Welche Strafe droht bei Beleidigung anderer Personen?
15.04.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Rh - Anwalt-Suchservice Gerne wird im Straßenverkehr mal "der Vogel gezeigt" oder vielleicht ein Schimpfwort aus dem Autofenster gebrüllt. Mancher sagt sogar Polizeibeamten mal ordentlich die Meinung. Böse Worte fallen nicht selten auch gegenüber Nachbarn, die ständig die Ruhe stören. Auch zwischen Mieter und Vermieter kann eine Situation schnell eskalieren. All dies sind Beispiele für Alltagssituationen, in denen es zu Beleidigungen kommt. Für die Verantwortlichen kann dies jedoch unangenehme Folgen haben.
Eine Beleidigung ist nach § 185 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar. Geahndet wird sie mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe. Eine Beleidigung wird nur auf einen Strafantrag des Beleidigten hin verfolgt. Wenn sie mittels einer Tätlichkeit begangen wird, kann die Freiheitsstrafe sogar bis zu zwei Jahre betragen oder es kann eine Geldstrafe verhängt werden. Als Tätlichkeit kommt dabei zum Beispiel Anspucken oder eine Ohrfeige in Betracht. Dabei ist schnell auch die Grenze zur strafbaren Körperverletzung überschritten.
Man kann eine Beleidigung auf ganz unterschiedliche Art begehen. Zunächst einmal kann sie durch eine abwertende, beleidigende Äußerung stattfinden. Dabei gibt es keinen festen Katalog, welcher Ausdruck als Beleidigung gilt. Es kommt vielmehr darauf an, wie das Wort im konkreten Zusammenhang gemeint ist, was für eine Absicht dahinter steckt und sogar, in welchem Tonfall es ausgesprochen wird. Beispiel: Ein scherzhaftes "Idiot" in einem freundschaftlichen Wortwechsel wird rechtlich anders behandelt, als ein wütendes "Du Idiot" gegenüber einem Polizisten, der einen wegen einer Tempoüberschreitung anhält.
Eine Beleidigung kann auch durch Gesten verübt werden – wie etwa den beliebten "Stinkefinger". Sogar eine Person, die gar nicht anwesend ist, kann beleidigt werden ("der Kerl ist ein Volltrottel"). Nicht zuletzt ist auch eine ehrverletzende Tatsachenbehauptung gegenüber einem Anwesenden eine Beleidigung ("Du betrügst doch alle um ihr Geld!").
Eine Beleidigung beginnt dort, wo das Recht auf freie Meinungsäußerung aufhört. Allerdings entscheiden die Gerichte dabei nicht einheitlich. Das Bayerische Oberste Landesgericht entschied beispielsweise, dass der Ausdruck "Wegelagerer" gegenüber einem Polizisten noch unter die freie Meinungsäußerung falle. In diesem Fall habe der Betreffende nicht den Polizisten persönlich herabwürdigen wollen, sondern nur staatliche Maßnahmen allgemein kritisiert (Az. 1 St RR 153/04). Andere Gerichte könnten da jedoch auch eine andere Meinung vertreten.
Immer wieder hat das Bundesverfassungsgericht Entscheidungen gefällt, in denen die Meinungsfreiheit gewissermaßen "gewonnen" hat. Da rieb sich so mancher wohl verwundert die Augen ob der Bezeichnungen, die danach noch unter die freie Meinungsäußerung fallen sollten. Am 19.5.2020 fällte das Gericht vier Beschlüsse zu diesem Thema, die einige Klarstellungen enthalten.
Danach hat immer eine Abwägung der gegenseitig betroffenen Rechtsgüter stattzufinden. Vor Gericht müsse der Sinn der getätigten Äußerung ermittelt werden. Ebenso zu berücksichtigen sei der Zusammenhang, in dem sie gemacht wurde.
Andererseits soll laut Bundesverfassungsgericht bei herabsetzenden Äußerungen, die die Menschenwürde eines anderen antasten oder sich als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen, die Meinungsfreiheit ausnahmsweise hinter dem Ehrenschutz zurücktreten. Dann ist eine Einzelfallabwägung überflüssig (Az. 1 BvR 362/18).
Eine Schmähung sei daran zu erkennen, dass die Äußerung keinen irgendwie nachvollziehbaren Bezug mehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung habe und es dabei einzig um das grundlose Verächtlichmachen der anderen Person als solcher ginge. Hier seien Fälle gemeint, in denen jemand eine vorherige Auseinandersetzung erkennbar nur zum Anlass genommen habe, um über andere Personen herzuziehen oder sie niederzumachen.
