Verkehrsunfall: Wann gibt es Entschädigung für den Nutzungsausfall?
12.08.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Die Entschädigung für den Nutzungsausfall soll den Eigentümer einer Sache dafür entschädigen, dass er diese eine Zeit lang nicht nutzen kann. Es handelt sich dabei also um eine Art Schadenersatz. Einen solchen Anspruch gewährt das deutsche Recht nicht nur bei Autos, sondern auch bei einigen anderen Fahrzeugen. Entscheidend ist, dass sich der Schaden in Geld beziffern lässt. Dies ist natürlich einfacher, wenn es einen Vermietungsmarkt für das jeweilige Fahrzeug gibt.
Als Geschädigter können Sie sich nach einem fremdverschuldeten Verkehrsunfall mit Ihrem Privatfahrzeug entscheiden, ob Sie einen Mietwagen in Anspruch nehmen oder eine Entschädigung für den Nutzungsausfall vom Unfallgegner verlangen möchten. Beides zusammen geht nämlich nicht.
Die Höhe der Entschädigung für den Nutzungsausfall ist rechtlich nicht ausdrücklich geregelt. Der Betrag wird nach Tabellen bestimmt, die mehrere Anbieter wie zum Beispiel Eurotax Schwacke entwickelt haben. Kommt es zu einem Rechtsstreit, können die Gerichte je nach Fall entscheiden, welcher Nutzungsausfall aus ihrer Sicht angemessen ist. Berücksichtigt wird in der Regel der Fahrzeugtyp, der Hubraum, die Ausstattung und das Fahrzeugalter. Ein Automatikgetriebe bedeutet häufig eine Einstufung in die nächsthöhere Stufe. Fahrzeuge mit einem Alter von fünf bis zehn Jahren werden häufig eine Stufe herabgestuft, mit einem Alter von über zehn Jahren sind es sogar zwei Stufen.
Um eine Entschädigung für den Nutzungsausfall zu erhalten, müssen Sie zumindest hypothetisch die Möglichkeit haben, das Fahrzeug zu nutzen. Wenn sie zum Beispiel sechs Wochen lang im Krankenhaus liegen, haben Sie diese Möglichkeit nicht. Dann bekommen Sie nichts – es sei denn, es gibt einen Angehörigen, der das Fahrzeug nutzen kann und auch würde, wenn es intakt vor der Tür stände.
Haben Sie einen Zweitwagen? Dann kann von Ihnen verlangt werden, dass Sie diesen nutzen und keine Entschädigung für den Nutzungsausfall des Erstfahrzeugs verlangen. Es sei denn, dies wäre Ihnen aus irgendeinem Grund nicht zuzumuten.
Ist das Fahrzeug ein Totalschaden, wird der Nutzungsausfall für die Zeit ersetzt, die der Geschädigte für die Ersatzbeschaffung, also für den Kauf eines gleichwertigen neuen Fahrzeugs, braucht. Wie viel Zeit er sich dafür nehmen kann, steht nach einem Unfall meist im Sachverständigengutachten. Häufig werden hier etwa 14 Tage angesetzt. Das Oberlandesgericht Celle hat entschieden, dass zusätzlich auch für die Zeit, die der Sachverständige für sein Gutachten braucht, ein Nutzungsausfall zu zahlen ist. Nach Fertigstellung des Gutachtens hat der Geschädigte dann noch drei Tage Überlegungsfrist. Auch die dann nötige Zeit für die Ersatzbeschaffung kommt noch hinzu (Urteil vom 13.2.2014, Az. 5 U 159/13).
Aber: Ist ein neues Auto vorhanden, wird auch kein weiterer Nutzungsausfallersatz mehr gezahlt.
Von den Versicherungen wird bei Oldtimern und Motorrädern häufig damit argumentiert, dass für diese Fahrzeuge keine Nutzungsausfall-Entschädigung verlangt werden kann, weil sie nicht im Alltag genutzt werden, sondern nur als Freizeitvergnügen. Wenn der Geschädigte jedoch nachweisen kann, dass er das Fahrzeug tatsächlich im Alltag nutzt oder gar kein anderes Fortbewegungsmittel hat, hat dieser trotzdem gute Karten.
So hat das Oberlandesgericht Düsseldorf dem Eigentümer einer Harley-Davidson sogar den Nutzungsausfall zugesprochen, obwohl dieser zusätzlich einen PKW besaß. Hier war das Argument, dass der PKW kein gleichwertiges Fahrzeug sei: Die Harley sei höherwertig. Daher stand ihm für das Motorrad ein Nutzungsausfallersatz zu. Allerdings wurde dieser etwas gekürzt, weil im fraglichen Zeitraum zum Teil so schlechtes Wetter herrschte, dass eine Nutzung des Motorrads unwahrscheinlich schien (OLG Düsseldorf, Az. I-1 U 199/07).
