Ist das Entwenden von Hoteleigentum bei Abreise strafbar?

01.11.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
Diebstahl,Hoteleigentum,Hotelgäste,geringwertig Durch das Mitnehmen von Hoteleigentum kann man sich strafbar machen. © Ma - Anwalt-Suchservice

Hotelgäste lassen immer wieder kleinere oder größere Gegenstände aus ihrer Unterkunft mitgehen. Welches Risiko geht man ein, wenn man Handtücher oder Shampoo aus dem Hotel mitnimmt?

Hotelgäste stehlen eine Vielzahl von Dingen. Dies reicht von Schreibstiften, Handtüchern und Bademänteln über Geschirr und Besteck bis hin zu Fernsehern, Kaffeemaschinen und sogar Matratzen. Geklaut werden auch Telefone, Wolldecken und Bilder – in einem Pressebericht geht es um einen Hotelgast, der einen kompletten Schreibtisch abtransportierte. In einem Berliner Hotel wurde sogar ein Waschbecken demontiert und mitgenommen. Eine Hotel-Umfrage des Hotelbewertungsportals "Wellness Heaven" ergab, dass das Diebesgut hochwertiger wird, je mehr Sterne ein Hotel hat. In Fünf-Sterne-Hotels werden mehr hochwertige Fernseher, Kunstwerke und Matratzen gestohlen, während Vier-Sterne-Hotels öfter verschwundene Bademäntel, Kleiderbügel, Glühbirnen und Batterien feststellen.

Wie sehen Hotels das Mitnehmen von Shampoos und Pflegeprodukten?


Relativ entspannt sehen Hoteliers in der Regel die Mitnahme angebrochener Shampoo-Fläschchen oder Seifen. Hier handelt es sich um Verbrauchsprodukte. Manche Hotelbetreiber sehen es gar als Werbung an, wenn ihre Gäste Derartiges mitnehmen. Rechtlich gesehen ist auch dies jedoch Diebstahl. Schließlich gehören die Hygiene- und Pflegeprodukte dem Hotel. Sie sollen nur während des Aufenthalts verbraucht werden und sind nicht zum Mitnehmen gedacht. Ob die Produkte schon angebrochen sind, spielt dabei prinzipiell keine Rolle. Allerdings wird sich das Hotel in der Regel nicht über die Mitnahme angebrochener Pflegeprodukte beschweren. Immerhin müssten diese nach der Abreise des Gastes sowieso entsorgt werden.

Wann liegt Diebstahl von Hoteleigentum vor?


Im Strafgesetzbuch (StGB) ist Diebstahl definiert als die Wegnahme einer fremden, beweglichen Sache. Für den Diebstahl ist ein sogenannter Gewahrsamsbruch erforderlich. Das bedeutet: Der Gegenstand muss aus dem Gewahrsam seines rechtmäßigen Eigentümers gegen dessen Willen entfernt werden. Ein weiteres Merkmal des Diebstahls ist die sogenannte Zueignungsabsicht: Der Wegnehmende muss die Absicht haben, den Gegenstand entweder sich selbst oder jemand anderem zuzueignen, also die Eigentumsverhältnisse daran zu ändern.

Nach § 242 des Strafgesetzbuches wird ein Diebstahl mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet. Somit haben die Gerichte einen erheblichen Spielraum beim Strafmaß. Wie hoch dieses im Einzelfall ausfällt, richtet sich nach der Schwere der Tat und dem Wert der gestohlenen Gegenstände. Die Geldstrafe wird in Tagessätzen berechnet, deren Höhe vom Einkommen des Täters abhängt. Auch ein Versuch des Diebstahls ist strafbar.

Was ist der Unterschied zwischen Diebstahl und Unterschlagung?


Eine Unterschlagung bedeutet, dass jemand sich selbst oder einem anderem eine fremde Sache zueignet – ohne sie zuvor jemand anderem wegzunehmen. Darum ist oft von Unterschlagung die Rede, wenn eine gemietete Sache, wie ein Mietwagen, nicht zurückgegeben wird. Der Täter einer Unterschlagung begeht nicht den beim Diebstahl üblichen Gewahrsamsbruch, weil der Eigentümer - etwa der Autovermieter - ihm die Sache freiwillig vorübergehend anvertraut hat. Die Unterschlagung ist in § 246 StGB geregelt und ebenfalls strafbar. Wer eine Sache unterschlägt, die ihm anvertraut war, muss mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug oder einer Geldstrafe rechnen.

Unterschlagung oder Diebstahl im Hotelzimmer?


Wenn Urlauber Gegenstände aus dem Hotelzimmer mitnehmen, geht man rechtlich von einem Diebstahl aus und nicht von einer Unterschlagung. Der Grund: Das Hotel hat die Gegenstände nicht allein in die Obhut des Gastes gegeben oder diesem anvertraut. Die Hotelangestellten haben nach wie vor ein Zutrittsrecht zum Hotelzimmer. Damit behält das Hotel seinen Gewahrsam am Inventar.

Hotelhandtücher und Bademäntel: Wann liegt ein Diebstahl geringwertiger Sachen vor?


Handelt es sich um einen Diebstahl (oder eine Unterschlagung) geringwertiger Sachen, wird die Tat nach § 248a StGB nur auf einen Strafantrag des Geschädigten hin verfolgt. Nicht ausreichend ist eine einfache Strafanzeige des Diebstahls, mit der die Behörden lediglich über eine mögliche Straftat informiert werden. Ausnahme: Die Staatsanwaltschaft ist der Ansicht, dass eine Strafverfolgung im öffentlichen Interesse wäre. Dann kann sie auch von selbst die Strafverfolgung einleiten. Dazu kommt es zum Beispiel bei massenhaften oder gewerbsmäßigen Diebstählen.

