Darf man sein Auto mit geöffnetem Fenster parken?
20.06.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Ma - Anwalt-Suchservice Autofenster werden beim Parken häufig einfach aus Vergesslichkeit offen gelassen. So mancher Autofahrer lässt jedoch die Autofenster im Sommer auch absichtlich einen Spalt weit offen, damit sich sein Fahrzeug nicht inzwischen in einen Backofen verwandelt. Nur ist man laut § 14 Absatz 2 der Straßenverkehrsordnung dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass es durch das abgestellte Fahrzeug nicht zu Unfällen und Verkehrsstörungen kommen kann. Der Vorschrift zufolge ist das Auto auch gegen unbefugte Benutzung zu sichern. Für die Polizei heißt das, dass die Fenster geschlossen sein müssen. Immerhin erleichtern offene Autofenster Dieben enorm die Arbeit. Dazu muss man wissen: Die Regelung in der StVO beabsichtigt nicht in erster Linie, das Eigentum des Fahrzeughalters zu schützen. Stattdessen soll sie verhindern, dass Unbefugte – auch Leute ohne Führerschein oder Jugendliche – mit einem fremden Auto den Straßenverkehr unsicher machen und dabei Unfälle verursachen.
Ist das Autofenster beim Parken offen, kann sich die Polizei dazu veranlasst sehen, das Fahrzeug zur Sicherheit abschleppen zu lassen. Dann muss natürlich der Fahrzeughalter die Kosten tragen. Dabei wird damit argumentiert, dass das Auto abgeschleppt werden musste, um das Eigentum des Fahrzeughalters vor Diebstahl zu schützen. Die Abschleppkosten sind also in seinem Interesse entstanden!
Auf welche Weise man sein Auto sichern muss, sagt die Straßenverkehrsordnung nicht. Allerdings kann man dies aus verschiedenen Gerichtsurteilen entnehmen. Aus ihnen lässt sich die Faustregel ableiten: Je sicherer der Abstellplatz, desto weniger Sicherheitsmaßnahmen sind erforderlich. In der eigenen, abgeschlossenen Einzelgarage muss man nicht alle Autofenster schließen. Dies sieht natürlich auf einem öffentlichen Großparkplatz oder am Straßenrand in einer Nebenstraße vollkommen anders aus. An solchen Orten erwartet die Polizei von Autofahrern grundsätzlich, dass sie ihr Fahrzeug abgeschlossen und mit geschlossenen Autofenstern parken. Lenkradschloss und Wegfahrsperre allein reichen nicht aus.
Aber: Es gibt auch noch die kaum bekannte Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung, die VwV-StVO. Diese enthält Ausführungshinweise zu den einzelnen StVO-Paragrafen - auch zu § 14. Daraus ergibt sich, dass Autofahrer ihr Auto nicht besonders absichern müssen, wenn sie es so nah an ihrem eigenen Aufenthaltsort parken, dass sie jederzeit eingreifen können, wenn etwas Unerwünschtes passiert, wenn sich also zum Beispiel Fremde am Auto zu schaffen machen.
Eine solche ausreichende Nähe zum Parkplatz kann man zum Beispiel annehmen, wenn ein Autofahrer in einem Straßencafé sitzt und sein PKW davor parkt. Oder auch, wenn jemand sein Auto vor einer Würstchenbude abstellt, um sich schnell eine Currywurst zu holen. Allerdings kann es durchaus teuer werden, sich allzu sehr auf diese Vorschrift zu verlassen: Wenn es dann doch zu einem Diebstahl kommt, wird die Kaskoversicherung womöglich von grober Fahrlässigkeit ausgehen und – sofern dieser Einwand nicht im Versicherungsvertrag ausgeschlossen ist – ihre Zahlung reduzieren. Hinzu kommt: Polizeibeamte haben beim Abschleppen lassen eines nicht ausreichend gesicherten Autos einen gewissen Ermessensspielraum.
Auch in den Polizeigesetzen der Bundesländer sind Fälle geregelt, in denen Ordnungshüter tätig werden dürfen oder müssen. Der Verwaltungsgerichtshof München betrachtete beispielsweise das Handeln bayerischer Polizisten als rechtmäßig, die ein Auto mit heruntergelassener Seitenscheibe vom Straßenrand abschleppen ließen. Diese Maßnahme sei im Einklang mit dem Bayerischen Polizeiaufgabengesetz gewesen. Sie habe der Sicherung des Eigentums des Fahrzeughalters gedient. Im Auto hätten sich Wertgegenstände befunden – das Autoradio und ein mobiles Navi. Aber: Das Gericht betonte auch, dass die Polizei in solchen Fällen erst abschleppen darf, wenn sie zuvor vergeblich versucht hat, den Fahrzeughalter zu erreichen. Dies hatte sie hier getan (Bayerischer VGH, Urteil vom 11.12.2013, Az. 10 B 12.2569).
