Bewerbung als Polizistin: Sind Brustimplantate ein Ablehnungsgrund?

29.08.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
Brustimplantat,vorzeigen,besichtiten,Arzt,Präsentation Kann man mit Brustimplantaten Polizistin werden? © - freepik

Viele Frauen lassen sich Brustimplantate einsetzen, um ihre weiblichen Rundungen zu verstärken. Aber: Wird Frau damit auch für den Polizeidienst zugelassen?

Bei der Polizei gibt es strenge Maßstäbe für die Aufnahme von Bewerbern. Dabei werden insbesondere das Äußere und die Gesundheit berücksichtigt. Immerhin sollen Polizisten nicht nur rundum fit sein, sondern beim Bürger auch einen neutralen und unparteiischen Eindruck machen. Aus Sicht mancher Polizeiärzte scheinen Brustimplantate dem entgegenzustehen. Insoweit stellt sich die Frage: Sind Brustimplantate ein Hindernis für den Polizeidienst?

Warum werden Polizeibewerberinnen mit Brustimplantaten abgelehnt?


Das Verwaltungsgericht München beschäftigte sich dem Fall einer abgelehnten Bewerberin. Diese hatte sich 2015 aus kosmetischen Gründen zwei Brustimplantate einsetzen lassen. Bald darauf bewarb sie sich als Polizistin. Allerdings wurde sie von der Personalstelle der Polizei in München nicht zur Ausbildung zugelassen. Dort meinte man, dass die Brustimplantate ein zu hohes gesundheitliches Risiko seien. Sie könnten allzu leicht beim Selbstverteidigungstraining oder auch bei Einsätzen mit Körperkontakt beschädigt werden. Der Polizeiarzt, der die gesundheitliche Eignung der Bewerber überprüfen sollte, sah die junge Frau daher als ungeeignet für den Polizeidienst an. Die Bewerberin wollte dies nicht akzeptieren und erhob Klage im Eilverfahren, um die beginnende Ausbildung zum nächstmöglichen Termin beginnen zu können.

Ist das Material der Brustimplantate entscheidend?


In einem Eilverfahren prüft das Gericht üblicherweise den Fall nur vorläufig. Die endgültige Entscheidung folgt später im Hauptverfahren. In diesem Fall machte sich jedoch das Gericht bereits im Eilverfahren die Mühe, einen plastischen Chirurgen als Fachmann zu befragen. Dieser sagte aus, dass bei der Polizeibewerberin Implantate aus schnittfestem, hochmodernem Implantatmaterial verwendet worden seien, die unterhalb der Muskeln platziert worden wären. Dem Facharzt zufolge war auch bei Polizeieinsätzen kein erhöhtes Verletzungsrisiko zu erwarten.

Wie hat das Verwaltungsgericht München entschieden?


Das Verwaltungsgericht verglich die Aussagen der beiden Ärzte. Es kam zu dem Ergebnis, dass der Polizeiarzt hier doch zu pauschal entschieden habe. Er habe weder die konkrete, bei der Bewerberin erfolgte Behandlung berücksichtigt, noch deren Heilungsverlauf. Im Gegensatz dazu habe der Chirurg alle Details einbezogen und seine Ansicht nachvollziehbar begründet.

Man könne von einer fehlenden Eignung für den Polizeidienst aus gesundheitlichen Gründen generell nur dann ausgehen, wenn bei der jeweiligen Bewerberin gesundheitsbedingt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit entweder erhebliche Ausfallzeiten oder eine Frühpensionierung zu befürchten seien. Entsprechend der Aussage des plastischen Chirurgen sei dies hier jedoch nicht zu befürchten. Daher entschied das Gericht, dass die Bewerberin zunächst zur Polizeiausbildung zuzulassen sei. Dies gilt bis zur endgültigen Entscheidung über ihre Klage. Das Hauptverfahren ist 2022 anhängig (VG München, Beschluss vom 21.9.2016, Az. M 5 E 16.2726).

Wie urteilte das Verwaltungsgericht Berlin?


