Anlageberatung: Geeignetheitserklärung ersetzt Beratungsprotokoll
04.11.2020, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik 2010 wurde durch eine Änderung des Wertpapierhandelsgesetzes das Beratungsprotokoll eingeführt. Nun musste bei einer Anlageberatung in einem Geldinstitut ein Protokoll über diese angefertigt und vom Berater unterschrieben werden. So wollte der Gesetzgeber die Chancen der Kunden in einem möglichen späteren Rechtsstreit verbessern. 2018 wurde das Beratungsprotokoll in der bestehenden Form dann wieder abgeschafft und durch die sogenannte Geeignetheitserklärung ersetzt. Diese bringt für die Berater noch weitreichendere Pflichten mit sich.
Nach § 34 Abs. 2a Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) mussten "Wertpapierdienstleistungsunternehmen", also Kreditinstitute, Finanzdienstleister und gewerbliche Anlageberater, die Kaufempfehlungen zu Aktien und Wertpapieren abgeben, über jede Anlageberatung eines Privatkunden ein schriftliches Protokoll erstellen. Dieses musste vom Berater, aber nicht vom Kunden unterschrieben und dem Kunden ausgehändigt werden. Diese Pflicht galt nur für Wertpapiergeschäfte.
Das Beratungsprotokoll musste den Anlass der Beratung erwähnen, außerdem die Dauer des Beratungsgesprächs und die für das Gespräch maßgeblichen Informationen zur persönlichen Situation des Kunden. Außerdem mussten auch Informationen über die empfohlenen Anlagen und Dienstleistungen enthalten sein. Zu erwähnen waren ferner die wesentlichen Anliegen des Kunden und deren Gewichtung, sowie, welche Empfehlungen dem Kunden gegeben worden waren und warum.
Die Geeignetheitserklärung ersetzt seit Anfang 2018 das Beratungsprotokoll. Sie beruht auf der Zweiten europäischen Finanzmarktrichtlinie und den entsprechenden deutschen Regelungen zu deren Umsetzung, insbesondere § 64 Abs. 4 WpHG. Nach dieser Vorschrift müssen Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die Anlageberatung erbringen, Privatkunden auf einem dauerhaften Datenträger vor Vertragsschluss eine Erklärung über die Geeignetheit der Empfehlung (Geeignetheitserklärung) zur Verfügung stellen. Diese Erklärung muss beinhalten, welche Beratung der Kunde erhalten hat und wie diese auf seine Präferenzen, Anlageziele und die sonstigen Merkmale des Kunden abgestimmt wurde.
Für konkretere Inhaltsfragen verweist die Vorschrift eine EU-Verordnung, nämlich auf Art. 54 Abs. 12 und Art. 55 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.
Art. 54 Abs. 12 schreibt vor, dass Kleinanleger bei einer Anlageberatung einen Bericht erhalten müssen, der ihnen einen Überblick über die erteilten Ratschläge und Angaben gibt und aus dem sie ersehen können, inwiefern die abgegebene Empfehlung zu ihnen passt. Dabei muss auch erwähnt werden, inwieweit diese Empfehlung den Zielen und persönlichen Umständen des Kunden hinsichtlich der erforderlichen Anlagedauer, der Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden sowie seiner Risikobereitschaft und Verlusttragfähigkeit entspricht.
Auch muss die Information enthalten sein, ob der Kunde bei dieser Geldanlage regelmäßig irgendwelche Bestimmungen der Geldanlage - etwa Geschäftsbedingungen - überprüfen muss.
Wenn eine Wertpapierfirma eine Dienstleistung erbringt, bei der es regelmäßige Eignungsbeurteilungen und -berichte gibt, dürfen die Anschlussberichte nach der ersten Dienstleistung nur auf Veränderungen oder auf Umstände aus dem Bereich des Kunden hinweisen, die sämtlichen Einzelheiten des ersten Berichts sind nicht jedes Mal zu wiederholen.
Nach Art. 55 müssen Wertpapierfirmen ihren Kunden außerdem - soweit nach Kunden und Produkt angemessen - die folgenden Informationen geben:
a) Mit welcher Art von Dienstleistungen, Geschäften und Finanzinstrumenten ist der Kunde vertraut?
b) In welcher Art, mit welchem Umfang und welcher Häufigkeit hat der Kunde schon Geschäfte mit Finanzinstrumenten getätigt und wann war das?
c) Wie ist der Bildungsstand und Beruf oder der relevante frühere Beruf des Kunden / potenziellen Kunden?
