Corona: Rechnung für Rückholflüge durch Bundesregierung rechtens?
30.06.2020, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Rh - Anwalt-Suchservice In einer beispiellosen Aktion hat das Auswärtige Amt etwa 240.000 deutsche Urlauber aus dem Auslandsurlaub zurückgeholt, die wegen der Einstellung von Flugverbindungen und gesperrten Grenzen im Rahmen der Coronakrise sonst nicht mehr die Heimreise hätten antreten können. Natürlich war die Aktion nicht billig. So wurden zum Teil extra Maschinen gechartert. Die letzte Chartermaschine flog am 24. April 2020 mit 157 Deutschen vom südafrikanischen Kapstadt nach Deutschland zurück. Danach wurden noch Rückreisen für Einzelpersonen und kleinere Gruppen organisiert. Den Reisenden wurde von Anfang an mitgeteilt, dass sie eine Kostenbeteiligung zu leisten hätten. Nun geht es ans Bezahlen.
Zunächst mussten die zurückgeholten Urlauber nichts bezahlen. Allerdings wurde während der Aktion eine Anzahlung von knapp 100 Euro eingeführt - allein, damit angemeldete Urlauber auch wirklich mit der Rückholmaschine zurückflogen. Denn: Nicht selten wählten die Gestrandeten eine andere Rückreisemöglichkeit oder tauchten zum Abflug einfach nicht auf. Da es jedoch mehr Rückreisewünsche als freie Plätze gab und andere somit leer ausgingen, musste eine Lösung her.
Bei der Rückholaktion hat das Auswärtige Amt auch mit Fluggesellschaften und Reiseveranstaltern zusammengearbeitet. Nicht wenige Urlauber wurden unter der Regie ihres Veranstalters außerplanmäßig nach Hause geholt. Für diese Reisenden fallen keine Extrakosten an, da sie den Rückflug ja im Rahmen ihrer Pauschalreise schon bezahlt hatten. Allerdings kamen insgesamt 67.000 Urlauber in Flugzeugen zurück, die das Auswärtige Amt extra dafür gechartert hatte. Hier handelte es sich meist um Individualreisende. Diese Urlauber werden nun zur Kasse gebeten. Denn insgesamt sind dafür Kosten von 94 Millionen Euro angefallen. Die Kostenbeteiligung der Reisenden soll 40 Prozent davon abdecken.
Die in Rechnung gestellten Kosten liegen zwischen 200 und 1.000 Euro. Sie sind abhängig vom Reiseland:
Nordafrika / Kanarische Inseln: 200 Euro.
Südliches Afrika / Karibik: 500 Euro.
Südamerika / Asien: 600 Euro.
Neuseeland / Australien: 1.000 Euro.
Überwiesen werden muss der Betrag innerhalb von vier Wochen.
Die Urlauber wurden vor dem Rückflug auf eine mögliche Kostenbeteiligung hingewiesen und mussten auch unterschreiben, darüber informiert worden zu sein.
§ 5 Abs. 4 des Konsulargesetzes ermöglicht es deutschen Diplomaten im Ausland, deutschen Staatsbürgern im Notfall Hilfe zu leisten, indem sie deren Rückreise an "den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts ermöglichen" - also nach Hause. Hier handelt es sich um eine Hilfeleistung, die einzelne Personen in einer Notlage betrifft. Nach Absatz 5 der Regelung ist der Empfänger dieser Hilfe zum Ersatz der Auslagen verpflichtet. Diese Ersatzpflicht betrifft neben ihm auch seine Verwandten und seinen Ehegatten im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht.
§ 6 des Konsulargesetzes erstreckt die Hilfeleistung auch auf Katastrophenfälle oder vergleichbare Situationen, "die der Bevölkerung oder Teilen von ihnen Schaden zufügen". Diese Situation dürfte bei einer Pandemie vorliegen. Auch dann ist also Deutschen vom Konsulat Hilfe und Schutz zu gewähren - wenn es nicht anders geht, auch durch Rücktransport. Auch hier gilt die Regelung nach § 5 zum Auslagenersatz.
