Erbschaftssteuer: Droht der Verkauf des geerbten Hauses?

26.01.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
Erbe,Haus,Verkauf,Rechner Geerbte Immobilie: Verkauf zur Bezahlung der Erbschaftssteuer notwendig? © - freepik

Glück hat, wer ein gut erhaltenes Haus erbt. Pech hat, wer die Erbschaftssteuer nicht aus seinen Barmitteln bezahlen kann. Gibt es Wege, die geerbte Immobilie vor dem Verkauf zu retten?

Erben eines Hauses oder einer Wohnung, für die Erbschaftssteuer anfallen würde, befürchten häufig, zum Verkauf gezwungen zu werden. Denn nicht jeder Erbe kann aus dem laufenden Einkommen oder den Ersparnissen die Erbschaftssteuer bezahlen. In bestimmten Fällen gibt es aber Hoffnung.

Erbschaftssteuer: Welche Freibeträge gelten für Häuser bzw. Wohnungen?


Für viele geerbte Häuser bzw. Wohnungen fällt schon deshalb keine Erbschaftsteuer an, weil ihr Wert noch unterhalb des persönlichen Freibetrages des Erben liegt. Beispielsweise haben Ehegatten und eingetragene Lebenspartner einen Freibetrag von 500.000 Euro, Kinder und Stiefkinder sowie Kinder verstorbener Kinder von 400.000 Euro. Für Kinder von noch lebenden Kindern (also Enkel) beträgt der Freibetrag 200.000 Euro.
Erben die Eltern des Verstorbenen, beträgt ihr Freibetrag 100.000 Euro.

Wie werden geerbte Häuser und Wohnungen bewertet?


Die Bewertung von Grundstücken für die Erbschaftssteuer hängt von deren Verkehrswert ab. Dieser kann nach verschiedenen Verfahren ermittelt werden. Bei Wohnungseigentum wird meist das Vergleichswertverfahren angewendet, für vermieteten Grundbesitz das Ertragswertverfahren und allgemein – wenn es keine andere Möglichkeit gibt, weil zum Beispiel zu wenig Vergleichsobjekte zur Verfügung stehen – das Sachwertverfahren.

Was hat sich 2023 bei der Erbschaftssteuer für Immobilien geändert?


Das Jahressteuergesetz 2022 hat die Regelungen für die Bewertung geändert. Damit werden geerbte Häuser und Eigentumswohnungen vom 1. Januar 2023 an höher bewertet - unter Umständen sehr viel höher. Folge: Der Wert liegt über dem Erbschaftssteuerfreibetrag und es wird deshalb grundsätzlich Erbschaftssteuer fällig.

Konkret wurden im Bewertungsgesetz die Regeln für das Ertrags- und Sachwertverfahren an die neue Immobilienwertermittlungsverordnung ("ImmoWertVO") angeglichen. Beim Ertragswertverfahren werden die Liegenschaftszinssätze verringert. Auch kann man künftig die Bewirtschaftungskosten nicht mehr als Pauschale absetzen, sondern diese müssen einzeln nachgewiesen werden.

Beim Sachwertverfahren geht man nun von einer 80-jährigen Nutzungsdauer der Immobilie aus - statt wie bisher von 70 Jahren. Dadurch reduziert sich die Minderung des Alterswertes und der Restwert steigt. Geändert wird auch der Sachwertfaktor, mit dem der vorläufig ermittelte Sachwert als Marktanpassungsfaktor multipliziert wird. Die neuen Werte liegen zum Teil deutlich über den bisherigen. Hier drohen erhebliche Steigerungen der Wertansätze im Sachwertverfahren. Generell wird eine Höherbewertung um 20 - 50 Prozent befürchtet.

Wenig ändert sich hingegen beim Vergleichswertverfahren. Mit diesem werden Eigentumswohnungen, Teileigentum sowie Ein- und Zweifamilienhäuser bewertet, wenn entsprechende Vergleichswerte festgestellt werden können.

Was gilt, wenn ein Ehegatte das gemeinsam bewohnte Haus erbt?


Wenn ein Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner ein Haus vom Ehegatten oder Partner erbt, ist diese unter gewissen Voraussetzungen von der Erbschaftsteuer befreit. Nämlich dann, wenn der Erblasser bis zu seinem Tod selbst darin gewohnt hat und der Erbe ebenfalls ab sofort darin wohnt. Diese Befreiung gibt es nur für Immobilien in Deutschland, der EU oder dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR).

