Darf der Arbeitgeber den Browserverlauf seiner Mitarbeiter überwachen?
07.06.2019, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Viele Arbeitnehmer nutzen den internetfähigen PC am Arbeitsplatz auch für private Zwecke. Schnell mal in die Sozialen Netzwerke schauen, die privaten E-Mails checken, ein Hotel für den nächsten Urlaub raussuchen – wen soll das schon stören? Im Zweifelsfall den Arbeitgeber. Denn die Arbeitszeit ist nun einmal zum Arbeiten gedacht und gerade nicht zum Privatvergnügen. Alles andere stellt einen Verstoß gegen den Arbeitsvertrag dar. Private Internetnutzung wird zwar in aller Regel bis zu einem gewissen Grad toleriert. Niemand weiß aber genau, bis zu welcher zeitlichen Grenze sie zulässig ist. Sicherheit gibt diesbezüglich eine Betriebsvereinbarung, die es allerdings in vielen Betrieben nicht gibt. Daher kann zu viel privates Surfen im Internet durchaus zur Abmahnung oder gar zur Kündigung führen.
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat sich mit einem Fall befasst, in dem der Arbeitnehmer durchaus privat im Internet surfen durfte, jedoch nur in den Arbeitspausen. Als der Verdacht aufkam, dass er sich nicht daran hielt, wurde ohne sein Wissen der Browserverlauf geprüft. Und siehe da: Der betriebliche Internetzugang war innerhalb von 30 Tagen für insgesamt fünf Tage privat genutzt worden. Daraufhin wurde dem Arbeitnehmer fristlos gekündigt.
Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichtes war die Kündigung gerechtfertigt: Auch nach Abwägung der beiderseitigen Interessen reiche die Internetnutzung im vorliegenden Umfang als Grund für eine fristlose Kündigung aus. Im Verfahren wurde allerdings darum gestritten, ob der Browserverlauf überhaupt als Beweismittel dienen konnte: Nach Ansicht des Arbeitnehmers stand dem nämlich der Datenschutz entgegen, sodass die Ergebnisse der Überwachung nicht als Beweismittel zulässig sind.
Das Gericht folgte dem nicht: Zwar gehöre auch der Browserverlauf zu den personenbezogenen Daten. Hier habe der Arbeitnehmer auch nicht darin eingewilligt, anderen Personen Zugriff auf diese Daten zu geben. Jedoch sei es nach dem Bundesdatenschutzgesetz zulässig, den Browserverlauf zur Missbrauchskontrolle zu speichern und auszuwerten. Der Arbeitnehmer müsse dieser Überwachung auch nicht zustimmen. Das Gericht berücksichtigte zusätzlich, dass dem Arbeitgeber in diesem konkreten Fall keine anderen Mittel und Wege zur Verfügung gestanden hätten, um den Verdacht auf eine unzulässige private Internetnutzung zu überprüfen. Damit konnte der Browserverlauf als Beweismittel genutzt werden. Das Gericht ließ die Kündigung gelten (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.1.2016, Az. 5 Ca 667/15).
Ist in einem Betrieb das private Surfen im Internet untersagt, darf der Arbeitgeber durchaus auch private E-Mails lesen, die über den dienstlichen Emailaccount verschickt werden. Er darf in diesem Fall davon ausgehen, dass es sich um dienstliche Nachrichten handelt. Allerdings ist deshalb noch lange keine Dauerüberwachung aller E-Mails durch Mitlesen oder spezielle Kontrollsoftware erlaubt, sondern nur das Lesen der Mails zum Beispiel zu einem bestimmten Vorgang. Eine Dauerüberwachung würde das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers verletzen.
Das Thema wird besonders dann aktuell, wenn der Arbeitnehmer krank wird oder auch im Urlaub ist. Denn es könnten ja wichtige geschäftliche Nachrichten im Mail-Postfach sein, auf die Chef oder Krankheitsvertretung reagieren müssen. In diesem Fall wiegt das betriebliche Interesse des Arbeitgebers schwerer als das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers, und der Chef darf die E-Mails lesen.
Aber Achtung: Ist die private Nutzung des Arbeits-PCs ausdrücklich erlaubt, darf der Arbeitgeber nicht mitlesen, denn hier können ja immer auch private E-Mails unter den geschäftlichen sein.
Aus mehreren Urteilen des Bundesarbeitsgerichtes ergibt sich, dass Daten, die unter Verstoß gegen Datenschutzregeln gewonnen wurden, nicht als Beweis im Kündigungsschutzprozess verwertet werden dürfen. So wurde beispielsweise in einem Fall entschieden, bei dem ein Spind heimlich nach Diebesgut durchsucht worden war (Urteil vom 20.6.2013, Az. 2 AZR 546/12). Der Arbeitgeber war dabei gemeinsam mit einem Betriebsratsmitglied aktiv geworden und hatte auch Diebesbeute gefunden. Dem Bundesarbeitsgericht zufolge war die heimliche Kontrolle des Spinds jedoch unverhältnismäßig. Wegen des Datenschutzverstoßes durfte der Fund nicht als Beweis vor Gericht verwertet werden. Immerhin sei es dem Chef auch ohne Weiteres möglich gewesen, ein milderes Mittel zur Klärung der Sachlage zu verwenden – etwa eine offene Durchsuchung im Beisein des Arbeitnehmers.
