Corona: Muss die Versicherung für Betriebsschließung zahlen?
28.01.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Besonders in der Gastronomie sind sie üblich: Versicherungen für den Fall einer Betriebsschließung. So sichern sich Betriebsinhaber gegen Schäden ab, die aus einer nicht selbst verschuldeten Schließung entstehen. Es kann verschiedene Gründe für eine Schließung geben - natürlich auch Hygienemängel ohne Bezug zu Corona. So manche Metzgerei wurde bereits wegen Nachweis von Salmonellen geschlossen. Solche Versicherungen haben viele Gaststätten, Restaurants, Clubs und Diskotheken. Sie werden aber auch für andere Betriebe angeboten, wie etwa Fitnessstudios, Wellness-Einrichtungen und sogar für Krankenhäuser. Aber: Derzeit wollen viele Versicherungsgesellschaften nicht für Schäden durch Schließungen infolge der Corona-Krise aufkommen. Wann müssen die Versicherungen zahlen?
Welche Schäden eine Betriebsschließungsversicherung abdeckt, richtet sich nach dem jeweiligen Vertrag. Dabei sind sehr individuelle Vereinbarungen möglich und üblich.
Meist ersetzt die Versicherung im Fall einer Betriebsschließung durch eine Behörde den Ertragsausfall und bestimmte Fixkosten, zum Beispiel die Arbeitslöhne der Angestellten. In der Regel wird jedoch nicht einfach der komplette Ertragsausfall ersetzt. Üblicherweise regeln die Versicherungsverträge eine bestimmte Tagesentschädigung. Diese wird nur für eine Maximalzeit von meist 30 Tagen ab dem ersten Schließungstag bezahlt. Dies nennt man die vereinbarte Haftzeit. Ordnet eine Behörde eine Desinfektion der Geschäftsräume an, sind auch die Desinfektionskosten versicherbar.
Zum Teil gibt es spezielle Klauseln für den Fall, dass bestimmten Angestellten ein Tätigkeitsverbot auferlegt wird (etwa wegen einer Infektion). Auch für diese werden dann meist für sechs Wochen die Lohnkosten ersetzt. Versicherbar sind auch Kosten für Vorräte, die auf behördliche Anordnung vernichtet werden müssen. Einige Versicherer bezahlen sogar in begrenztem Umfang Kosten für Werbung, um nach einer Betriebsschließung wegen Verseuchung mit Krankheitserregern das Image wieder herzustellen.
Nein. Entsteht ein Schaden durch das Wegbleiben von Kunden - zum Beispiel nach der Wiedereröffnung des Betriebes infolge des beschädigten Image - ist dieser nicht versichert.
Natürlich ist es wegen der allgemeinen Schließung von Betrieben in ganz Deutschland durch Landesverordnungen und Allgemeinverfügungen zu Ersatzforderungen von bisher nie gekannter Höhe gekommen. Tatsächlich haben die Versicherungen in vielen Fällen geleistet: Nach Angaben des Versicherungsverbands GDV wurden im Jahr 2020 für versicherte Schäden wegen Betriebsschließungen 900 Millionen Euro ausgezahlt.
Allerdings kommt es im Einzelfall immer darauf an, was genau im Vertrag und in den Versicherungsbedingungen steht. Viele Versicherungen gegen eine Betriebsschließung sind begrenzt auf Schäden durch "meldepflichtige Infektionen und Krankheitserreger". Dann wird gerne damit argumentiert, dass Corona bzw. COVID-19 zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keine meldepflichtige Krankheit war.
Häufig bringen die Versicherungen auch das Argument vor, dass die Schließung des Betriebes nur aus generalpräventiven Gründen erfolgt ist, also nur aus allgemeiner Vorsicht und nicht wegen einer konkret von diesem Betrieb ausgehenden Infektionsgefahr. Diese Fall sei nicht versichert. Manche Versicherer verhalten sich hier jedoch kulanter als andere.
Ein Schaden sollte unverzüglich auf dem im Vertrag vereinbarten Weg gemeldet werden. Machen Sie sich darauf gefasst, dass der Schaden nicht ohne Weiteres sofort gezahlt wird. Es empfiehlt sich, Belege und Beweise für die Höhe des Schadens zu sammeln.
