Erben und Vererben: Was ist ein Vermächtnis?
19.07.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Ein "Vermächtnis" ist für viele Menschen gleichbedeutend mit dem Nachlass einer Person oder mit dem, was der oder die Verstorbene zu Lebzeiten in der Welt bewirkt hat. Rechtlich ist ein Vermächtnis jedoch ein fester Begriff. Er steht für eine letztwillige Anordnung des Erblassers in einem Testament oder Erbvertrag. Mit einem Vermächtnis wird festgelegt, dass eine bestimmte Person einen bestimmten Gegenstand aus dem Nachlass erhalten soll. Allerdings wird diese Person dadurch nicht zum Erben und hat nicht dessen Rechte und Pflichten. Ein Beispiel: Der Erblasser macht seine Ehefrau per Testament zur Alleinerbin. Er legt aber auch fest, dass seinen Sportwagen sein Neffe bekommen soll, weil dieser auch Autofan ist wie der Erblasser.
Ist jemand durch Testament oder nach dem gesetzlichen Erbrecht Erbe geworden, erbt dieser immer einen bestimmten Anteil am Nachlass. Er oder sie kann auch als Alleinerbe den gesamten Nachlass erben. Gesetzlich nicht vorgesehen ist es, Erben bestimmte, einzelne Gegenstände zukommen zu lassen. Im Prinzip müssen die Erben also den Nachlass verkaufen und jeder bekommt dann seinen prozentualen Anteil.
Was passiert nun aber, wenn der Erblasser ein besonderes Erinnerungsstück, einen persönlichen Wertgegenstand oder zum Beispiel den Familienschmuck einer bestimmten Person zukommen lassen will? Für diesen Fall ist das Vermächtnis vorgesehen. Damit kann einer Person etwas Bestimmtes zugewandt werden. Diese Person wird nicht Erbe, ist kein Teil der Erbengemeinschaft und muss sich auch nicht um eventuelle Streitigkeiten innerhalb dieser kümmern. Häufig wird das Vermächtnis auch genutzt, um einer Person etwas zukommen zu lassen, die normalerweise nichts erben würde – beispielsweise einem guten Freund oder einer verdienten Pflegekraft.
Beim Vermächtnis gibt es keine besonderen Formvorschriften. Allerdings ist es oft Teil des Testaments, und dann sind natürlich dessen Formalien zu beachten. Das bedeutet: Ein eigenhändiges Testament muss vom Erblasser komplett selbst handschriftlich verfasst, unterzeichnet und mit Ort und Datum versehen sein. Es muss auch eindeutig daraus hervorgehen, wer etwas erben soll.
Das Vermächtnis selbst muss nicht zwingend als solches bezeichnet werden. Es reicht meist aus, wenn jemandem ausdrücklich nur ein einzelner Gegenstand zugewendet wird. Steht im oben genannten Beispiel im Testament, dass der Neffe den Sportwagen und die Ehefrau alles andere erben soll, wird man in aller Regel davon ausgehen, dass die Frau Alleinerbin sein soll und der Neffe Vermächtnisnehmer. Werden die Bezeichnungen "Erbe" und "Vermächtnis" nicht benutzt, wird die Auslegungsregel des § 2087 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) angewendet. Dann ist entscheidend, ob jemand einen einzelnen Gegenstand oder das ganze Vermögen bzw. einen Bruchteil davon bekommen soll. Im Zweifel ist es also Auslegungssache, was der Betreffende gewollt hat. Für den Testamentsverfasser bedeutet das: Will man nicht, dass die Angehörigen später vor dem Richter um eine Auslegung seines letzten Willens ringen, sollte man sich möglichst klar äußern.
Ein Vermächtnisnehmer muss sich an die Erben wenden. Er hat gegen diese einen einklagbaren Anspruch auf Herausgabe des betreffenden Gegenstandes. Geregelt ist dies in § 2174 BGB. Dabei ist es sogar möglich, dass ein Vermächtnisnehmer mit einem Untervermächtnis belastet wird. Dann muss er selbst jemandem etwas herausgeben. Beispiel: Die Nichte bekommt als Vermächtnis den Schmuck ihrer Tante. Eine besondere Brosche muss sie jedoch an die Nachbarin herausgeben, die immer für diese eingekauft hat.
