Der kleine Waffenschein - was ist damit erlaubt?

03.04.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
Kleiner,Waffenschein,Pistole,Munition Was ist Inhabern mit kleinem Waffenschein erlaubt? © - freepik

Nach wie vor stehen Gas- und Schreckschusspistolen, Gas- und Pfeffersprays und andere Waffen hoch im Kurs. Nicht alle darf man jedoch ohne Erlaubnis in der Öffentlichkeit mitführen.

So manche Waffen lassen sich ohne Weiteres kaufen oder bestellen. Was viele Bürger jedoch nicht wissen: Für einige Selbstverteidigungswaffen ist der "kleine Waffenschein" nötig. Sein Erwerb ist an einige Voraussetzungen geknüpft. Wer ohne diesen Schein eine der betreffenden Waffen in der Öffentlichkeit mit sich herumträgt, macht sich strafbar. Eingeführt wurde der kleine Waffenschein 2003. Zu Beginn des Jahres 2021 gab es in Deutschland ca. 700.000 kleine Waffenscheine. im Jahr 2022 waren es 781.186.

Was darf man auch ohne Waffenschein?


Wer mindestens 14 Jahre alt ist, darf auch ohne jeden Waffenschein Reizstoffsprühdosen wie beispielsweise Pfefferspray mit sich führen. Voraussetzung ist allerdings, dass auf der Sprühdose das Prüfzeichen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) eingeprägt ist (§ 3 Absatz 2 Waffengesetz). Achtung: Wer ein Reizstoffspray ohne Prüfzeichen mitführt, begeht eine Straftat.
Volljährige Personen ohne Waffenschein dürfen Gas- oder Schreckschusspistolen mit PTB-Zeichen frei erwerben und besitzen. Das bedeutet, sie dürfen sie bei sich zu Hause aufbewahren, sie aber nicht in der Öffentlichkeit mit sich herumtragen.

Was ist mit dem kleinen Waffenschein erlaubt?


Einen "kleinen Waffenschein" benötigt man, wenn man eine Gas- oder Schreckschusspistole mit PTB-Zeichen außerhalb der eigenen vier Wände oder des eigenen Grundstücks mit sich herumtragen, also in der Öffentlichkeit führen will.

Unter welchen Voraussetzungen wird der kleine Waffenschein erteilt?


Ein "kleiner Waffenschein" wird grundsätzlich unter folgenden Voraussetzungen erteilt:

- Volljährigkeit (18 Jahre),
- keine Vorstrafen außer einer Geld-, Jugend- oder Freiheitsstrafe unter 60 Tagessätzen,
- Regelabfrage beim Verfassungsschutz ohne Auffälligkeiten,
- geistige sowie körperliche Eignung,
- keine Alkohol- oder Drogenabhängigkeit,
- Nachweis einer sicheren Aufbewahrung der Waffe (für Unbefugte unzugänglich).

Bisher nicht erforderlich ist eine Sachkundeprüfung im Umgang mit der Waffe. Wenn die Voraussetzungen vorliegen, ist der kleine Waffenschein zu erteilen.

Wie und wo darf man eine Gas- oder Schreckschusspistole führen?


Als Inhaber eines "kleinen Waffenscheins" darf man grundsätzlich eine Gas- oder Schreckschusspistole in der Öffentlichkeit mit sich führen. Es gibt jedoch Einschränkungen, die sich aus § 42 des Waffengesetzes (WaffG) ergeben: Nicht mitgeführt werden darf die Waffe zum Beispiel bei Demonstrationen, politischen Versammlungen, auf Fußballspielen sowie Märkten bzw. Jahrmärkten. Daran ändert der kleine Waffenschein nichts. Waffen sind außerdem auf allen Veranstaltungen verboten, wo ein Eintritt gezahlt werden muss – etwa in der Diskothek oder im Kino, auf Konzerten oder Festivals.

Führen ist nicht gleich Schießen


Eine Gas- oder Schreckschusspistole in der Öffentlichkeit mit sich führen zu dürfen, heißt nicht, dass man nun nach Belieben damit zum Spaß oder zur Probe schießen darf. Die Waffe darf man nämlich nur in einer Notwehrsituation benutzen. Wann Notwehr vorliegt, ist vor Gericht häufig umstritten. Verboten ist auch das Verschießen von Schreckschuss- oder Signalmunition zu Silvester.

Was bedeutet sichere Aufbewahrung?


Waffen sind grundsätzlich so aufzubewahren, dass sie von anderen Leuten nicht entwendet oder missbraucht werden können. Die Regeln dazu wurden in den letzten Jahren verschärft.

Danach müssen auch Waffen wie Gas- und Schreckschusspistolen sowie deren Munition in einem verschlossenen Behältnis aufbewahrt werden. Die Waffen sind ungeladen und getrennt von der Munition aufzubewahren. Ein Verstoß ist eine bußgeldpflichtige Ordnungswidrigkeit und führt zum Entzug des kleinen Waffenscheins.

Welche Waffen darf man mit dem kleinen Waffenschein nicht führen?


Das Führen von folgenden Waffen in der Öffentlichkeit ist verboten:
- Anscheinswaffen (echt wirkende Waffenattrappen, auch Softair-Waffen),
- Hieb- und Stoßwaffen wie Schwerter, Säbel und Dolche,
- Messer mit einhändig feststellbarer Klinge (Einhandmesser) oder feststehende Messer mit einer Klingenlänge über 12 cm.

