Corona und Urlaub: Was müssen Arbeitnehmer beachten?

05.08.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
Strand,Palmen Urlaub und Corona: Was kann schief gehen? © Rh - Anwalt-Suchservice

Im Sommer 2021 wird wieder viel gereist. Allerdings steigen in vielen Ländern auch wieder die Infektionszahlen, und so manches Urlaubsland ist Hochinzidenzgebiet. Was müssen insbesondere Arbeitnehmer beachten?

Im Sommer 2021 sind wieder viele Urlauber unterwegs. Allerdings sind in vielen Reiseländern die Corona-Zahlen wieder erheblich gestiegen, und einige beliebte Urlaubsländer sind bereits wieder Hochinzidenzgebiete. Reisende sollten sich unbedingt auf der Homepage des Auswärtigen Amtes über die Situation und die Einschränkungen in den jeweiligen Ländern informieren. Sowohl eine Quarantäne vor Ort als auch nach der Rückkehr ist möglich. Für Arbeitnehmer stellen sich einige Fragen: Kann man einen bereits beim Chef beantragten Urlaub wieder rückgängig machen? Habe ich weniger Urlaubstage, wenn mein Betrieb in Kurzarbeit ist? Was passiert, wenn ich im Urlaubsland unter Quarantäne gestellt werde und nicht rechtzeitig wieder zur Arbeit kann?

Welche Reise-Regeln gelten ab 1. August 2021?


Seit 1.8.2021 gilt eine neue Coronavirus-Einreiseverordnung. Diese legt fest:

- Es gibt nur noch zwei Arten von Risikogebieten: Virusvariantengebiete und Hochrisikogebiete. Hochrisikogebiete sind Anfang August 2021 zum Beispiel die Niederlande, Spanien einschließlich Balearen, Tunesien, Großbritannien, Zypern.

- Seit 1.8.2021 müssen alle Einreisenden, unabhängig vom Verkehrsmittel und unabhängig vom Aufenthalt in einem Risikogebiet, einen Nachweis erbringen, dass sie entweder geimpft, genesen oder kurz vor der Abreise negativ getestet sind. Eine besonders strenge Testpflicht gilt für Einreisende aus einem Virusvariantengebiet (negativer Test obligatorisch, Impf- oder Genesungsnachweis reicht nicht). Ausnahme sind Kinder unter 12 Jahren.

- Vor der Einreise aus einem Risikogebiet ist eine digitale Einreiseanmeldung durchzuführen, bei technischen Störungen in Papierform.

- Wer sich in einem Hochrisiko- oder Virusvariantengebiet aufgehalten hat, muss nach der Rückreise auf direktem Weg nach Hause und in häusliche Quarantäne. Bei Hochrisikogebieten 10 Tage (Kinder unter 12: fünf Tage), bei Virusvariantengebieten 14 Tage. Ausschließlich bei Hochrisikogebieten ist eine vorzeitige Beendigung möglich, indem ein Genesenennachweis, ein Impfnachweis oder ein negativer Testnachweis an das Einreiseportal der Bundesrepublik übermittelt wird.

Kann ich während der Kurzarbeit Urlaub nehmen?


Auch während der Kurzarbeit können Arbeitnehmer in Urlaub gehen. Das Urlaubsentgelt ist in voller Höhe zu zahlen, darauf wirkt sich die Kurzarbeit nicht aus. Gesetzlich geregelt ist dies in § 11 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG).

Wird mir wegen der Kurzarbeit der Urlaubsanspruch gekürzt?


Dazu gibt es keine klare gesetzliche Regelung. Der Europäische Gerichtshof hat 2012 in einem Fall aus Deutschland bestätigt, dass der Urlaubsanspruch verhältnismäßig reduziert werden darf. Dabei ging es um eine Vereinbarung in einem Sozialplan, der zufolge der Anspruch auf Jahresurlaub sich im Verhältnis zur Arbeitszeitverkürzung verringere. Es gibt also bei "Kurzarbeit Null" keinen Urlaub - so war es im damaligen Fall. Hier war wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten ein Sozialplan ausgehandelt worden, der den Arbeitsvertrag der ausscheidenden Mitarbeiter um ein volles Jahr verlängerte, damit diese noch Kurzarbeitergeld erhielten. Dabei handelte es sich aber um "Kurzarbeit Null" mit null echten Arbeitstagen. Die Arbeitnehmer hatten nachträglich Urlaubsabgeltung gefordert.

