Dienstwagen: Nach der Kündigung gleich zurückgeben?
20.08.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Ein Dienstwagen mit der Möglichkeit der Privatnutzung ist für Arbeitnehmer ein großer Vorteil. Unternehmen bieten oft solche Vereinbarungen an, um Anreize für besonders qualifizierte Mitarbeiter zu bieten. Dann stehen die Einzelheiten im jeweiligen Arbeitsvertrag oder in einer gesonderten Dienstwagenvereinbarung. In dieser ist auch geregelt, ob eine private Nutzung erlaubt ist, wer die Kfz-Steuer und die Versicherung bezahlen muss, was es bei einem Unfall zu beachten gibt, wie das Fahrzeug versichert ist, ob Familienmitglieder es fahren dürfen und was der Beschäftigte sonst noch beachten muss. Die Rückgabe regelt meist eine besondere Klausel.
Viele Arbeitgeber sind der Ansicht, dass sie dazu berechtigt sind, den Dienstwagen sofort nach Ausspruch der Kündigung zurückzufordern. Dies ist jedoch falsch. Die private Nutzung des Dienstwagens ist Bestandteil der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung. Der Chef kann dem Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist nicht den Lohn kürzen. Daher kann er ihm auch nicht den Dienstwagen wegnehmen. Eine Verringerung der Arbeitsvergütung muss durch beide Seiten vertraglich vereinbart werden.
Andererseits ist es heute durchaus üblich, im Arbeitsvertrag oder in der Dienstwagenvereinbarung zu regeln, dass der Dienstwagen sofort bei der Kündigung zurückzugeben ist und der Arbeitnehmer ihn während der Laufzeit der Kündigungsfrist nicht weiter benutzen darf. Solche Absprachen sind grundsätzlich erlaubt. Ob sie im Einzelfall wirksam sind, hängt sehr von den Einzelheiten ab. Solche Klauseln müssen nämlich den strengen Regeln der §§ 307 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches über Allgemeine Geschäftsbedingungen entsprechen.
Diese Vorgaben sollen den schwächeren Vertragspartner davor schützen, durch unklare, überraschende oder allzu unfaire Geschäftsbedingungen im Kleingedruckten unangemessen benachteiligt zu werden. Entsprechen die Klauseln nicht den dort gesetzten Maßstäben, sind sie schlicht unwirksam. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 19.12.2006 betont (Az. 9 AZR 294/06).
Damit eine Rückgabeklausel für den Dienstwagen wirksam ist, muss sie transparent sein. Sie muss also für den Arbeitnehmer verständlich sein. Dazu muss klipp und klar geregelt sein, wann der Arbeitgeber die Nutzung des Dienstwagens widerrufen darf. Durch den Widerruf darf der Arbeitnehmer nicht unangemessen belastet werden. Zum Beispiel muss es ihm möglich sein, sich vor Ende der Dienstwagennutzung ein eigenes Auto anzuschaffen.
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat sich mit einer Vertragsregelung befasst, nach welcher dem Arbeitnehmer im Fall der Kündigung mit sofortiger Freistellung von der Arbeit auch gleichzeitig der Dienstwagen entzogen werden sollte. Die Richter waren zwar der Ansicht, dass dies ein zulässiger Grund für eine Entziehung des Dienstwagens sein könnte. Nur eben nicht mit sofortiger Wirkung. Habe ein Arbeitnehmer wegen des Dienstwagens auf ein eigenes Auto verzichtet, sei er besonders schutzwürdig. Einem solchen Arbeitnehmer müsse zumindest noch eine vierwöchige Ankündigungsfrist gewährt werden, innerhalb der er den Dienstwagen noch behalten und die Zeit für die Anschaffung eines eigenen Autos nutzen dürfe. Werde eine solche Ankündigungsfrist in der Vereinbarung nicht eingeräumt, sei die ganze Rückgabeklausel unwirksam (LAG Niedersachsen, 14.09.2010, Az. 13 Sa 62/10).
Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht dies etwas anders gesehen. In diesem Fall war vereinbart worden, dass eine Arbeitnehmerin ihren Dienstwagen zurückgeben musste, wenn sie ihn dienstlich nicht mehr benötigte. Dies sollte speziell im Fall einer Freistellung gelten. Nun war ihr gekündigt worden und sie wurde mit sofortiger Wirkung freigestellt. Auch der Dienstwagen wurde sofort zurückgefordert.