Die Menschenwürde sei die Grundlage aller Grundrechte. Wenn sie durch eine Äußerung verletzt werde, müsse die Meinungsfreiheit zurückstehen. Die Menschenwürde könne mit keinem anderen Grundrecht abgewogen werden. Allerdings komme eine Verletzung der Menschenwürde nur in Betracht, wenn sich die Äußerung nicht gegen einzelne Persönlichkeitsrechte richte, sondern einer konkreten Person den ihre menschliche Würde ausmachenden Kern der Persönlichkeit abspreche.
Dem Bundesverfassungsgericht zufolge gibt es keinen Automatismus, nach dem die Meinungsfreiheit wichtiger sei, als andere Rechtsgüter. Wenn aber keiner der genannten Ausnahmefälle vorliege, müsse immer eine Abwägung der betroffenen Rechte durchgeführt werden.
Nach diesen Kriterien müssen viele in den sozialen Medien getätigte Äußerungen sicherlich als Formalbeleidigungen, Schmähkritik oder Verletzungen der Menschenwürde angesehen werden. Die Anwendung dieser Grundsätze durch die Gerichte dürfte dazu führen, dass die Meinungsfreiheit seltener als Argument dienen kann, um eine Bestrafung wegen Beleidigung zu vermeiden (Beschlüsse vom 19. Mai 2020, Az. 1 BvR 2459/19, 1 BvR 2397/19, 1 BvR 1094/19 und 1 BvR 362/18).
Im deutschen Recht gibt es keinen besonderen Straftatbestand der "Beamtenbeleidigung". Beamte werden also grundsätzlich dabei nicht anders behandelt als Bäcker, Banker oder Kellner.
Allerdings können alle diese Berufe als Personengruppe beleidigt werden. Dazu muss es sich um eine gut abgrenzbare und zahlenmäßig begrenzte Gruppe handeln. Bei Polizisten verlangen die Gerichte meist, dass die beleidigende Äußerung sich auf einen oder mehrere bestimmte Beamte beziehen muss, um strafbar zu sein. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn ein beleidigender Schriftzug auf einem Transparent, auf einer Tasche oder der Kleidung den bei einer Veranstaltung eingesetzten Beamten gezielt vor die Nase gehalten wird.
Die Beleidigung von Polizeibeamten kann teuer sein. Schon das Duzen eines Polizisten kann als Beleidigung ausgelegt werden. Man sollte sich außerdem im Umgang mit Polizeibeamten darüber im Klaren sein, dass eine Beleidigung nicht nur durch Worte ausgedrückt werden kann. Auch eindeutige Abkürzungen auf gut sichtbaren Textilien können teure Folgen haben.
Vollkommen unterschiedlich beurteilt wurde der Slogan "ACAB" ("all cops are bastards") von deutschen Gerichten. Das Bundesverfassungsgericht hat betont, dass eine Beleidigung eine konkret bestimmbare und abgrenzbare Zielgruppe erfordere. In zwei Fällen ging es zum Beispiel um Fußballspiele. Einmal war "ACAB" an einer Hose angebracht gewesen, ein anderes Mal als großes Plakat hochgehalten worden. Beides sahen die Richter lediglich als Ausdruck einer allgemeinen Abneigung gegen die Polizei an, die noch von der Meinungsfreiheit gedeckt sei (Beschlüsse vom 17. Mai 2016, Az. 1 BvR 257/14 und 1 BvR 2150/14).
In München hatte eine 19-jährige Studentin bei einer Kundgebung eine Tasche getragen, auf der in großen Buchstaben "FCK CPS" stand, was "Fuck Cops" bedeutet. Ein Polizist erklärte ihr, dass sie durch das Zeigen dieses Schriftzuges eine Straftat beging und forderte sie auf, die Buchstaben abzudecken. Daraufhin deckte sie die Abkürzung zunächst auch mit ihrer Jacke ab. Bald konnte man die Buchstaben jedoch wieder sehen. Ein Polizist und sein Dienstvorgesetzter stellten Strafantrag wegen Beleidigung.
Die Studentin erklärte vor dem Amtsgericht, dass sie die Tasche online bestellt habe. Der Versandhändler habe behauptet, dass die Aufschrift nicht strafbar sei. Das Gericht ließ dies nicht gelten. Es ging stattdessen davon aus, dass sie gerade die in der Nähe stehenden Polizisten habe beleidigen wollen. Dies sei als besonders schwerwiegend anzusehen, weil die Studentin gerade die Polizeibeamten beleidigt hatte, die ihre Demonstration gegen Gegendemonstranten schützen sollten. Folge war eine Verurteilung zu 32 Stunden gemeinnütziger Arbeit nach dem Jugendstrafrecht (AG München, Urteil vom 13.4.2015).
