Einsatz von Pfefferspray: Was ist erlaubt und was nicht?

02.12.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
Pfefferspray,Notwehr,Tierabwehr,Selbstverteidigung Nur zur Tierabwehr? Pfefferspray wird oft gegen Menschen eingesetzt. © Rh - Anwalt-Suchservice

In vielen Geschäften gibt es Pfefferspray zu kaufen – auch in Baumärkten und Drogerien. Natürlich "nur" zur Tierabwehr. Allerdings wird es auch oft gegen Menschen eingesetzt. Was ist zulässig?

Sicherheitsprodukte und waffenscheinfreie Waffen sind bei Käufern beliebt. Auch Pfefferspray wird viel verkauft und wird mittlerweile nicht mehr nur in Waffengeschäften angeboten. Auch die Polizei verwendet es. Die kleinen Spraydosen können einfach in die Tasche gesteckt oder in einer Damen-Handtasche aufbewahrt werden. Die Anwendung hat jedoch Vor- und Nachteile.

Was ist eigentlich Pfefferspray?


Man sollte Pfefferspray von anderen Abwehrmitteln wie Tränengas- oder CS-Gas-Spray unterscheiden. Die beiden letzteren sind Sprays zur Abwehr von Personen, die aus synthetischen Reizstoffen hergestellt sind. CS-Gas-Sprays nutzte früher auch die Polizei. Allerdings können diese ernsthafte Schäden an der Gesundheit anrichten und ihre Wirkung ist relativ unberechenbar. Daher wird bei der Polizei mittlerweile Pfefferspray eingesetzt, das als harmloser gilt. Pfefferspray ist eigentlich als Tierabwehrmittel entwickelt worden - zum Beispiel gegen Bären oder Wildschweine. Sein entscheidender Wirkstoff ist Capsaicin, das aus einem Öl der Tabasco-Pflanze gewonnen wird.

Wie wirkt Pfefferspray?


Durch Pfefferspray in den Augen wird zunächst ein heftiger brennender Schmerz verursacht. Die Schleimhäute werden gereizt und die Augenlider schwellen zu. Die Augen bleiben dann fünf bis zehn Minuten lang zugeschwollen. Die vom Spray getroffene Haut brennt und juckt bis zu 40 Minuten lang stark. Häufig klingt die Wirkung erst nach etwa 48 Stunden ab. Atmet man das Pfefferspray ein, ist mit Hustenanfällen und Atemnot zu rechnen.
Nicht alle Sprays versprühen ihren Inhalt auf die gleiche Weise: Einige verschießen einen konzentrierten Strahl mit größerer Reichweite, andere verbreiten einen Sprühnebel.

Welche Gesundheitsrisiken gibt es beim Einsatz von Pfefferspray?


Die Auswirkungen auf Augen und Haut klingen von selbst wieder ab. Probleme gibt es jedoch häufiger bei längerer Einwirkung. Kontaktlinsenträger können Augenschäden erleiden. Daher sollte man Pfefferspray möglichst bald abwaschen, am besten mit kaltem Wasser für 10 bis 15 Minuten. Dabei schließt das kalte Wasser die Poren und unterbindet ein weiteres Eindringen.

Beim Einatmen sind ernsthaftere Auswirkungen zu befürchten. Hier ist insbesondere für Asthmatiker erhöhte Vorsicht geboten. Bei ihnen kann es zu einer Verkrampfung des Bronchialsystems kommen sowie zu einem Stimmritzenkrampf. Dann besteht akute Erstickungsgefahr.

Personen mit Bluthochdruck können durch Pfefferspray erhebliche Kreislaufbeschwerden erleiden. Erhöhte Risiken gibt es auch für Drogenkonsumenten. Bei Kokainkonsumenten soll es bereits zu Todesfällen gekommen sein.

Welche Risiken gibt es für den Anwender?


Auch für die Anwender selbst kann Pfefferspray mit Gefahren verbunden sein. Es besteht immer das Risiko, dass ein Angreifer jemandem das Spray aus der Hand reißt und es gegen diesen selbst einsetzt. Auch kann es vorkommen, dass Wind dem Anwender den Sprühnebel in die eigenen Augen treibt. Man sollte auch nicht vergessen, dass man in geschlossenen Räumen zwangsläufig selbst etwas abbekommt. Dies gilt auch für den Einsatz zum Beispiel in öffentlichen Verkehrsmitteln. So macht man sich schnell selbst kampfunfähig und riskiert es, Unbeteiligte zu verletzen.

Braucht man für Pfefferspray einen Waffenschein?


Pfefferspray kann man in Deutschland waffenscheinfrei kaufen – jedenfalls, wenn es ausdrücklich als Tierabwehrspray angeboten wird. Dann muss es nicht einmal ein Prüfzeichen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) aufweisen und ist frei verkäuflich.

Zum Einsatz gegen Menschen bestimmte Sprays müssen ein PTB-Prüfzeichen aufweisen. Für sie gibt es Einschränkungen etwa beim Alter des Anwenders. Ohne die eindeutige Kennzeichnung als Tierabwehrspray oder ein PTB-Prüfzeichen ist Pfefferspray eine verbotene Waffe.

Darf ich ein Pfefferspray bei mir tragen?