Schon 2014 hat das Verwaltungsgericht Berlin ganz ähnlich argumentiert und entschieden, dass eine Bewerberin mit Brustimplantaten für den mittleren Dienst bei der Schutzpolizei zuzulassen sei. Auch diese Bewerberin hatte man ausschließlich wegen ihrer Brustimplantate abgelehnt. In diesem Fall brachte der Polizeiarzt vor, dass die Brustimplantate beim Tragen von Schutzwesten erhöhte Gesundheitsrisiken mit sich brächten, wie eine krankhafte Veränderung des Bindegewebes. Die Bewerberin war hier jedoch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren noch unterlegen und hatte daher den Einstellungstermin verpasst. Das Hauptverfahren ging dann zu ihren Gunsten aus.

Wie definiert man "gesundheitliche Eignung"?


Auch hier bestätigte eine Fachärztin dem Gericht, dass durch die Brustimplantate – welche hier zu einer durchschnittlichen "Körbchengröße" führten – keine gesundheitliche Beeinträchtigung zu befürchten sei. Dies gelte auch beim Tragen von Schutzkleidung. Kurz zuvor hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gerade erst neue Grundsätze für die gesundheitliche Eignung von Beamten entwickelt, die laut Verwaltungsgericht Berlin auch auf Polizisten anwendbar seien.

Danach darf aktuell dienstfähigen Bewerbern "die gesundheitliche Eignung nur noch abgesprochen werden, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass es zu einer Frühpensionierung oder zu regelmäßigen und langen Erkrankungen kommen wird." Im vorliegenden Fall sah das Gericht dies nicht. Es sei nicht erkennbar, dass die Bewerberin durch ihre Brustimplantate in irgendeiner Weise gesundheitlich weniger für den Polizeidienst geeignet sei, als Frauen ohne solche Implantate (Urteil vom 22.1.2014, Az. VG 7 K 117.13).

Verwaltungsgericht Karlsruhe ebenfalls pro Brustimplantate


Auch das VG Karlsruhe entschied Anfang 2016 in diesem Sinne. Das Gericht verpflichtete die Polizei im Eilverfahren dazu, eine Bewerberin mit Brustimplantaten bis zur endgültigen Entscheidung in den Vorbereitungsdienst einzustellen. Hier hatte die Bewerberin zusätzlich am linken Oberarm eine sich bis zur Ellenbeuge erstreckende Tätowierung in der Größe 28 cm x 10,5 cm (VG Karlsruhe, Beschluss vom 29.2.2016, Az. 7 K 5541/15). Auch Tätowierungen sind zumindest bisher häufig ein Ablehnungsgrund für den Polizeidienst.

Ablehnung nach Zusage: Was sagt das OVG Brandenburg?


Vor dem Oberverwaltungsgericht Brandenburg ging es um eine Frau, die ihre Eignungsprüfung für den mittleren Dienst der Schutzpolizei bereits bestanden hatte. Per E-Mail hatte ihr das Polizeipräsidium von Berlin bereits mitgeteilt, dass sie wegen ihrer guten Prüfungsergebnisse vorbehaltlich ihrer gesundheitlichen Eignung, der Genehmigung der Beschäftigtenvertretung und der Übersendung von ein paar Formularen in den mittleren Dienst der Schutzpolizei eingestellt werde. Ein paar Tage später folgte dann jedoch die Absage: Der polizeiärztlichen Untersuchung zufolge sei sie dienstuntauglich, da sie Brustimplantate trage.

Die Polizei wollte hier nicht einmal die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts hinnehmen, das nach Vernehmung der behandelnden Fachärztin keine gesundheitlichen Risiken bei der Bewerberin sah. Das Oberverwaltungsgericht entschied, dass die Bewerberin trotz ihrer Brustimplantate einen Anspruch auf die Einstellung in den Polizeidienst habe.

Der künftige Dienstherr könne einem aktuell dienstfähigen Bewerber die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Laufbahn nur dann absprechen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen. Dies sei hier nicht der Fall (Urteil vom 28.3.2018, Az. OVG 4 B 19.14).

Praxistipp zu Brustimplantaten als Bewerbungshindernis bei der Polizei


In Sachen Brustimplantate als Ablehnungsgrund für den Polizeidienst ist zusammenfassend festzustellen, dass sich die Zeiten und die Ansichten über die "gesundheitliche Eignung" auch ändern können. Die Gerichte entscheiden hier in den letzten Jahren zunehmend zugunsten der Bewerberinnen. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen einer Behörde und potenziellem Beamtenanwärtern unterstützen Sie Anwälte mit Schwerpunkt Verwaltungsrecht mit Rat und Tat.

(Wk)


 Günter Warkowski
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