Hier kommt es sehr genau auf die Formulierung des Versicherungsvertrages an. Unklarheiten gehen zu Lasten des Versicherungsunternehmens. Nach einem Bericht von Spiegel online vom 24.4.2020 gibt es ein Gutachten des früheren Vorsitzenden Richters am Münchner Oberlandesgericht, Walter Seitz. Dieser kommt zu dem Ergebnis, "dass der Anspruch auf Zahlung der Versicherungssumme bei Betriebsschließungsversicherungen wegen der Untersagung der Öffnung von Gaststätten grundsätzlich uneingeschränkt besteht".
Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Entscheidung vom 15.7.2020 die Entschädigungsforderung einer Gastwirtin abgewiesen. Diese hatte von ihrer Betriebsschließungs-Versicherung 27.000 Euro an Corona-Ausfällen im Wege der Einstweiligen Verfügung gefordert. Das Gericht erklärte, dass die Auflistung der im Versicherungsvertrag genannten Krankheiten abschließend sei. Corona bzw. COVID-19 gehöre nicht dazu (Az. 20 W 21/20).
Der Bundesgerichtshof hat kürzlich zu diesem Thema entschieden. In diesem Fall bekam ein Gastwirt aus Schleswig-Holstein keine Entschädigung zugesprochen. Dessen Betriebsschließungs-Versicherung sah eine Entschädigung für 30 Tage Schließungsdauer vor. Das SARS-CoV-2 Virus war jedoch nicht unter den im Versicherungsvertrag genannten Infektionskrankheiten. Die Versicherung hatte dem Mann eine geringere Einmalzahlung angeboten.
Dem BGH zufolge muss die Versicherung nicht zahlen, wenn der Vertrag eine Liste mit konkret bezeichneten Infektionskrankheiten als Gründe für eine behördliche Schließung enthält und die betreffende Krankheit dort nicht genannt ist. Ansonsten sei eine Auflistung der konkreten Krankheitserreger sinnlos. Der BGH versteht diese Liste also als abschließend und nicht als Auflistung von Beispielen.
Der BGH sah die Klausel auch nicht als zu unbestimmt an. In diesem Fall wäre die Regelung unwirksam gewesen. Es sei legitim, dass Versicherer ihre Haftung auf Schließungen wegen ganz bestimmter Krankheiten begrenzten, da sonst das Risiko für sie unkalkulierbar sei und die Prämien erheblich höher sein müssten (Urteil vom 26. Januar 2022, Az. IV ZR 144/21).
Dem Urteil wird große Bedeutung beigemessen, da viele Versicherer ähnliche Klauseln verwenden. Beim Bundesgerichtshof sollen derzeit 160 ähnliche Klagen gegen Versicherungen anhängig sein, viele weitere in den unteren Gerichtsinstanzen.
Eine Reihe von Versicherungen lehnen eine Einstandspflicht grundsätzlich ab, bieten aber zumindest die Zahlung eines Teilbetrages an. Presseberichten zufolge haben einige Versicherer, darunter die Allianz, die Haftpflichtkasse Darmstadt, die Nürnberger Versicherung, die Versicherungskammer Bayern sowie HDI und Signal Iduna in einer Vereinbarung mit dem Bayerischen Wirtschaftsministerium, dem Hotel- und Gaststättenverband Bayern und der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft zugesagt, 15 Prozent der tatsächlich entstandenen Schäden zu bezahlen. Hier handelt es sich um eine Kulanzlösung. Diese wird zum Teil auch Betrieben außerhalb Bayerns angeboten.
Viele Neuverträge sichern inzwischen auch das Risiko von Schließungen wegen einer Pandemie bzw. wegen Corona ab. Wer als Betriebsinhaber eine solche Versicherung abschließen möchte, sollte die Vertragsbedingungen genau prüfen. SARS-CoV-2 sollte hier möglichst explizit genannt sein. Ein Wechsel zu einem anderen Anbieter oder ein Vertragswechsel beim gleichen Anbieter sind in der Regel nur unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist möglich.
Manche Betriebsschließungsversicherungen verweigern bei Schließungen wegen Corona die Zahlung. In einigen Fällen kann ein gerichtliches Vorgehen Sinn machen. Es kommt dabei auf die jeweiligen Vertragsbedingungen an. Betroffene Selbstständige und Betriebsinhaber sollten sich hier von einem Fachanwalt für Versicherungsrecht beraten lassen.
Selbstständige und Betriebe können sich mit einer Betriebsschließungsversicherung gegen behördlich angeordnete Schließungen versichern. Nur: Zahlen solche Versicherungen auch bei Schließungen wegen Corona?
