Trennung und Ehescheidung: Wer bekommt die Wohnung?

09.08.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Scheidung,Trennung,Ehewohnung,Wohnungszuweisung,Getrenntleben Wer in der Wohnung bleiben darf, wird oft von einem Gericht entschieden. © Rh - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Trennungszeit: Können sich die Noch-Ehepartner während der Trennungszeit nicht über die Wohnungsnutzung einigen, kommt die alleinige Nutzung für einen der beiden nur bei Vorliegen eines Härtefalls bzw. Gewalt in Betracht.

2. Scheidung: Bei einer Ehescheidung gibt § 1568a BGB einen Anspruch auf Überlassung der Wohnung an einen der bisherigen Eheleute. Derjenige, der die Wohnung deutlich dringender benötigt oder der einfach darauf angewiesen ist, kann den Anspruch geltend machen.

3. Mietvertrag: Wird eine Mietwohnung nach der Scheidung per Gerichtsentscheidung an einen der Ex-Partner überlassen, wird dieser per Gesetz alleiniger Mieter und Vertragspartner des Vermieters. Dem Vermieter steht bei Vorliegen wichtiger Gründe aber ein Sonderkündigungsrecht zu.
Unter einer Ehewohnung versteht man rechtlich die Wohnräume, in denen die Ehepartner während der Dauer ihrer Ehe gemeinsam leben und ihren gemeinsamen Wohnsitz haben. Dies muss nicht unbedingt eine Wohnung im wörtlichen Sinn sein. Als Ehewohnung können auch ein Einfamilienhaus oder ein Wohnwagen gelten. Voraussetzung ist jedoch, dass die Räume nicht ausschließlich für gewerbliche oder berufliche Zwecke genutzt werden. Zusätzlich ist wichtig, dass die Ehewohnung regelmäßig genutzt wird.

Wer darf die Ehewohnung nutzen?


Wenn eine Wohnung nach diesen Kriterien als Ehewohnung gilt, dürfen sie beide Ehepartner gleichermaßen nutzen. Daher kann also nicht einer der beiden einfach den anderen aus der Wohnung aussperren. Dies funktioniert nicht einmal dann, wenn er selbst Wohnungseigentümer ist und der andere nicht. Geht die Beziehung auseinander, muss man zwischen der Phase der Trennung (vor der Scheidung) und der nach der eigentlichen Scheidung unterscheiden. Für beide Zeiträume gelten unterschiedliche Regeln.

Was passiert nach einer Trennung mit dem Mietvertrag?


Ein Mietvertrag bindet (nur) die Personen, die darin als Mieter und Vermieter erwähnt werden und die ihn unterschrieben haben. Wenn ein Ehepaar (dies gilt auch für eingetragene Lebenspartner) eine Wohnung gemeinsam gemietet hat, kann daher nicht einer der Partner den Vertrag allein kündigen. Der Auszug aus der Wohnung befreit ihn oder sie nicht von der Pflicht, auf Anforderung des Vermieters die komplette Miete zu bezahlen – schließlich sind beide Ehepartner als Mieter sogenannte Gesamtschuldner. Daher kann sich der Vermieter aussuchen, von wem er sein Geld fordert. Wenn der aus der Wohnung ausgezogene Partner weiterhin die Miete zahlen muss, darf er oder sie jedoch vom anderen Partner eine Nutzungsentschädigung für die Wohnung verlangen.

Was ist die beste Lösung für die gemeinsame Wohnung nach einer Trennung?


Nach einer Scheidung oder Trennung besteht die sauberste (und billigste) Lösung für die bisherige gemeinsame Wohnung darin, sich gütlich zu einigen, wer die Mietwohnung übernehmen und wer ausziehen soll. Wenn dies gelingt, können die Ex-Partner mit dem Vermieter eine Vereinbarung treffen, nach der dieser das Mietverhältnis mit einem der Partner beendet und mit dem anderen fortsetzt. So etwas sollte unbedingt schriftlich festgehalten werden. Wenn sich keiner der beiden Ex-Partner die Wohnung allein leisten kann, bleibt nur die gemeinsame Kündigung.
Eine Vertragsänderung ist eine reine Kulanz des Vermieters. Dieser ist zumindest bis zu einer gerichtlichen Entscheidung nicht gezwungen, sich darauf einzulassen.