Der EuGH zog hier einen Vergleich zur Teilzeitarbeit (Urteil vom 8.11.2012, Az. C- 229/11 u. C-230/11). Seiner Ansicht folgt die überwiegende Zahl der deutschen Juristen und Gerichte. Einige sind aber der Ansicht, dass eine solche verhältnismäßige Herabsetzung des Urlaubsanspruches nur stattfinden darf, wenn sie in irgendeiner Form vereinbart wurde - also in einem Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Sozialplan oder in einer Betriebsvereinbarung. Positiv ist: Tarifverträge können auch günstigere Regelungen für Arbeitnehmer vorsehen.

Allerdings nehmen viele Arbeitgeber die Möglichkeit, in der Kurzarbeit auch den Urlaub zu kürzen, nicht wahr. Denn sie wollen die Belastung ihrer Arbeitnehmer nicht noch weiter erhöhen. Schließlich ist diese Phase irgendwann auch wieder vorbei - und dann möchte man Mitarbeiter, die dem Unternehmen die Treue halten.

Welche Besonderheit gilt bei Kurzarbeit in der Coronakrise noch?


Normalerweise spielt das Thema "Urlaub nehmen in der Kurzarbeit" in der Praxis keine Rolle, aus diesem Grund gibt es dazu auch nur wenige Gerichtsentscheidungen. Der Grund: Die Bundesagentur für Arbeit genehmigt überhaupt nur dann Kurzarbeit, wenn der Betrieb zuvor schon sämtliche Möglichkeiten ausgeschöpft hat, seine Mitarbeiter in Urlaub zu schicken.

In der Corona-Zeit war dies zum Teil anders. Bis 31.12.2020 verzichtete die Bundesagentur für Arbeit auf diese Praxis. Sie verlangte also nicht, dass erst einmal die Arbeitnehmer im Betrieb ihren Urlaub aus dem laufenden Jahr nehmen mussten, um Kurzarbeit zu vermeiden. Diese Sonderregelung ist aber zum 1.1.2021 ausgelaufen.

Kann ich bereits eingeplanten Urlaub wieder rückgängig machen?


Was ist nun, wenn Arbeitnehmer einen einmal vom Chef genehmigten Urlaub wieder rückgängig machen wollen - etwa, weil das Urlaubsland jetzt Virusvariantengebiet ist und sie nicht nach dem Urlaub in Quarantäne möchten? Der Jahresurlaub wird oft langfristig geplant, Corona aber macht kurzfristig Planungen zunichte.

Hier kommt es einmal mehr auf Kulanz und Verständigung an. Am Urlaubsrecht für Arbeitnehmer hat sich auch durch die Corona-Sonderregeln nichts geändert: Ein einmal genehmigter Urlaub kann nicht mehr einseitig vom Beschäftigten verschoben oder rückgängig gemacht werden. Ihn in das erste Quartal des nächsten Jahres zu schieben, ist vom Gesetz her nur möglich, wenn "dringende betriebliche Gründe" vorliegen oder "Gründe in der Person des Arbeitnehmers". Letzteres wäre beispielsweise eine Erkrankung. Rechtlich ist der Chef also wegen der Situation in der Corona-Pandemie nicht gezwungen, einer Verschiebung auf das nächste Jahr zuzustimmen.

Es gibt also zwei Möglichkeiten: Urlaub wie geplant nehmen und zur Not auf Balkonien verbringen - oder sich gütlich mit dem Betrieb einigen. In vielen Betrieben wird eine Kulanzlösung möglich sein.

Was passiert, wenn ich im Urlaub in Quarantäne muss?