Jeder darf ohne Altersgrenze ein Pfefferspray zur Tierabwehr mit sich herumtragen („führen“). Allerdings gibt es Ausnahmen: Strikt verboten ist es auf Versammlungen, Demonstrationen und bei ähnlichen Veranstaltungen. Dies gilt für jeden Gegenstand, der als Waffe eingesetzt werden kann. Auch auf dem Weg dorthin darf man es nicht bei sich haben. Es droht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe nach § 27 Abs. 1 Versammlungsgesetz.

Tränengassprays - also Reizstoffsprühgeräte, die ausdrücklich zum Einsatz gegen Menschen bestimmt sind und mit einem PTB-Zeichen versehen sind, dürfen Jugendliche ab 14 Jahren mit sich führen. Dies ist in § 3 Abs. 2 des Waffengesetzes geregelt.

Wann darf man ein Tierabwehr-Spray gegen Menschen einsetzen?


Grundsätzlich stellt die Verwendung von Pfefferspray gegen Menschen immer eine gefährliche Körperverletzung im Sinne von § 224 des Strafgesetzbuches dar. Hier handelt es sich nicht mehr um eine einfache Körperverletzung, weil eine Waffe bzw. ein gefährliches Werkzeug eingesetzt wird. Es geht damit um eine Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten. In minder schweren Fällen sind es drei Monate. Die Höchststrafe liegt bei fünf Jahren. Nicht strafbar ist jedoch die Anwendung gegen Menschen im Rahmen von Notwehr oder Nothilfe.

Was sind Notwehr und Nothilfe?


Bei einer Notwehr oder Nothilfe macht man sich nicht strafbar, wenn man Gewalt gegen eine Person anwendet. Allerdings kommt es dabei auf das richtige Maß an.
Notwehr bedeutet, dass man sich gegen einen rechtswidrigen, unmittelbaren, körperlichen Angriff verteidigt. Mit "Angriff" ist keine Beleidigung oder Ähnliches gemeint. Bei der Verteidigung ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten: Die Maßnahme, die man zur Abwehr des Angriffs einsetzt, muss erforderlich sein. Sie muss also das mildeste Mittel sein, das einem in diesem Moment zur Verfügung steht, um diesen Angriff sicher zu beenden.
Von Nothilfe spricht man, wenn man jemand anderem hilft, der gerade in einer Notwehrsituation ist. Beispiel: Ein Passant wird von anderen Personen ausgeraubt oder zusammengeschlagen.

Welche Rechtsprobleme gibt es bei der Anwendung?


Leider ist es mit der Notwehr nicht so einfach, wie man denkt. In vielen Fällen ist es zweifelhaft, ob tatsächlich Notwehr vorliegt. Oft steht dann vor Gericht Aussage gegen Aussage. Wenn man das Spray zu lange einsetzt, zum Beispiel, wenn der Angreifer den Angriff schon längst aufgegeben hat, handelt es sich womöglich um einen sogenannten Notwehrexzess. In diesem Fall sind die Grenzen der zulässigen Notwehr überschritten. Aber: Wenn der Spray-Anwender den Pfeffersprayeinsatz aus Furcht, Schrecken oder Verwirrung übertrieben hat, wird er trotzdem nicht bestraft. Dies muss er jedoch dem Gericht auch glaubhaft machen können.

Was gilt für den Einsatz gegen Tiere?


Auch beim Einsatz gegen Tiere hat Pfefferspray seine Tücken. Es darf rechtlich betrachtet auch beispielsweise gegen Hunde nur in einer echten aktuellen Notsituation genutzt werden. Keine Notsituation liegt vor, wenn ein Hund einen Jogger von der anderen Seite des Gartenzauns aus anbellt. Auch ein Hund, der auf einen Spaziergänger zuläuft, darf in aller Regel noch nicht mit Pfefferspray abgewehrt werden, denn hier herrscht noch keine Notsituation.

Auf Hunde kann Pfefferspray den Effekt haben, dass sie zusätzlich gereizt und zum Angriff herausgefordert werden. Wenn das Tier durch einen nicht unbedingt notwendigen Pfeffersprayeinsatz verletzt wird, etwa an den Augen, kann man sich wegen Sachbeschädigung und Verstoß gegen das Tierschutzgesetz strafbar machen. Auch Schadensersatzansprüche können die Folge sein.

Was darf die Polizei?


Die Polizei darf Pfefferspray einsetzen. Der Sinn besteht darin, im Ernstfall besser die Verhältnismäßigkeit wahren zu können. So steht den Beamten mit dem Pfefferspray ein milderes Zwangsmittel zur Verfügung als der Schlagstock oder gar ihre Schusswaffe.

Praxistipp


Jeder darf Pfefferspray „zur Tierabwehr“ kaufen und mitführen. Allerdings darf es nur in akuten Notsituationen angewendet werden. Schnell macht man sich sonst strafbar. Auch ist die Anwendung nicht unproblematisch. Kommt es gegen Sie zu einer Strafanzeige wegen des Einsatzes von Pfefferspray, sollten Sie frühzeitig einen guten Strafverteidiger hinzuziehen, am besten einen Fachanwalt für Strafrecht.

(Bu)


 Stephan Buch
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