Das Bundesverfassungsgericht betrachtete das Tragen eines Buttons mit derselben Abkürzung übrigens nicht als Straftat. Anders als im Münchner Fall war hier der Button im Alltag auf der Straße getragen worden und nicht bei einer politischen Veranstaltung mit Polizeieinsatz. Erneut stellte das Bundesverfassungsgericht hohe Anforderungen an die Konkretisierung der Beleidigung auf eine bestimmte, überschaubare Personengruppe. Das bloße Tragen eines "ACAB"-Buttons im öffentlichen Raum sei für eine Beleidigung nicht ausreichend (26.2.2015, Az. 1 BvR 1036/14).
Das Amtsgericht Augsburg hat einen Augsburger Polizisten wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 4.400 Euro verurteilt. Der Polizeioberkommissar hatte auf seinem öffentlich sichtbaren Facebook-Profil das Gesicht einer Grünen-Politikerin mit einem Pferdehintern verglichen (Urteil vom 30.6.2021, Az. 03 Ds 101 Js 100806/20). Der vom Dienst suspendierte Beamte stand auch noch wegen einer Vielzahl weiterer Äußerungen vor Gericht, die jedoch noch knapp unter der Schwelle zur Strafbarkeit waren.
Beleidigungen werden oft als weniger schwerwiegend angesehen, wenn sie nur gegenüber der Zielperson stattfinden. So war es im Fall eines Vermieters, der seinen ehemaligen Mieter wiederholt per SMS beschimpft hatte. Es ging um Ausdrücke wie "Lusche allerersten Grades", "arrogante rotzige große asoziale Fresse", "Schweinebacke", "feiges Schwein", "feige Sau", "feiger Pisser", asozialer Abschaum" und "kleiner Bastard". Die Schmerzensgeldklage des Mieters blieb erfolglos, was zu der Schlagzeile führte "Vermieter darf Mieter als Schweinebacke beschimpfen".
Grund für den Misserfolg war aber zum einen, dass die Beleidigung eben nicht öffentlich erfolgt war. Zum anderen hatte der Mieter schon erfolgreich eine einstweilige Verfügung durchgesetzt, die es dem ehemaligen Vermieter verbot, ihn weiter zu beleidigen oder überhaupt mit ihm Kontakt aufzunehmen. Dem Vermieter drohte bei Zuwiderhandlung ein hohes Ordnungsgeld. Dadurch sei dem Recht ausreichend Genüge getan, entschied der Bundesgerichtshof (Urteil vom 24.5.2016, Az. VI ZR 496/15).
Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. sprach in einem älteren Fall einer Frau, die von ihrer Nachbarin als "blöde Kuh", "asoziales Pack" und "Hexe“ beschimpft worden war, eine Geldentschädigung von 700 Euro zu. Es hatte zuvor Probleme zwischen der Tochter der Klägerin und der Enkelin der Beklagten gegeben. Diese Vorkommnisse seien jedoch kein Grund für eine Beleidigung, noch rechtfertigten sie, die Beleidigungen wiederholt und andauernd fortzusetzen, so das Gericht. Die Höhe der Entschädigung sei angemessen, da die Äußerungen nicht gegenüber einer großen Öffentlichkeit gefallen waren, sondern eher zufällig von einigen Personen mitgehört wurden. Daher konnte hier auch nicht von "gezieltem Mobbing" oder "Psychoterror" ausgegangen werden, was das Leid des Opfers und auch die Geldentschädigung wiederum erhöht hätte (Urteil vom 7.7.2009, Az. 16 U 15/09).
Ein Geldtransportfahrer hatte ohne Berechtigung auf einem Behindertenparkplatz geparkt. Daraufhin nannte ihn ein anderer Verkehrsteilnehmer ein "Parkplatzschwein". Der Fahrer versuchte, eine einstweilige Verfügung zur Unterlassung solcher Betitelungen zu erwirken. Das Amtsgericht Rostock sah das Wort "Parkplatzschwein" jedoch nicht als Beleidigung an. Schon aus dem Wort selbst würde sich ergeben, dass der Begriff "Schwein" hier nur im Zusammenhang mit "Parkplatz" gefallen sei. Der Betreffende habe damit nur die Wertung "rücksichtslos, nur im eigenen Interesse handelnd" zum Ausdruck bringen wollen, ohne den Parksünder generell als "Schwein" zu bezeichnen (Urteil vom 11.7.2012, Az. 46 C 186/12).