Das Bundesarbeitsgericht hielt die Rückforderungsklausel für wirksam – auch ohne Ankündigungsfrist. Diese sei schließlich im Gesetz nirgendwo vorgesehen. Aber: Die tatsächliche Ausübung des Widerrufs der Dienstwagennutzung sei nicht korrekt gewesen. Der Arbeitgeber habe hier kein besonderes Interesse darlegen können, warum er denn den Dienstwagen sofort zurückbekommen wollte. Deshalb müsse man der Mitarbeiterin eine Weiternutzung jedenfalls bis zum Monatsende zugestehen. Insbesondere gelte dies dann, wenn sie die Nutzung des Dienstwagens noch für den kompletten angefangenen Monat als geldwerten Vorteil zu versteuern habe. Die Frau konnte damit für diesen Zeitraum vom Arbeitgeber eine Nutzungsentschädigung verlangen (BAG, Urteil vom 21. März 2012, Az. 5 AZR 651/10).
In einem vor dem Arbeitsgericht Duisburg verhandelten Fall ging es um eine Dienstwagenvereinbarung, laut welcher der Vertriebsleiter eines Autohauses seinen Dienstwagen auch privat nutzen durfte. Er sollte ihn bei Beendigung seiner Tätigkeit zurückgeben. Auch war eine Rückforderung aus sachlichen Gründen wie dem Führerscheinverlust möglich. Als der Mitarbeiter in die Funktion "Vertriebspartnerbetreuer Gebrauchtwagen" wechselte, wollte ihm der Arbeitgeber den Dienstwagen entziehen, da seine dienstliche Mobilität jetzt unter 50 % gesunken sei. Das Arbeitsgericht sah diese Weisung als unwirksam an. Die Rückgabeklausel im Dienstwagenvertrag sei nicht transparent. Außerdem sei das Widerrufsrecht der Dienstwagennutzung zu weit gestaltet und benachteilige den Arbeitnehmer unangemessen (16.11.2023, Az. 1 Ca 1190/23).
Wenn ein Arbeitnehmer den Eindruck hat, dass ihm sein Dienstwagen unberechtigterweise entzogen werden soll, gibt es zwei Möglichkeiten. Hat er das Auto noch, kann er beim Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung beantragen. Daraus sollte hervorgehen, dass ihm das Fahrzeug nicht entzogen werden darf. Wenn er das Fahrzeug schon herausgegeben hat, kann er beim Arbeitsgericht darauf klagen, es bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses weiter nutzen zu dürfen. Zusätzlich kann er unter Umständen für jeden Tag der Nichtnutzung Schadensersatz, genauer eine Entschädigung für den Nutzungsausfall, verlangen. Hier sollte durch eine Rechtsberatung geklärt werden, was sinnvoll ist.
Wenn Ihnen schon vor Ende des Arbeitsverhältnisses Ihr Dienstwagen entzogen werden soll, kann ein kompetenter Anwalt für Arbeitsrecht prüfen, ob dabei alles mit rechten Dingen zugeht, und erforderlichenfalls Ihre Rechte durchsetzen.
Das Wichtigste in Kürze
Sofortige Rückgabe: Ein Arbeitnehmer muss seinen Dienstwagen nicht sofort nach dem Ausspruch der Kündigung zurückgeben, sondern kann diesen bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses fahren.
Rückgabeklauseln: Klauseln im Arbeitsvertrag, die für den Dienstwagen getroffen sind, müssen klipp und klar regeln, wann der Arbeitgeber die Nutzung des Dienstwagens widerrufen darf. Durch den Widerruf darf der Arbeitnehmer nicht unangemessen belastet werden.
Sofortige Freistellung: Ist im Arbeitsvertrag geregelt, dass ein Dienstwagen bei einer Kündigung mit sofortiger Freistellung direkt zurückzugeben ist, ist eine solche Klausel wirksam. Der Arbeitgeber muss aber ein besonderes Interesse an der sofortigen Rückgabe haben.
