Arbeitszeugnis: Wie gehe ich vor, wenn ich nicht damit einverstanden bin?
27.01.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice

Das Wichtigste in Kürze
1. Anspruch auf Arbeitszeugnis: Jeder Arbeitnehmer hat bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein einfaches oder qualifiziertes Arbeitszeugnis. Während des laufenden Arbeitsverhältnisses kann er ein Zwischenzeugnis verlangen.
2. Wahrheit und Wohlwollen: Das Zeugnis muss wahrheitsgemäß, aber auch wohlwollend formuliert sein, um das berufliche Fortkommen nicht unnötig zu erschweren.
3. Geheime Codes und Streitfälle: Manche Formulierungen enthalten verschlüsselte Bewertungen. Arbeitnehmer können eine Korrektur des Zeugnisses verlangen, wenn es unfair oder missverständlich formuliert ist.
1. Anspruch auf Arbeitszeugnis: Jeder Arbeitnehmer hat bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein einfaches oder qualifiziertes Arbeitszeugnis. Während des laufenden Arbeitsverhältnisses kann er ein Zwischenzeugnis verlangen.
2. Wahrheit und Wohlwollen: Das Zeugnis muss wahrheitsgemäß, aber auch wohlwollend formuliert sein, um das berufliche Fortkommen nicht unnötig zu erschweren.
3. Geheime Codes und Streitfälle: Manche Formulierungen enthalten verschlüsselte Bewertungen. Arbeitnehmer können eine Korrektur des Zeugnisses verlangen, wenn es unfair oder missverständlich formuliert ist.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Welchen Sinn und Zweck hat das Arbeitszeugnis Haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis? Update vom 27.1.2025: Welche Form muss ein Arbeitszeugnis haben? Welchen Inhalt muss ein Arbeitszeugnis haben? Was versteht man unter der Zeugnissprache? Wann bekomme ich mein Arbeitszeugnis? Wie beanstande ich mein Arbeitszeugnis? Praxistipp zum Arbeitszeugnis Es ist bereits viel über die Geheimsprache in Zeugnissen geschrieben worden. Es gibt jedoch noch viele weitere Details, die beim Arbeitszeugnis zu beachten sind.
Welchen Sinn und Zweck hat das Arbeitszeugnis
Ein Arbeitszeugnis informiert darüber, welche Tätigkeit ein Arbeitnehmer bei welchem Betrieb wie lange ausgeführt hat, welche Qualifikationen er besitzt, wie er sich gegenüber Chef und Kollegen verhalten hat und ob man insgesamt mit ihm oder ihr zufrieden gewesen ist. Das Arbeitszeugnis ist bei einer Bewerbung das wichtigste Dokument, denn es enthält die entscheidenden Informationen für den Personalchef des neuen Arbeitgebers. Es entscheidet darüber, ob der Bewerber oder die Bewerberin überhaupt die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch erhält.
Haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?
Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis. Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich um eine Arbeitsstelle in Vollzeit oder Teilzeit, einen befristeten oder unbefristeten Arbeitsvertrag gehandelt hat. Die Rechtsgrundlage dafür ist § 109 der Gewerbeordnung (GewO).
Auszubildende können nach § 16 Berufsbildungsgesetz (BBiG) ein Zeugnis verlangen. Auch Praktikanten haben einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis nach § 26 in Verbindung mit § 16 Berufsbildungsgesetz (BBiG). Arbeitnehmer können auch im laufenden Arbeitsverhältnis ein Zwischenzeugnis beanspruchen, wenn sie dafür einen guten Grund haben. Wann dies der Fall ist, ergibt sich aus der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte. Möglich ist dies zum Beispiel bei einem Wechsel des Vorgesetzten, bei der Versetzung in eine andere Abteilung oder bei Elternzeit (Landesarbeitsgericht Köln, Az. 10 Sa. 482/07).
Update vom 27.1.2025: Welche Form muss ein Arbeitszeugnis haben?
