Bodycams für Polizeibeamte?

11.05.2017, Redaktion Anwalt-Suchservice
Bodycams für Polizeibeamte? © Bu - Anwalt-Suchservice

Der Einsatz von Bodycams bei Polizisten ist umstritten. Für die Polizei ermöglicht er eine bessere Dokumentation der Einsätze. Der Bundesrat hat nun eine gesetzliche Neuregelung beschlossen.

Kritiker von Bodycams argumentieren mit dem Datenschutz und fühlen sich als Bürger unter Generalverdacht gestellt, wenn bei Polizisten ununterbrochen die Kamera mitläuft. Der Gesetzgeber sieht jedoch eher die Vorteile der kleinen Kameras im Bereich der Strafverfolgung.

Was ist eine Bodycam?


Eine Bodycam ist eine kleine, sichtbar am Körper getragene Kamera, die aufzeichnet, was sich direkt in ihrem Sichtbereich abspielt. In mehreren Ländern ist der Einsatz von Bodycams bei Polizisten üblich, etwa seit 2005 in Großbritannien. In Deutschland gibt es seit Jahren eine Diskussion darüber, inwieweit der Einsatz durch die Polizei wünschenswert ist und auf welcher gesetzlichen Grundlage er stattfinden kann.

Was wird mit der Bodycam bezweckt?


Der Einsatz von Bodycams soll einerseits Täter von gewaltsamen Attacken auf Polizeibeamte abschrecken und andererseits bei der Identifizierung von Tätern und der Beweissicherung helfen. Die Polizeibehörden verweisen zur Begründung ihres Wunsches nach solchen technischen Mitteln darauf, dass die Gewaltbereitschaft gegenüber Polizeibeamten in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat.

Wie werden Bodycams bisher von der Polizei genutzt?


Eine Reihe von Bundesländern führt bereits zeitlich begrenzte Pilotprojekte durch, um Bodycams im Einsatz zu testen. Einsatzorte sind dabei zunächst Brennpunkte, an denen eine besonders hohe Kriminalität herrscht oder besonders große Menschenansammlungen üblich sind, sowie die Ausgeh- und Amüsiermeilen von Großstädten. Dies betrifft zum Beispiel einige Städte in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen sowie Hamburg. In Berlin ist der Einsatz geplant. Auch die Bundespolizei testet Bodycams, insbesondere beim Einsatz auf größeren Bahnhöfen.

Wie ist die Rechtslage?


Regelungen über Polizeieinsätze sind Ländersache, soweit es die Polizeibehörden der einzelnen Bundesländer betrifft. Die Länder können also in ihren jeweiligen Gesetzen entsprechende Regelungen verankern. Für die Bundespolizei muss eine Regelung auf Bundesebene erfolgen. Derzeit ist umstritten, ob die gesetzlichen Regelungen als Rechtsgrundlage ausreichen. So erlaubt § 32 des niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung Polizeibeamten, zur Eigensicherung offen Bild- und Tonaufnahmen anzufertigen. Die Landesbeauftragte für den Datenschutz hat trotzdem den Einsatz beanstandet. Im Saarland wurde eigens das Polizeigesetz geändert, um ein Pilotprojekt zu ermöglichen. Auch in Nordrhein-Westfalen wurde das Polizeigesetz bereits angepasst.

Worin bestehen die Kritikpunkte?


Der Kritikpunkt der Datenschützer besteht darin, dass durch das Filmen von Personen in deren Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen wird. Zwar weisen in vielen Fällen Schriftzüge an der Uniform oder gar Warnwesten auf die Durchführung von Videoaufnahmen hin. Dies ändert aus der Sicht der Datenschützer aber nichts daran, dass der Einzelne sich der Aufzeichnung kaum entziehen kann und dass nicht nur Unschuldige, sondern auch völlig Unbeteiligte ins Blickfeld der Kameras geraten. Für Grundrechtseingriffe ist generell eine umfassende Rechtsgrundlage erforderlich – manche Datenschützer sehen die bestehenden Regelungen noch nicht als ausreichend an. Dazu kommt, dass einige Landesgesetze – wie etwa das Niedersächsische Datenschutzgesetz – eine sogenannte Vorabkontrolle vor dem Einsatz neuer technischer Überwachungsmittel vorschreiben. Dabei muss vor der Einführung solcher Mittel eine schriftlich dokumentierte Auseinandersetzung mit der Frage erfolgen, wie der Einsatz datenschutzkonform zu gestalten ist. Eine wichtige Frage ist dabei, ob Bodycams permanent filmen sollen (= Bereitschaftsaufnahmen), oder ob sie durch den Beamten nur in einer besonderen Situation eingeschaltet werden (= anlassbezogene Aufnahmen).

Was sagen die Gerichte?


Gerichtsurteile zum Thema sind im Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels nicht bekannt.

Was besagt die neue Rechtslage?


Der Bundesrat hat am 31.3.2017 das “Gesetz zur Verbesserung der Fahndung bei besonderen Gefahrenlagen und zum Schutz von Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei durch den Einsatz von mobiler Videotechnik” verabschiedet. Dieses Gesetz ändert das Bundespolizeigesetz. Damit wird der Einsatz von Bodycams bei der Bundespolizei rechtlich abgesichert. Diese wird unter anderem auf Bahnhöfen und in Zügen eingesetzt. Der Einsatz von Bodycams ist Teil eines Maßnahmenpakets, zu dem auch die Verwendung von automatischen Kennzeichen-Lesegeräten für Autokennzeichen und die Aufzeichnung von Telefonaten in Einsatzstellen gehören.

Was besagt die Neuregelung im Einzelnen?


Nach § 27a BpolG (Bundespolizeigesetz) darf die Bundespolizei künftig an öffentlich zugänglichen Orten personenbezogene Daten durch die offene Anfertigung von Bild- und Tonaufzeichnungen mittels körpernah getragener Bild- und Tonaufzeichnungsgeräte erheben. Voraussetzung: Es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass dies erforderlich ist
- zum Schutz von Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei oder Dritten gegen eine Gefahr für Leib, Leben, Freiheit oder Eigentum oder
- zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von auch im Einzelfall
erheblicher Bedeutung.

Solche Aufzeichnungen dürfen auch erfolgen, wenn Dritte unvermeidbar betroffen sind. Auf die Aufzeichnung ist “in geeigneter Weise” hinzuweisen. Bei Gefahr im Verzug allerdings kann dies auch unterbleiben.

Aufnahmen, die im Bereitschaftsbetrieb der Kameras aufgenommen werden, sind nach spätestens 30 Sekunden automatisch zu löschen. Bei anlassbezogenen Aufnahmen darf jedoch gespeichert werden. Gespeicherte Aufnahmen dürfen 30 Tage aufbewahrt werden. Dann sind sie zu löschen – außer sie werden für konkrete Ermittlungen benötigt.