Arbeitszeugnis: Was kann ich gegen eine schlechte Bewertung tun?
19.08.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice

Das Wichtigste in Kürze
1. Anspruch auf Arbeitszeugnis: Jeder Arbeitnehmer hat bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein einfaches oder qualifiziertes Arbeitszeugnis. Während des laufenden Arbeitsverhältnisses kann er ein Zwischenzeugnis verlangen.
2. Wahrheit und Wohlwollen: Das Zeugnis muss wahrheitsgemäß, aber auch wohlwollend formuliert sein, um das berufliche Fortkommen nicht unnötig zu erschweren.
3. Geheime Codes und Streitfälle: Manche Formulierungen enthalten verschlüsselte Bewertungen. Arbeitnehmer können eine Korrektur des Zeugnisses verlangen, wenn es unfair oder missverständlich formuliert ist.
1. Anspruch auf Arbeitszeugnis: Jeder Arbeitnehmer hat bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein einfaches oder qualifiziertes Arbeitszeugnis. Während des laufenden Arbeitsverhältnisses kann er ein Zwischenzeugnis verlangen.
2. Wahrheit und Wohlwollen: Das Zeugnis muss wahrheitsgemäß, aber auch wohlwollend formuliert sein, um das berufliche Fortkommen nicht unnötig zu erschweren.
3. Geheime Codes und Streitfälle: Manche Formulierungen enthalten verschlüsselte Bewertungen. Arbeitnehmer können eine Korrektur des Zeugnisses verlangen, wenn es unfair oder missverständlich formuliert ist.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Welchen Sinn und Zweck hat das Arbeitszeugnis? Haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis? Welche Form muss ein Arbeitszeugnis haben? Welchen Inhalt muss ein Arbeitszeugnis haben? Was versteht man unter der Zeugnissprache? Wann bekomme ich mein Arbeitszeugnis? Wie beanstande ich mein Arbeitszeugnis? Praxistipp zum Arbeitszeugnis Welchen Sinn und Zweck hat das Arbeitszeugnis?
Ein Arbeitszeugnis informiert darüber, welche Tätigkeit ein Arbeitnehmer bei welchem Betrieb wie lange ausgeführt hat, welche Qualifikationen er besitzt, wie er sich gegenüber Chef und Kollegen verhalten hat und ob man insgesamt mit ihm oder ihr zufrieden gewesen ist. Bei einer Bewerbung ist das Arbeitszeugnis das wichtigste Dokument, denn es enthält die entscheidenden Informationen für den Personalchef des neuen Arbeitgebers. Es entscheidet darüber, ob der Bewerber oder die Bewerberin überhaupt zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird.
Haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?
Jeder Arbeitnehmer hat bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis. Dabei ist es nicht entscheidend, ob es sich um eine Arbeitsstelle in Vollzeit oder Teilzeit, einen befristeten oder unbefristeten Arbeitsvertrag gehandelt hat. Dies beruht auf § 109 der Gewerbeordnung (GewO).
Auszubildende haben nach § 16 Berufsbildungsgesetz (BBiG) Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Dies gilt nach § 26 in Verbindung mit § 16 Berufsbildungsgesetz (BBiG) auch für Praktikanten.
Auch während des laufenden Arbeitsverhältnisses können Arbeitnehmer ein Zwischenzeugnis beanspruchen, wenn sie dafür einen guten Grund haben. Wann dies der Fall ist, ergibt sich aus der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte. Danach kann ein Zwischenzeugnis zum Beispiel verlangt werden bei
- einem Wechsel des Vorgesetzten,
- der Versetzung in eine andere Abteilung,
- Elternzeit.
Dies hat das Landesarbeitsgericht Köln entschieden (Az. 10 Sa. 482/07).
Welche Form muss ein Arbeitszeugnis haben?
