Häufige Irrtümer über Scheidung und Unterhalt

22.08.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Eheringe,Geldscheine Über Scheidung und Unterhalt kursieren viele falsche Aussagen. © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. lebenslanger Unterhalt: Weitverbreitet ist der Irrtum, nach der Scheidung gäbe es immer lebenslangen Unterhalt. Das ist falsch. Ehegattenunterhalt ist zeitlich begrenzt und richtet sich nach Bedürftigkeit und Eigenverantwortung.

2. keine Vermögensteilung: Ein häufiger Irrtum ist auch, dass das Vermögen bei der Scheidung automatisch geteilt wird. Das stimmt so nicht. In der Regel gibt es den sog. Zugewinnausgleich, der nur den während der Ehe erworbenen Vermögenszuwachs betrifft.

3. kein Unterhalt für volljährige Kinder: Auch die Vorstellung, dass der Kindesunterhalt entfällt, wenn die Kinder volljährig sind, ist ein Irrtum. Auch volljährige Kinder haben Anspruch, solange sie in Ausbildung oder Studium sind und nicht selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können.
Dem Statistischen Bundesamt zufolge geht die Zahl der Ehescheidungen seit Jahren zurück. 2024 wurden in Deutschland 129.300 Ehen geschieden. 2021 waren es noch 143.800. Dies war ein Rückgang um 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 2017 hatte es noch 253.500 Ehescheidungen gegeben, damals stellte dies einen Rückgang gegenüber dem Vorjahr um 5,5 Prozent oder 9.000 Scheidungen dar. Die Ehepaare waren im Durchschnitt 15 Jahre lang verheiratet gewesen. Etwa die Hälfte hatte minderjährige Kinder. In 51,5 Prozent der Fälle stellte die Ehefrau den Scheidungsantrag. Nach einer Scheidung kommt es oft zu langwierigen Gerichtsverfahren. Kein Wunder, denn über Scheidung und Unterhalt kursieren so manche Rechtsirrtümer. Einige dieser Irrtümer möchten wir hier aufklären.

Irrtum 1: Eine kurze Ehe kann man einfach annullieren!


Das Gesetz lässt das Annullieren (also Aufheben) einer Ehe nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen zu. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn einer der Ehepartner nicht ehemündig war oder nur durch eine Täuschung oder Drohung zum Heiraten gezwungen wurde. Normalerweise lässt sich also auch eine ganz kurze Ehe – selbst wenn sie nur einen Tag gedauert hat – nicht einfach annullieren. Stattdessen muss sie von einem Gericht geschieden werden. Die Formalien und Voraussetzungen einer Ehescheidung sind nicht von der Dauer der Ehe abhängig. Die beiden wichtigsten Voraussetzungen für eine Scheidung sind ein Scheidungsantrag eines der Ehepartner und das abgelaufene Trennungsjahr.

Irrtum 2: Wenn ich nicht zustimme, kannst Du Dich nicht von mir scheiden lassen!


Diese Aussage ist ebenfalls falsch. Zu den Scheidungsvoraussetzungen gehört die Zerrüttung der Ehe. Von dieser geht man aus, wenn beide die Scheidung beantragen oder ein Partner der vom anderen beantragten Scheidung zustimmt. Außerdem muss zwingend das Trennungsjahr verstrichen sein. Das Familiengericht verlässt sich meist auf das von beiden Ehepartnern genannte Datum der Trennung.

Will sich ein Ehepartner nun aber nicht scheiden lassen und verweigert seine Mitwirkung, muss derjenige, der die Scheidung beantragt, die Dauer der Trennung nachweisen. Dann reicht jedoch ein Jahr nicht mehr aus. Sind beide drei Jahre lang getrennt, spielt die Weigerung des Ehepartners oder der Ehepartnerin keine Rolle mehr. Das Familiengericht geht dann per Gesetz davon aus, dass die Ehe zerrüttet ist.

Eine Ehe kann übrigens ausnahmsweise auch nach einer Trennungszeit von weniger als einem Jahr geschieden werden. Die Voraussetzung dafür ist, dass ihr Fortbestehen für den Scheidungswilligen einen Härtefall darstellen würde. Dies kommt zum Beispiel bei Misshandlungen vor.

