Erben und Vererben: Nicht jeder Trick ist zulässig
02.11.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Ein Todesfall betrifft die ganze Familie. Oft führt er dazu, dass sich Personen, die sich untereinander nicht "grün" sind, nun um Geldfragen auseinandersetzen müssen. Dabei kommt es häufig zu Streitigkeiten vor Gericht. Nicht immer landet dann am Ende das geerbte Geld bei der Person, welcher es der oder die Verstorbene eigentlich vererben wollte. Hier können gut durchdachte Regelungen im Testament helfen. Allerdings ist nicht alles, was sich Erblasser einfallen lassen, auch erlaubt und rechtswirksam. Immer wieder erzielen juristische Laien mit ihren Maßnahmen völlig unvorhergesehene Ergebnisse. Hinzu kommt: Auch Erben greifen nicht selten zu unlauteren Mitteln, um sich "ihren" Anteil am Nachlass zu sichern.
So mancher Erbe kommt auf die Idee, nach einem Todesfall eilig die Wertsachen des Erblassers, also des verstorbenen Angehörigen, "zu sichern", sie also an sich zu nehmen und so vor dem Zugriff von anderen möglicherweise erbberechtigten Personen zu schützen. Schließlich könnten ja diese ganz und gar nicht vertrauenswürdigen Menschen sonst auf die Idee kommen, die Gegenstände einfach mitzunehmen und zu behalten. So etwas ist natürlich erbrechtlich nicht zulässig. Bis zur offiziellen Verteilung des Nachlasses nach Erbquoten muss dieser unberührt dort bleiben, wo er ist. Dies schließt den Familienschmuck oder Erinnerungsstücke mit ein.
Das Amtsgericht Rostock befasste sich zum Beispiel mit dem Fall einer Mutter von zwei erwachsenen Kindern. Diese war gestorben und beide Kinder gönnten sich gegenseitig das Erbe nicht. Zuerst durchsuchte der Sohn das elterliche Haus und nahm einige Gegenstände an sich, dann tat die Tochter es ihm gleich. Dann verklagte der Sohn die Tochter auf Herausgabe der von ihr mitgenommenen Sachen. Das Gericht sprach schließlich ein Machtwort: Beide mussten alle mitgenommenen Gegenstände bis zur offiziellen Aufteilung des Nachlasses wieder zurück ins Haus bringen. Keiner der Erben dürfe eigenmächtig Gegenstände aus dem Nachlass der Erblasserin an sich nehmen (Urteil vom 8. Juli 2005, Az. 46 C 261/05).
Ehepartner können gemeinsam Regelungen über ihren Nachlass treffen. Wenn einer von beiden verstirbt, will der Überlebende oft nicht, dass die liebe Verwandtschaft erfährt, was er oder sie für den Fall des eigenen Ablebens im gemeinschaftlichen Testament vorgesehen hat. Niemand möchte sich gern mit der Verwandtschaft zu Lebzeiten um den eigenen Nachlass streiten.
Was passiert nun aber, wenn das Nachlassgericht nach dem ersten Todesfall das Testament oder den Erbvertrag eröffnet? Erfahren die Verwandten da nicht automatisch den gesamten Inhalt, einschließlich der Regelungen des überlebenden Ehegatten? Damit beschäftigte sich das Oberlandesgericht Zweibrücken. Es ging um einen Ehemann, der verstorben war und dessen Frau nun dafür sorgen wollte, dass ausschließlich seine Verfügungen im gemeinsamen Testament bekannt würden, ihre jedoch nicht. Sie beantragte beim Nachlassgericht, nur die Regelungen ihres Mannes zu verkünden.
Das OLG Zweibrücken entschied, dass so etwas nur in speziellen Fällen möglich sei. Bei der Testamentseröffnung könnten die Verfügungen des überlebenden Ehegatten nur dann verschwiegen werden, wenn man sie vom Rest des Testaments oder Erbvertrages inhaltlich trennen könne. Dazu müsse es sich bei diesen Verfügungen um sogenannte abtrennbare Einzelanordnungen handeln. Wenn jedoch beide Verfasser alles "aus einem Guss" und in der Mehrheitsform formuliert hätten, könne man nicht von einer solchen Einzelanordnung ausgehen.
Auch scheide eine Einzelanordnung aus, wenn die Verfügungen des Überlebenden die Rechtspositionen von gesetzlichen Erben und Pflichtteilsberechtigten und damit die testamentarischen Regelungen zum Nachlass insgesamt beeinflussen könnten (25. Juli 2002, Az. 3 W 141/02).