Ein Arbeitszeugnis musste bis Ende 2024 in Schriftform ausgestellt werden – also auf Papier mit eigenhändiger Unterschrift des Arbeitgebers. Seit 1.1.2025 besagt § 109 Abs. 3 der Gewerbeordnung, dass Arbeitszeugnisse auch in elektronischer Form erteilt werden können. Allerdings müssen die jeweiligen Arbeitnehmer damit einverstanden sein.
Arbeitnehmer können also auch weiterhin ein schriftliches Zeugnis verlangen. Der Arbeitgeber ist auch nicht dazu verpflichtet, ein elektronisches Zeugnis auszustellen.
Wenn er jedoch ein elektronisches Zeugnis ausstellt, muss er dieses nach § 126a BGB mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Dafür benötigt der Arbeitgeber eine Signaturkarte, eine Signaturerstellungseinheit und einen Zertifizierungsdiensteanbieter. Die elektronische Signatur wird erst durch das qualifizierte Zertifikat des Dienstleisters zur qualifizierten elektronischen Signatur. Nach wie vor muss die Signatur von einer Person stammen, die im Betrieb dazu berechtigt ist, also nicht etwa von einer Sekretärin. Die elektronische Form ist ausgeschlossen, wenn das Arbeitszeugnis erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgestellt und auf das Austrittsdatum datiert wird.
Welchen Inhalt muss ein Arbeitszeugnis haben?
Der Inhalt hängt davon ab, ob es sich um ein einfaches oder ein qualifiziertes Arbeitszeugnis handelt. Ein einfaches Arbeitszeugnis muss lediglich Angaben zu den Personalien des Arbeitnehmers (Name, Geburtsdatum, Anschrift) und zur Art und Dauer seiner Tätigkeit enthalten.
Das qualifizierte Arbeitszeugnis ist ausführlicher. Darin macht der Arbeitgeber zusätzlich Angaben über Leistung und Verhalten des Beschäftigten im Arbeitsverhältnis. Arbeitnehmer und Auszubildende dürfen nach § 109 GewO und § 16 BBiG ein qualifiziertes Zeugnis verlangen. Bei dessen Erstellung muss der Arbeitgeber die Grundsätze der Zeugniswahrheit und der Zeugnisklarheit beachten.
Das bedeutet: Das Zeugnis darf keine Formulierungen enthalten, die eine andere Aussage über den Mitarbeiter treffen, als die äußere Form und der eigentliche Wortlaut. Also keine Geheimcodes und keine versteckten Andeutungen. Das Zeugnis muss darüber hinaus Leistung und Sozialverhalten des Arbeitnehmers bei wohlwollender Beurteilung zutreffend wiedergeben.
Trotz dieser Regeln haben sich in Arbeitszeugnissen eine ganze Reihe von Formulierungen eingebürgert, die zum Teil branchenabhängig sind. Fehlt eine solche, kann dies für den Arbeitnehmer schnell negative Folgen bei Bewerbungen haben. Die Arbeitsgerichte sehen das Weglassen einer solchen Formulierung oft als unzulässiges Geheimzeichen an. Daher können Arbeitnehmer eine Ergänzung verlangen, wenn es für die Weglassung im Arbeitszeugnis keinen sachlichen Grund gibt (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.8.2008, Az. 9 AZR 632/07).
Was versteht man unter der Zeugnissprache?
Wie erwähnt sind Geheimcodes und -zeichen im Arbeitszeugnis eigentlich nicht zulässig. Es gibt jedoch trotzdem eine Reihe von Formulierungen, aus denen der mögliche neue Chef viele Schlüsse ziehen kann. Beispiel: Die Formulierung "seine Geselligkeit trug zur Verbesserung des Betriebsklimas bei" deutet auf ein ausgeprägtes Alkoholproblem hin. Hat ein Mitarbeiter "gutes Einfühlungsvermögen" gezeigt, war dieser ständig nur am Flirten. Wer "seine eigene Meinung vertritt", kann keine Kritik vertragen.