Allerdings kann nach § 6 Abs. 2 in Härtefällen auch von der Geltendmachung von Auslagenersatz abgesehen werden. Kann sich jemand also aus irgendwelchen Gründen die Bezahlung der Rückreisepauschale nicht leisten, sollte dieser seine Situation erklären und auf einen Härtefall verweisen.
Das Auswärtige Amt verweist nicht nur auf die angefallenen Kosten in Höhe vieler Millionen, sondern auch auf den Gleichheitsgedanken. Die von den Reiseveranstaltern zurückgeholten Urlauber hätten ja auch für ihre Rückflüge bezahlt, daher sei es nicht gerecht, Individualreisenden den Rückflug zu schenken.
Wer eine sogenannte Reiseabbruchversicherung besitzt, sollte sich die Vertragsbedingungen näher ansehen. Hier sind zum Teil auch Kosten versichert, die durch den vorzeitigen Abbruch der Reise anfallen. Dazu können auch die Kosten einer außerplanmäßigen Rückreise gehören. Entscheidend sind aber die Bedingungen des jeweiligen Versicherers. Auch gilt die Versicherung nur für bestimmte Arten von Notfällen. Es ist davon auszugehen, dass jedenfalls seit Beginn der Coronakrise neu abgeschlossene Versicherungen den Abbruchgrund "Pandemie" ausschließen. Bei einigen Versicherern war dies schon vor Corona der Fall. Auch besteht üblicherweise kein Versicherungsschutz, wenn bei der Abreise für das Reiseland eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes bestand. Auch ein Reiseabbruch aufgrund von schließenden Grenzen gilt in der Regel nicht als versichertes Ereignis, sodass die Versicherung dann nicht zahlt. Versichert ist jedoch teilweise ein Reiseabbruch aufgrund einer eigenen Erkrankung am Urlaubsort.
Insgesamt sind die Chancen, die Rückholgebühr erstattet zu bekommen, daher eher gering.
Wer per Chartermaschine von der Bundesregierung zurückgeholt wurde, muss seinen Kostenanteil bezahlen. Ausnahmen kann es in Härtefällen geben. Zu allen Fragen rund um Urlaub und Reisen berät Sie ein Rechtsanwalt für Reiserecht bzw. Zivilrecht.
Viele wegen Corona gestrandete Urlauber mussten durch die Bundesregierung aus dem Ausland zurückgeholt werden. Jetzt bekommen die Rückkehrer eine Rechnung. Ist das rechtlich korrekt?
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Waren die Corona-Rückholflüge kostenlos? Welche Urlauber müssen zahlen? Rückholaktion: Wie hoch sind die Kosten? Welche rechtliche Grundlage gibt es für die Erhebung der Rückholkosten? Wie begründet das Auswärtige Amt die Abrechnung? Bekommt man das Geld von irgendwem erstattet? Praxistipp Waren die Corona-Rückholflüge kostenlos?
Zunächst mussten die zurückgeholten Urlauber nichts bezahlen. Allerdings wurde während der Aktion eine Anzahlung von knapp 100 Euro eingeführt - allein, damit angemeldete Urlauber auch wirklich mit der Rückholmaschine zurückflogen. Denn: Nicht selten wählten die Gestrandeten eine andere Rückreisemöglichkeit oder tauchten zum Abflug einfach nicht auf. Da es jedoch mehr Rückreisewünsche als freie Plätze gab und andere somit leer ausgingen, musste eine Lösung her.
Welche Urlauber müssen zahlen?
Bei der Rückholaktion hat das Auswärtige Amt auch mit Fluggesellschaften und Reiseveranstaltern zusammengearbeitet. Nicht wenige Urlauber wurden unter der Regie ihres Veranstalters außerplanmäßig nach Hause geholt. Für diese Reisenden fallen keine Extrakosten an, da sie den Rückflug ja im Rahmen ihrer Pauschalreise schon bezahlt hatten. Allerdings kamen insgesamt 67.000 Urlauber in Flugzeugen zurück, die das Auswärtige Amt extra dafür gechartert hatte. Hier handelte es sich meist um Individualreisende. Diese Urlauber werden nun zur Kasse gebeten. Denn insgesamt sind dafür Kosten von 94 Millionen Euro angefallen. Die Kostenbeteiligung der Reisenden soll 40 Prozent davon abdecken.
Rückholaktion: Wie hoch sind die Kosten?