Das Vermächtnis hat mehrere besondere Unterarten. Zu diesen gehört zum Beispiel das Ersatzvermächtnis. Mit seiner Hilfe wird ein Gegenstand für den Fall, dass der Vermächtnisnehmer selbst schon verstorben ist, einer Ersatzperson zugewendet. Dann gibt es noch das Nachvermächtnis. Damit wird jemandem etwas als Vermächtnis zugewendet, was dieser jedoch bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses an einen weiteren Vermächtnisnehmer abzugeben hat. Zum Beispiel: Der Neffe des Erblassers ist noch minderjährig. Daher bekommt sein Vater den Sportwagen als Vermächtnis. Sobald der Neffe 18 wird, ist er Nachvermächtnisnehmer und darf sich die Autoschlüssel holen.
Eine weitere Variante ist das Vorausvermächtnis. Bei diesem wird durch ein Vermächtnis ein Gegenstand jemandem zugewendet, der gleichzeitig auch Erbe ist. Beispiel: Die Ehefrau und zwei Kinder des Erblassers sind testamentarische Erben. Die Ehefrau soll als besonderes Erinnerungsstück jedoch den Sportwagen erhalten. Wird dies so festgelegt, ist das Auto kein Teil des Nachlasses mehr. Es wird also nicht auf den Erbteil der Witwe angerechnet und diese muss auch keinerlei Ausgleich an die anderen Erben zahlen. Solche Regelungen im Testament sorgen allerdings in der Praxis oft für Probleme und Streitigkeiten. Hier ist die Gefahr der Verwechslung mit einer sogenannten Teilungsanordnung groß – und bei dieser muss durchaus ein Ausgleich gezahlt werden.
Wichtig ist es, sich schon bei der Erstellung des Testaments und der Formulierung eines Vermächtnisses von einem Anwalt beraten zu lassen. Über besonderes Fachwissen in diesem Bereich verfügt ein Fachanwalt für Erbrecht. Eine ungenaue oder falsche Formulierung kann hier erhebliche Folgen haben.
Das Wort "Vermächtnis" wird in der Umgangssprache meist falsch benutzt. Es handelt sich dabei um ein gesetzlich geregeltes Instrument, mit dem man jemandem im Todesfall eine Zuwendung machen kann.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wozu dient ein Vermächtnis? Welche Formalien sind beim Vermächtnis einzuhalten? An wen wendet man sich als Vermächtnisnehmer, um das Zugewendete zu erhalten? Welche unterschiedlichen Arten von Vermächtnissen gibt es? Was ist ein Vorausvermächtnis? Praxistipp zum Vermächtnis Wozu dient ein Vermächtnis?
Ist jemand durch Testament oder nach dem gesetzlichen Erbrecht Erbe geworden, erbt dieser immer einen bestimmten Anteil am Nachlass. Er oder sie kann auch als Alleinerbe den gesamten Nachlass erben. Gesetzlich nicht vorgesehen ist es, Erben bestimmte, einzelne Gegenstände zukommen zu lassen. Im Prinzip müssen die Erben also den Nachlass verkaufen und jeder bekommt dann seinen prozentualen Anteil.
Was passiert nun aber, wenn der Erblasser ein besonderes Erinnerungsstück, einen persönlichen Wertgegenstand oder zum Beispiel den Familienschmuck einer bestimmten Person zukommen lassen will? Für diesen Fall ist das Vermächtnis vorgesehen. Damit kann einer Person etwas Bestimmtes zugewandt werden. Diese Person wird nicht Erbe, ist kein Teil der Erbengemeinschaft und muss sich auch nicht um eventuelle Streitigkeiten innerhalb dieser kümmern. Häufig wird das Vermächtnis auch genutzt, um einer Person etwas zukommen zu lassen, die normalerweise nichts erben würde – beispielsweise einem guten Freund oder einer verdienten Pflegekraft.
Welche Formalien sind beim Vermächtnis einzuhalten?
