Diskriminierung von Mietinteressenten bei der Wohnungssuche

16.01.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Mieter,Ungleichbeihandlung,Diskriminierung,Wohnungssuche Diskriminierung bei der Wohnungssuche ist nicht erlaubt! © - freepik

So mancher Vermieter hat Vorbehalte gegen bestimmte Personengruppen als Mieter. Aber: Darf der Vermieter Mietinteressenten, die ihm nicht passen, einfach ablehnen?

Gerade bei der Vermietung von Wohnungen wird oft nicht nach neutralen Kriterien entschieden. Es kommt vor, dass Vermieter nur ungern bestimmte Personengruppen als Mieter akzeptieren - dies können Senioren sein, junge Leute, Eltern mit Kindern, bestimmte Berufsgruppen, wie Lehrer und Juristen, oder auch Ausländer. Aber: Das Antidiskriminierungsgesetz verbietet in vielen Bereichen des Wirtschaftslebens eine Ungleichbehandlung aus einer Reihe von Gründen. Auch Vermieter müssen sich daran halten. Für Mietinteressenten ist es häufig schwer, eine unrechtmäßige Ungleichbehandlung zu beweisen. Um so wichtiger ist es, die eigenen Rechte bei der Wohnungssuche zu kennen.

Was ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz?


Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wird auch Antidiskriminierungsgesetz genannt. Es trat 2006 in Kraft und gilt in ganz Deutschland. Sein Ziel ist es, "Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen." Anwendbar ist das AGG auf verschiedene Rechtsbereiche, darunter insbesondere das Arbeitsrecht und das Mietrecht.

Wann muss ein privater Vermieter das Antidiskriminierungsgesetz beachten?


Das Gesetz behandelt große und kleine Vermieter unterschiedlich. Es stellt nämlich für sogenannte "Massengeschäfte" besondere Regeln auf. "Massengeschäfte" sind Geschäfte, die in ähnlicher Form in einer Vielzahl von Fällen durchgeführt werden. Bei der Vermietung geht man bei über 50 Wohnungen von einem "Massengeschäft" aus.

In diesem Fall gilt: Verboten ist eine Benachteiligung von Mietinteressenten aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Dieses Diskriminierungsverbot gilt übrigens nicht nur beim Vertragsabschluss mit Wohnungssuchenden, sondern auch bei der Durchführung und der Beendigung des Mietverhältnisses (Mieterhöhung, Kündigung).

Bei einem kleinen Vermieter mit ein oder zwei Wohnungen liegt hingegen kein "Massengeschäft" vor. Trotzdem verbietet ihm das Gesetz, Mieter und Mietinteressenten aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft unterschiedlich zu behandeln.

Beispiele für Diskriminierung


Die schärferen Regeln für sogenannte Massengeschäfte bedeuten bei Vermietungen: Eine große Vermietungsgesellschaft darf Mietinteressenten nicht abweisen, weil sie Frauen oder Männer sind, Moslems, Juden oder Hindus, Schwerbehinderte, Senioren oder ein gleichgeschlechtliches Paar. Andererseits darf ein kleiner, privater Vermieter neue Mieter durchaus aus diesen Gründen ablehnen. Großvermieter und kleine Vermieter dürfen wiederum niemanden wegen seiner Rasse oder ethnischen Herkunft benachteiligen (§ 19 Abs. 2 AGG).

Welche Fragen dürfen Vermieter Mietinteressenten nicht stellen?


Im Gespräch mit Mietinteressenten und auch in den beliebten Fragebögen zur Selbstauskunft müssen sich Vermieter mit bestimmten Fragen zurückhalten, wenn sie nicht später in den Verdacht geraten wollen, den Betreffenden aus unzulässigen Gründen abgewiesen zu haben. Für Vermieter mit wenigen Wohnungen sind dies insbesondere Fragen zu ethnischer Herkunft, Geburtsland oder Hautfarbe. Für gewerbliche Vermieter mit mehr als 50 Wohnungen ist der Katalog der verbotenen Fragen deutlich größer.