Sofortige Rückgabe: Ein Arbeitnehmer muss seinen Dienstwagen nicht sofort nach dem Ausspruch der Kündigung zurückgeben, sondern kann diesen bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses fahren.
Rückgabeklauseln: Klauseln im Arbeitsvertrag, die für den Dienstwagen getroffen sind, müssen klipp und klar regeln, wann der Arbeitgeber die Nutzung des Dienstwagens widerrufen darf. Durch den Widerruf darf der Arbeitnehmer nicht unangemessen belastet werden.
Sofortige Freistellung: Ist im Arbeitsvertrag geregelt, dass ein Dienstwagen bei einer Kündigung mit sofortiger Freistellung direkt zurückzugeben ist, ist eine solche Klausel wirksam. Der Arbeitgeber muss aber ein besonderes Interesse an der sofortigen Rückgabe haben.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was gilt für eine Rückforderung sofort nach der Kündigung? Wie wirksam sind Rückgabeklauseln im Arbeitsvertrag? Welche Anforderungen werden an Rückforderungsklauseln gestellt? Was gilt bei einer Kündigung mit sofortiger Freistellung? Was sagt das Bundesarbeitsgericht zur Ankündigungsfrist? Dienstwagenentzug aus kreativen Gründen? Welche Argumente gibt es gegen den Dienstwagenentzug? Praxistipp zum Dienstwagen Was gilt für eine Rückforderung sofort nach der Kündigung?
Viele Arbeitgeber sind der Ansicht, dass sie dazu berechtigt sind, den Dienstwagen sofort nach Ausspruch der Kündigung zurückzufordern. Dies ist jedoch falsch. Die private Nutzung des Dienstwagens ist Bestandteil der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung. Der Chef kann dem Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist nicht den Lohn kürzen. Daher kann er ihm auch nicht den Dienstwagen wegnehmen. Eine Verringerung der Arbeitsvergütung muss durch beide Seiten vertraglich vereinbart werden.
Wie wirksam sind Rückgabeklauseln im Arbeitsvertrag?
Andererseits ist es heute durchaus üblich, im Arbeitsvertrag oder in der Dienstwagenvereinbarung zu regeln, dass der Dienstwagen sofort bei der Kündigung zurückzugeben ist und der Arbeitnehmer ihn während der Laufzeit der Kündigungsfrist nicht weiter benutzen darf. Solche Absprachen sind grundsätzlich erlaubt. Ob sie im Einzelfall wirksam sind, hängt sehr von den Einzelheiten ab. Solche Klauseln müssen nämlich den strengen Regeln der §§ 307 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches über Allgemeine Geschäftsbedingungen entsprechen.
Diese Vorgaben sollen den schwächeren Vertragspartner davor schützen, durch unklare, überraschende oder allzu unfaire Geschäftsbedingungen im Kleingedruckten unangemessen benachteiligt zu werden. Entsprechen die Klauseln nicht den dort gesetzten Maßstäben, sind sie schlicht unwirksam. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 19.12.2006 betont (Az. 9 AZR 294/06).
Welche Anforderungen werden an Rückforderungsklauseln gestellt?
Damit eine Rückgabeklausel für den Dienstwagen wirksam ist, muss sie transparent sein. Sie muss also für den Arbeitnehmer verständlich sein. Dazu muss klipp und klar geregelt sein, wann der Arbeitgeber die Nutzung des Dienstwagens widerrufen darf. Durch den Widerruf darf der Arbeitnehmer nicht unangemessen belastet werden. Zum Beispiel muss es ihm möglich sein, sich vor Ende der Dienstwagennutzung ein eigenes Auto anzuschaffen.
Was gilt bei einer Kündigung mit sofortiger Freistellung?
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat sich mit einer Vertragsregelung befasst, nach welcher dem Arbeitnehmer im Fall der Kündigung mit sofortiger Freistellung von der Arbeit auch gleichzeitig der Dienstwagen entzogen werden sollte. Die Richter waren zwar der Ansicht, dass dies ein zulässiger Grund für eine Entziehung des Dienstwagens sein könnte. Nur eben nicht mit sofortiger Wirkung. Habe ein Arbeitnehmer wegen des Dienstwagens auf ein eigenes Auto verzichtet, sei er besonders schutzwürdig. Einem solchen Arbeitnehmer müsse zumindest noch eine vierwöchige Ankündigungsfrist gewährt werden, innerhalb der er den Dienstwagen noch behalten und die Zeit für die Anschaffung eines eigenen Autos nutzen dürfe. Werde eine solche Ankündigungsfrist in der Vereinbarung nicht eingeräumt, sei die ganze Rückgabeklausel unwirksam (LAG Niedersachsen, 14.09.2010, Az. 13 Sa 62/10).
