Hilfe beim Auto-Anschieben: Wer haftet bei Unfällen?
17.04.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice

Das Wichtigste in Kürze
1. Gefälligkeit: Hilft eine Person spontan freiwillig und unentgeltlich beim Anschieben eines Autos, ohne dass dabei ein rechtlicher Vertrag entsteht, handelt es sich um eine Gefälligkeit. Die Haftung für Schäden ist dann grundsätzlich einschränkt.
2. Schaden am Kfz: Verursacht ein Helfer beim Anschieben eines Autos leicht fahrlässig einen Schaden, gilt in vielen Fällen ein stillschweigender Haftungsausschluss. Dies gilt nicht, wenn der Helfer eine private Haftpflichtversicherung hat.
3. Verunglückter Helfer: Erleidet ein Helfer beim Autoanschieben eine Verletzung, haftet der Autofahrer nur dann, wenn er den Sturz durch unsachgemäßes Fahrverhalten verschuldet hat.
1. Gefälligkeit: Hilft eine Person spontan freiwillig und unentgeltlich beim Anschieben eines Autos, ohne dass dabei ein rechtlicher Vertrag entsteht, handelt es sich um eine Gefälligkeit. Die Haftung für Schäden ist dann grundsätzlich einschränkt.
2. Schaden am Kfz: Verursacht ein Helfer beim Anschieben eines Autos leicht fahrlässig einen Schaden, gilt in vielen Fällen ein stillschweigender Haftungsausschluss. Dies gilt nicht, wenn der Helfer eine private Haftpflichtversicherung hat.
3. Verunglückter Helfer: Erleidet ein Helfer beim Autoanschieben eine Verletzung, haftet der Autofahrer nur dann, wenn er den Sturz durch unsachgemäßes Fahrverhalten verschuldet hat.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Winterliche Hilfsbereitschaft wird großgeschrieben Zu welchen Schäden kann es beim Anschieben eines fremden Autos kommen? Wie funktioniert die Haftung bei verunglückten Gefälligkeiten? Haftet der Autofahrer für einen Sturz des Helfers beim Anschieben? Welche gesetzliche Regelung kommt für eine Haftung in Betracht? Welche weiteren Möglichkeiten einer Haftung gibt es? Was gilt für das Anschieben eines Autos zur Starthilfe? Praxistipp zur Haftung beim Autoanschieben Winterliche Hilfsbereitschaft wird großgeschrieben
Wenn man im Winter zur Arbeit muss und sein Auto in einem Schneehaufen feststeckend vorfindet, der womöglich straßenseitig noch vom Schneepflug zu einem festen Wall aufgetürmt wurde, ist guter Rat oft teuer. Manchmal kann man sein Fahrzeug noch grob aus dem Schlamassel befreien. Aber: Auf einer vereisten Straße mit Schneemassen drumherum bewegt es sich trotzdem nicht vom Fleck. Da ist etwas Anschiebehilfe von freundlichen Nachbarn und Passanten immer willkommen. Jeder Autofahrer weiß schließlich, dass es ihn am nächsten Tag genauso gut selbst erwischen kann.
Zu welchen Schäden kann es beim Anschieben eines fremden Autos kommen?
Beim Anschieben eines fremden Autos können mehrere Haftungsfragen aufkommen. Zum Beispiel: Was passiert, wenn der freundliche Helfer versehentlich den Außenspiegel vom geschobenen Fahrzeug abbricht oder mit seinem Jacken-Reißverschluss einen großen Kratzer im Lack verursacht? Und wer haftet, wenn der Helfer selbst beim Anschieben eines fremden Fahrzeugs verletzt wird?
Wie funktioniert die Haftung bei verunglückten Gefälligkeiten?
Wenn man bei dem Versuch, jemand anderem aus reiner Gefälligkeit zu helfen, leicht fahrlässig einen Schaden verursacht, gilt in vielen Fällen ein sogenannter stillschweigender Haftungsausschluss. Von diesem gehen die Gerichte einfach aus, obwohl zwischen den Beteiligten gar nichts vereinbart wurde. Denn: Uneigennützige Helfer sollen nicht für ihre Hilfsbereitschaft bestraft werden. Der stillschweigende Haftungsausschluss greift allerdings nur im Ausnahmefall, wenn der Helfer auf ihn wirklich angewiesen ist. Sobald der Helfer eine Privathaftpflichtversicherung hat, kann er sich auf den Haftungsausschluss nicht mehr berufen. Dann trägt seine Versicherung den Schaden.
Wichtig ist hier, dass ein solcher stillschweigender Haftungsausschluss nicht für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gilt. Wer also grob fahrlässig bei einer Gefälligkeit einen Schaden verursacht, muss dafür zahlen. Hier kommt es dann sehr stark auf die Situation an. Beispiel: Ein paar Betrunkene wollen einem Autofahrer aus dem Schnee helfen und schieben sein Fahrzeug an. Dabei torkeln sie gegen das Auto und hinterlassen Beulen, deren Beseitigung eine vierstellige Summe kostet.
Haftet der Autofahrer für einen Sturz des Helfers beim Anschieben?
Denkbar ist es natürlich auch, dass der Helfer selbst einen Schaden erleidet. Allzu leicht kann man zum Beispiel beim Anfahren des Autos auf glattem Boden den Halt verlieren und stürzen. Haftet in diesem Fall der Autofahrer, dem geholfen wurde?