Das Polizeigesetz von Nordrhein-Westfalen erlaubt der Polizei ebenfalls die Sicherstellung einer Sache, um das Eigentum des Betreffenden zu schützen. Darauf berief sich die Polizei auch, nachdem sie einen am Straßenrand mit offenem Fahrertürfenster geparkten BMW hatte abschleppen lassen. Das Gericht folgte hier jedoch der Argumentation des Fahrzeughalters: Das Auto war mittels Zentralverriegelung abgeschlossen und mit einer elektronischen Wegfahrsperre, einer Alarmanlage und dem Lenkradschloss gesichert. Wertgegenstände lagen nicht darin. Unter diesen Umständen betrachtete das Gericht das Abschleppen als überflüssige Maßnahme. Es entschied: Der Eigentümer könne vom Abschleppunternehmen die zum Auslösen des Fahrzeugs bezahlten Abschleppkosten zurückfordern (VG Aachen, Urteil vom 30.8.2006, Az. 6 K 2477/05).
Meist empfiehlt es sich bereits aus Gründen des Diebstahlschutzes, sein Auto beim Parken abzuschließen und alle Fenster zu schließen. Wenn man dies dann doch einmal vergessen hat und das Auto deswegen abgeschleppt wird, kann es sich lohnen, durch einen Fachanwalt für Verkehrsrecht die genauen Umstände prüfen zu lassen. So kann unter Umständen eine Zahlung von Abschleppkosten vermieden werden.
Das Wichtigste in Kürze
1. Sicherheit: Laut der Rechtsprechung gilt grundsätzlich: Je sicherer der Abstellplatz, desto weniger Sicherheitsmaßnahmen sind erforderlich. Großparkplätze sind eher unsicher. Ist das Auto in Sichtweite abgestellt, ist es eher sicher.
2. Ermessensspielraum: Findet die Polizei ein mit geöffneten Fenstern geparktes Auto, hat sie in der Frage, ob ein Abschleppen dem Schutz des Eigentums z.B. gegen Diebstahl dient, einen Ermessensspielraum.
3. Verhältnismäßigkeit: Das Abschleppen des Kfz muss verhältnismäßig sein. Ist das Fahrzeug z.B. mit einer elektronischen Wegfahrsperre, einer Alarmanlage und einem Lenkradschloss gesichert und bietet keine Diebstahlsanreize im Fahrzeuginneren, ist ein Abschleppen eher unverhältnismäßig und damit rechtswidrig.
1. Sicherheit: Laut der Rechtsprechung gilt grundsätzlich: Je sicherer der Abstellplatz, desto weniger Sicherheitsmaßnahmen sind erforderlich. Großparkplätze sind eher unsicher. Ist das Auto in Sichtweite abgestellt, ist es eher sicher.
2. Ermessensspielraum: Findet die Polizei ein mit geöffneten Fenstern geparktes Auto, hat sie in der Frage, ob ein Abschleppen dem Schutz des Eigentums z.B. gegen Diebstahl dient, einen Ermessensspielraum.
3. Verhältnismäßigkeit: Das Abschleppen des Kfz muss verhältnismäßig sein. Ist das Fahrzeug z.B. mit einer elektronischen Wegfahrsperre, einer Alarmanlage und einem Lenkradschloss gesichert und bietet keine Diebstahlsanreize im Fahrzeuginneren, ist ein Abschleppen eher unverhältnismäßig und damit rechtswidrig.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Welche Folgen kann ein offenes Autofenster haben? Welche Sicherheitsanforderungen stellt die StVO? Welches Schlupfloch bietet die Verwaltungsvorschrift zur StVO? Was besagen die Polizeigesetze der Bundesländer? Verwaltungsgericht Aachen: Offenes Fenster kein Abschleppgrund Praxistipp zum Abschleppen von PKW mit offenem Autofenster Welche Folgen kann ein offenes Autofenster haben?
Ist das Autofenster beim Parken offen, kann sich die Polizei dazu veranlasst sehen, das Fahrzeug zur Sicherheit abschleppen zu lassen. Dann muss natürlich der Fahrzeughalter die Kosten tragen. Dabei wird damit argumentiert, dass das Auto abgeschleppt werden musste, um das Eigentum des Fahrzeughalters vor Diebstahl zu schützen. Die Abschleppkosten sind also in seinem Interesse entstanden!
Welche Sicherheitsanforderungen stellt die StVO?