Was sagt das Bundesarbeitsgericht zur Ankündigungsfrist?
Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht dies etwas anders gesehen. In diesem Fall war vereinbart worden, dass eine Arbeitnehmerin ihren Dienstwagen zurückgeben musste, wenn sie ihn dienstlich nicht mehr benötigte. Dies sollte speziell im Fall einer Freistellung gelten. Nun war ihr gekündigt worden und sie wurde mit sofortiger Wirkung freigestellt. Auch der Dienstwagen wurde sofort zurückgefordert.
Das Bundesarbeitsgericht hielt die Rückforderungsklausel für wirksam – auch ohne Ankündigungsfrist. Diese sei schließlich im Gesetz nirgendwo vorgesehen. Aber: Die tatsächliche Ausübung des Widerrufs der Dienstwagennutzung sei nicht korrekt gewesen. Der Arbeitgeber habe hier kein besonderes Interesse darlegen können, warum er denn den Dienstwagen sofort zurückbekommen wollte. Deshalb müsse man der Mitarbeiterin eine Weiternutzung jedenfalls bis zum Monatsende zugestehen. Insbesondere gelte dies dann, wenn sie die Nutzung des Dienstwagens noch für den kompletten angefangenen Monat als geldwerten Vorteil zu versteuern habe. Die Frau konnte damit für diesen Zeitraum vom Arbeitgeber eine Nutzungsentschädigung verlangen (BAG, Urteil vom 21. März 2012, Az. 5 AZR 651/10).
Dienstwagenentzug aus kreativen Gründen?
In einem vor dem Arbeitsgericht Duisburg verhandelten Fall ging es um eine Dienstwagenvereinbarung, laut welcher der Vertriebsleiter eines Autohauses seinen Dienstwagen auch privat nutzen durfte. Er sollte ihn bei Beendigung seiner Tätigkeit zurückgeben. Auch war eine Rückforderung aus sachlichen Gründen wie dem Führerscheinverlust möglich. Als der Mitarbeiter in die Funktion "Vertriebspartnerbetreuer Gebrauchtwagen" wechselte, wollte ihm der Arbeitgeber den Dienstwagen entziehen, da seine dienstliche Mobilität jetzt unter 50 % gesunken sei. Das Arbeitsgericht sah diese Weisung als unwirksam an. Die Rückgabeklausel im Dienstwagenvertrag sei nicht transparent. Außerdem sei das Widerrufsrecht der Dienstwagennutzung zu weit gestaltet und benachteilige den Arbeitnehmer unangemessen (16.11.2023, Az. 1 Ca 1190/23).
Welche Argumente gibt es gegen den Dienstwagenentzug?
Wenn ein Arbeitnehmer den Eindruck hat, dass ihm sein Dienstwagen unberechtigterweise entzogen werden soll, gibt es zwei Möglichkeiten. Hat er das Auto noch, kann er beim Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung beantragen. Daraus sollte hervorgehen, dass ihm das Fahrzeug nicht entzogen werden darf. Wenn er das Fahrzeug schon herausgegeben hat, kann er beim Arbeitsgericht darauf klagen, es bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses weiter nutzen zu dürfen. Zusätzlich kann er unter Umständen für jeden Tag der Nichtnutzung Schadensersatz, genauer eine Entschädigung für den Nutzungsausfall, verlangen. Hier sollte durch eine Rechtsberatung geklärt werden, was sinnvoll ist.
Praxistipp zum Dienstwagen
Wenn Ihnen schon vor Ende des Arbeitsverhältnisses Ihr Dienstwagen entzogen werden soll, kann ein kompetenter Anwalt für Arbeitsrecht prüfen, ob dabei alles mit rechten Dingen zugeht, und erforderlichenfalls Ihre Rechte durchsetzen.
(Wk)