Bodenverschmutzung: Kann Gemeinde Autofahrer zur Kasse bitten?

09.11.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
Ölfelck,Straße,Auto,Bodenverschmutzung Müssen Kfz-Besitzer für eine durch sie verursachte Bodenverschmutzung zahlen? © Bu - freepik

Jeder kennt Öl- oder Benzinflecken auf der Straße. Schwere Bodenverunreinigungen werden durch die Gemeinde beseitigt. Nur stellt sich oft danach die leidige Frage, wer für die Kosten der Reinigung zahlen muss.

Die Beseitigung einer Bodensanierung infolge einer Umweltverschmutzung durch auslaufendes Öl oder Benzin ist teuer. Dabei muss das Erdreich ausgetauscht und als Sondermüll entsorgt werden. Der Verursacher kann unter bestimmten Voraussetzungen zur Kostentragung herangezogen werden. Tatsächlich kann dies jeden Autofahrer treffen, der einmal nicht genug aufpasst.

Fall: Öl- und Benzinverschmutzung nach Autobrand


In der Betriebsanleitung eines Mercedes stand folgender Hinweis: "Brandgefahr:
Achten Sie darauf, dass die Abgasanlage keinesfalls mit leicht brennbaren Materialien in Berührung kommt, z.B. mit trockenem Gras oder Benzin. Sonst könnte sich das brennbare Material entzünden und das Fahrzeug in Brand setzen."

Eine sinnvolle Warnung, denn: Ein Auspuff wird nun mal heiß und ein Katalysator kann mehrere hundert Grad erreichen. Allerdings hatte der Fahrer des betreffenden Fahrzeuges ganz anderes im Kopf als seine Betriebsanleitung, als er ein Weinfest in der hessischen Gemeinde Weyher besuchen wollte. Er parkte sein Fahrzeug neben anderen Autos auf einer dafür extra ausgewiesenen Wiese. Diese war vom Bauern zuvor gemäht worden. Der Grasschnitt lag noch dort.

Es kam, wie es kommen musste: Der Auspuff der A-Klasse setzte zuerst das trockene Heu in Brand, anschließend das trockene Gras, schließlich brannten zehn benachbarte Autos. Mehrere freiwillige Feuerwehren rückten zum Löschen an und verteilten großzügig Löschwasser.

Der Erdboden an der Brandstelle wurde großflächig durch Brandrückstände und ausgetretenes Benzin und Öl der Autos verschmutzt. Die Folge war, dass der Boden mehrfach abgezogen und an einigen Stellen ausgehoben werden musste. Ein Teil des Erdreichs wurde als Sondermüll entsorgt. Die Kosten lagen bei etwa 86.000 Euro. Zwar bezahlte der Landkreis diesen Betrag. Er nahm jedoch den Autofahrer auf Schadensersatz in Anspruch. Dessen KfZ-Haftpflichtversicherung wollte nicht zahlen.

Welche Gegenargumente brachte der Autofahrer vor?


Der Autofahrer wehrte sich mit dem Argument, dass überall auf der Wiese trockenes Heu herumgelegen habe. Das Feuer könne genauso gut durch Selbstentzündung des trockenen Heus oder durch eine weggeworfene Zigarettenkippe verursacht worden sein und nicht durch sein Fahrzeug. Mit einer solchen Gefahr habe er nicht rechnen müssen, weil es sich ja um den für die Festveranstaltung ausgewiesenen Parkplatz gehandelt und er diesen ganz normal benutzt habe. Aus seiner Sicht müssten entweder die Gemeinde als Festveranstalterin oder der Grundeigentümer den Schaden durch die Bodenverschmutzung tragen. Er ging vor Gericht, um den gegen ihn ergangenen Verwaltungsakt, den Bescheid des Landkreises, anzufechten.

Welchen Maßstab legte das Gericht an?


Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße orientierte sich bei der Frage der Haftung am Bundesbodenschutzgesetz. Den Schaden müsse der Verursacher ersetzen. Dies sei jeder, der an der Bodenkontamination auch nur teilweise mitgewirkt habe. Nicht entscheidend sei, ob ein Verschulden vorliege. Die Behörde müsse jedoch zumindest einen Ursachenzusammenhang zwischen dem Verhalten des angeblichen Verursachers und der Bodenverschmutzung nachweisen, zum Beispiel durch tragfähige Indizien.

Was sagten die Brandsachverständigen?


Nach den Feststellungen der Brandsachverständigen war das Feuer den Brandspuren nach unter dem Katalysator des Mercedes entstanden. Es waren keine anderen Brandursachen ersichtlich. Auch hatten mehrere Augenzeugen das Feuer zuerst unter dem Auto des Klägers gesehen. Daher sprach hier die Beweislage gegen den Autofahrer. Das Gericht konnte hier also davon ausgehen, dass das Feuer durch sein Fahrzeug verursacht worden war.

Lag ein Ursachenzusammenhang vor?


Um Schadensersatz zu fordern, muss das Verhalten des Autofahrers zwar nicht unbedingt schuldhaft, aber doch jedenfalls ursächlich für die Bodenverschmutzung gewesen sein. Hier sah das Gericht den notwendigen Ursachenzusammenhang zwischen dem Abstellen des Fahrzeugs auf der Wiese, dem Brand und der Bodenverunreinigung als erwiesen an.

Selbst wenn noch andere Verursacher in Frage kommen sollten, habe der Landkreis im Rahmen seines Ermessens das Recht, sich einen Mitverursacher auszusuchen, der den Schaden tragen müsse. Das Bodenschutzgesetz gebe für die Haftung keine Rangfolge zwischen Verhaltensverantwortlichen und Zustandsverantwortlichen vor.

Zu den Letzteren würden hier wohl der Bauer und die Gemeinde gehören, welche die mit trockenem Heu bedeckte Wiese zum Parken zur Verfügung gestellt hatten. Hier sei also an dem Kostenbescheid des Landkreises gegen den Kläger rechtlich nichts auszusetzen. Das Gericht erläuterte: Dem Autofahrer stünde es frei, die Gemeinde und den Bauern seinerseits zu verklagen, wenn er der Meinung sei, dass diese haften müssten, weil sie der Öffentlichkeit den Eindruck vermittelt hätten, dass die Heuwiese ein öffentlicher Parkplatz wäre (Verwaltungsgericht Neustadt, Urteil vom 12. September 2016, Az. 3 K 832/15.NW).

Praxistipp zur Bodenverschmutzung


Wird durch ein Fahrzeug oder durch einen Fahrzeugbrand eine Bodenverschmutzung verursacht, kann dies teuer werden. Welcher Anwalt hier der beste Ansprechpartner ist, richtet sich nach dem jeweiligen Gegner: Will eine Behörde den Autofahrer durch einen Kostenbescheid in Haftung nehmen, sollten Sie einen Anwalt für Verwaltungsrecht aufsuchen. Werden Sie - zum Beispiel durch einen privaten Grundeigentümer - zivilrechtlich auf Schadensersatz verklagt, sind Sie bei einem Anwalt für Zivilrecht am besten aufgehoben.

(Bu)


 Stephan Buch
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