Heutzutage ist eine hingebungsvolle Altenpflege keine Selbstverständlichkeit. Was liegt da näher, als besonders engagiertes Pflegepersonal im Testament zu bedenken? Vielleicht kann man die Pflegerin sogar zur Alleinerbin machen, weil sich Söhne und Töchter jahrelang nur noch zu Weihnachten mal kurz gemeldet haben? Rechtlich ist dies jedoch schwierig. So erklärte zum Beispiel das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. die Erbeinsetzung der Geschäftsführerin eines Pflegedienstes für unwirksam.
Das Heimgesetz untersagte früher Heimbewohnern, das Personal auf diese Art zu bedenken. Heute findet man ähnliche Vorschriften in Landesgesetzen. Im Frankfurter Fall war das Hessische Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen entscheidend, welches auch ein solches Verbot enthält. Der Grund: Der Gesetzgeber fürchtet, dass das Heim- und Pflegepersonal seine Stellung ausnutzen könnte, um die Bewohner zu beeinflussen – oder womöglich seine Tätigkeit bei Personen mit lohnendem Nachlass auf Kosten anderer Pflegebedürftiger besonders hingebungsvoll gestalten könnte.
Dem Gericht zufolge hätte das Testament hier sogar wirksam sein können - aber nur, wenn die Geschäftsführerin hätte nachweisen können, dass ihre Erbeinsetzung nichts mit der Pflegeleistung zu tun hatte. Da sie diesen Nachweis nicht erbringen konnte, ging sie leer aus (Beschluss vom 12.5.2015, Az. 21 W 67/14).
Stirbt ein Angehöriger, möchte mancher nahe Verwandte möglichst schnell dessen Bankkonto auf den eigenen Namen umschreiben lassen. Allerdings ist dies nicht so einfach. In aller Regel wird die Bank zuerst einen Erbnachweis verlangen – etwa einen Erbschein. Gerichtsurteilen zufolge muss allerdings ein Testament mit Eröffnungsvermerk des Nachlassgerichts ausreichen, welches denjenigen als Erben ausweist. Wer also an das Konto eines Erblassers möchte, muss beweisen können, dass nur er selbst und niemand sonst berechtigt ist, auf das Geld zuzugreifen.
Viele Erblasser geben ihren Angehörigen eine sogenannte Kontovollmacht über den Tod hinaus. Man sollte jedoch deren Reichweite nicht überschätzen. Der Bundesgerichtshof hat 2009 betont, dass eine solche Vollmacht zwar zu Verfügungen über das Konto (Überweisungen, Abhebungen) berechtigt, diese müssen jedoch dem Willen des Erblassers entsprechen – oder dem des Erben. Denn: Nach dem Erbfall gehört das Geld dem oder den Erben, daran ändert auch eine Vollmacht an eine andere Person nichts. Eine solche Vollmacht hat den Zweck, die Abwicklung noch laufender Zahlungsverpflichtungen des Verstorbenen und seiner Vertragsverhältnisse zu erleichtern. Sie dient jedoch nicht der finanziellen Absicherung von Angehörigen - schon deshalb nicht, weil der Erbe die Vollmacht einfach widerrufen kann.
Am 24.3.2009 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Kontovollmacht über den Tod hinaus den Bevollmächtigten nicht dazu berechtigt, das Konto des Verstorbenen auf seinen Namen umschreiben zu lassen. Hier war die Ehefrau des Erblassers bevollmächtigt worden. Sie musste den auf dem Konto vorhandenen Betrag wieder an den Erben zurückzahlen (Az. XI ZR 191/08).
Wer kein Erbe ist, sondern Anspruch auf einen Pflichtteil hat, muss diesen von demjenigen einfordern, der – durch Testament oder Erbvertrag – Erbe geworden ist. Nur: Wie soll man einen bestimmten Bruchteil des Erbes einfordern, wenn man gar nicht weiß, woraus der Nachlass besteht? Aus diesem Grund haben Pflichtteilsberechtigte gegen den oder die Erben einen Auskunftsanspruch nach § 2314 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
Allerdings funktioniert dies nicht umgekehrt: Erben können nicht vom Pflichtteilsberechtigten Auskunft darüber verlangen, ob der Erblasser ihm vielleicht zu Lebzeiten wertvolle Geschenke gemacht hat.
