Darf die Eigentümerversammlung einen Grundstückskauf beschließen?

01.08.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Baugrundstück,vermessen,Liegenschaft,Häuser Darf eine WEG-Gemeinschaft einen Grundstückskauf beschließen? © - freepik

Ist ein Grundstückskauf durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung erlaubt? Mit dieser Frage hat sich vor einigen Jahren der Bundesgerichtshof befasst.

Über die Angelegenheiten einer Wohnungseigentümergemeinschaft entscheidet die Eigentümerversammlung. Worüber die Eigentümer abstimmen dürfen, ist im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) geregelt. Darüber können auch Vereinbarungen getroffen werden. So kann die Eigentümerversammlung zum Beispiel über die Aufstellung einer Hausordnung abstimmen, über die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums, den Abschluss einer Feuerversicherung für das gemeinschaftliche Eigentum oder auch über bauliche Veränderungen. Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes vom 1. Dezember 2020 reicht für die meisten Beschlüsse ein einfacher Mehrheitsbeschluss aus.

Wie wird in der Eigentümerversammlung abgestimmt?


Früher waren für verschiedene Beschlussgegenstände unterschiedliche Quoren vorgeschrieben. Einer baulichen Veränderung am Haus mussten zum Beispiel alle davon betroffenen Wohnungseigentümer zustimmen. Dies waren oft alle, die es gab. Nach der WEG-Reform gilt § 25 WEG: Der gesetzliche Normalfall ist der Mehrheitsbeschluss. Bei diesem hat jeder Wohnungseigentümer eine Stimme.

Dieses Kopfprinzip kann jedoch durch die Gemeinschaftsordnung abgeändert werden: Dann richtet sich das Stimmrecht nach Miteigentumsanteilen (Wertprinzip) oder jedem Teileigentum wird eine Stimme zugeordnet (Einheitsprinzip). Wurden vor der WEG-Reform dazu Vereinbarungen getroffen, behalten diese ihre Gültigkeit.

Was bedeutet "ordnungsgemäße Verwaltung?"


Eine gesetzliche Definition der ordnungsgemäßen Verwaltung gibt es nicht. Dazu gehören bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft viele Aufgabenbereiche, über die entschieden werden muss, um eine Wohnanlage sinnvoll zu bewirtschaften. § 19 Abs. 2 WEG nennt einige konkrete Beispiele, nämlich die Aufstellung einer Hausordnung, die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums oder die angemessene Versicherung des gemeinschaftlichen Eigentums. Von einem Grundstückskauf durch die WEG ist allerdings nirgendwo die Rede.

Fallbeispiel zum Parkplatzkauf


Der Bundesgerichtshof hat sich schon vor der großen Reform des Wohnungseigentumsgesetzes mit dem Fall einer Eigentümergemeinschaft mit 31 Wohneinheiten beschäftigt. Deren Problem: Auf dem Grundstück gab es nur sechs Autostellplätze. Diese waren sechs Wohnungen zugeordnet. Die Eigentümer der anderen Wohnungen nutzten Stellplätze auf einem Nachbargrundstück. Dieses hatte früher der gleichen Eigentümerin wie das Grundstück der Eigentümergemeinschaft gehört. Die Nutzung der Stellplätze war durch eine öffentlich-rechtliche Baulast abgesichert. Inzwischen hatte das Nachbargrundstück den Eigentümer gewechselt. Der neue Eigentümer wollte die Nutzung der Parkplätze durch die Nachbarn nicht mehr erlauben, bot aber der Eigentümergemeinschaft den Parkplatz zum Kauf an.

Welchen umstrittenen Beschluss fasste die Eigentümerversammlung?


Die Eigentümerversammlung beschloss mit Stimmenmehrheit, das Nachbargrundstück für 75.000 Euro zu kaufen. Den Kaufpreis sollten jedoch nicht alle Eigentümer zu gleichen Teilen tragen. Vielmehr sollten 15 Prozent des Kaufpreises alle Eigentümer nach Wohneinheiten und 85 Prozent die Eigentümer der Wohnungen 1 bis 25 als Nutzer der Stellplätze auf dem Nachbargrundstück bezahlen. Damit war jedoch eine Wohnungseigentümerin nicht einverstanden. Sie erhob vor Gericht eine Anfechtungsklage, um den Beschluss der Eigentümerversammlung für nichtig erklären zu lassen. Ihrer Meinung nach hatte die Eigentümerversammlung hier über etwas abgestimmt, über das sie gar nicht hätte abstimmen dürfen.

War der Beschluss aus Sicht der Gerichte wirksam?


Wie schon die Vorinstanz – das Landgericht Bremen – wies auch der Bundesgerichtshof bei der Revision die Klage ab. Die Wohnungseigentümergemeinschaft sei teilrechtsfähig und könne grundsätzlich durchaus das Nachbargrundstück kaufen.

Der Beschluss der Eigentümerversammlung entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung, da das Nachbargrundstück von Anfang an und dauerhaft von den Mitgliedern dieser Eigentümergemeinschaft genutzt worden sei. Die Fläche habe seit der Gründung der Gemeinschaft als deren Parkplatz gedient. Sie sei erforderlich, um die baurechtlich erforderliche Anzahl von Stellplätzen für die Wohnanlage nachweisen zu können.

Die öffentliche Baulast gebe den Grundstückseigentümern jedoch kein Nutzungsrecht und verpflichte den Eigentümer des Nachbargrundstücks auch nicht zur Duldung der Nutzung. Die Eigentümerversammlung habe mit dem Kauf des Grundstücks also lediglich klare Rechtsverhältnisse geschaffen, um einen von Anfang an bestehenden Zustand abzusichern. Das Gericht sah auch den von der Versammlung festgesetzten Kostenschlüssel als vollkommen in Ordnung an (BGH, Urteil vom 18. März 2016, Az. V ZR 75/15).

Rechtliche Einordnung und Auswirkungen der WEG-Reform


Das Urteil zum Grundstückskauf durch eine Eigentümergemeinschaft wurde noch nach der alten Rechtslage gefällt. Trotzdem gilt die Argumentation des BGH auch nach den Änderungen durch die WEG-Reform von 2020. Diese betraf hauptsächlich die Abstimmungsverfahren; hier ging es jedoch in erster Linie um die Bewertung der Entscheidung als Teil einer ordnungsgemäßen Verwaltung.

Mehr Informationen zum Thema "ordnungsgemäße Verwaltung in der Wohnungseigentümergemeinschaft" finden Sie hier:
WEG-Recht: Was ist mit „ordnungsgemäßer Verwaltung“ gemeint?

Praxistipp für Eigentümergemeinschaften


Streitigkeiten über die Wirksamkeit von Beschlüssen der Eigentümerversammlung sind in einer Eigentümergemeinschaft keine Seltenheit. Ein Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht kann Sie dazu kompetent beraten und kennt die aktuelle Rechtslage.

(Bu)


 Stephan Buch
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