Auf welche Weise man sein Auto sichern muss, sagt die Straßenverkehrsordnung nicht. Allerdings kann man dies aus verschiedenen Gerichtsurteilen entnehmen. Aus ihnen lässt sich die Faustregel ableiten: Je sicherer der Abstellplatz, desto weniger Sicherheitsmaßnahmen sind erforderlich. In der eigenen, abgeschlossenen Einzelgarage muss man nicht alle Autofenster schließen. Dies sieht natürlich auf einem öffentlichen Großparkplatz oder am Straßenrand in einer Nebenstraße vollkommen anders aus. An solchen Orten erwartet die Polizei von Autofahrern grundsätzlich, dass sie ihr Fahrzeug abgeschlossen und mit geschlossenen Autofenstern parken. Lenkradschloss und Wegfahrsperre allein reichen nicht aus.
Welches Schlupfloch bietet die Verwaltungsvorschrift zur StVO?
Aber: Es gibt auch noch die kaum bekannte Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung, die VwV-StVO. Diese enthält Ausführungshinweise zu den einzelnen StVO-Paragrafen - auch zu § 14. Daraus ergibt sich, dass Autofahrer ihr Auto nicht besonders absichern müssen, wenn sie es so nah an ihrem eigenen Aufenthaltsort parken, dass sie jederzeit eingreifen können, wenn etwas Unerwünschtes passiert, wenn sich also zum Beispiel Fremde am Auto zu schaffen machen.
Eine solche ausreichende Nähe zum Parkplatz kann man zum Beispiel annehmen, wenn ein Autofahrer in einem Straßencafé sitzt und sein PKW davor parkt. Oder auch, wenn jemand sein Auto vor einer Würstchenbude abstellt, um sich schnell eine Currywurst zu holen. Allerdings kann es durchaus teuer werden, sich allzu sehr auf diese Vorschrift zu verlassen: Wenn es dann doch zu einem Diebstahl kommt, wird die Kaskoversicherung womöglich von grober Fahrlässigkeit ausgehen und – sofern dieser Einwand nicht im Versicherungsvertrag ausgeschlossen ist – ihre Zahlung reduzieren. Hinzu kommt: Polizeibeamte haben beim Abschleppen lassen eines nicht ausreichend gesicherten Autos einen gewissen Ermessensspielraum.
Was besagen die Polizeigesetze der Bundesländer?
Auch in den Polizeigesetzen der Bundesländer sind Fälle geregelt, in denen Ordnungshüter tätig werden dürfen oder müssen. Der Verwaltungsgerichtshof München betrachtete beispielsweise das Handeln bayerischer Polizisten als rechtmäßig, die ein Auto mit heruntergelassener Seitenscheibe vom Straßenrand abschleppen ließen. Diese Maßnahme sei im Einklang mit dem Bayerischen Polizeiaufgabengesetz gewesen. Sie habe der Sicherung des Eigentums des Fahrzeughalters gedient. Im Auto hätten sich Wertgegenstände befunden – das Autoradio und ein mobiles Navi. Aber: Das Gericht betonte auch, dass die Polizei in solchen Fällen erst abschleppen darf, wenn sie zuvor vergeblich versucht hat, den Fahrzeughalter zu erreichen. Dies hatte sie hier getan (Bayerischer VGH, Urteil vom 11.12.2013, Az. 10 B 12.2569).
Verwaltungsgericht Aachen: Offenes Fenster kein Abschleppgrund
Das Polizeigesetz von Nordrhein-Westfalen erlaubt der Polizei ebenfalls die Sicherstellung einer Sache, um das Eigentum des Betreffenden zu schützen. Darauf berief sich die Polizei auch, nachdem sie einen am Straßenrand mit offenem Fahrertürfenster geparkten BMW hatte abschleppen lassen. Das Gericht folgte hier jedoch der Argumentation des Fahrzeughalters: Das Auto war mittels Zentralverriegelung abgeschlossen und mit einer elektronischen Wegfahrsperre, einer Alarmanlage und dem Lenkradschloss gesichert. Wertgegenstände lagen nicht darin. Unter diesen Umständen betrachtete das Gericht das Abschleppen als überflüssige Maßnahme. Es entschied: Der Eigentümer könne vom Abschleppunternehmen die zum Auslösen des Fahrzeugs bezahlten Abschleppkosten zurückfordern (VG Aachen, Urteil vom 30.8.2006, Az. 6 K 2477/05).
Praxistipp zum Abschleppen von PKW mit offenem Autofenster
Meist empfiehlt es sich bereits aus Gründen des Diebstahlschutzes, sein Auto beim Parken abzuschließen und alle Fenster zu schließen. Wenn man dies dann doch einmal vergessen hat und das Auto deswegen abgeschleppt wird, kann es sich lohnen, durch einen Fachanwalt für Verkehrsrecht die genauen Umstände prüfen zu lassen. So kann unter Umständen eine Zahlung von Abschleppkosten vermieden werden.
(Bu)