Eine Ausnahme besteht, wenn der Pflichtteilsberechtigte einen Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Erben geltend macht. Dann sind Geschenke nämlich anzurechnen. Damit diese Anrechnung möglich ist, hat der Erbe einen Auskunftsanspruch über Geschenke an den Pflichtteilsberechtigten (Urteil des OLG Köln vom 26.9.2014, Az. 20 U 48/14).
Das Oberlandesgericht Köln hat sich mit einem Testament beschäftigt, welches eine ganze Liste von Namen von Erben enthielt, jeweils mit Angabe der vom Erblasser gewünschten Erbquote. Insgesamt bestand der Nachlass aus 6,5 Millionen Euro. Es gab jedoch ein Problem: Zwei Namen waren rot durchgestrichen, die jeweiligen Quoten waren einer Nichte des Erblassers zugeteilt worden. Nun war die große Frage: Wer hatte hier den Rotstift angesetzt? Der Erblasser oder doch vielleicht jemand anders? Das Gericht entschied: Kann die Nichte nicht beweisen, dass die Änderung vom Erblasser selbst stammt, bleibt das ursprüngliche Testament ohne Streichungen und Änderungen in Kraft (OLG Köln, 12.11.2003, Az. 2 Wx 25/03).
Eine 1991 verstorbene Frau hatte in ihrem Testament ihren ältesten Sohn zum Alleinerben gemacht. Falls dieser kinderlos sterben würde, sollte der zweitälteste Sohn Ersatzerbe sein.
Zur Erklärung: Ein Ersatzerbe tritt an die Stelle des Erben, wenn dieser vor dem Erblasser, der das Testament verfasst hat, verstirbt.
Tatsächlich verstarb der älteste Sohn kinderlos im Jahr 2012 - und damit erst nachdem die Mutter verstorben war. Daraufhin beantragte der zweitälteste Sohn einen Erbschein als Alleinerbe der Mutter. Das Oberlandesgericht Hamm lehnte dies jedoch ab: Der im Testament der Mutter verwendete Begriff "Ersatzerbe" lasse nicht den Schluss zu, dass der ältere Sohn der Vorerbe und der zweite Sohn der Nacherbe sein sollte. Hätte die Mutter anordnen wollen, dass der zweite Sohn nach dem ersten den Nachlass der Mutter erhalten sollte, hätte sie dies ausdrücklich so im Testament regeln müssen. Wegen der Verwendung des Begriffs "Ersatzerbe" sei aber nur einer Erbe geworden: Der ältere Sohn, der die Mutter überlebt habe. Der zweite Sohn hätte dem Gericht zufolge nur erben können, wenn der erste Sohn vor der Mutter kinderlos gestorben wäre.
Dieser Fall zeigt: Es ist sehr wichtig, bei einer Erbeinsetzung die richtigen Begriffe zu benutzen – und sich bei der Testamentserstellung im Zweifel anwaltlich beraten zu lassen (Az. 15 W 88/13).
Immer wieder kommt bei dem Versuch, testamentarische Regelungen zu treffen, nicht das heraus, was der Erblasser beabsichtigt. Und auch so manche Aktion der Erben kann für Streit und Prozesse sorgen. Daher empfiehlt es sich, schon bei der Erstellung des Testaments einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Ein Fachanwalt für Erbrecht kann helfen, Fehler mit erheblichen Folgen für die Angehörigen zu vermeiden und auch Angehörige in einem Erbschaftsstreit beraten.
Das Wichtigste in Kürze
1. Schmuck: Schmuck des Erblassers muss bis zur offiziellen Verteilung des Nachlasses nach Erbquoten unberührt dort bleiben, wo er ist. Das vorzeitige Entwenden durch einen Erben ist unzulässig.
2. Verlesung des letzten Willens: Ehepartner können ein gemeinsames Testament machen. Der überlebende Ehegatte kann die Verlesung der von ihm getroffenen Anordnungen aber nur dann verhindern, wenn es sich bei seinem Regelungen um sogenannte abtrennbare Einzelanordnungen handelt.
3. Umschreibung des Kontos: Eine Kontovollmacht über den Tod hinaus berechtigt den Bevollmächtigten nicht dazu, das Konto des Verstorbenen auf seinen Namen umschreiben zu lassen.
4. Nachträgliche Änderung des Testaments: Ein Erbe muss beweisen, dass nachträgliche Änderungen des Testaments vom Erblasser selbst durchgeführt wurden. Andernfalls gilt das ursprüngliche Testament weiterhin.
1. Schmuck: Schmuck des Erblassers muss bis zur offiziellen Verteilung des Nachlasses nach Erbquoten unberührt dort bleiben, wo er ist. Das vorzeitige Entwenden durch einen Erben ist unzulässig.