Erlaubt ist der Transport in jeder Art von verschlossenem Behältnis sowie das Führen im Zusammenhang mit der Berufsausübung, der Brauchtumspflege, dem Sport oder einem anderen allgemein anerkannten Zweck.

Was müssen Inhaber des kleinen Waffenscheins sonst noch wissen?


Die zuständige Behörde überprüft nach § 4 Absatz 3 Waffengesetz die Zuverlässigkeit und persönliche Eignung eines Waffenscheininhabers in regelmäßigen Zeitabständen, mindestens alle drei Jahre. Dafür wird meist eine zusätzliche Gebühr verlangt (Beispiel Bremen: 42 Euro).

Wer eine Waffe in der Öffentlichkeit führt, muss dabei unterwegs seinen "kleinen Waffenschein" und seinen Personalausweis dabeihaben. Sonst drohen dem Betreffenden sehr hohe Bußgelder.

Die Waffe muss unbedingt und verdeckt, also unsichtbar, geführt werden. Wer dies nicht beachtet, muss mit sehr hohen Bußgeldern und dem Widerruf des "kleinen Waffenscheins" rechnen.

Der Eigentümer der Waffe hat dafür zu sorgen, dass Waffe und Munition nicht abhanden kommen oder in falsche Hände geraten.

Was kostet ein kleiner Waffenschein?


In Nordrhein-Westfalen wurde die Gebühr für die Ausstellung eines kleinen Waffenscheins 2023 mit 90 Euro angegeben. Der Landkreis Verden in Niedersachsen gibt Kosten von 50 Euro an. Dies kann sich also je nach Bundesland und Gemeinde unterscheiden. Auch für einen abgelehnten Antrag wird in der Regel eine Gebühr erhoben.

Fall: Verkehrserziehung mit Gaspistole


Ein zu 100 Prozent Schwerbehinderter hatte 2003 den "kleinen Waffenschein" erhalten. Er wollte eine Gaspistole Kaliber 9 mm in seinem Auto mitführen. Allerdings bestand die Hauptbeschäftigung des Mannes darin, sich mit Menschen anzulegen, die unberechtigt auf Behindertenparkplätzen parkten.

Nach einigen Jahren war die Anzahl seiner Anzeigen gegen solche Personen vierstellig. Eines Tages geriet er in Streit mit einem körperlich überlegenen Autofahrer, dessen Kennzeichen er sich aufgeschrieben hatte. Der Waffenbesitzer hielt den Autofahrer mit der Gaspistole in Schach und rief die Polizei. Diese war nicht erfreut über sein Verhalten: Er hatte eine strafbare Bedrohung und Nötigung begangen. Daraufhin entzog ihm die zuständige Behörde den Waffenschein und ordnete die Einziehung der Waffe an.

Das Urteil: Waffe nur in Notwehr benutzen


Der Schwerbehinderte klagte vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe gegen die Entscheidung der Behörde. Allerdings blieb die Klage erfolglos, und er verlor Waffenschein und Waffe. Aus Sicht des Gerichts besaß er nicht die waffenrechtliche Zuverlässigkeit, welche die Voraussetzung für den kleinen Waffenschein ist. Offensichtlich führe er absichtlich Situationen herbei, die er nur mit der Waffe unter Kontrolle behalten könne. Er habe den Falschparker bewusst in provokantem Ton angesprochen. Die Waffe nutze er als Mittel, um die Verkehrsregeln durchzusetzen. Dazu habe er jedoch keinerlei Recht. Falschparken sei kein Angriff, der eine Notwehr erlaube (Verwaltungsgericht Karlsruhe, 30.8.2012, Az. 6 K 1287/12).

Welche Reformen des Waffenrechts sind geplant?


Amokläufe mit Schusswaffen führen immer wieder zu Diskussionen über eine mögliche Verschärfung des Waffenrechts. Innenministerin Faeser hat Anfang 2023 einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der auch Gas- und Schreckschusswaffen betrifft.
Demnach soll der kleine Waffenschein künftig auch für den Erwerb und Besitz von Schreckschuss-, Reizgas- oder Signalwaffen erforderlich sein. Auch ein Sachkundenachweis könnte Voraussetzung werden. Armbrüste soll man künftig nur noch mit dem kleinen Waffenschein erwerben können. Inwiefern diese Pläne umgesetzt werden, ist derzeit noch unklar.

Praxistipp zum kleinen Waffenschein


Volljährige können einen kleinen Waffenschein beantragen und erhalten, wenn sie zuverlässig erscheinen und nicht vorbestraft sind. Nicht erforderlich ist eine Sachkundeprüfung. Auch eine Gaspistole muss heute zu Hause weggeschlossen werden. Benutzen darf man die Waffe nur in Notwehr – und nicht als "Meinungsverstärker" bei Auseinandersetzungen. Wenn Sie als Waffenbesitzer mit dem Recht in Konflikt kommen, sollten Sie bei einem Fachanwalt für Strafrecht, oder bei Entzug der Erlaubnis bei einem Fachanwalt für Verwaltungsrecht nach Rat und Hilfe suchen.

(Wk)


 Günter Warkowski
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Juristische Redaktion
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