Hier kommt es wieder sehr auf den Einzelfall an. Wichtig ist zum Beispiel, ob der Autofahrer den Sturz durch unsachgemäßes Fahrverhalten verschuldet hat. Dann kann er durchaus haften. In einer solchen Situation hat der Autofahrer nämlich die Pflicht, sich so zu verhalten, dass den Helfern am Heck des Fahrzeugs nichts passiert.
Mit einem entsprechenden Fall hat sich das Oberlandesgericht Düsseldorf beschäftigt. Dabei ging es um einen Autofahrer, der mitten auf einer Kreuzung im Schnee stecken geblieben war. Während er versuchte, durch vorsichtiges Gasgeben und Ausprobieren der verschiedenen Gänge des Automatikgetriebes das Auto freizubekommen, wurde ein von rechts kommender Fahrer ungeduldig. Er stieg aus und schob das steckengebliebene Fahrzeug an. Allerdings tat er dies, ohne sich mit dessen Fahrer abzusprechen. Dieser bekam von dem Anschiebeversuch gar nichts mit. Als er die Gänge durchschaltete, blinkte kurz die Rückfahrleuchte auf, ohne dass das Auto rückwärtsfuhr. Dadurch erschrak der Helfer, stolperte und verletzte sich. Er verklagte den steckengebliebenen Autofahrer auf Schadensersatz.
Welche gesetzliche Regelung kommt für eine Haftung in Betracht?
Eine Haftung des anzuschiebenden Autofahrers kann sich hier aus § 7 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) ergeben. Nach dieser Vorschrift haftet der Halter eines Fahrzeugs, wenn bei dessen Betrieb ein Mensch verletzt wird. Der Fahrzeughalter haftet jedoch nach § 8 StVG nicht, wenn der Verletzte selbst beim Betrieb des Fahrzeugs tätig war. In diesem Fall war das Anschieben aus Sicht des Gerichts eine Tätigkeit beim Betrieb des Fahrzeugs. Eine Haftung des Autofahrers nach dem StVG schied also aus.
Welche weiteren Möglichkeiten einer Haftung gibt es?
Auch eine sogenannte deliktische Haftung lehnte das Gericht ab. Schließlich habe sich der Autofahrer gegenüber dem Geschädigten nichts zu Schulden kommen lassen. Er habe diesen ja überhaupt nicht bemerkt. Und da er nicht rückwärtsfahren wollte, habe er sich auch nicht darum kümmern müssen, was hinter ihm passierte.
Außerdem prüfte das Gericht hier noch eine sogenannte Geschäftsführung ohne Auftrag. So nennt man Erledigungen im Interesse einer anderen Person, aber ohne deren ausdrücklichen Auftrag. Auch so etwas kann zu einem Schadensersatzanspruch führen, wenn der Betreffende zum Beispiel beim Handeln im Interesse eines anderen verletzt wird. Aber: Laut Gericht ist die Voraussetzung dafür, dass die jeweilige Handlung wirklich im Interesse des anderen liegt. Dies ist bei unsachgemäßen Maßnahmen nicht der Fall. Die Anschiebehilfe ohne Absprache mit dem Fahrer sei unsachgemäß und gefährlich gewesen – und das, obwohl es keinen Zeitdruck und keine Notsituation gab. Der Autofahrer musste daher nicht für die Verletzungsfolgen zahlen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.3.2015, Az. I-1 U 87/14).
Was gilt für das Anschieben eines Autos zur Starthilfe?
Wenn in früheren Zeiten ein Auto wegen einer schwächelnden Batterie nicht startete, war es eine gängige Methode, es anzuschieben. Dies sollte man heutzutage unterlassen, denn die Wahrscheinlichkeit von Schäden ist hoch.
Gar nicht anschieben darf man Autos mit Automatikgetriebe. Abgesehen davon, dass sie auf diesem Weg nicht starten werden, kann ein sehr teurer Getriebeschaden die Folge sein.
Ein modernes Diesel-Fahrzeug lässt sich nur schwer durch Anschieben starten. Wenn nicht mehr genug Reststrom zum Vorglühen vorhanden ist, wird auch das Schieben wenig bringen – es sei denn, man hat eine längere Strecke von mehreren 100 Metern zur Verfügung. Damit steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls. Obendrein kann unverbrannter Kraftstoff in das Abgassystem gelangen und zum Beispiel den Partikelfilter beschädigen.
Ähnliches kann auch bei Benzinern passieren. Beim Einschalten der Zündung kann unverbrannter Kraftstoff den Katalysator beschädigen.
Bei modernen Fahrzeugen ist letztendlich die Gefahr eines Schadens durch das Anschieben größer als die Wahrscheinlichkeit, das Auto zu starten. Das Anschieben eines dafür nicht geeigneten Autos kann womöglich sogar als grob fahrlässig eingeschätzt werden – dann haftet der Helfer für den Schaden. Dies hängt jedoch vom Einzelfall und vom Urteil des jeweiligen Gerichts ab. Fazit: Wenn ein Auto wegen schwacher Batterie nicht startet, empfiehlt sich die Starthilfe mittels Starthilfekabel – oder die Mitnahme eines handlichen, modernen Batterieladegeräts (Jumpstarter).
Praxistipp zur Haftung beim Autoanschieben
Das Verkehrsrecht ist ein Rechtsbereich mit eigenen Vorschriften und einer Vielzahl von Gerichtsurteilen. Wenn es im Straßenverkehr zu einem Unfall oder einem Schaden kommt – oder auch beim Anschieben eines Autos – ist ein Fachanwalt für Verkehrsrecht der richtige Ansprechpartner.
(Wk)