2. Verlesung des letzten Willens: Ehepartner können ein gemeinsames Testament machen. Der überlebende Ehegatte kann die Verlesung der von ihm getroffenen Anordnungen aber nur dann verhindern, wenn es sich bei seinem Regelungen um sogenannte abtrennbare Einzelanordnungen handelt.
3. Umschreibung des Kontos: Eine Kontovollmacht über den Tod hinaus berechtigt den Bevollmächtigten nicht dazu, das Konto des Verstorbenen auf seinen Namen umschreiben zu lassen.
4. Nachträgliche Änderung des Testaments: Ein Erbe muss beweisen, dass nachträgliche Änderungen des Testaments vom Erblasser selbst durchgeführt wurden. Andernfalls gilt das ursprüngliche Testament weiterhin.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Darf ein Erbe die Wertsachen schnell in Sicherheit bringen? Gemeinsames Testament: Verlesung nur des letzten Willens des Verstorbenen? Darf man die Pflegedienst-Chefin zur Alleinerbin machen? Ist eine Kontoumschreibung nach dem Tod durch einen Verwandten erlaubt? Welchen Auskunftsanspruch hat ein Pflichtteilsberechtigter? Was gilt, wenn ein Testament nachträglich geändert wurde? Welche Probleme kann eine Vor- und Nacherbschaft bereiten? Praxistipp zum Tricksen beim Erbe Darf ein Erbe die Wertsachen schnell in Sicherheit bringen?
So mancher Erbe kommt auf die Idee, nach einem Todesfall eilig die Wertsachen des Erblassers, also des verstorbenen Angehörigen, "zu sichern", sie also an sich zu nehmen und so vor dem Zugriff von anderen möglicherweise erbberechtigten Personen zu schützen. Schließlich könnten ja diese ganz und gar nicht vertrauenswürdigen Menschen sonst auf die Idee kommen, die Gegenstände einfach mitzunehmen und zu behalten. So etwas ist natürlich erbrechtlich nicht zulässig. Bis zur offiziellen Verteilung des Nachlasses nach Erbquoten muss dieser unberührt dort bleiben, wo er ist. Dies schließt den Familienschmuck oder Erinnerungsstücke mit ein.
Das Amtsgericht Rostock befasste sich zum Beispiel mit dem Fall einer Mutter von zwei erwachsenen Kindern. Diese war gestorben und beide Kinder gönnten sich gegenseitig das Erbe nicht. Zuerst durchsuchte der Sohn das elterliche Haus und nahm einige Gegenstände an sich, dann tat die Tochter es ihm gleich. Dann verklagte der Sohn die Tochter auf Herausgabe der von ihr mitgenommenen Sachen. Das Gericht sprach schließlich ein Machtwort: Beide mussten alle mitgenommenen Gegenstände bis zur offiziellen Aufteilung des Nachlasses wieder zurück ins Haus bringen. Keiner der Erben dürfe eigenmächtig Gegenstände aus dem Nachlass der Erblasserin an sich nehmen (Urteil vom 8. Juli 2005, Az. 46 C 261/05).
Gemeinsames Testament: Verlesung nur des letzten Willens des Verstorbenen?
Ehepartner können gemeinsam Regelungen über ihren Nachlass treffen. Wenn einer von beiden verstirbt, will der Überlebende oft nicht, dass die liebe Verwandtschaft erfährt, was er oder sie für den Fall des eigenen Ablebens im gemeinschaftlichen Testament vorgesehen hat. Niemand möchte sich gern mit der Verwandtschaft zu Lebzeiten um den eigenen Nachlass streiten.
Was passiert nun aber, wenn das Nachlassgericht nach dem ersten Todesfall das Testament oder den Erbvertrag eröffnet? Erfahren die Verwandten da nicht automatisch den gesamten Inhalt, einschließlich der Regelungen des überlebenden Ehegatten? Damit beschäftigte sich das Oberlandesgericht Zweibrücken. Es ging um einen Ehemann, der verstorben war und dessen Frau nun dafür sorgen wollte, dass ausschließlich seine Verfügungen im gemeinsamen Testament bekannt würden, ihre jedoch nicht. Sie beantragte beim Nachlassgericht, nur die Regelungen ihres Mannes zu verkünden.