Hier geht es also darum, einzuschätzen, was der Kunde von Geldanlagen versteht und ihn dementsprechend zu beraten, statt ihn nur mit Fachchinesisch zu überfluten.
Art. 55 Abs. 3 hält außerdem aber auch fest: Das Unternehmen darf sich auf die Angaben verlassen, die der Kunde macht. Behauptet also ein Kunde, wirklich viel Ahnung von Geldanlagen zu haben, muss es nicht nachforschen, ob das tatsächlich so ist.
Bei der Geeignetheitserklärung geht es nicht nur darum, ob die Geldanlage geeignet ist. Es geht auch darum, ob sie für den jeweiligen Kunden geeignet und auf dessen Anlagewünsche und sein Vorwissen abgestimmt ist. Dies ist zu begründen. Die Eigenschaften der Geldanlage müssen mit den Kundenwünschen abgeglichen werden.
Wenn Kreditinstitute oder Finanzdienstleister einem Kunden keine schriftliche Geeignetheitserklärung übergeben oder diese nicht vollständig, fehlerhaft oder verspätet (nach Vertragsschluss) übergeben wird, liegt eine Ordnungswidrigkeit vor. Dies ergibt sich aus § 120 Abs. 8 Nr. 41 WpHG. Diese kann mit einer Geldbuße bis zu fünf Millionen Euro geahndet werden. Das Bußgeld kann gegenüber einer juristischen Person oder Personenvereinigung darüber hinaus bis zu zehn Prozent des Gesamtumsatzes betragen, den die juristische Person oder Personenvereinigung im vorangegangenen Geschäftsjahr erzielt hat.
Für Kunden ist es wichtig, zu wissen, dass die Geeignetheitserklärung im Streitfall ein wichtiges Beweismittel vor einem Zivilgericht ist. Denn: Durch sie kann ggf. nachgewiesen werden, dass die vom Geldinstitut empfohlene Anlage für den Kunden nicht geeignet war. Unter Umständen kann dies einen Anspruch auf Schadensersatz begründen.
Bei einem Streit mit einem Geldinstitut ist es empfehlenswert, einen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht zurate zu ziehen.
Banken haben bei einer Anlageberatung gegenüber dem Kunden einige Pflichten. Was müssen Bankkunden dazu wissen und was hat sich in den letzten Jahren geändert?
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was war aus dem Beratungsprotokoll zu ersehen? Was versteht man unter der Geeignetheitserklärung? Welchen Inhalt muss die Geeignetheitserklärung im Einzelnen haben? Welche Informationen über den Kunden sind mit aufzunehmen? Was ist die Folge, wenn sich die Bank nicht daran hält? Praxistipp Was war aus dem Beratungsprotokoll zu ersehen?
Nach § 34 Abs. 2a Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) mussten "Wertpapierdienstleistungsunternehmen", also Kreditinstitute, Finanzdienstleister und gewerbliche Anlageberater, die Kaufempfehlungen zu Aktien und Wertpapieren abgeben, über jede Anlageberatung eines Privatkunden ein schriftliches Protokoll erstellen. Dieses musste vom Berater, aber nicht vom Kunden unterschrieben und dem Kunden ausgehändigt werden. Diese Pflicht galt nur für Wertpapiergeschäfte.
Das Beratungsprotokoll musste den Anlass der Beratung erwähnen, außerdem die Dauer des Beratungsgesprächs und die für das Gespräch maßgeblichen Informationen zur persönlichen Situation des Kunden. Außerdem mussten auch Informationen über die empfohlenen Anlagen und Dienstleistungen enthalten sein. Zu erwähnen waren ferner die wesentlichen Anliegen des Kunden und deren Gewichtung, sowie, welche Empfehlungen dem Kunden gegeben worden waren und warum.
Was versteht man unter der Geeignetheitserklärung?
Die Geeignetheitserklärung ersetzt seit Anfang 2018 das Beratungsprotokoll. Sie beruht auf der Zweiten europäischen Finanzmarktrichtlinie und den entsprechenden deutschen Regelungen zu deren Umsetzung, insbesondere § 64 Abs. 4 WpHG. Nach dieser Vorschrift müssen Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die Anlageberatung erbringen, Privatkunden auf einem dauerhaften Datenträger vor Vertragsschluss eine Erklärung über die Geeignetheit der Empfehlung (Geeignetheitserklärung) zur Verfügung stellen. Diese Erklärung muss beinhalten, welche Beratung der Kunde erhalten hat und wie diese auf seine Präferenzen, Anlageziele und die sonstigen Merkmale des Kunden abgestimmt wurde.
