Betreuung: Die wichtigsten Infos für Betroffene und Angehörige

01.12.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
Betreuung,Betreuungsverfügung,Betreuer,Betreuungsverein Für Betreuer und Betreute gilt ab 2023 ein reformiertes Betreuungsrecht © Bu - Anwalt-Suchservice

Bei einer rechtlichen Betreuung bestellt das Gericht einen Betreuer für eine Person, die bestimmte Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Dabei spielt der Wille des Betreuten eine wichtige Rolle.

Immer wieder kommt es durch Krankheit, Unfälle oder das Alter vor, dass Menschen ihr Leben nicht mehr selbst organisieren können. Oft bezieht sich dies nur auf einzelne Bereiche. Viele Betroffene finden sich nicht mehr in ihrem Leben zurecht: Sie zahlen ihre Rechnungen nicht mehr, können nicht mehr mit Geld umgehen oder versäumen Arzt- und Behördentermine. Dann kommt das rechtliche Instrument der Betreuung zum Einsatz. Zum 1.1.2023 tritt eine umfassende Reform des Betreuungsrechts in Kraft.

Was ist eine Betreuung?


Seit 1992 gibt es die Betreuung in ihrer heutigen Form. Mit der früheren Entmündigung ist sie nicht zu vergleichen. Der Betreute wird im Gegenteil zur Entmündigung nicht mehr rechtlos, sondern erhält einen Betreuer zur Seite gestellt, der sich um bestimmte Bereiche seines Lebens kümmert. Manche Betreuer sind hauptberuflich tätig, es gibt jedoch auch ehrenamtliche Betreuer - oft Angehörige - und Betreuungsvereine.

Wer veranlasst eine Betreuung?


Den Bedarf für die Betreuung einer volljährigen Person stellt die örtliche Betreuungsbehörde oder das Amtsgericht fest. Dies kann auf Antrag des Betroffenen oder von Amts wegen auf Veranlassung von Verwandten oder Bekannten passieren.
Die Entscheidung zur Einrichtung einer Betreuung trifft das Gericht. Zuvor muss es den Betroffenen anhören und sich ein Bild über seine Situation machen. Das Gericht entscheidet, wer als Betreuer eingesetzt wird.

Zum Inhalt der Gesetzesreform ab 2023 gehört, dass das Gericht eine Betreuung nur dann anordnen darf, wenn alle einer Betreuungsanordnung vorgelagerten sozialrechtlichen Hilfen nicht mehr als geeignet erscheinen, um eine ausreichende Versorgung des Betroffenen zu gewährleisten (§ 1814 Abs. 3 neu). Eine Betreuung darf nur angeordnet werden, wenn dies erforderlich ist. Können die jeweiligen Angelegenheiten auch durch einen Bevollmächtigten geregelt werden, ist die Betreuung nicht erforderlich.

Künftig sollen Betroffene in alle Stadien des Betreuungsverfahrens mit eingebunden werden. Sie haben das Recht auf Information und ein Mitspracherecht bei der Bestellung eines Betreuers. Sie sollen auch bei der Auswahl ihres Betreuers ihre Vorstellungen einbringen können. Das Gericht soll diese so weit wie möglich beachten. § 1814 Abs. 2 BGB regelt künftig, dass ein Betreuer nicht gegen den ausdrücklichen Willen des volljährigen Betroffenen bestellt werden darf. Der Betroffene darf auch eine bestimmte Person als Betreuer ablehnen (§ 1816 Abs. 2 BGB).

Wie lange dauert eine Betreuung?


Eine Betreuung ist zeitlich begrenzt. Sie dauert höchstens sieben Jahre. Danach entscheidet das Gericht im Rahmen einer erneuten Anhörung über ihre Verlängerung. Diese darf nach neuer Rechtslage nicht dem erklärten Willen des Betreuten widersprechen. Die Betreuung endet auch mit dem Tod des Betreuten. Der Betreuer hat also nichts mit dessen Nachlass zu tun.

Wo finden sich die gesetzlichen Regelungen?


Wichtige Regelungen über die Betreuung finden sich nach alter Rechtslage in den §§ 1896 bis 1901 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), künftig in den §§ 1814 ff,. BGB. Die Dauer der Betreuung ergibt sich aus den §§ § 286 Abs. 3 i.V.m. § 295 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).

Worauf bezieht sich die Betreuung?


Das Gericht bestellt den Betreuer für einen oder mehrere bestimmte Aufgabenkreise, etwa:
- Gesundheitssorge,
- Vermögensangelegenheiten,
- Heimangelegenheiten,
- Wohnungsangelegenheiten,
- Behördenangelegenheiten.

Die Betreuung kann sich auf mehrere Bereiche beziehen. So können sich zum Beispiel die Bereiche Vermögensangelegenheiten und Wohnen überschneiden – wer nicht mehr in der Lage ist, seine finanziellen Angelegenheiten zu regeln, dem fallen vielleicht auch Verhandlungen mit dem Vermieter schwer oder er gerät in Zahlungsverzug und riskiert die Kündigung oder das Abstellen von Wasser oder Strom.

Was darf der Betreuer?