Die in Rechnung gestellten Kosten liegen zwischen 200 und 1.000 Euro. Sie sind abhängig vom Reiseland:
Nordafrika / Kanarische Inseln: 200 Euro.
Südliches Afrika / Karibik: 500 Euro.
Südamerika / Asien: 600 Euro.
Neuseeland / Australien: 1.000 Euro.
Überwiesen werden muss der Betrag innerhalb von vier Wochen.
Welche rechtliche Grundlage gibt es für die Erhebung der Rückholkosten?
Die Urlauber wurden vor dem Rückflug auf eine mögliche Kostenbeteiligung hingewiesen und mussten auch unterschreiben, darüber informiert worden zu sein.
§ 5 Abs. 4 des Konsulargesetzes ermöglicht es deutschen Diplomaten im Ausland, deutschen Staatsbürgern im Notfall Hilfe zu leisten, indem sie deren Rückreise an "den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts ermöglichen" - also nach Hause. Hier handelt es sich um eine Hilfeleistung, die einzelne Personen in einer Notlage betrifft. Nach Absatz 5 der Regelung ist der Empfänger dieser Hilfe zum Ersatz der Auslagen verpflichtet. Diese Ersatzpflicht betrifft neben ihm auch seine Verwandten und seinen Ehegatten im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht.
§ 6 des Konsulargesetzes erstreckt die Hilfeleistung auch auf Katastrophenfälle oder vergleichbare Situationen, "die der Bevölkerung oder Teilen von ihnen Schaden zufügen". Diese Situation dürfte bei einer Pandemie vorliegen. Auch dann ist also Deutschen vom Konsulat Hilfe und Schutz zu gewähren - wenn es nicht anders geht, auch durch Rücktransport. Auch hier gilt die Regelung nach § 5 zum Auslagenersatz.
Allerdings kann nach § 6 Abs. 2 in Härtefällen auch von der Geltendmachung von Auslagenersatz abgesehen werden. Kann sich jemand also aus irgendwelchen Gründen die Bezahlung der Rückreisepauschale nicht leisten, sollte dieser seine Situation erklären und auf einen Härtefall verweisen.
Wie begründet das Auswärtige Amt die Abrechnung?
Das Auswärtige Amt verweist nicht nur auf die angefallenen Kosten in Höhe vieler Millionen, sondern auch auf den Gleichheitsgedanken. Die von den Reiseveranstaltern zurückgeholten Urlauber hätten ja auch für ihre Rückflüge bezahlt, daher sei es nicht gerecht, Individualreisenden den Rückflug zu schenken.
Bekommt man das Geld von irgendwem erstattet?
Wer eine sogenannte Reiseabbruchversicherung besitzt, sollte sich die Vertragsbedingungen näher ansehen. Hier sind zum Teil auch Kosten versichert, die durch den vorzeitigen Abbruch der Reise anfallen. Dazu können auch die Kosten einer außerplanmäßigen Rückreise gehören. Entscheidend sind aber die Bedingungen des jeweiligen Versicherers. Auch gilt die Versicherung nur für bestimmte Arten von Notfällen. Es ist davon auszugehen, dass jedenfalls seit Beginn der Coronakrise neu abgeschlossene Versicherungen den Abbruchgrund "Pandemie" ausschließen. Bei einigen Versicherern war dies schon vor Corona der Fall. Auch besteht üblicherweise kein Versicherungsschutz, wenn bei der Abreise für das Reiseland eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes bestand. Auch ein Reiseabbruch aufgrund von schließenden Grenzen gilt in der Regel nicht als versichertes Ereignis, sodass die Versicherung dann nicht zahlt. Versichert ist jedoch teilweise ein Reiseabbruch aufgrund einer eigenen Erkrankung am Urlaubsort.
Insgesamt sind die Chancen, die Rückholgebühr erstattet zu bekommen, daher eher gering.
Praxistipp
Wer per Chartermaschine von der Bundesregierung zurückgeholt wurde, muss seinen Kostenanteil bezahlen. Ausnahmen kann es in Härtefällen geben. Zu allen Fragen rund um Urlaub und Reisen berät Sie ein Rechtsanwalt für Reiserecht bzw. Zivilrecht.
(Bu)