Was passiert mit der Wohnung bei einer Trennung mit Härtefall?


Kommt es zu einer Trennung, kann ein Ehepartner unter gewissen Voraussetzungen verlangen, dass ihm die Wohnung gerichtlich zur alleinigen Nutzung zugewiesen wird. Diese Möglichkeit ergibt sich aus § 1361b des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Voraussetzung ist, dass eine Zuweisung der Wohnung auch bei Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine sogenannte unbillige Härte zu vermeiden. Ein solcher nicht mehr zumutbarer Härtefall liegt beispielsweise vor, wenn das Wohl im Haushalt lebender Kinder durch Dauerstreit und fliegendes Geschirr gefährdet ist. Hier werden allerdings immer auch die Belange des anderen Ehegatten gewürdigt. Das Gericht berücksichtigt auch, ob der andere Partner Alleineigentümer der Wohnung ist. Letzteres ändert wenig, wenn wirklich ein Härtefall vorliegt. Wichtig: Durch eine Wohnungszuweisung werden keine endgültigen Regelungen getroffen oder Eigentumsverhältnisse geändert.

Welche Regeln gelten bei Trennung und Gewalt unter Ehepartnern?


Härtere Regeln werden angewendet, wenn ein Ehepartner gegenüber dem anderen gewalttätig geworden ist bzw. ihn, wie es im Gesetz heißt, "vorsätzlich an Körper, Gesundheit oder Freiheit verletzt" oder ihm mit einer solchen Verletzung gedroht hat. Dann hat er dem Verletzten regelmäßig die gesamte Wohnung zur alleinigen Nutzung zu überlassen. Dies ist nur dann ausgeschlossen, wenn weitere Verletzungen oder Drohungen nicht mehr zu befürchten sind. War die Tat so erheblich, dass dem anderen Partner kein Zusammenleben mit dem gewalttätigen Ex-Partner mehr zuzumuten ist, wird das Gericht dem Verletzten trotzdem die Wohnung zur alleinigen Nutzung zuweisen.

Wie lange dauert eine Wohnungszuweisung?


Eine gerichtliche Zuweisung der Wohnung während der Phase der Trennung ist immer nur befristet. Währenddessen läuft der Mietvertrag unverändert weiter. Dies gilt auch, wenn ihn nur derjenige Partner unterschrieben hat, der nun vom Gericht zum Auszug verurteilt wurde. Trotzdem muss derjenige die Miete bezahlen, der den Vertrag unterschrieben hat. Unter Umständen muss also der eigentliche Mieter der Wohnung diese verlassen, obwohl er weiter die Miete zahlen muss.

Haben beide Partner den Mietvertrag unterschrieben, sind sie Gesamtschuldner. Daher kann sich der Vermieter die Miete von dem holen, der zahlungskräftiger ist. Allerdings können die Ehepartner untereinander Ausgleichsansprüche geltend machen. Der ausgezogene Partner, der trotzdem die Miete zahlt, kann also Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung gegen den noch in der Wohnung wohnenden Partner haben.

Was ändert sich für die Wohnung durch die Scheidung?


Im Fall einer Ehescheidung gibt § 1568a BGB einen Anspruch auf Überlassung der Wohnung an einen der bisherigen Eheleute. Geltend machen kann diesen Anspruch derjenige, der die Wohnung deutlich dringender benötigt oder der einfach darauf angewiesen ist. Leben die Kinder bei dem Partner, der in der Wohnung bleiben möchte, ist dies ein starkes Argument.