Der Bundesgerichtshof war jedoch später anderer Ansicht: Wird das Motorrad als Zweitfahrzeug neben einem PKW genutzt, ist es als Freizeitvergnügen anzusehen. Wird es bei einem Unfall beschädigt, muss der Fahrer den PKW nutzen und hat keinen Anspruch auf eine Nutzungsausfall-Entschädigung (Beschluss vom 13.12.2011, Az. VI ZA 40/11).
Aber: Der Bundesgerichtshof hat auch entschieden, dass für ein bei einem unverschuldeten Unfall beschädigtes Motorrad durchaus eine Nutzungsausfall-Entschädigung verlangt werden kann, wenn der Geschädigte kein anderes Fahrzeug hat und im Sommer das Bike, im Winter und bei schlechtem Wetter aber den ÖPNV nutzt (Urteil vom 23. Januar 2018, Az. VI ZR 57/17).
Das Oberlandesgericht Oldenburg hat entschieden, dass eine Nutzungsausfall-Entschädigung auch verlangt werden kann, wenn eine falsche Beratung in der Autowerkstatt einen längeren Fahrzeugausfall verursacht. In diesem Fall hatte eine Kundin die Ursache für einen Ölverlust feststellen lassen. Die Werkstatt vermutete einen Motorschaden und empfahl, das Auto nicht mehr zu bewegen. Die Fahrerin ließ daher ihren Wagen stehen und leitete sogar gegen eine andere Werkstatt, die zuvor den Motor repariert hatte, ein sogenanntes Beweissicherungsverfahren ein. Schließlich stellte sich jedoch heraus, dass keinerlei Motorschaden vorlag. Die Werkstatt mit der Fehldiagnose musste einen erheblichen Nutzungsausfallschaden für die Standzeit bezahlen (Az. 1 U 132/13).
Die Entschädigung für einen Nutzungsausfall ist oft Gegenstand von Gerichtsverfahren. Wenn Sie als Unfallgeschädigter eine solche Entschädigung einfordern möchten, empfiehlt sich eine Beratung durch einen Fachanwalt für Verkehrsrecht.
Wenn ein Kraftfahrzeug durch fremdes Verschulden nicht mehr nutzbar ist – etwa während einer Unfallreparatur – hat der Eigentümer oft Anspruch auf Schadenersatz für den Nutzungsausfall.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was ist besser: Mietwagen oder Nutzungsausfall Wie viel Nutzungsausfall bekomme ich? Wann bekomme ich keine Nutzungsausfall-Entschädigung? Welche Besonderheiten gelten bei einem Totalschaden? Was gilt für Oldtimer und Motorräder? Was gilt bei einem Stillstand aufgrund Werkstattfehler? Praxistipp Was ist besser: Mietwagen oder Nutzungsausfall
Als Geschädigter können Sie sich nach einem fremdverschuldeten Verkehrsunfall mit Ihrem Privatfahrzeug entscheiden, ob Sie einen Mietwagen in Anspruch nehmen oder eine Entschädigung für den Nutzungsausfall vom Unfallgegner verlangen möchten. Beides zusammen geht nämlich nicht.
Wie viel Nutzungsausfall bekomme ich?
Die Höhe der Entschädigung für den Nutzungsausfall ist rechtlich nicht ausdrücklich geregelt. Der Betrag wird nach Tabellen bestimmt, die mehrere Anbieter wie zum Beispiel Eurotax Schwacke entwickelt haben. Kommt es zu einem Rechtsstreit, können die Gerichte je nach Fall entscheiden, welcher Nutzungsausfall aus ihrer Sicht angemessen ist. Berücksichtigt wird in der Regel der Fahrzeugtyp, der Hubraum, die Ausstattung und das Fahrzeugalter. Ein Automatikgetriebe bedeutet häufig eine Einstufung in die nächsthöhere Stufe. Fahrzeuge mit einem Alter von fünf bis zehn Jahren werden häufig eine Stufe herabgestuft, mit einem Alter von über zehn Jahren sind es sogar zwei Stufen.
Wann bekomme ich keine Nutzungsausfall-Entschädigung?
Um eine Entschädigung für den Nutzungsausfall zu erhalten, müssen Sie zumindest hypothetisch die Möglichkeit haben, das Fahrzeug zu nutzen. Wenn sie zum Beispiel sechs Wochen lang im Krankenhaus liegen, haben Sie diese Möglichkeit nicht. Dann bekommen Sie nichts – es sei denn, es gibt einen Angehörigen, der das Fahrzeug nutzen kann und auch würde, wenn es intakt vor der Tür stände.
