wann darf der Betriebsrat bei einer Kündigung mitreden?


Einen Betriebsrat kann es auch in einem Kleinbetrieb geben. Dieser muss bei jeder Kündigung angehört werden. Ohne Beteiligung des Betriebsrats ist eine Kündigung unwirksam.

Praxistipp zur Kündigung im Kleinbetrieb


Dass eine Kündigung unwirksam ist, nützt Arbeitnehmern nur etwas, wenn sie ihr Recht im Rahmen einer Kündigungsschutzklage durchsetzen. Dafür haben sie nach Erhalt der Kündigung drei Wochen Zeit. Im Kleinbetrieb fällt es Arbeitnehmern oft schwer, zu beweisen, dass ihnen aus unzulässigen Motiven gekündigt wurde. Ein solcher Beweis kann zum Beispiel durch Zeugenaussagen erfolgen. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann Sie in einem solchen Fall beraten und vor dem Arbeitsgericht vertreten.

(Ma)


 Ulf Matzen
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