Nicht ganz einig sind sich die Gerichte darüber, wo die Grenze für eine geringwertige Sache liegt. Diese wird manchmal bei 30 Euro, teilweise aber auch erst bei 50 Euro angesetzt. Damit fallen viele der in Hotelzimmern gestohlenen Gegenstände – von Kleiderbügeln über Bademäntel bis hin zu Sofakissen – unter den Diebstahl geringwertiger Sachen. Hotelgäste sollten sich trotzdem nicht darauf verlassen, dass keine Strafverfolgung stattfindet, weil das Hotel die Mühe des Strafantrages scheut: Ein hochwertiges Sofakissen kostet womöglich schon mehr als 30 Euro und ist damit nach Meinung vieler Gerichte über der Grenze.

Was droht bei Diebstahl von Elektronik, Deko oder Kunstgegenständen?


Dabei wird die Geringwertigkeitsgrenze meist überschritten sein. Damit ist eine Strafverfolgung wahrscheinlicher. Außerdem ist die Toleranzschwelle bei den Hotelbetreibern niedriger, denn Diebstähle solcher Gegenstände durch Hotelgäste verursachen mehr Schaden und beeinträchtigen unter Umständen auch die Vermietbarkeit der Zimmer, bis Ersatz gekauft wird. Kommt es zu einer Verurteilung, ist mit einer höheren Strafe zu rechnen.

Wann liegt schwerer Diebstahl vor?


Ein schwerer Diebstahl liegt zum Beispiel vor, wenn im Hotelzimmer ein Gegenstand gestohlen wird, der in einen Behälter (z.B. Safe) eingeschlossen oder in irgendeiner Form besonders gegen Diebstahl gesichert ist. Bei Hotelinventar wird dies eher selten vorkommen. Allerdings gibt es für Flachbildfernseher spezielle Diebstahlsicherungen, die auch in Hotels eingesetzt werden. Wenn eine Diebstahlsicherung "geknackt" wird, droht dem Täter eine Verurteilung wegen schwerem Diebstahl und damit eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten und bis zu zehn Jahren. Als schwerer Diebstahl zählt auch gewerbsmäßiger Diebstahl, mit dem die Person ihren Lebensunterhalt verdient. Bei geringwertigen Sachen scheidet schwerer Diebstahl jedoch aus.

Urteil: Drei Monate für zwei Flaschen Whisky


Ein Beispiel: Vom Oberlandesgericht Oldenburg wurde ein Mann zu drei Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt, der zwei Flaschen Whisky im Wert von 48 Euro in einem Laden gestohlen hatte. Das Gericht sah dies als schweren Diebstahl an, weil der Täter gewerbsmäßig gehandelt habe. Der Betrag von 48 Euro war nach Meinung des Gerichts hier nicht mehr geringwertig, so dass eine Verurteilung wegen schweren Diebstahls erfolgen konnte. Geringwertig sei alles bis zu 30 Euro (OLG Oldenburg, Urteil vom 2.12.2014, Az. 1 Ss 261/14).

Wie können Hotels auf Diebstähle reagieren?


Hotels reagieren unterschiedlich. Lassen Hotelgäste Shampoos, Seifen und Cremes mitgehen, unternehmen sie in der Regel nichts. Wenn ein Gast ganz offen das Haus mit einem Koffer verlässt, aus dem ein Hotelhandtuch heraushängt, kann es vorkommen, dass seine Kreditkarte entsprechend nachbelastet wird. Oftmals wird allerdings auch bei Handtüchern und Bademänteln nichts unternommen.

Wird der Gast allerdings dabei erwischt, wie er einen wertvolleren Gegenstand stiehlt, kann durchaus eine Strafanzeige die Folge sein. Dazu muss das Hotel beweisen können, dass dieser Gast den betreffenden Gegenstand gestohlen hat. Viele Hotels behandeln solche Fälle jedoch mit Diskretion und schreiben lieber einen Brief, in dem sie Rückgabe oder Bezahlung verlangen. Viele kleinere Hotels gehen verstärkt dazu über, diebstahlsichere Kleiderbügel zu nutzen, keine Bademäntel mehr anzubieten und generell das lose Inventar im Zimmer zu verringern.

Wann kann das Hotel Schadensersatz verlangen?


Das Hotel kann unabhängig von einer Strafanzeige natürlich auch nach dem Zivilrecht Schadensersatz verlangen, wenn ein Gast etwas mitgehen lässt. Dies ist auch bei Schäden möglich, die der Gast am Zimmer verursacht. Hotels greifen jedoch auch zu diesem Mittel eher im Ausnahmefall. Auch hier ist die Voraussetzung, dass das Hotel beweisen kann, wer für den Schaden verantwortlich ist.

Praxistipp zum Diebstahl von Hoteleigentum


Mittlerweile bieten viele Hotels ihren Gästen an, Bademäntel, Handtücher und andere Dinge mit Hotel-Logo einfach im Hotelshop zu kaufen. Wer ein Souvenir möchte, sollte von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Hotelgäste sollten bedenken: Auch, wenn Hotels oft kulant sind, haben die Gäste nicht das Recht, einfach mitzunehmen, was ihnen gefällt. Nichts garantiert, dass sie nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Falls Sie eines Diebstahls beschuldigt werden, sollten Sie sich möglichst frühzeitig an einen Rechtsanwalt wenden, der im Strafrecht tätig ist.

(Ma)


 Ulf Matzen
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