Beim Vermächtnis gibt es keine besonderen Formvorschriften. Allerdings ist es oft Teil des Testaments, und dann sind natürlich dessen Formalien zu beachten. Das bedeutet: Ein eigenhändiges Testament muss vom Erblasser komplett selbst handschriftlich verfasst, unterzeichnet und mit Ort und Datum versehen sein. Es muss auch eindeutig daraus hervorgehen, wer etwas erben soll.
Das Vermächtnis selbst muss nicht zwingend als solches bezeichnet werden. Es reicht meist aus, wenn jemandem ausdrücklich nur ein einzelner Gegenstand zugewendet wird. Steht im oben genannten Beispiel im Testament, dass der Neffe den Sportwagen und die Ehefrau alles andere erben soll, wird man in aller Regel davon ausgehen, dass die Frau Alleinerbin sein soll und der Neffe Vermächtnisnehmer. Werden die Bezeichnungen "Erbe" und "Vermächtnis" nicht benutzt, wird die Auslegungsregel des § 2087 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) angewendet. Dann ist entscheidend, ob jemand einen einzelnen Gegenstand oder das ganze Vermögen bzw. einen Bruchteil davon bekommen soll. Im Zweifel ist es also Auslegungssache, was der Betreffende gewollt hat. Für den Testamentsverfasser bedeutet das: Will man nicht, dass die Angehörigen später vor dem Richter um eine Auslegung seines letzten Willens ringen, sollte man sich möglichst klar äußern.
An wen wendet man sich als Vermächtnisnehmer, um das Zugewendete zu erhalten?
Ein Vermächtnisnehmer muss sich an die Erben wenden. Er hat gegen diese einen einklagbaren Anspruch auf Herausgabe des betreffenden Gegenstandes. Geregelt ist dies in § 2174 BGB. Dabei ist es sogar möglich, dass ein Vermächtnisnehmer mit einem Untervermächtnis belastet wird. Dann muss er selbst jemandem etwas herausgeben. Beispiel: Die Nichte bekommt als Vermächtnis den Schmuck ihrer Tante. Eine besondere Brosche muss sie jedoch an die Nachbarin herausgeben, die immer für diese eingekauft hat.
Welche unterschiedlichen Arten von Vermächtnissen gibt es?
Das Vermächtnis hat mehrere besondere Unterarten. Zu diesen gehört zum Beispiel das Ersatzvermächtnis. Mit seiner Hilfe wird ein Gegenstand für den Fall, dass der Vermächtnisnehmer selbst schon verstorben ist, einer Ersatzperson zugewendet. Dann gibt es noch das Nachvermächtnis. Damit wird jemandem etwas als Vermächtnis zugewendet, was dieser jedoch bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses an einen weiteren Vermächtnisnehmer abzugeben hat. Zum Beispiel: Der Neffe des Erblassers ist noch minderjährig. Daher bekommt sein Vater den Sportwagen als Vermächtnis. Sobald der Neffe 18 wird, ist er Nachvermächtnisnehmer und darf sich die Autoschlüssel holen.
Was ist ein Vorausvermächtnis?
Eine weitere Variante ist das Vorausvermächtnis. Bei diesem wird durch ein Vermächtnis ein Gegenstand jemandem zugewendet, der gleichzeitig auch Erbe ist. Beispiel: Die Ehefrau und zwei Kinder des Erblassers sind testamentarische Erben. Die Ehefrau soll als besonderes Erinnerungsstück jedoch den Sportwagen erhalten. Wird dies so festgelegt, ist das Auto kein Teil des Nachlasses mehr. Es wird also nicht auf den Erbteil der Witwe angerechnet und diese muss auch keinerlei Ausgleich an die anderen Erben zahlen. Solche Regelungen im Testament sorgen allerdings in der Praxis oft für Probleme und Streitigkeiten. Hier ist die Gefahr der Verwechslung mit einer sogenannten Teilungsanordnung groß – und bei dieser muss durchaus ein Ausgleich gezahlt werden.
Praxistipp zum Vermächtnis
Wichtig ist es, sich schon bei der Erstellung des Testaments und der Formulierung eines Vermächtnisses von einem Anwalt beraten zu lassen. Über besonderes Fachwissen in diesem Bereich verfügt ein Fachanwalt für Erbrecht. Eine ungenaue oder falsche Formulierung kann hier erhebliche Folgen haben.
(Ma)