Haben Sie einen Zweitwagen? Dann kann von Ihnen verlangt werden, dass Sie diesen nutzen und keine Entschädigung für den Nutzungsausfall des Erstfahrzeugs verlangen. Es sei denn, dies wäre Ihnen aus irgendeinem Grund nicht zuzumuten.
Welche Besonderheiten gelten bei einem Totalschaden?
Ist das Fahrzeug ein Totalschaden, wird der Nutzungsausfall für die Zeit ersetzt, die der Geschädigte für die Ersatzbeschaffung, also für den Kauf eines gleichwertigen neuen Fahrzeugs, braucht. Wie viel Zeit er sich dafür nehmen kann, steht nach einem Unfall meist im Sachverständigengutachten. Häufig werden hier etwa 14 Tage angesetzt. Das Oberlandesgericht Celle hat entschieden, dass zusätzlich auch für die Zeit, die der Sachverständige für sein Gutachten braucht, ein Nutzungsausfall zu zahlen ist. Nach Fertigstellung des Gutachtens hat der Geschädigte dann noch drei Tage Überlegungsfrist. Auch die dann nötige Zeit für die Ersatzbeschaffung kommt noch hinzu (Urteil vom 13.2.2014, Az. 5 U 159/13).
Aber: Ist ein neues Auto vorhanden, wird auch kein weiterer Nutzungsausfallersatz mehr gezahlt.
Was gilt für Oldtimer und Motorräder?
Von den Versicherungen wird bei Oldtimern und Motorrädern häufig damit argumentiert, dass für diese Fahrzeuge keine Nutzungsausfall-Entschädigung verlangt werden kann, weil sie nicht im Alltag genutzt werden, sondern nur als Freizeitvergnügen. Wenn der Geschädigte jedoch nachweisen kann, dass er das Fahrzeug tatsächlich im Alltag nutzt oder gar kein anderes Fortbewegungsmittel hat, hat dieser trotzdem gute Karten.
So hat das Oberlandesgericht Düsseldorf dem Eigentümer einer Harley-Davidson sogar den Nutzungsausfall zugesprochen, obwohl dieser zusätzlich einen PKW besaß. Hier war das Argument, dass der PKW kein gleichwertiges Fahrzeug sei: Die Harley sei höherwertig. Daher stand ihm für das Motorrad ein Nutzungsausfallersatz zu. Allerdings wurde dieser etwas gekürzt, weil im fraglichen Zeitraum zum Teil so schlechtes Wetter herrschte, dass eine Nutzung des Motorrads unwahrscheinlich schien (OLG Düsseldorf, Az. I-1 U 199/07).
Der Bundesgerichtshof war jedoch später anderer Ansicht: Wird das Motorrad als Zweitfahrzeug neben einem PKW genutzt, ist es als Freizeitvergnügen anzusehen. Wird es bei einem Unfall beschädigt, muss der Fahrer den PKW nutzen und hat keinen Anspruch auf eine Nutzungsausfall-Entschädigung (Beschluss vom 13.12.2011, Az. VI ZA 40/11).
Aber: Der Bundesgerichtshof hat auch entschieden, dass für ein bei einem unverschuldeten Unfall beschädigtes Motorrad durchaus eine Nutzungsausfall-Entschädigung verlangt werden kann, wenn der Geschädigte kein anderes Fahrzeug hat und im Sommer das Bike, im Winter und bei schlechtem Wetter aber den ÖPNV nutzt (Urteil vom 23. Januar 2018, Az. VI ZR 57/17).
Was gilt bei einem Stillstand aufgrund Werkstattfehler?
Das Oberlandesgericht Oldenburg hat entschieden, dass eine Nutzungsausfall-Entschädigung auch verlangt werden kann, wenn eine falsche Beratung in der Autowerkstatt einen längeren Fahrzeugausfall verursacht. In diesem Fall hatte eine Kundin die Ursache für einen Ölverlust feststellen lassen. Die Werkstatt vermutete einen Motorschaden und empfahl, das Auto nicht mehr zu bewegen. Die Fahrerin ließ daher ihren Wagen stehen und leitete sogar gegen eine andere Werkstatt, die zuvor den Motor repariert hatte, ein sogenanntes Beweissicherungsverfahren ein. Schließlich stellte sich jedoch heraus, dass keinerlei Motorschaden vorlag. Die Werkstatt mit der Fehldiagnose musste einen erheblichen Nutzungsausfallschaden für die Standzeit bezahlen (Az. 1 U 132/13).
Praxistipp
Die Entschädigung für einen Nutzungsausfall ist oft Gegenstand von Gerichtsverfahren. Wenn Sie als Unfallgeschädigter eine solche Entschädigung einfordern möchten, empfiehlt sich eine Beratung durch einen Fachanwalt für Verkehrsrecht.
(Bu)