Der Betreuer muss immer das Wohl des Betreuten beachten. Dazu gehört ausdrücklich auch dessen Möglichkeit, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen selbst zu gestalten. Der Betreuer muss Wünschen des Betreuten entsprechen, soweit dies nicht zu dessen Nachteil ist und es dem Betreuer zuzumuten ist. Bevor der Betreuer wichtige Angelegenheiten organisiert, hat er sie mit dem Betreuten zu besprechen, sofern dies nicht dessen Wohl zuwiderläuft.

Durch die Gesetzesreform wird ein grundsätzlicher Vorrang der Wünsche des Betreuten als zentraler Maßstab des Betreuerhandelns und des Betreuungsrechts eingeführt. Das Mittel der Stellvertretung sollen Betreuer nur dann verwenden können, wenn es unbedingt erforderlich ist, weil der Betreute im konkreten Fall nicht zu einer eigenen vernunftbestimmten Handlung fähig ist (§ 1821 BGB).

Eine freiheitsentziehende Unterbringung - etwa in einer medizinischen bzw. psychiatrischen Einrichtung - kann der Betreuer nur mit Erlaubnis des Betreuungsgerichts in die Wege leiten. Ausnahme: Mit einem Aufschub ist Gefahr verbunden. Auch dann muss die Erlaubnis jedoch unverzüglich nachgeholt werden (§ 1831 BGB).

Wer wird Betreuer?


Es gibt hauptberufliche Betreuer. Diese sollen laut Gesetz allerdings erst als letzte Möglichkeit bestellt werden, wenn kein ehrenamtlicher Betreuer zur Verfügung steht. Es gibt auch Betreuungsvereine, in denen ehrenamtliche Betreuer organisiert sind. Häufig übernehmen auch Angehörige die Betreuung.
Laut Gesetz darf nur jemand zum Betreuer bestellt werden, der auch geeignet ist, die betreffenden Aufgaben zu übernehmen. So darf jemand, der keine Ahnung von Finanzen hat, nicht zum Betreuer einer Person in Geldangelegenheiten bestellt werden.
Schlägt der Betroffene eine Person als Betreuer vor, ist diesem Wunsch zu entsprechen, wenn es nicht dem Wohl des Betreuten widerspricht. Will er eine bestimmte Person nicht als Betreuer, darf diese nach neuer Rechtslage nicht bestellt werden.

Was hat sich durch die Reform ab 1.1.2023 noch geändert?


- Die gerichtliche Kontrolle der Betreuer soll verschärft werden, um Pflichtwidrigkeiten vorzubeugen.

- Die öffentlich-rechtlich orientierten Regelungen zu Betreuungsbehörden, Betreuungsvereinen und ehrenamtlichen und beruflichen Betreuern werden im Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) zusammengefasst.

- Anerkannte Betreuungsvereine haben künftig einen gesetzlichen Anspruch auf eine bedarfsgerechte finanzielle Ausstattung mit öffentlichen Mitteln (§ 17 BtOG).

- Berufsbetreuer werden in einem neuen Betreuerregister registriert. Voraussetzung sind bestimmte Mindestqualifikationen (persönliche Eignung, Zuverlässigkeit, Sachkunde).

- Die Vergütungsregeln für Betreuer werden geändert. Ansprüche von ehrenamtlichen Betreuern auf Vorschuss, Aufwendungsersatz, Aufwandsentschädigung und Ermessensvergütung finden sich in den §§ 1835, 1835a, 1836, 1908i BGB. Die Ansprüche von Berufsbetreuern sind künftig im Vormund- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG) geregelt. Dort finden sich auch die Vergütungsregeln für Vormundschafts- und Betreuungsvereine.

- Ehegatten bekommen ein gegenseitiges Notvertretungsrecht für drei Monate, wenn der Partner durch Bewusstlosigkeit oder Krankheit vorübergehend nicht in der Lage ist, die Angelegenheiten seiner Gesundheitssorge zu regeln (§ 1358 BGB). Ärzte sind für diese Zeit gegenüber dem Ehepartner von ihrer Schweigepflicht entbunden.

Was kann man in einer Betreuungsverfügung regeln?


Mit einer Betreuungsverfügung kann man zu einer Zeit, zu der man noch vollkommen im Besitz seiner geistigen Fähigkeiten ist, regeln, was in Sachen Betreuung passieren soll, wenn dies irgendwann nicht mehr der Fall ist. Man kann zum Beispiel festlegen, dass eine bestimmte Person Betreuer werden soll, oder dass eine andere Person dies nicht werden soll. Das Betreuungsgericht muss diese Vorschläge berücksichtigen. Betreuer wird jedoch nur, wer dazu fähig und auch bereit ist. Die entsprechende Person sollte vorher gefragt werden.

Praxistipp zur Betreuung


Viele Stellen bieten Beratung für Betroffene und Angehörige zum Thema Betreuung an. Dazu gehören Betreuungsbehörden und Betreuungsvereine. Bei Rechtsfragen oder Rechtsstreitigkeiten allgemein zur Betreuung und speziell zur Reform des Betreuungsrechts sollte ein Rechtsanwalt konsultiert werden, der sich auf das Betreuungsrecht spezialisiert hat. Dabei handelt es sich um einen Teilbereich des Zivilrechts.

(Bu)


 Stephan Buch
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