Das OLG Zweibrücken entschied, dass so etwas nur in speziellen Fällen möglich sei. Bei der Testamentseröffnung könnten die Verfügungen des überlebenden Ehegatten nur dann verschwiegen werden, wenn man sie vom Rest des Testaments oder Erbvertrages inhaltlich trennen könne. Dazu müsse es sich bei diesen Verfügungen um sogenannte abtrennbare Einzelanordnungen handeln. Wenn jedoch beide Verfasser alles "aus einem Guss" und in der Mehrheitsform formuliert hätten, könne man nicht von einer solchen Einzelanordnung ausgehen.
Auch scheide eine Einzelanordnung aus, wenn die Verfügungen des Überlebenden die Rechtspositionen von gesetzlichen Erben und Pflichtteilsberechtigten und damit die testamentarischen Regelungen zum Nachlass insgesamt beeinflussen könnten (25. Juli 2002, Az. 3 W 141/02).
Darf man die Pflegedienst-Chefin zur Alleinerbin machen?
Heutzutage ist eine hingebungsvolle Altenpflege keine Selbstverständlichkeit. Was liegt da näher, als besonders engagiertes Pflegepersonal im Testament zu bedenken? Vielleicht kann man die Pflegerin sogar zur Alleinerbin machen, weil sich Söhne und Töchter jahrelang nur noch zu Weihnachten mal kurz gemeldet haben? Rechtlich ist dies jedoch schwierig. So erklärte zum Beispiel das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. die Erbeinsetzung der Geschäftsführerin eines Pflegedienstes für unwirksam.
Das Heimgesetz untersagte früher Heimbewohnern, das Personal auf diese Art zu bedenken. Heute findet man ähnliche Vorschriften in Landesgesetzen. Im Frankfurter Fall war das Hessische Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen entscheidend, welches auch ein solches Verbot enthält. Der Grund: Der Gesetzgeber fürchtet, dass das Heim- und Pflegepersonal seine Stellung ausnutzen könnte, um die Bewohner zu beeinflussen – oder womöglich seine Tätigkeit bei Personen mit lohnendem Nachlass auf Kosten anderer Pflegebedürftiger besonders hingebungsvoll gestalten könnte.
Dem Gericht zufolge hätte das Testament hier sogar wirksam sein können - aber nur, wenn die Geschäftsführerin hätte nachweisen können, dass ihre Erbeinsetzung nichts mit der Pflegeleistung zu tun hatte. Da sie diesen Nachweis nicht erbringen konnte, ging sie leer aus (Beschluss vom 12.5.2015, Az. 21 W 67/14).
Ist eine Kontoumschreibung nach dem Tod durch einen Verwandten erlaubt?
Stirbt ein Angehöriger, möchte mancher nahe Verwandte möglichst schnell dessen Bankkonto auf den eigenen Namen umschreiben lassen. Allerdings ist dies nicht so einfach. In aller Regel wird die Bank zuerst einen Erbnachweis verlangen – etwa einen Erbschein. Gerichtsurteilen zufolge muss allerdings ein Testament mit Eröffnungsvermerk des Nachlassgerichts ausreichen, welches denjenigen als Erben ausweist. Wer also an das Konto eines Erblassers möchte, muss beweisen können, dass nur er selbst und niemand sonst berechtigt ist, auf das Geld zuzugreifen.
Viele Erblasser geben ihren Angehörigen eine sogenannte Kontovollmacht über den Tod hinaus. Man sollte jedoch deren Reichweite nicht überschätzen. Der Bundesgerichtshof hat 2009 betont, dass eine solche Vollmacht zwar zu Verfügungen über das Konto (Überweisungen, Abhebungen) berechtigt, diese müssen jedoch dem Willen des Erblassers entsprechen – oder dem des Erben. Denn: Nach dem Erbfall gehört das Geld dem oder den Erben, daran ändert auch eine Vollmacht an eine andere Person nichts. Eine solche Vollmacht hat den Zweck, die Abwicklung noch laufender Zahlungsverpflichtungen des Verstorbenen und seiner Vertragsverhältnisse zu erleichtern. Sie dient jedoch nicht der finanziellen Absicherung von Angehörigen - schon deshalb nicht, weil der Erbe die Vollmacht einfach widerrufen kann.
Am 24.3.2009 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Kontovollmacht über den Tod hinaus den Bevollmächtigten nicht dazu berechtigt, das Konto des Verstorbenen auf seinen Namen umschreiben zu lassen. Hier war die Ehefrau des Erblassers bevollmächtigt worden. Sie musste den auf dem Konto vorhandenen Betrag wieder an den Erben zurückzahlen (Az. XI ZR 191/08).