Bis Ende 2024 musste ein Arbeitszeugnis in Schriftform ausgestellt werden - also auf Papier mit eigenhändiger Unterschrift des Arbeitgebers. Dies hat sich zum 1.1.2025 geändert. § 109 Abs. 3 der Gewerbeordnung besagt nun, dass Arbeitszeugnisse auch in elektronischer Form erteilt werden können. Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitnehmer damit einverstanden ist. Das heißt: Der Arbeitnehmer kann auch weiterhin ein schriftliches Zeugnis verlangen. Der Arbeitgeber ist nicht dazu verpflichtet, ein elektronisches Zeugnis auszustellen. Stellt er jedoch ein elektronisches Zeugnis aus, muss er dieses nach § 126a BGB mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Um diese erstellen zu können, benötigt der Arbeitgeber eine Signaturkarte, eine Signaturerstellungseinheit und einen Zertifizierungsdiensteanbieter. Durch das qualifizierte Zertifikat des Dienstleisters wird die elektronische Signatur erst zur qualifizierten elektronischen Signatur. Nach wie vor ist wichtig, dass die Signatur auch von einer Person stammt, die im Betrieb dazu berechtigt ist, also nicht etwa von einer Sekretärin. Ausgeschlossen ist die elektronische Form, wenn das Arbeitszeugnis erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgestellt und auf das Austrittsdatum datiert wird.
Welchen Inhalt muss ein Arbeitszeugnis haben?
Dies hängt davon ab, ob es sich um ein einfaches oder ein qualifiziertes Arbeitszeugnis handelt. Ein einfaches Arbeitszeugnis muss nur Angaben zu den Personalien des Arbeitnehmers (Name, Geburtsdatum, Anschrift) und zur Art und Dauer seiner Tätigkeit enthalten.
Im ausführlicheren qualifizierten Arbeitszeugnis findet man zusätzlich Angaben über Leistung und Verhalten des Beschäftigten im Arbeitsverhältnis. Arbeitnehmer und Auszubildende haben nach § 109 GewO und § 16 BBiG das Recht, ein qualifiziertes Zeugnis zu verlangen. Der Arbeitgeber muss bei dessen Erstellung die Grundsätze der Zeugniswahrheit und der Zeugnisklarheit beachten.
Das heißt: Das Zeugnis darf keine Formulierungen enthalten, die eine andere Aussage über den Mitarbeiter treffen, als die äußere Form und der eigentliche Wortlaut. Also keine Geheimcodes und keine versteckten Andeutungen. Auch muss das Zeugnis Leistung und Sozialverhalten des Arbeitnehmers bei wohlwollender Beurteilung zutreffend wiedergeben.
In Arbeitszeugnissen hat sich eine ganze Reihe von Formulierungen eingebürgert, die zum Teil branchenabhängig sind. Wenn eine solche fehlt, kann dies für den Arbeitnehmer schnell negative Folgen bei Bewerbungen haben. Das Weglassen einer solchen Formulierung wird von den Arbeitsgerichten oft als unzulässiges Geheimzeichen betrachtet. Deshalb können Arbeitnehmer eine Ergänzung fordern, wenn es für die Weglassung im Arbeitszeugnis keinen sachlichen Grund gibt (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.8.2008, Az. 9 AZR 632/07).
Was versteht man unter der Zeugnissprache?
Zwar sind Geheimcodes und -zeichen im Arbeitszeugnis eigentlich unzulässig. Trotzdem gibt es eine Reihe von Formulierungen, aus denen der mögliche neue Chef einige Schlüsse ziehen kann. So deutet die Formulierung "seine Geselligkeit trug zur Verbesserung des Betriebsklimas bei" auf ein ausgeprägtes Alkoholproblem hin. Ein Mitarbeiter, der "gutes Einfühlungsvermögen" gezeigt hat, war ständig nur am Flirten, und wer "seine eigene Meinung vertritt", kann keine Kritik vertragen.