Hier muss man zwischen strafrechtlichen und zivilrechtlichen Vorschriften unterscheiden. Das Schmerzensgeld hat nichts mit der Geldstrafe zu tun, die das Strafgericht verhängt. Dieses wird dem Betroffenen durch ein Zivilgericht zugesprochen, weil durch die Beleidigung sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt wurde. Dazu muss jedoch schon ein schwerwiegender Fall vorliegen.
So haben zum Beispiel mehrere Gerichte Polizeibeamten Schmerzensgeld zugesprochen (z. B. wegen sexuell ausgerichteter Beleidigungen gegen eine junge Polizistin bei Festnahme eines Angetrunkenen: 300 Euro, AG Böblingen).
Das Landgericht Oldenburg wies die zivilrechtliche Schmerzensgeldklage eines Polizeibeamten ab, den ein betrunkener Radfahrer bei einer Kontrolle unter anderem als "Scheiß Bullenschwein" und "dummes Arschloch" bezeichnet hatte (Hinweisbeschluss vom 7.2.2013, Az. 5 S 595/12). Hier habe keine schwerwiegende körperliche oder seelische Beeinträchtigung des Polizisten vorgelegen. Entlastend wirkte sich auch aus, dass der Radfahrer alkoholbedingt enthemmt war. Dies hinderte das Strafgericht jedoch nicht daran, ihn zu 800 Euro Geldstrafe zu verurteilen.
Um üble Nachrede handelt es sich, wenn jemand eine unwahre Tatsache über einen anderen verbreitet, die geeignet ist, diesen "verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen". Beispiel: "Der xy schlägt seine Kinder." Wenn die behauptete Tatsache wahr ist, wird der Täter nicht bestraft.
Bei einer Verleumdung geht es um das Verbreiten unwahrer und ehrverletzender Tatsachenbehauptungen. Der Täter weiß, dass er unwahre Tatsachen verbreitet. Eine Variante der Verleumdung ist das Verbreiten unwahrer Tatsachen, die die Kreditwürdigkeit von jemand anderem gefährden können. Bei beiden Delikten geht es generell um Tatsachenbehauptungen, deren Wahrheitsgehalt überprüfbar ist.
Die Staatsanwaltschaft verfolgt eine Beleidigung nur auf Strafantrag des Beleidigten. Ausnahmen gibt es, wenn die Beleidigung öffentlich zugänglich gemacht wurde. Wenn ein Beamter beleidigt wird, kann auch dessen Vorgesetzter Strafantrag stellen. Ein Strafantrag bedeutet jedoch noch lange nicht, dass es auch zu einem Strafverfahren kommt. Die Staatsanwaltschaft eröffnet in vielen geringfügigen Fällen kein Verfahren und verweist den Verletzten auf den sogenannten Privatklageweg. Dies ist ein strafrechtliches Verfahren bei Gericht ohne Beteiligung der Staatsanwaltschaft. Der Beleidigte muss selbst sein Recht durchsetzen, um eine Bestrafung des Täters zu erwirken. Die Privatklage hat nichts mit Ansprüchen auf Schmerzensgeld zu tun. Diese lassen sich nur in einem Zivilverfahren vor einem Zivilgericht geltend machen. Eine Privatklage setzt regelmäßig einen erfolglosen Sühneversuch bei einer staatlich anerkannten Schiedsstelle voraus.
Manchmal kann Selbstbeherrschung helfen, viel Geld zu sparen. Dies gilt besonders im Bereich der Beleidigung. Falls Sie strafrechtlich wegen dieses Deliktes belangt werden sollen, kann Ihnen ein Fachanwalt für Strafrecht helfen, die richtigen Gegenargumente zu finden. Bei Ansprüchen auf Schmerzensgeld ist ein Anwalt für Zivilrecht der richtige Ansprechpartner.
Stress, Emotionen, Unbeherrschtheit, aber auch volle Absicht führen oft dazu, dass unbedachte, herabwürdigende Worte fallen. Aber: Beleidigung ist eine Straftat und kann teure Folgen nach sich ziehen.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was sagt das Gesetz? Was ist eine Beleidigung? Wann liegt eine freie Meinungsäußerung vor? Was betrachtet das Bundesverfassungsgericht als Beleidigung? Was ist eine Beamtenbeleidigung? Was muss man über die Beleidigung von Polizisten wissen? Beleidigung einer Politikerin durch einen Beamten Wann sind Beleidigung per SMS strafbar? 700 Euro Geldentschädigung für "blöde Kuh" Beleidigung auf dem Behindertenparkplatz Wann wird für eine Beleidigung Schmerzensgeld fällig? Unterschied zu übler Nachrede und Verleumdung Was bedeuten Antragsdelikt und Privatklagedelikt? Praxistipp zur strafbaren Beleidigung Was sagt das Gesetz?