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Welche Schäden deckt eine Betriebsschließungsversicherung ab? Ist ein Umsatzrückgang durch das Wegbleiben von Kunden versichert? Warum zahlen die Versicherungen in der Coronakrise nicht? Wie verhält man sich im Schadensfall? Klagen gegen Versicherungen - wie entscheiden die Gerichte? Welche Versicherungen bieten eine Kulanzleistung? Kann ich meinen Betrieb jetzt gegen Schließungen wegen Corona versichern? Praxistipp Welche Schäden deckt eine Betriebsschließungsversicherung ab?
Welche Schäden eine Betriebsschließungsversicherung abdeckt, richtet sich nach dem jeweiligen Vertrag. Dabei sind sehr individuelle Vereinbarungen möglich und üblich.
Meist ersetzt die Versicherung im Fall einer Betriebsschließung durch eine Behörde den Ertragsausfall und bestimmte Fixkosten, zum Beispiel die Arbeitslöhne der Angestellten. In der Regel wird jedoch nicht einfach der komplette Ertragsausfall ersetzt. Üblicherweise regeln die Versicherungsverträge eine bestimmte Tagesentschädigung. Diese wird nur für eine Maximalzeit von meist 30 Tagen ab dem ersten Schließungstag bezahlt. Dies nennt man die vereinbarte Haftzeit. Ordnet eine Behörde eine Desinfektion der Geschäftsräume an, sind auch die Desinfektionskosten versicherbar.
Zum Teil gibt es spezielle Klauseln für den Fall, dass bestimmten Angestellten ein Tätigkeitsverbot auferlegt wird (etwa wegen einer Infektion). Auch für diese werden dann meist für sechs Wochen die Lohnkosten ersetzt. Versicherbar sind auch Kosten für Vorräte, die auf behördliche Anordnung vernichtet werden müssen. Einige Versicherer bezahlen sogar in begrenztem Umfang Kosten für Werbung, um nach einer Betriebsschließung wegen Verseuchung mit Krankheitserregern das Image wieder herzustellen.
Ist ein Umsatzrückgang durch das Wegbleiben von Kunden versichert?
Nein. Entsteht ein Schaden durch das Wegbleiben von Kunden - zum Beispiel nach der Wiedereröffnung des Betriebes infolge des beschädigten Image - ist dieser nicht versichert.
Warum zahlen die Versicherungen in der Coronakrise nicht?
Natürlich ist es wegen der allgemeinen Schließung von Betrieben in ganz Deutschland durch Landesverordnungen und Allgemeinverfügungen zu Ersatzforderungen von bisher nie gekannter Höhe gekommen. Tatsächlich haben die Versicherungen in vielen Fällen geleistet: Nach Angaben des Versicherungsverbands GDV wurden im Jahr 2020 für versicherte Schäden wegen Betriebsschließungen 900 Millionen Euro ausgezahlt.
Allerdings kommt es im Einzelfall immer darauf an, was genau im Vertrag und in den Versicherungsbedingungen steht. Viele Versicherungen gegen eine Betriebsschließung sind begrenzt auf Schäden durch "meldepflichtige Infektionen und Krankheitserreger". Dann wird gerne damit argumentiert, dass Corona bzw. COVID-19 zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keine meldepflichtige Krankheit war.
Häufig bringen die Versicherungen auch das Argument vor, dass die Schließung des Betriebes nur aus generalpräventiven Gründen erfolgt ist, also nur aus allgemeiner Vorsicht und nicht wegen einer konkret von diesem Betrieb ausgehenden Infektionsgefahr. Diese Fall sei nicht versichert. Manche Versicherer verhalten sich hier jedoch kulanter als andere.
Wie verhält man sich im Schadensfall?
Ein Schaden sollte unverzüglich auf dem im Vertrag vereinbarten Weg gemeldet werden. Machen Sie sich darauf gefasst, dass der Schaden nicht ohne Weiteres sofort gezahlt wird. Es empfiehlt sich, Belege und Beweise für die Höhe des Schadens zu sammeln.
Klagen gegen Versicherungen - wie entscheiden die Gerichte?