In jedem Arbeitszeugnis wird üblicherweise das Thema "Zufriedenheit" angesprochen. An der genauen Formulierung kann man schulnotenartig eine Bewertung des Arbeitnehmers ablesen. So bedeutet "Stets zu unserer vollsten Zufriedenheit" ein "sehr gut", "stets zu unserer vollen Zufriedenheit" bedeutet "gut", "zu unserer vollen Zufriedenheit" steht für die Note 3, "zu unserer Zufriedenheit" ist ein "ausreichend" und "insgesamt zu unserer Zufriedenheit" ist eine 5. Sämtliche Formulierungen, die das Wort "bemüht" enthalten, deuten auf einen recht nutzlosen Arbeitnehmer hin. Übrigens: Wenn ein Chef seine Unterschrift gewohnheitsmäßig immer mit einem lachenden Smiley verziert, darf er im Arbeitszeugnis keinen traurigen Smiley verwenden. Dann besteht Anspruch auf Nachbesserung (Arbeitsgericht Kiel, Az. 5 Ca 80b/13).
Näheres zu diesem Thema und weitere Formulierungen finden Sie in diesem Beitrag:
Arbeitszeugnis: Was bedeutet die Geheimsprache der Arbeitgeber?
Wann bekomme ich mein Arbeitszeugnis?
Ein Anspruch auf die Erteilung eines Arbeitszeugnisses entsteht mit Ablauf der Kündigungsfrist oder bei befristeten Arbeitsverhältnissen mit deren Schluss. Der Arbeitgeber muss ein qualifiziertes Arbeitszeugnis nur dann erteilen, wenn der Arbeitnehmer dies verlangt. Man darf sich dafür jedoch nicht beliebig viel Zeit lassen.
Der Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses ist gesetzlich nach drei Jahren verjährt. Wichtig: Die Gerichte sehen den Anspruch auf Zeugniserteilung schon nach einigen Monaten als verwirkt an. Ein Anspruch auf Berichtigung des Zeugnisses kann sogar schon nach vier Wochen verfallen sein. Daher gilt hier grundsätzlich: Schnell handeln. Dazu kommt: In vielen Arbeits- und Tarifverträgen lauern Ausschlussfristen. Solche Klauseln müssen sich nicht speziell auf das konkrete Arbeitszeugnis beziehen, sondern können auch einen allgemeinen Bezug haben (= "Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis"). Wenn der Arbeitgeber nicht auf die Bitte um Erstellung eines Arbeitszeugnisses reagiert, können Arbeitnehmer ihm mit höflicher Formulierung eine Frist setzen, etwa von zwei Wochen.
Wie beanstande ich mein Arbeitszeugnis?
Wenn man als Arbeitnehmer in seinem Arbeitszeugnis eine Formulierung entdeckt, die man so nicht stehenlassen will oder kann, sollte man zunächst freundlich das Gespräch mit dem Chef suchen. Häufig ist es nämlich auch für die Vorgesetzten gar nicht so einfach, die Zeugnissprache richtig umzusetzen. Vielleicht steckt gar keine böse Absicht hinter einer zweifelhaften Formulierung?
Schlägt man selbst Alternativen vor, sollte man darauf achten, dass diese erstens rechtssicher sind und dass das Arbeitszeugnis zweitens danach immer noch wirkt, als sei es "aus einem Guss." Vermeiden sollte man Widersprüche und nicht zueinander passende Sätze.
Zeigt sich der Arbeitgeber allerdings unwillig und fühlt man sich als Arbeitnehmer durch das Arbeitszeugnis schlecht bewertet, sollte eine anwaltliche Beratung in Anspruch genommen werden. Arbeitnehmer können sowohl auf Erteilung als auch auf Korrektur eines Arbeitszeugnisses vor dem Arbeitsgericht klagen.
Praxistipp zum Arbeitszeugnis
Das Arbeitszeugnis ist eine wichtige Grundlage für das folgende Arbeitsverhältnis. Fühlt sich der Arbeitnehmer schlecht bewertet oder kann er den Inhalt nicht richtig deuten, ist fachkundige Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht sehr zu empfehlen. Allzu leicht können missverständliche Formulierungen später zu Absagen bei Bewerbungen führen.
(Bu)