Eine Beleidigung ist nach § 185 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar. Geahndet wird sie mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe. Eine Beleidigung wird nur auf einen Strafantrag des Beleidigten hin verfolgt. Wenn sie mittels einer Tätlichkeit begangen wird, kann die Freiheitsstrafe sogar bis zu zwei Jahre betragen oder es kann eine Geldstrafe verhängt werden. Als Tätlichkeit kommt dabei zum Beispiel Anspucken oder eine Ohrfeige in Betracht. Dabei ist schnell auch die Grenze zur strafbaren Körperverletzung überschritten.
Was ist eine Beleidigung?
Man kann eine Beleidigung auf ganz unterschiedliche Art begehen. Zunächst einmal kann sie durch eine abwertende, beleidigende Äußerung stattfinden. Dabei gibt es keinen festen Katalog, welcher Ausdruck als Beleidigung gilt. Es kommt vielmehr darauf an, wie das Wort im konkreten Zusammenhang gemeint ist, was für eine Absicht dahinter steckt und sogar, in welchem Tonfall es ausgesprochen wird. Beispiel: Ein scherzhaftes "Idiot" in einem freundschaftlichen Wortwechsel wird rechtlich anders behandelt, als ein wütendes "Du Idiot" gegenüber einem Polizisten, der einen wegen einer Tempoüberschreitung anhält.
Eine Beleidigung kann auch durch Gesten verübt werden – wie etwa den beliebten "Stinkefinger". Sogar eine Person, die gar nicht anwesend ist, kann beleidigt werden ("der Kerl ist ein Volltrottel"). Nicht zuletzt ist auch eine ehrverletzende Tatsachenbehauptung gegenüber einem Anwesenden eine Beleidigung ("Du betrügst doch alle um ihr Geld!").
Wann liegt eine freie Meinungsäußerung vor?
Eine Beleidigung beginnt dort, wo das Recht auf freie Meinungsäußerung aufhört. Allerdings entscheiden die Gerichte dabei nicht einheitlich. Das Bayerische Oberste Landesgericht entschied beispielsweise, dass der Ausdruck "Wegelagerer" gegenüber einem Polizisten noch unter die freie Meinungsäußerung falle. In diesem Fall habe der Betreffende nicht den Polizisten persönlich herabwürdigen wollen, sondern nur staatliche Maßnahmen allgemein kritisiert (Az. 1 St RR 153/04). Andere Gerichte könnten da jedoch auch eine andere Meinung vertreten.
Was betrachtet das Bundesverfassungsgericht als Beleidigung?
Immer wieder hat das Bundesverfassungsgericht Entscheidungen gefällt, in denen die Meinungsfreiheit gewissermaßen "gewonnen" hat. Da rieb sich so mancher wohl verwundert die Augen ob der Bezeichnungen, die danach noch unter die freie Meinungsäußerung fallen sollten. Am 19.5.2020 fällte das Gericht vier Beschlüsse zu diesem Thema, die einige Klarstellungen enthalten.
Danach hat immer eine Abwägung der gegenseitig betroffenen Rechtsgüter stattzufinden. Vor Gericht müsse der Sinn der getätigten Äußerung ermittelt werden. Ebenso zu berücksichtigen sei der Zusammenhang, in dem sie gemacht wurde.
Andererseits soll laut Bundesverfassungsgericht bei herabsetzenden Äußerungen, die die Menschenwürde eines anderen antasten oder sich als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen, die Meinungsfreiheit ausnahmsweise hinter dem Ehrenschutz zurücktreten. Dann ist eine Einzelfallabwägung überflüssig (Az. 1 BvR 362/18).
Eine Schmähung sei daran zu erkennen, dass die Äußerung keinen irgendwie nachvollziehbaren Bezug mehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung habe und es dabei einzig um das grundlose Verächtlichmachen der anderen Person als solcher ginge. Hier seien Fälle gemeint, in denen jemand eine vorherige Auseinandersetzung erkennbar nur zum Anlass genommen habe, um über andere Personen herzuziehen oder sie niederzumachen.
