Bedeutet die Kündigung einer Lebensversicherung auch den Widerruf des Bezugsrechts?

05.07.2023, Autor: Frau Katharina Schnellbacher / Lesedauer ca. 2 Min. (74 mal gelesen)
Die Kündigung einer Lebensversicherung bedeutet nicht automatisch den Widerruf des Bezugsrechts. Um den Willen des Versicherungsnehmers zu bestimmen, sind vielmehr die Auslegung der Erklärung und die Berücksichtigung der konkreten Umstände entscheidend.

Bedeutet die Kündigung einer Lebensversicherung auch den Widerruf des Bezugsrechts?

Mit Urteil vom 22.03.2023 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass die Kündigung einer Lebensversicherung nicht automatisch den Widerruf des Bezugsrechts bedeutet.

Im verhandelten Fall ging es um eine Lebensversicherung bei der die Klägerin, eine Versicherungsgesellschaft, die Beklagte auf Rückzahlung des Rückkaufswerts verklagt hat.
Die Beklagte wurde aufgrund gesetzlicher Erbfolge Alleinerbin ihrer Mutter.
Die Erblasserin war die Versicherungsnehmerin.

Die Verstorbenen hatte eine Rentenversicherung gegen eine Einmalzahlung abgeschlossen und bestimmte in ihrem Antrag ihren Lebensgefährten als widerruflich Bezugsberechtigten im Todesfall, der als solcher auch im Versicherungsschein eingetragen war.

Die Erblasserin kündigte den Vertrag und bat um Auszahlung des Restbetrags auf ihr Konto. Einen Tag nach Zahlungseingang des Restbetrages auf ihrem Konto und noch vor Ablauf der Kündigungsfrist verstarb sie.
Sie wurde daraufhin von ihrer Tochter, der hier Beklagten, beerbt. Die Tochter widerrief daraufhin das Bezugsrecht für den früheren Lebensgefährten ihrer verstorbenen Mutter.

Die Klägerin (Versicherungsunternehmen) wies den Widerruf des Bezugsrechtes zurück und forderte von der Erbin die Rückzahlung des ausgezahlten Restbetrages. Sie argumentierte, dass aus der Kündigungserklärung der verstorbenen Mutter nicht eindeutig hervorgeht, dass dieses mit der Kündigungserklärung auch das Bezugsrecht widerrufen wollte. Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass das Bezugsrecht weiterhin gültig war und der Lebensgefährte der Versicherungsnehmerin Anspruch auf die Todesfallleistung hatte.

Der BGH entschied nun, dass aus der Kündigungserklärung der verstorbenen Mutter nicht eindeutig hervorgeht, dass sie auch das Bezugsrecht für ihren Lebensgefährten widerrufen wollte. Es gebe keinen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach eine Kündigung automatisch den Widerruf des Bezugsrechts einschließt. Vielmehr müsse im Einzelfall anhand der konkreten Umstände und der Auslegung der Erklärung entschieden werden, ob die Kündigung auch den Widerruf des Bezugsrechts umfasse.

Der Bundesgerichtshof stellt mit dieser Entscheidung klar, dass bei Kündigungen von Lebensversicherungen nicht automatisch auch der Widerruf des Bezugsrechts angenommen werden kann. Um den Willen des Versicherungsnehmers zu bestimmen, sind vielmehr die Auslegung der Erklärung und die Berücksichtigung der konkreten Umstände entscheidend. In diesem konkreten Fall wollte die verstorbene Versicherungsnehmerin mit der Kündigung lediglich deutlich machen, dass sie zu Lebzeiten unmittelbar auf den Restewert der Versicherung zugreifen wollte. Ein Widerruf des Bezugsrechts auf die Todesfallleistung, wollte die Erblasserin mit der Kündigungserklärung nicht zum Ausdruck bringen.


Katharina Schnellbacher
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Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

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