Das Thema "Zufriedenheit" wird in jedem Arbeitszeugnis angesprochen. An der genauen Formulierung kann man schulnotenartig eine Bewertung des Arbeitnehmers ablesen. "Stets zu unserer vollsten Zufriedenheit" bedeutet ein "sehr gut", "stets zu unserer vollen Zufriedenheit" bedeutet "gut", "zu unserer vollen Zufriedenheit" steht für die Note 3, "zu unserer Zufriedenheit" ist ein "ausreichend" und "insgesamt zu unserer Zufriedenheit" ist eine 5. Alle Formulierungen, die das Wort "bemüht" enthalten, deuten auf einen recht nutzlosen Arbeitnehmer hin.
Übrigens: Verziert der Chef seine Unterschrift gewohnheitsmäßig immer mit einem lachenden Smiley, darf er im Arbeitszeugnis keinen traurigen Smiley nutzen. Dann besteht Anspruch auf Nachbesserung (Arbeitsgericht Kiel, Az. 5 Ca 80b/13).
Näheres zu diesem Thema und weitere Formulierungen finden Sie in diesem Beitrag:
Arbeitszeugnis: Was bedeutet die Geheimsprache der Arbeitgeber?
Wann bekomme ich mein Arbeitszeugnis?
Der Anspruch auf die Erteilung eines Arbeitszeugnisses entsteht mit Ablauf der Kündigungsfrist oder bei befristeten Arbeitsverhältnissen mit deren Schluss. Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis muss der Arbeitgeber nur dann erteilen, wenn der Arbeitnehmer dies verlangt. Dafür darf dieser sich jedoch nicht beliebig viel Zeit lassen.
Der Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses verjährt nach drei Jahren. Aber: Die Gerichte sehen den Anspruch auf Zeugniserteilung schon nach einigen Monaten als verwirkt an. Ein Anspruch auf Berichtigung eines Zeugnisses kann sogar schon nach vier Wochen verfallen sein. Dazu kommt: In vielen Arbeits- und Tarifverträgen lauern Ausschlussfristen. Solche Klauseln müssen sich nicht speziell auf das konkrete Arbeitszeugnis beziehen, sondern können ganz allgemein formuliert sein (= "Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis").
Daher heißt es beim Arbeitszeugnis: schnell handeln. Reagiert der Arbeitgeber nicht auf die Bitte um Erstellung eines Arbeitszeugnisses, können Arbeitnehmer ihm mit höflicher Formulierung eine Frist setzen, etwa von zwei Wochen.
Wie beanstande ich mein Arbeitszeugnis?
Entdecken Sie in Ihrem Arbeitszeugnis eine Formulierung, die Sie so nicht stehenlassen wollen oder können, sollten Sie zunächst freundlich das Gespräch mit dem Chef suchen. Häufig ist es nämlich auch für die Vorgesetzten gar nicht so einfach, die Zeugnissprache richtig umzusetzen. Vielleicht steckt hinter der zweifelhaften Formulierung gar keine böse Absicht?
Wer selbst Alternativen vorschlägt, sollte darauf achten, dass diese erstens rechtssicher sind und dass das Arbeitszeugnis zweitens danach immer noch wirkt, als sei es "aus einem Guss." Daher sollte man Widersprüche und nicht zueinander passende Sätze vermeiden.
Wenn sich Ihr Arbeitgeber unwillig zeigt und Sie sich durch das Arbeitszeugnis schlecht bewertet fühlen, sollten Sie eine anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen. Arbeitnehmer können sowohl auf Erteilung als auch auf Korrektur eines Arbeitszeugnisses vor dem Arbeitsgericht klagen.
Praxistipp zum Arbeitszeugnis
Das Arbeitszeugnis ist eine wichtige Grundlage für das nächste Arbeitsverhältnis. Wenn sich Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer schlecht bewertet fühlen oder den Inhalt nicht richtig deuten können, ist fachkundige Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht sehr zu empfehlen. Allzu leicht können missverständliche Formulierungen später bei Bewerbungen zu Absagen führen.
(Bu)