Die Menschenwürde sei die Grundlage aller Grundrechte. Wenn sie durch eine Äußerung verletzt werde, müsse die Meinungsfreiheit zurückstehen. Die Menschenwürde könne mit keinem anderen Grundrecht abgewogen werden. Allerdings komme eine Verletzung der Menschenwürde nur in Betracht, wenn sich die Äußerung nicht gegen einzelne Persönlichkeitsrechte richte, sondern einer konkreten Person den ihre menschliche Würde ausmachenden Kern der Persönlichkeit abspreche.
Dem Bundesverfassungsgericht zufolge gibt es keinen Automatismus, nach dem die Meinungsfreiheit wichtiger sei, als andere Rechtsgüter. Wenn aber keiner der genannten Ausnahmefälle vorliege, müsse immer eine Abwägung der betroffenen Rechte durchgeführt werden.
Nach diesen Kriterien müssen viele in den sozialen Medien getätigte Äußerungen sicherlich als Formalbeleidigungen, Schmähkritik oder Verletzungen der Menschenwürde angesehen werden. Die Anwendung dieser Grundsätze durch die Gerichte dürfte dazu führen, dass die Meinungsfreiheit seltener als Argument dienen kann, um eine Bestrafung wegen Beleidigung zu vermeiden (Beschlüsse vom 19. Mai 2020, Az. 1 BvR 2459/19, 1 BvR 2397/19, 1 BvR 1094/19 und 1 BvR 362/18).
Was ist eine Beamtenbeleidigung?
Im deutschen Recht gibt es keinen besonderen Straftatbestand der "Beamtenbeleidigung". Beamte werden also grundsätzlich dabei nicht anders behandelt als Bäcker, Banker oder Kellner.
Allerdings können alle diese Berufe als Personengruppe beleidigt werden. Dazu muss es sich um eine gut abgrenzbare und zahlenmäßig begrenzte Gruppe handeln. Bei Polizisten verlangen die Gerichte meist, dass die beleidigende Äußerung sich auf einen oder mehrere bestimmte Beamte beziehen muss, um strafbar zu sein. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn ein beleidigender Schriftzug auf einem Transparent, auf einer Tasche oder der Kleidung den bei einer Veranstaltung eingesetzten Beamten gezielt vor die Nase gehalten wird.
Was muss man über die Beleidigung von Polizisten wissen?
Die Beleidigung von Polizeibeamten kann teuer sein. Schon das Duzen eines Polizisten kann als Beleidigung ausgelegt werden. Man sollte sich außerdem im Umgang mit Polizeibeamten darüber im Klaren sein, dass eine Beleidigung nicht nur durch Worte ausgedrückt werden kann. Auch eindeutige Abkürzungen auf gut sichtbaren Textilien können teure Folgen haben.
Vollkommen unterschiedlich beurteilt wurde der Slogan "ACAB" ("all cops are bastards") von deutschen Gerichten. Das Bundesverfassungsgericht hat betont, dass eine Beleidigung eine konkret bestimmbare und abgrenzbare Zielgruppe erfordere. In zwei Fällen ging es zum Beispiel um Fußballspiele. Einmal war "ACAB" an einer Hose angebracht gewesen, ein anderes Mal als großes Plakat hochgehalten worden. Beides sahen die Richter lediglich als Ausdruck einer allgemeinen Abneigung gegen die Polizei an, die noch von der Meinungsfreiheit gedeckt sei (Beschlüsse vom 17. Mai 2016, Az. 1 BvR 257/14 und 1 BvR 2150/14).
In München hatte eine 19-jährige Studentin bei einer Kundgebung eine Tasche getragen, auf der in großen Buchstaben "FCK CPS" stand, was "Fuck Cops" bedeutet. Ein Polizist erklärte ihr, dass sie durch das Zeigen dieses Schriftzuges eine Straftat beging und forderte sie auf, die Buchstaben abzudecken. Daraufhin deckte sie die Abkürzung zunächst auch mit ihrer Jacke ab. Bald konnte man die Buchstaben jedoch wieder sehen. Ein Polizist und sein Dienstvorgesetzter stellten Strafantrag wegen Beleidigung.
Die Studentin erklärte vor dem Amtsgericht, dass sie die Tasche online bestellt habe. Der Versandhändler habe behauptet, dass die Aufschrift nicht strafbar sei. Das Gericht ließ dies nicht gelten. Es ging stattdessen davon aus, dass sie gerade die in der Nähe stehenden Polizisten habe beleidigen wollen. Dies sei als besonders schwerwiegend anzusehen, weil die Studentin gerade die Polizeibeamten beleidigt hatte, die ihre Demonstration gegen Gegendemonstranten schützen sollten. Folge war eine Verurteilung zu 32 Stunden gemeinnütziger Arbeit nach dem Jugendstrafrecht (AG München, Urteil vom 13.4.2015).