Irrtum 3: Die Scheidung wird billiger, wenn mein Partner sie beantragt – denn der verdient weniger als ich!


Auch falsch. Die Kosten einer Ehescheidung kann man auf diese Art nicht verringern. Diese hängen vom Einkommen und Vermögen beider Eheleute ab. Dabei werden auch Steuerrückzahlungen, Zinseinkünfte und Dividenden berücksichtigt. Bei einer Scheidung fallen Gerichts- und Anwaltskosten an. Beide sind gesetzlich in Gebührentabellen geregelt. Und natürlich wird ein Scheidungsverfahren auch teurer, je aufwändiger es ist.

Normalerweise werden die Gerichtskosten zwischen beiden Eheleuten hälftig aufgeteilt. Mindestens einer der Ehepartner muss sich von einem Anwalt vertreten lassen. Dieser Anwalt schickt seine Rechnung an den, der ihn beauftragt hat. Natürlich können die Eheleute untereinander auch hier eine Kostenaufteilung vereinbaren. Wenn jeder einen Anwalt beauftragt, zahlt jeder seinen eigenen Anwalt.

Irrtum 4: Ich lass mich online scheiden. Das geht heute auch per Smartphone!


Für Online-Scheidungen wird oft Werbung gemacht. Dazu sollten Sie wissen: Dieser Begriff ist irreführend. Es gibt nämlich gar keine reine Online-Scheidung. In Deutschland kann eine Ehe nach wie vor nur durch ein Gericht geschieden werden. Und dieses verhandelt eine Scheidung nicht online. Daher kommt niemand darum herum, zum Scheidungstermin persönlich vor Gericht zu erscheinen.

Die "Online-Scheidung" betrifft damit nur die Kontakte zum Anwalt. Auch darum kommt niemand herum, denn im Scheidungsverfahren herrscht Anwaltszwang. Daher muss zumindest ein Ehepartner durch einen Anwalt vertreten sein. Bei den sogenannten Online-Scheidungen werden persönliche Treffen mit dem Anwalt auf das Minimum reduziert und der Anwalt wickelt einen Teil seiner Arbeitsschritte online und telefonisch ab. So lässt sich zum Beispiel der Auftrag an den Rechtsanwalt online erteilen. Wichtige Dokumente können Sie Ihrem Anwalt per E-Mail oder per Post zusenden. Dadurch lässt sich einiges an Zeit und Terminen sparen.

Allerdings ist hier Vorsicht geboten: Dieses Verfahren eignet sich nur für eine einverständliche Ehescheidung ohne Beratungsbedarf. Dafür sollten sich beide Partner über alles Wesentliche einig sein. Es sollte also keine Streitigkeiten um Kinder, Haus oder Geld geben. Beauftragt man nur einen Anwalt, berät und vertritt dieser immer nur die Person, die ihn beauftragt hat. Ist also Streit zu erwarten, ist die Online-Scheidung der falsche Weg.

Übrigens wird die Online-Scheidung nicht sehr viel billiger als eine herkömmliche. Schließlich sind die Rechtsanwaltsgebühren gesetzlich geregelt.

Irrtum 5: Ich bekomme 50 Prozent von allem, was mein Partner gespart hat!


Nein, eher nicht. Haben Sie mit Ihrem Ehepartner nichts anderes vereinbart, leben Sie im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Das heißt: Bei einer Scheidung findet ein Zugewinnausgleich statt. Dabei erhält tatsächlich der finanziell schlechter gestellte Ehepartner die Hälfte von dem, was der andere Partner während der Zeit der Ehe zusätzlich an Vermögen angesammelt hat.

Aber: Das Vermögen des anderen von vor der Ehe wird nicht angetastet. Außen vor bleiben auch Schenkungen und Erbschaften, die Ihr Ehepartner persönlich während der Ehe erhalten hat. Bei diesen wird höchstens der Wertzuwachs – zum Beispiel die Wertsteigerung einer Immobilie – berücksichtigt.

Irrtum 6: Getrennt leben ist billiger als eine Scheidung!


Das mag stimmen, wenn Sie sicher sind, dass keiner von Ihnen beiden jemals wieder heiraten will. Aber: Wer kann das schon vorher wissen? Wenn es Jahre später dann doch noch zu einer Scheidung kommt, kann diese durchaus viel Geld kosten. Die Höhe der Scheidungskosten ist von Ihrem Einkommen zum Zeitpunkt der Scheidung abhängig.