Der Haken: Der Erbe muss mindestens zehn Jahre im geerbten Haus wohnen bleiben. Ansonsten erlischt die Steuervergünstigung rückwirkend. Dann klopft das Finanzamt an die Tür. Ausnahmen gibt es auf Seiten des Erblassers und des Erben, wenn der oder die Betreffende die Immobilie aus zwingenden Gründen nicht selbst nutzen konnte (Pflegeheimaufenthalt). Die Befreiung gibt es nicht für Ferienwohnungen oder in einem geerbten Mehrfamilienhaus für zusätzliche, nicht selbst genutzte Wohneinheiten (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 b) ErbStG).

Keine Erbschaftssteuer, weil der Auszug aus zwingenden Gründen erfolgt?


Beim Erben muss man unterscheiden: Wenn er die eigene Wohnnutzung vor Ablauf der zehn Jahre aus zwingenden Gründen beendet, bleibt es bei der Steuerbefreiung. Fängt er aber gar nicht erst an, die Immobilie selbst zu nutzen, wird Erbschaftssteuer fällig. Dann kommt es dem Bundesfinanzhof zufolge auf die Gründe gar nicht an (Urteil vom 23.6.2015, Az. II R 13/13).

Können auch Kinder das Haus steuerfrei erben?


Steuerfrei kann die Erbschaft eines Hauses auch für die Kinder und die Kinder von bereits verstorbenen Kindern sein, wenn es sich um das vom Erblasser selbst bewohnte Familienheim handelt. Diese müssen jedoch unverzüglich mit der eigenen Nutzung zu Wohnzwecken beginnen. Zusätzlich darf die Wohnfläche nicht über 200 Quadratmetern liegen – jeder Quadratmeter mehr muss versteuert werden. Auch hier muss die Selbstnutzung zehn Jahre lang andauern (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG).

Was gilt bei Erbschaft einer vermieteten Hauses bzw. Wohnung?


Wenn eine geerbte Immobilie zu Wohnzwecken vermietet ist, muss sie nur mit 90 Prozent ihres Wertes versteuert werden. Die Immobilie muss in Deutschland, einem Staat der EU oder des EWR liegen und darf nicht zu einem Betriebsvermögen gehören, auch nicht zu einem aus der Land- und Forstwirtschaft. Wichtig: Es muss ein laufender Mietvertrag nach dem Zivilrecht bestehen. Dies geht aus § 13d ErbStG hervor.

Kann die Erbschaftssteuer auch erst später gezahlt werden?


Das Finanzamt kann gemäß § 222 der Abgabenordnung die Erbschaftsteuer für eine Immobilie auf Antrag ganz oder teilweise stunden, also auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Dies ist möglich, wenn die Steuerzahlung für den Erben einen Härtefall bedeuten würde – er also zum Verkauf des Hauses gezwungen würde, in dem er wohnt. Solche Stundungen liegen im Ermessen des Finanzamtes. Der Steuerschuldner muss auf den gestundeten Betrag oft Zinsen zahlen.

Allerdings kann er auch einen Antrag auf zinslose Stundung der Erbschaftsteuer nach § 28 Abs. 3 ErbStG stellen. Diese Möglichkeit hat man, wenn der Nachlass hauptsächlich aus einem Gegenstand besteht, der zur Deckung der Steuerschuld verkauft werden müsste – etwa eines Hauses oder einer Wohnung. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine vermietete oder selbst genutzte Immobilie handelt. Auch Betriebsvermögen oder land- und forstwirtschaftliches Vermögen fällt unter die Regelung, wenn der Betrieb durch die Steuerzahlung zerschlagen bzw. veräußert werden müsste. Die Stundung kann für maximal zehn Jahre erfolgen, bis dahin kann der Schuldner also sparen, um die Erbschaftssteuer für das geerbte Haus bzw. die Wohnung zahlen zu können.

Ein Ausweg? Übertragung der Immobilie zu Lebzeiten


Steuerfrei ist unter Ehegatten auch eine Schenkung der Hauses oder Wohnung zu Lebzeiten, wenn es sich um das Familienheim handelt, welches der Beschenkte weiter selbst zum Wohnen nutzt. Dies gilt auch für eingetragene Lebenspartner (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG).

Praxistipp zur Erbschaftssteuer für Haus bzw. Wohnung


Neue Bewertungsregeln erhöhen die Wahrscheinlichkeit, für eine Immobilie Erbschaftssteuer zahlen zu müssen. Trotzdem bleiben einige Schlupflöcher, um das geerbte Haus bzw. die Wohnung vor dem Verkauf zu bewahren. Ein Fachanwalt für Steuerrecht berät Sie zu Steuerfragen und hilft Ihnen in Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt.

(Bu)


 Stephan Buch
Anwalt-Suchservice
Juristische Redaktion
E-Mail schreiben Juristische Redaktion