Allerdings kann es zur Quarantäne auch schon im Urlaub kommen und nicht erst danach. Infiziert man sich zum Beispiel beim Feiern auf Mallorca mit Corona, wird dies vor der Abreise bei einem Test festgestellt werden, ohne den man nicht ins Flugzeug kommt. Dann geht es gleich vor Ort in Quarantäne. So gibt es etwa in Palma de Mallorca dafür ein besonderes Hotel. Bezahlt wird das Zimmer dann von der spanischen Regierung. Die Rückreise und der Arbeitsantritt verzögern sich dadurch unter Umständen um 14 Tage. Dies bringt die Gefahr mit sich, dass man seine Arbeit in Deutschland nicht rechtzeitig wieder antreten kann.

Eine amtlich angeordnete Quarantäne befreit den Arbeitnehmer grundsätzlich von seiner Arbeitspflicht (§ 275 BGB). Daran sollte auch eine Quarantäne im Ausland nichts ändern. Hier sollte man sinnvollerweise etwas Schriftliches als Beweismittel vorzeigen können, etwa einen entsprechenden Bescheid der ausländischen Behörde. Grundsätzlich scheidet eine Kündigung wegen Arbeitsverweigerung also aus. Natürlich sollte der deutsche Arbeitgeber unbedingt unverzüglich informiert werden.

Zu Problemen kann es jedoch kommen, wenn die Situation vom Arbeitnehmer selbst verschuldet ist - etwa durch die Reise in ein Risikogebiet. Hier sollten unbedingt vor der Abreise die aktuellen Reisehinweise für das jeweilige Land gecheckt werden, sowie die Regeln im Land selbst.

Werden Quarantäne-Tage im Urlaub vom Chef gutgeschrieben?


Wer während seines laufenden Urlaubs in Quarantäne muss, hat nicht selbstverständlich Anspruch darauf, dass ihm der Arbeitgeber eine entsprechende Anzahl von Urlaubstagen gutschreibt. Entscheidend ist allein, ob man eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen kann. Dies hat das Arbeitsgericht Bonn entschieden. Eine behördliche Quarantäne-Anordnung sei kein ausreichender Beweis für eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit. Auch unter Quarantäne könne man sich möglicherweise noch erholen, sodass der Urlaub seinen Zweck erfülle (Urteil vom 7.7.2021, Az. 2 Ca 504/21).

Quarantäne und Anspruch auf Arbeitslohn


Ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht nur, wenn gearbeitet wird. Wer nicht tatsächlich krank ist, erhält keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Bei reiner Quarantäne besteht also kein Anspruch auf Arbeitslohn. Immerhin gibt es bei einer behördlich angeordneten Quarantäne einen Entschädigungsanspruch in Höhe der entgangenen Vergütung nach dem Infektionsschutzgesetz gegen den Staat. Der Arbeitgeber zahlt diese Beträge aus und holt sie sich dann vom Staat zurück (§ 56 Abs. 5 Infektionsschutzgesetz).

Ein weiterer Anspruch auf Lohnfortzahlung wird oft aus § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches abgeleitet. Danach erhalten Arbeitnehmer weiter ihren Lohn, wenn sie für einen geringfügigen Zeitraum aus einem persönlichen, unverschuldeten Grund der Arbeit fernbleiben. Man sollte dieser Vorschrift jedoch nicht zu viel Bedeutung beimessen: Sie kann durch Arbeitsverträge und Tarifverträge ausgeschlossen werden und ist dies meist auch.

Gibt es eine Entschädigung, wenn die Quarantäne im Ausland angeordnet wurde?


Dies ist rechtlich noch nicht wirklich geklärt. Es ist davon auszugehen, dass das Infektionsschutzgesetz nur zur Anwendung kommt, wenn der Betreffende in Deutschland von einer deutschen Behörde unter Quarantäne gestellt wurde. Kann er oder sie nach dem Urlaub nicht rechtzeitig den Arbeitsplatz erreichen, gilt: Das "Wegerisiko" für den Weg zur Arbeit trägt der Arbeitnehmer. Dann würde es also nach bisherigem Stand keine Entschädigung für Lohnausfall nach § 56 InfSG geben.

Praxistipp


Urlaub im Sommer 2021 kann mit arbeitsrechtlichen Risiken verbunden sein. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht ist in diesem Bereich der beste Ansprechpartner.

(Wk)


 Günter Warkowski
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