Eine Falle stellt hier auch der Zugewinnausgleich dar. Denn: Bei seiner Berechnung wird auch der Vermögenszuwachs während der Zeit der Trennung berückstichtigt. Daher kann eine Scheidung nach jahrelanger Verzögerung durchaus auch mehr Geld kosten. Dies hängt von der Entwicklung Ihrer finanziellen Situation ab.

Übrigens ist der Ehepartner auch während einer Trennung weiterhin erbberechtigt. Wird er oder sie per Testament enterbt, besteht trotzdem Anspruch auf einen Pflichtteil in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Diesen kann der Expartner von den Erben einfordern – womöglich von Personen, die Ihnen inzwischen mehr am Herzen liegen.

Irrtum 7: Das Eheversprechen bleibt auch nach der Scheidung bestehen


Nein. Das Eheversprechen, sich in „guten und in schlechten Tagen“ beizustehen, gilt nur während der Ehezeit. Nach der Scheidung besteht keine fortwährende Versorgungsverpflichtung aufgrund dieses Versprechens. Unterhaltsansprüche nach der Scheidung richten sich ausschließlich nach den gesetzlichen Regelungen, insbesondere nach §§ 1569 ff. BGB, und nicht nach moralischen Vorstellungen.

Irrtum 8: Auf Trennungsunterhalt kann verzichtet werden


Nein. Ein Verzicht auf Trennungsunterhalt, also den Unterhalt zwischen Trennung und Rechtskraft der Scheidung, ist rechtlich nicht möglich. Selbst ein notariell beurkundeter Vertrag kann dies nicht wirksam regeln. Ein Verzicht ist nur für den nachehelichen Unterhalt nach der Scheidung möglich.

Irrtum 9: Unterhalt nach der Scheidung ist immer nur von kurzer Dauer


Nicht unbedingt. Obwohl das Unterhaltsrecht die Eigenverantwortung der Ehegatten betont, können Gerichte mehrjährige Unterhaltsverpflichtungen anordnen, insbesondere bei langen Ehen, Kinderbetreuung oder anderen besonderen Umständen. Die Annahme, dass Unterhalt nur für kurze Zeiträume geschuldet wird, ist daher oft falsch.

Irrtum 10: Der Unterhalt muss vor der Scheidung geregelt sein


Nein. Ein Unterhaltsanspruch besteht unabhängig vom Scheidungsausspruch. Es ist möglich, die Scheidung durchzuführen, ohne den Unterhalt vorher zu klären. Allerdings ist es oft sinnvoll, den Unterhalt im Scheidungsverbund zu regeln, um spätere Streitigkeiten und Folgeprozesse zu vermeiden.

Irrtum 11: Das Scheitern der Ehe kann einem Ehepartner allein angelastet werden


Nur in Ausnahmefällen. Nach dem Zerrüttungsprinzip spielen die Scheidungsgründe in der Regel keine Rolle für die Unterhaltszahlungen. Einseitige Schuldzuweisungen, wie der Vorwurf, der Partner sei aus einer „intakten“ Ehe ausgebrochen, sind unterhaltsrechtlich irrelevant, es sei denn, es liegt ein Fehlverhalten von erheblichem Gewicht vor (§ 1579 Nr. 7 BGB).

Irrtum 12: Ein Ehevertrag wird nach der Scheidung automatisch unwirksam


Nein. Nach der Scheidung entfaltet der Ehevertrag vor allem praktische Bedeutung bei der Durchsetzung von Ansprüchen. Beispielsweise können Regelungen zum nachehelichen Unterhalt oder zur Vermögensaufteilung direkt umgesetzt werden, sofern sie wirksam sind. Dabei kann sich herausstellen, dass bestimmte Vereinbarungen sittenwidrig sind oder eine einseitige Benachteiligung eines Ehegatten darstellen.

Praxistipp zur Ehescheidung


Eine Scheidung kann viele rechtliche Fragen aufwerfen. Handelt es sich nicht um eine vollkommen einverständliche Ehescheidung, sollten sich beide Ehepartner jeweils einen Anwalt nehmen. Ein Fachanwalt für Familienrecht ist hier die beste Wahl.

(Wk)


 Günter Warkowski
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