Das Bundesverfassungsgericht betrachtete das Tragen eines Buttons mit derselben Abkürzung übrigens nicht als Straftat. Anders als im Münchner Fall war hier der Button im Alltag auf der Straße getragen worden und nicht bei einer politischen Veranstaltung mit Polizeieinsatz. Erneut stellte das Bundesverfassungsgericht hohe Anforderungen an die Konkretisierung der Beleidigung auf eine bestimmte, überschaubare Personengruppe. Das bloße Tragen eines "ACAB"-Buttons im öffentlichen Raum sei für eine Beleidigung nicht ausreichend (26.2.2015, Az. 1 BvR 1036/14).
Beleidigung einer Politikerin durch einen Beamten
Das Amtsgericht Augsburg hat einen Augsburger Polizisten wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 4.400 Euro verurteilt. Der Polizeioberkommissar hatte auf seinem öffentlich sichtbaren Facebook-Profil das Gesicht einer Grünen-Politikerin mit einem Pferdehintern verglichen (Urteil vom 30.6.2021, Az. 03 Ds 101 Js 100806/20). Der vom Dienst suspendierte Beamte stand auch noch wegen einer Vielzahl weiterer Äußerungen vor Gericht, die jedoch noch knapp unter der Schwelle zur Strafbarkeit waren.
Wann sind Beleidigung per SMS strafbar?
Beleidigungen werden oft als weniger schwerwiegend angesehen, wenn sie nur gegenüber der Zielperson stattfinden. So war es im Fall eines Vermieters, der seinen ehemaligen Mieter wiederholt per SMS beschimpft hatte. Es ging um Ausdrücke wie "Lusche allerersten Grades", "arrogante rotzige große asoziale Fresse", "Schweinebacke", "feiges Schwein", "feige Sau", "feiger Pisser", asozialer Abschaum" und "kleiner Bastard". Die Schmerzensgeldklage des Mieters blieb erfolglos, was zu der Schlagzeile führte "Vermieter darf Mieter als Schweinebacke beschimpfen".
Grund für den Misserfolg war aber zum einen, dass die Beleidigung eben nicht öffentlich erfolgt war. Zum anderen hatte der Mieter schon erfolgreich eine einstweilige Verfügung durchgesetzt, die es dem ehemaligen Vermieter verbot, ihn weiter zu beleidigen oder überhaupt mit ihm Kontakt aufzunehmen. Dem Vermieter drohte bei Zuwiderhandlung ein hohes Ordnungsgeld. Dadurch sei dem Recht ausreichend Genüge getan, entschied der Bundesgerichtshof (Urteil vom 24.5.2016, Az. VI ZR 496/15).
700 Euro Geldentschädigung für "blöde Kuh"
Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. sprach in einem älteren Fall einer Frau, die von ihrer Nachbarin als "blöde Kuh", "asoziales Pack" und "Hexe“ beschimpft worden war, eine Geldentschädigung von 700 Euro zu. Es hatte zuvor Probleme zwischen der Tochter der Klägerin und der Enkelin der Beklagten gegeben. Diese Vorkommnisse seien jedoch kein Grund für eine Beleidigung, noch rechtfertigten sie, die Beleidigungen wiederholt und andauernd fortzusetzen, so das Gericht. Die Höhe der Entschädigung sei angemessen, da die Äußerungen nicht gegenüber einer großen Öffentlichkeit gefallen waren, sondern eher zufällig von einigen Personen mitgehört wurden. Daher konnte hier auch nicht von "gezieltem Mobbing" oder "Psychoterror" ausgegangen werden, was das Leid des Opfers und auch die Geldentschädigung wiederum erhöht hätte (Urteil vom 7.7.2009, Az. 16 U 15/09).
Beleidigung auf dem Behindertenparkplatz
Ein Geldtransportfahrer hatte ohne Berechtigung auf einem Behindertenparkplatz geparkt. Daraufhin nannte ihn ein anderer Verkehrsteilnehmer ein "Parkplatzschwein". Der Fahrer versuchte, eine einstweilige Verfügung zur Unterlassung solcher Betitelungen zu erwirken. Das Amtsgericht Rostock sah das Wort "Parkplatzschwein" jedoch nicht als Beleidigung an. Schon aus dem Wort selbst würde sich ergeben, dass der Begriff "Schwein" hier nur im Zusammenhang mit "Parkplatz" gefallen sei. Der Betreffende habe damit nur die Wertung "rücksichtslos, nur im eigenen Interesse handelnd" zum Ausdruck bringen wollen, ohne den Parksünder generell als "Schwein" zu bezeichnen (Urteil vom 11.7.2012, Az. 46 C 186/12).