Welchen Inhalt muss die Geeignetheitserklärung im Einzelnen haben?
Für konkretere Inhaltsfragen verweist die Vorschrift eine EU-Verordnung, nämlich auf Art. 54 Abs. 12 und Art. 55 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.
Art. 54 Abs. 12 schreibt vor, dass Kleinanleger bei einer Anlageberatung einen Bericht erhalten müssen, der ihnen einen Überblick über die erteilten Ratschläge und Angaben gibt und aus dem sie ersehen können, inwiefern die abgegebene Empfehlung zu ihnen passt. Dabei muss auch erwähnt werden, inwieweit diese Empfehlung den Zielen und persönlichen Umständen des Kunden hinsichtlich der erforderlichen Anlagedauer, der Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden sowie seiner Risikobereitschaft und Verlusttragfähigkeit entspricht.
Auch muss die Information enthalten sein, ob der Kunde bei dieser Geldanlage regelmäßig irgendwelche Bestimmungen der Geldanlage - etwa Geschäftsbedingungen - überprüfen muss.
Wenn eine Wertpapierfirma eine Dienstleistung erbringt, bei der es regelmäßige Eignungsbeurteilungen und -berichte gibt, dürfen die Anschlussberichte nach der ersten Dienstleistung nur auf Veränderungen oder auf Umstände aus dem Bereich des Kunden hinweisen, die sämtlichen Einzelheiten des ersten Berichts sind nicht jedes Mal zu wiederholen.
Welche Informationen über den Kunden sind mit aufzunehmen?
Nach Art. 55 müssen Wertpapierfirmen ihren Kunden außerdem - soweit nach Kunden und Produkt angemessen - die folgenden Informationen geben:
a) Mit welcher Art von Dienstleistungen, Geschäften und Finanzinstrumenten ist der Kunde vertraut?
b) In welcher Art, mit welchem Umfang und welcher Häufigkeit hat der Kunde schon Geschäfte mit Finanzinstrumenten getätigt und wann war das?
c) Wie ist der Bildungsstand und Beruf oder der relevante frühere Beruf des Kunden / potenziellen Kunden?
Hier geht es also darum, einzuschätzen, was der Kunde von Geldanlagen versteht und ihn dementsprechend zu beraten, statt ihn nur mit Fachchinesisch zu überfluten.
Art. 55 Abs. 3 hält außerdem aber auch fest: Das Unternehmen darf sich auf die Angaben verlassen, die der Kunde macht. Behauptet also ein Kunde, wirklich viel Ahnung von Geldanlagen zu haben, muss es nicht nachforschen, ob das tatsächlich so ist.
Was ist die Folge, wenn sich die Bank nicht daran hält?
Bei der Geeignetheitserklärung geht es nicht nur darum, ob die Geldanlage geeignet ist. Es geht auch darum, ob sie für den jeweiligen Kunden geeignet und auf dessen Anlagewünsche und sein Vorwissen abgestimmt ist. Dies ist zu begründen. Die Eigenschaften der Geldanlage müssen mit den Kundenwünschen abgeglichen werden.
Wenn Kreditinstitute oder Finanzdienstleister einem Kunden keine schriftliche Geeignetheitserklärung übergeben oder diese nicht vollständig, fehlerhaft oder verspätet (nach Vertragsschluss) übergeben wird, liegt eine Ordnungswidrigkeit vor. Dies ergibt sich aus § 120 Abs. 8 Nr. 41 WpHG. Diese kann mit einer Geldbuße bis zu fünf Millionen Euro geahndet werden. Das Bußgeld kann gegenüber einer juristischen Person oder Personenvereinigung darüber hinaus bis zu zehn Prozent des Gesamtumsatzes betragen, den die juristische Person oder Personenvereinigung im vorangegangenen Geschäftsjahr erzielt hat.
Praxistipp
Für Kunden ist es wichtig, zu wissen, dass die Geeignetheitserklärung im Streitfall ein wichtiges Beweismittel vor einem Zivilgericht ist. Denn: Durch sie kann ggf. nachgewiesen werden, dass die vom Geldinstitut empfohlene Anlage für den Kunden nicht geeignet war. Unter Umständen kann dies einen Anspruch auf Schadensersatz begründen.
Bei einem Streit mit einem Geldinstitut ist es empfehlenswert, einen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht zurate zu ziehen.
(Ma)