Hier kommt es sehr genau auf die Formulierung des Versicherungsvertrages an. Unklarheiten gehen zu Lasten des Versicherungsunternehmens. Nach einem Bericht von Spiegel online vom 24.4.2020 gibt es ein Gutachten des früheren Vorsitzenden Richters am Münchner Oberlandesgericht, Walter Seitz. Dieser kommt zu dem Ergebnis, "dass der Anspruch auf Zahlung der Versicherungssumme bei Betriebsschließungsversicherungen wegen der Untersagung der Öffnung von Gaststätten grundsätzlich uneingeschränkt besteht".
Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Entscheidung vom 15.7.2020 die Entschädigungsforderung einer Gastwirtin abgewiesen. Diese hatte von ihrer Betriebsschließungs-Versicherung 27.000 Euro an Corona-Ausfällen im Wege der Einstweiligen Verfügung gefordert. Das Gericht erklärte, dass die Auflistung der im Versicherungsvertrag genannten Krankheiten abschließend sei. Corona bzw. COVID-19 gehöre nicht dazu (Az. 20 W 21/20).
Der Bundesgerichtshof hat kürzlich zu diesem Thema entschieden. In diesem Fall bekam ein Gastwirt aus Schleswig-Holstein keine Entschädigung zugesprochen. Dessen Betriebsschließungs-Versicherung sah eine Entschädigung für 30 Tage Schließungsdauer vor. Das SARS-CoV-2 Virus war jedoch nicht unter den im Versicherungsvertrag genannten Infektionskrankheiten. Die Versicherung hatte dem Mann eine geringere Einmalzahlung angeboten.
Dem BGH zufolge muss die Versicherung nicht zahlen, wenn der Vertrag eine Liste mit konkret bezeichneten Infektionskrankheiten als Gründe für eine behördliche Schließung enthält und die betreffende Krankheit dort nicht genannt ist. Ansonsten sei eine Auflistung der konkreten Krankheitserreger sinnlos. Der BGH versteht diese Liste also als abschließend und nicht als Auflistung von Beispielen.
Der BGH sah die Klausel auch nicht als zu unbestimmt an. In diesem Fall wäre die Regelung unwirksam gewesen. Es sei legitim, dass Versicherer ihre Haftung auf Schließungen wegen ganz bestimmter Krankheiten begrenzten, da sonst das Risiko für sie unkalkulierbar sei und die Prämien erheblich höher sein müssten (Urteil vom 26. Januar 2022, Az. IV ZR 144/21).
Dem Urteil wird große Bedeutung beigemessen, da viele Versicherer ähnliche Klauseln verwenden. Beim Bundesgerichtshof sollen derzeit 160 ähnliche Klagen gegen Versicherungen anhängig sein, viele weitere in den unteren Gerichtsinstanzen.
Welche Versicherungen bieten eine Kulanzleistung?
Eine Reihe von Versicherungen lehnen eine Einstandspflicht grundsätzlich ab, bieten aber zumindest die Zahlung eines Teilbetrages an. Presseberichten zufolge haben einige Versicherer, darunter die Allianz, die Haftpflichtkasse Darmstadt, die Nürnberger Versicherung, die Versicherungskammer Bayern sowie HDI und Signal Iduna in einer Vereinbarung mit dem Bayerischen Wirtschaftsministerium, dem Hotel- und Gaststättenverband Bayern und der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft zugesagt, 15 Prozent der tatsächlich entstandenen Schäden zu bezahlen. Hier handelt es sich um eine Kulanzlösung. Diese wird zum Teil auch Betrieben außerhalb Bayerns angeboten.
Kann ich meinen Betrieb jetzt gegen Schließungen wegen Corona versichern?
Viele Neuverträge sichern inzwischen auch das Risiko von Schließungen wegen einer Pandemie bzw. wegen Corona ab. Wer als Betriebsinhaber eine solche Versicherung abschließen möchte, sollte die Vertragsbedingungen genau prüfen. SARS-CoV-2 sollte hier möglichst explizit genannt sein. Ein Wechsel zu einem anderen Anbieter oder ein Vertragswechsel beim gleichen Anbieter sind in der Regel nur unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist möglich.
Praxistipp
Manche Betriebsschließungsversicherungen verweigern bei Schließungen wegen Corona die Zahlung. In einigen Fällen kann ein gerichtliches Vorgehen Sinn machen. Es kommt dabei auf die jeweiligen Vertragsbedingungen an. Betroffene Selbstständige und Betriebsinhaber sollten sich hier von einem Fachanwalt für Versicherungsrecht beraten lassen.
(Bu)