Welchen Auskunftsanspruch hat ein Pflichtteilsberechtigter?
Wer kein Erbe ist, sondern Anspruch auf einen Pflichtteil hat, muss diesen von demjenigen einfordern, der – durch Testament oder Erbvertrag – Erbe geworden ist. Nur: Wie soll man einen bestimmten Bruchteil des Erbes einfordern, wenn man gar nicht weiß, woraus der Nachlass besteht? Aus diesem Grund haben Pflichtteilsberechtigte gegen den oder die Erben einen Auskunftsanspruch nach § 2314 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
Allerdings funktioniert dies nicht umgekehrt: Erben können nicht vom Pflichtteilsberechtigten Auskunft darüber verlangen, ob der Erblasser ihm vielleicht zu Lebzeiten wertvolle Geschenke gemacht hat.
Eine Ausnahme besteht, wenn der Pflichtteilsberechtigte einen Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Erben geltend macht. Dann sind Geschenke nämlich anzurechnen. Damit diese Anrechnung möglich ist, hat der Erbe einen Auskunftsanspruch über Geschenke an den Pflichtteilsberechtigten (Urteil des OLG Köln vom 26.9.2014, Az. 20 U 48/14).
Was gilt, wenn ein Testament nachträglich geändert wurde?
Das Oberlandesgericht Köln hat sich mit einem Testament beschäftigt, welches eine ganze Liste von Namen von Erben enthielt, jeweils mit Angabe der vom Erblasser gewünschten Erbquote. Insgesamt bestand der Nachlass aus 6,5 Millionen Euro. Es gab jedoch ein Problem: Zwei Namen waren rot durchgestrichen, die jeweiligen Quoten waren einer Nichte des Erblassers zugeteilt worden. Nun war die große Frage: Wer hatte hier den Rotstift angesetzt? Der Erblasser oder doch vielleicht jemand anders? Das Gericht entschied: Kann die Nichte nicht beweisen, dass die Änderung vom Erblasser selbst stammt, bleibt das ursprüngliche Testament ohne Streichungen und Änderungen in Kraft (OLG Köln, 12.11.2003, Az. 2 Wx 25/03).
Welche Probleme kann eine Vor- und Nacherbschaft bereiten?
Eine 1991 verstorbene Frau hatte in ihrem Testament ihren ältesten Sohn zum Alleinerben gemacht. Falls dieser kinderlos sterben würde, sollte der zweitälteste Sohn Ersatzerbe sein.
Zur Erklärung: Ein Ersatzerbe tritt an die Stelle des Erben, wenn dieser vor dem Erblasser, der das Testament verfasst hat, verstirbt.
Tatsächlich verstarb der älteste Sohn kinderlos im Jahr 2012 - und damit erst nachdem die Mutter verstorben war. Daraufhin beantragte der zweitälteste Sohn einen Erbschein als Alleinerbe der Mutter. Das Oberlandesgericht Hamm lehnte dies jedoch ab: Der im Testament der Mutter verwendete Begriff "Ersatzerbe" lasse nicht den Schluss zu, dass der ältere Sohn der Vorerbe und der zweite Sohn der Nacherbe sein sollte. Hätte die Mutter anordnen wollen, dass der zweite Sohn nach dem ersten den Nachlass der Mutter erhalten sollte, hätte sie dies ausdrücklich so im Testament regeln müssen. Wegen der Verwendung des Begriffs "Ersatzerbe" sei aber nur einer Erbe geworden: Der ältere Sohn, der die Mutter überlebt habe. Der zweite Sohn hätte dem Gericht zufolge nur erben können, wenn der erste Sohn vor der Mutter kinderlos gestorben wäre.
Dieser Fall zeigt: Es ist sehr wichtig, bei einer Erbeinsetzung die richtigen Begriffe zu benutzen – und sich bei der Testamentserstellung im Zweifel anwaltlich beraten zu lassen (Az. 15 W 88/13).
Praxistipp zum Tricksen beim Erbe
Immer wieder kommt bei dem Versuch, testamentarische Regelungen zu treffen, nicht das heraus, was der Erblasser beabsichtigt. Und auch so manche Aktion der Erben kann für Streit und Prozesse sorgen. Daher empfiehlt es sich, schon bei der Erstellung des Testaments einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Ein Fachanwalt für Erbrecht kann helfen, Fehler mit erheblichen Folgen für die Angehörigen zu vermeiden und auch Angehörige in einem Erbschaftsstreit beraten.
(Wk)