Bei einer Eigentumswohnung findet eine Überlassung an den Nicht-Eigentümer nur zur Vermeidung eines Härtefalls statt. Hier sind ebenfalls interne Ausgleichsansprüche zwischen den Ex-Partnern möglich. Soll nach der Scheidung eine Eigentumswohnung an denjenigen überlassen werden, dem sie nicht gehört, sieht das Gesetz vor, dass ein Mietvertrag zu den ortsüblichen Bedingungen abgeschlossen wird. Dies können beide verlangen, aber nur innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft der Scheidung.

Der Anspruch auf Wohnungsüberlassung erlischt also ein Jahr nach der rechtskräftigen Scheidung, wenn er bis dahin nicht geltend gemacht wurde. Der Gesetzestext des § 1568a Abs. 6 BGB bezieht sich dabei nur auf das Mietverhältnis. Laut Bundesgerichtshof gilt diese Regelung aber genauso für Eigentumswohnungen. Bewohnt also die Ehefrau allein die Wohnung und ist der Ehemann, dem die Wohnung allein gehört, ausgezogen, kann die Frau innerhalb der Jahresfrist gerichtlich eine Wohnungsüberlassung geltend machen. Der Ehemann bleibt Eigentümer der Wohnung und es muss ein Mietvertrag abgeschlossen werden (§ 1568a Abs. 5 BGB). Im verhandelten Fall musste die Exfrau ausziehen, da sie den Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht hatte (BGH, Beschluss vom 10.03.2021, Az. XII ZB 243/20).

Was ändert sich für den Mietvertrag nach der Scheidung?


Wird eine gemietete Ehewohnung nach der Scheidung gerichtlich an einen der Ex-Partner überlassen, wird dieser per Gesetz alleiniger Mieter und Vertragspartner des Vermieters. Dies gilt sogar, wenn er zuvor den Mietvertrag nicht mit unterschrieben hatte. Waren bisher beide laut Vertrag Mieter, erlischt nun das Mietverhältnis mit dem, der auszieht (§ 1568a Abs. 3 BGB). Dieser "Vertragswechsel" tritt in dem Moment ein, in dem entweder die Eheleute dem Vermieter die Überlassung an einen von ihnen mitteilen oder in dem das Gericht eine endgültige Wohnungszuweisung ausspricht. Der Vermieter muss einen solchen Vertragswechsel nicht immer akzeptieren. Hat er wichtige sachliche Einwände gegen den verbleibenden Ehepartner als Mieter, steht ihm ein Sonderkündigungsrecht zu.

Der Anspruch auf Eintritt in das Mietverhältnis erlischt ein Jahr nach Rechtskraft der Scheidung, wenn er bis dahin nicht klageweise geltend gemacht wurde.

Urteil: Beide als Mieter – einer zieht aus


Vor dem Amtsgericht Tübingen ging es um einen Fall, in dem beide Eheleute eine Wohnung gemeinsam gemietet hatten. Die Ehefrau zog aus. Ihr Mann bekam ALG II. Der Mann weigerte sich, den Mietvertrag gemeinsam mit seiner Frau zu kündigen. Die Ehe war noch nicht geschieden. Die Vermieterin verlangte die Miete von der Frau. Das Gericht verurteilte den Ehemann zur Mitwirkung an der Kündigung. Diese müssten beide Mieter gemeinsam durchführen. Man könne der Klägerin, die selbst kaum genug Geld für die Miete ihrer neuen Wohnung habe, nicht zumuten, auch noch die Miete der ehemaligen Ehewohnung zu bezahlen (Urteil vom 7. Oktober 2005, Az. 11 C 435/05).

Praxistipp zur Ehewohnung nach Trennung oder Scheidung


Auch in Sachen gemeinsame Wohnung gilt nach einer Trennung oder Scheidung: Eine einvernehmliche Lösung ist die günstigste Variante. Ein Fachanwalt für Familienrecht kann helfen, eine gütliche Einigung auszuhandeln. Er kann Sie jedoch im Streitfall auch vor Gericht vertreten.

(Ma)


 Ulf Matzen
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