Ebenso entschied das Bundesarbeitsgericht in einem Fall, in dem ein Arbeitgeber ohne besonderen Grund die PCs seiner Arbeitnehmer mit einem Keylogger-Programm ausgestattet hatte, welches alle Tastatureingaben protokollierte und regelmäßig Bildschirmfotos (Screenshots) anfertigte. Dabei hatte sich die private Internetnutzung eines Angestellten ergeben, dem prompt gekündigt wurde. Dem Gericht zufolge war diese Kündigung unwirksam. Beim Einsatz der Software habe es keinen konkreten Verdacht gegenüber dem Arbeitnehmer auf eine Straftat oder eine andere schwerwiegende Pflichtverletzung gegeben. Daher sei die Maßnahme unzulässig gewesen; daraus gewonnene Beweise könnten nicht vor Gericht verwendet werden (Urteil vom 27.7.2017, Az. 2 AZR 681/16).
Für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) reicht es nach neuerer Rechtsprechung für die Zulässigkeit eine Überwachung nicht aus, dass die private Internetnutzung verboten ist und die Überwachungsmaßnahme verhältnismäßig ist. Der EGMR fordert zusätzlich, dass der Arbeitgeber die Belegschaft auf die Möglichkeit einer Überwachung - wie z.B. das Prüfen des Browserverlaufs - sowie deren Art und Umfang vorher hinweist. Unterlässt der Arbeitgeber dies, verletzt er das Recht des Arbeitnehmers auf Achtung des Privatlebens gemäß Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und riskiert, dass die gewonnenen Überwachungsergebnisse vor Gericht nicht verwendet werden dürfen (Rechtssache Barbulescu gegen Rumänien, Urteil vom 12.1.2016, Rs. 61496/08).
Trotz der immer arbeitnehmerfreundlicheren Rechtsprechung sollten Arbeitnehmer nicht vergessen, dass die private Nutzung des betrieblichen Internetzuganges immer dann verboten ist, wenn sie nicht ausdrücklich erlaubt wurde. Die Missachtung kann eine Abmahnung nach sich ziehen. Im Wiederholungsfall ist eine Kündigung möglich. Eine fristlose Kündigung ist für den Arbeitgeber schwieriger als eine befristete: Denn bei der fristlosen muss er nachweisen, dass die verbotene Internetnutzung exzessiv bzw. von erheblichem zeitlichem Umfang war und dass es keine Aussicht auf eine Besserung des Verhaltens beim Arbeitnehmer gibt.
Streitigkeiten rund um die Überwachung der privaten Internetnutzung und damit auch des Browserverlaufs, sind bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht am besten aufgehoben.
Die private Nutzung des Internets am Arbeitsplatz sorgt nach wie vor für Streit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Darf der Chef auch ohne Wissen der Mitarbeiter deren Browserverlauf überprüfen?
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Darf der Chef den Browserverlauf prüfen? Darf der Arbeitgeber private E-Mails mitlesen? Weitere Fälle unzulässiger Überwachung Praxistipp Darf der Chef den Browserverlauf prüfen?
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat sich mit einem Fall befasst, in dem der Arbeitnehmer durchaus privat im Internet surfen durfte, jedoch nur in den Arbeitspausen. Als der Verdacht aufkam, dass er sich nicht daran hielt, wurde ohne sein Wissen der Browserverlauf geprüft. Und siehe da: Der betriebliche Internetzugang war innerhalb von 30 Tagen für insgesamt fünf Tage privat genutzt worden. Daraufhin wurde dem Arbeitnehmer fristlos gekündigt.
Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichtes war die Kündigung gerechtfertigt: Auch nach Abwägung der beiderseitigen Interessen reiche die Internetnutzung im vorliegenden Umfang als Grund für eine fristlose Kündigung aus. Im Verfahren wurde allerdings darum gestritten, ob der Browserverlauf überhaupt als Beweismittel dienen konnte: Nach Ansicht des Arbeitnehmers stand dem nämlich der Datenschutz entgegen, sodass die Ergebnisse der Überwachung nicht als Beweismittel zulässig sind.
Das Gericht folgte dem nicht: Zwar gehöre auch der Browserverlauf zu den personenbezogenen Daten. Hier habe der Arbeitnehmer auch nicht darin eingewilligt, anderen Personen Zugriff auf diese Daten zu geben. Jedoch sei es nach dem Bundesdatenschutzgesetz zulässig, den Browserverlauf zur Missbrauchskontrolle zu speichern und auszuwerten. Der Arbeitnehmer müsse dieser Überwachung auch nicht zustimmen. Das Gericht berücksichtigte zusätzlich, dass dem Arbeitgeber in diesem konkreten Fall keine anderen Mittel und Wege zur Verfügung gestanden hätten, um den Verdacht auf eine unzulässige private Internetnutzung zu überprüfen. Damit konnte der Browserverlauf als Beweismittel genutzt werden. Das Gericht ließ die Kündigung gelten (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.1.2016, Az. 5 Ca 667/15).