Wann wird für eine Beleidigung Schmerzensgeld fällig?
Hier muss man zwischen strafrechtlichen und zivilrechtlichen Vorschriften unterscheiden. Das Schmerzensgeld hat nichts mit der Geldstrafe zu tun, die das Strafgericht verhängt. Dieses wird dem Betroffenen durch ein Zivilgericht zugesprochen, weil durch die Beleidigung sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt wurde. Dazu muss jedoch schon ein schwerwiegender Fall vorliegen.
So haben zum Beispiel mehrere Gerichte Polizeibeamten Schmerzensgeld zugesprochen (z. B. wegen sexuell ausgerichteter Beleidigungen gegen eine junge Polizistin bei Festnahme eines Angetrunkenen: 300 Euro, AG Böblingen).
Das Landgericht Oldenburg wies die zivilrechtliche Schmerzensgeldklage eines Polizeibeamten ab, den ein betrunkener Radfahrer bei einer Kontrolle unter anderem als "Scheiß Bullenschwein" und "dummes Arschloch" bezeichnet hatte (Hinweisbeschluss vom 7.2.2013, Az. 5 S 595/12). Hier habe keine schwerwiegende körperliche oder seelische Beeinträchtigung des Polizisten vorgelegen. Entlastend wirkte sich auch aus, dass der Radfahrer alkoholbedingt enthemmt war. Dies hinderte das Strafgericht jedoch nicht daran, ihn zu 800 Euro Geldstrafe zu verurteilen.
Unterschied zu übler Nachrede und Verleumdung
Um üble Nachrede handelt es sich, wenn jemand eine unwahre Tatsache über einen anderen verbreitet, die geeignet ist, diesen "verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen". Beispiel: "Der xy schlägt seine Kinder." Wenn die behauptete Tatsache wahr ist, wird der Täter nicht bestraft.
Bei einer Verleumdung geht es um das Verbreiten unwahrer und ehrverletzender Tatsachenbehauptungen. Der Täter weiß, dass er unwahre Tatsachen verbreitet. Eine Variante der Verleumdung ist das Verbreiten unwahrer Tatsachen, die die Kreditwürdigkeit von jemand anderem gefährden können. Bei beiden Delikten geht es generell um Tatsachenbehauptungen, deren Wahrheitsgehalt überprüfbar ist.
Was bedeuten Antragsdelikt und Privatklagedelikt?
Die Staatsanwaltschaft verfolgt eine Beleidigung nur auf Strafantrag des Beleidigten. Ausnahmen gibt es, wenn die Beleidigung öffentlich zugänglich gemacht wurde. Wenn ein Beamter beleidigt wird, kann auch dessen Vorgesetzter Strafantrag stellen. Ein Strafantrag bedeutet jedoch noch lange nicht, dass es auch zu einem Strafverfahren kommt. Die Staatsanwaltschaft eröffnet in vielen geringfügigen Fällen kein Verfahren und verweist den Verletzten auf den sogenannten Privatklageweg. Dies ist ein strafrechtliches Verfahren bei Gericht ohne Beteiligung der Staatsanwaltschaft. Der Beleidigte muss selbst sein Recht durchsetzen, um eine Bestrafung des Täters zu erwirken. Die Privatklage hat nichts mit Ansprüchen auf Schmerzensgeld zu tun. Diese lassen sich nur in einem Zivilverfahren vor einem Zivilgericht geltend machen. Eine Privatklage setzt regelmäßig einen erfolglosen Sühneversuch bei einer staatlich anerkannten Schiedsstelle voraus.
Praxistipp zur strafbaren Beleidigung
Manchmal kann Selbstbeherrschung helfen, viel Geld zu sparen. Dies gilt besonders im Bereich der Beleidigung. Falls Sie strafrechtlich wegen dieses Deliktes belangt werden sollen, kann Ihnen ein Fachanwalt für Strafrecht helfen, die richtigen Gegenargumente zu finden. Bei Ansprüchen auf Schmerzensgeld ist ein Anwalt für Zivilrecht der richtige Ansprechpartner.
(Bu)