Wichtig zu wissen: Vermieter dürfen auch eine ganze Reihe von anderen Fragen nicht stellen, die gar nichts mit Diskriminierung zu tun haben. Ein Vermieter darf zum Beispiel auch nicht fragen, ob der Mieter Mitglied im Mieterschutzverein ist, ob er eine Rechtsschutzversicherung besitzt oder ob eine Mieterin die Absicht hat, ein Kind zu bekommen. Auf solche unzulässigen Fragen hin dürfen Mietinteressenten lügen, ohne dass man ihnen deswegen später kündigen kann.

Diskriminierung: Was gilt bei einer Einliegerwohnung?


Wenn zwischen den Vertragspartnern ein besonderes räumliches Näheverhältnis besteht, lässt das Gesetz eine Ausnahme von den Antidiskriminierungs-Regeln zu. Dies gilt beispielsweise für Mieter und Vermieter, deren Wohnungen auf dem gleichen Grundstück bzw. im gleichen Haus liegen. Ein typischer Fall ist eine vermietete Einliegerwohnung. Geht es um ein solches Mietverhältnis, kann sich ein Mietinteressent bzw. Mieter nicht auf eine Diskriminierung berufen.

Ausnahme: Ausgewogene Mieterschaft


Eine weitere Ausnahme lässt das Gesetz zu, wenn Vermieter in ihrem Haus sozial stabile Bewohnerstrukturen schaffen oder erhalten oder ausgewogene Siedlungsstrukturen und ausgeglichene wirtschaftliche, soziale und kulturelle Verhältnisse gewährleisten möchten. Dann dürfen Vermieter also zum Beispiel Mietinteressenten abweisen, die zu einer allzu einheitlichen Bewohnerstruktur führen würden. Der Grund: Es wird als sinnvoll angesehen, wenn ein Mehrfamilienhaus einen gesunden Mix verschiedener Mieter aufweist, also zum Beispiel verschiedener Altersgruppen oder Herkünfte. Wenn der Vermieter also nur eine gewisse Ausgewogenheit herstellen will, dann darf er dies auch. Hier ist ausnahmsweise eine Ungleichbehandlung erlaubt.

Welche Rechte haben Mietinteressenten bei einer Diskriminierung?


Die benachteiligte Person hat einen Anspruch auf Unterlassung bzw. auf das Beenden der Benachteiligung. Geht es um den Mietvertragsabschluss, hilft dies jedoch meist nicht weiter. In solchen Fällen haben Mietinteressenten Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld (§ 21 AGG).

Beispiel: "Keine Neger"
Wegen der Äußerung einer mit Wohnungsbesichtigungen betrauten Hausmeisterin, nach der eine Wohnung nicht an "Neger ... äh Schwarzafrikaner und Türken" vermietet werde, musste ein Vermieter einem Mietinteressentenpaar pro Kopf 2.500 Euro Schmerzensgeld zahlen. Zusätzlich musste er als Schadensersatz einen Fahrtkostenersatz leisten (OLG Köln, Urteil vom 19.1.2010, Az. 24 U 51/09).

Beispiel: Ungerechte Mieterhöhung und keine Räumungsfrist
Ein anderer Vermieter hatte nur Mietern aus der Türkei oder dem arabischen Raum die Miete erhöht, anderen aber nicht. Daraufhin wollte ein türkisches Paar ausziehen, bat aber – wegen noch andauernder Renovierungsarbeiten in der neuen Wohnung – um eine Räumungsfrist. Dies verweigerte der Vermieter. Mieter anderer Herkunft hatten von ihm jedoch eine Frist eingeräumt bekommen. Das Gericht sprach den beiden Mietern eine Entschädigung von je 15.000 Euro zu. Erschwerend wirkte sich hier aus, dass der Vermieter auch nach schriftlichem Hinweis auf das Antidiskriminierungsgesetz sein Verhalten nicht geändert hatte (Amtsgericht Berlin-Kreuzberg, Urteil vom 19.12.2014, Az. 25 C 357/14).

Praxistipp zur Diskriminierung von Mietern


Im Falle einer vermuteten Diskriminierung von Mietern oder Mietinteressenten sollten Beweise dafür gesichert werden, dass Personen von zum Beispiel anderer Herkunft ganz anders behandelt werden. Dies ist zum Beispiel durch Zeugenaussagen möglich. Ein Fachanwalt für Mietrecht berät Sie gerne zu Ihrem individuellen Fall.

(Ma)


 Ulf Matzen
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