Darf der Arbeitgeber private E-Mails mitlesen?
Ist in einem Betrieb das private Surfen im Internet untersagt, darf der Arbeitgeber durchaus auch private E-Mails lesen, die über den dienstlichen Emailaccount verschickt werden. Er darf in diesem Fall davon ausgehen, dass es sich um dienstliche Nachrichten handelt. Allerdings ist deshalb noch lange keine Dauerüberwachung aller E-Mails durch Mitlesen oder spezielle Kontrollsoftware erlaubt, sondern nur das Lesen der Mails zum Beispiel zu einem bestimmten Vorgang. Eine Dauerüberwachung würde das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers verletzen.
Das Thema wird besonders dann aktuell, wenn der Arbeitnehmer krank wird oder auch im Urlaub ist. Denn es könnten ja wichtige geschäftliche Nachrichten im Mail-Postfach sein, auf die Chef oder Krankheitsvertretung reagieren müssen. In diesem Fall wiegt das betriebliche Interesse des Arbeitgebers schwerer als das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers, und der Chef darf die E-Mails lesen.
Aber Achtung: Ist die private Nutzung des Arbeits-PCs ausdrücklich erlaubt, darf der Arbeitgeber nicht mitlesen, denn hier können ja immer auch private E-Mails unter den geschäftlichen sein.
Weitere Fälle unzulässiger Überwachung
Aus mehreren Urteilen des Bundesarbeitsgerichtes ergibt sich, dass Daten, die unter Verstoß gegen Datenschutzregeln gewonnen wurden, nicht als Beweis im Kündigungsschutzprozess verwertet werden dürfen. So wurde beispielsweise in einem Fall entschieden, bei dem ein Spind heimlich nach Diebesgut durchsucht worden war (Urteil vom 20.6.2013, Az. 2 AZR 546/12). Der Arbeitgeber war dabei gemeinsam mit einem Betriebsratsmitglied aktiv geworden und hatte auch Diebesbeute gefunden. Dem Bundesarbeitsgericht zufolge war die heimliche Kontrolle des Spinds jedoch unverhältnismäßig. Wegen des Datenschutzverstoßes durfte der Fund nicht als Beweis vor Gericht verwertet werden. Immerhin sei es dem Chef auch ohne Weiteres möglich gewesen, ein milderes Mittel zur Klärung der Sachlage zu verwenden – etwa eine offene Durchsuchung im Beisein des Arbeitnehmers.
Ebenso entschied das Bundesarbeitsgericht in einem Fall, in dem ein Arbeitgeber ohne besonderen Grund die PCs seiner Arbeitnehmer mit einem Keylogger-Programm ausgestattet hatte, welches alle Tastatureingaben protokollierte und regelmäßig Bildschirmfotos (Screenshots) anfertigte. Dabei hatte sich die private Internetnutzung eines Angestellten ergeben, dem prompt gekündigt wurde. Dem Gericht zufolge war diese Kündigung unwirksam. Beim Einsatz der Software habe es keinen konkreten Verdacht gegenüber dem Arbeitnehmer auf eine Straftat oder eine andere schwerwiegende Pflichtverletzung gegeben. Daher sei die Maßnahme unzulässig gewesen; daraus gewonnene Beweise könnten nicht vor Gericht verwendet werden (Urteil vom 27.7.2017, Az. 2 AZR 681/16).
Für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) reicht es nach neuerer Rechtsprechung für die Zulässigkeit eine Überwachung nicht aus, dass die private Internetnutzung verboten ist und die Überwachungsmaßnahme verhältnismäßig ist. Der EGMR fordert zusätzlich, dass der Arbeitgeber die Belegschaft auf die Möglichkeit einer Überwachung - wie z.B. das Prüfen des Browserverlaufs - sowie deren Art und Umfang vorher hinweist. Unterlässt der Arbeitgeber dies, verletzt er das Recht des Arbeitnehmers auf Achtung des Privatlebens gemäß Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und riskiert, dass die gewonnenen Überwachungsergebnisse vor Gericht nicht verwendet werden dürfen (Rechtssache Barbulescu gegen Rumänien, Urteil vom 12.1.2016, Rs. 61496/08).
Praxistipp
Trotz der immer arbeitnehmerfreundlicheren Rechtsprechung sollten Arbeitnehmer nicht vergessen, dass die private Nutzung des betrieblichen Internetzuganges immer dann verboten ist, wenn sie nicht ausdrücklich erlaubt wurde. Die Missachtung kann eine Abmahnung nach sich ziehen. Im Wiederholungsfall ist eine Kündigung möglich. Eine fristlose Kündigung ist für den Arbeitgeber schwieriger als eine befristete: Denn bei der fristlosen muss er nachweisen, dass die verbotene Internetnutzung exzessiv bzw. von erheblichem zeitlichem Umfang war und dass es keine Aussicht auf eine Besserung des Verhaltens beim Arbeitnehmer gibt.
Streitigkeiten rund um die Überwachung der privaten Internetnutzung und damit auch des Browserverlaufs, sind bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht am besten aufgehoben.
(Bu)