Welche Regeln gelten für Miterben einer Erbengemeinschaft?
07.10.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Wenn mehrere Personen einen Nachlass gemeinsam erben, entsteht eine Erbengemeinschaft. Oft gibt es dann schnell Streit: Soll das geerbte Haus verkauft oder vermietet werden? Wer bekommt wertvolle Erinnerungsstücke, wer den Familienschmuck, die Münzsammlung oder das Auto? Und was passiert mit den Dingen, die sich nicht schnell verkaufen lassen - zum Beispiel Geldanlagen oder gar einem Betrieb? Erbengemeinschaften bestehen in einigen Fällen jahrelang und verwalten das geerbte Vermögen.
Unabhängig davon, ob der Nachlass per Testament oder über die gesetzliche Erbfolge vererbt wurde: In Deutschland erben grundsätzlich nicht einzelne Erben bestimmte Teile oder Gegenstände aus dem Nachlass, sondern dieser wird als Ganzes vererbt. Bestimmte Personen mit einzelnen Gegenständen zu bedenken, ist nur mit besonderen Regelungen im Testament wie etwa einer Teilungsanordnung oder einem Vermächtnis möglich. Gibt es solche Regelungen nicht, bildet der gesamte Nachlass ein gemeinsames Vermögen der Erbengemeinschaft. Dieses muss bis zu seiner offiziellen Aufteilung zunächst einmal gemeinschaftlich verwaltet werden.
Die Erbauseinandersetzung bezeichnet die Aufteilung des Nachlasses unter den Erben. Die Erbauseinandersetzung tritt ein, wenn es mehrere Miterben gibt und deshalb eine Erbengemeinschaft entstanden ist. In dieser Gemeinschaft sind alle Erben zunächst gemeinsam für den gesamten Nachlass verantwortlich.
1. Ziel der Erbauseinandersetzung ist es, die gemeinschaftliche Verwaltung des Erbes zu beenden und den Nachlass unter den Miterben nach den jeweiligen Erbanteilen aufzuteilen. Dies kann durch Einigung oder auf dem Rechtsweg erfolgen.
2. Die Erben können sich untereinander auf eine Verteilung des Nachlasses einigen. Dies ist oft der schnellste und kostengünstigste Weg.
3. Wenn keine Einigung erzielt wird, können Vermögenswerte wie Immobilien verkauft oder durch eine gerichtliche Teilungsversteigerung aufgeteilt werden.
Das deutsche Erbrecht regelt die Verfahrensweise der Erbauseinandersetzung, insbesondere in den §§ 2042–2057a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).
Als einzelner Miterbe haben Sie höchstens dann Zugriff auf einzelne Gegenstände aus dem Nachlass, wenn die Erbengemeinschaft sich aufgelöst und den Nachlass entsprechend aufgeteilt hat. Diesen Vorgang bezeichnet man als "Erbauseinandersetzung". Vorher dürfen Sie sich keine einzelnen Gegenstände aus dem Nachlass aneignen. Tun Sie es doch, haben die anderen Erben einen gerichtlich durchsetzbaren Herausgabeanspruch.
Ausnahme: Der Erblasser hat Ihnen im Rahmen eines Vermächtnisses ausdrücklich einen Gegenstand, etwa ein Schmuckstück oder eine wertvolle Uhr, vermacht. Ein Vermächtnis ist eine besondere testamentarische Regelung. Wer ausschließlich mit einem Vermächtnis bedacht wurde und keine anderen Erbansprüche hat,
ist kein Miterbe und hat in der Erbengemeinschaft nicht mitzureden.
Die Regeln für die Erbengemeinschaft stehen in den §§ 2034 bis 2057a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Danach dürfen Sie als Miterbe oder Miterbin zwar (durch notariellen Vertrag) über den eigenen Anteil am Nachlass verfügen. Sie können also zum Beispiel Ihren 25-Prozent-Anteil am Nachlass einem anderen Miterben überschreiben. Sie können jedoch nicht einfach frei über Ihren Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen verfügen.
Beispiel: Vier Erben haben zu gleichen Teilen einen Nachlass geerbt. Dieser besteht aus vier antiken Stühlen. Jetzt darf nicht ein Erbe einfach einen Stuhl nehmen und verkaufen. Er kann aber seinen Anteil von ¼ am Nachlass verkaufen. Dazu muss ein notarieller Vertrag abgeschlossen werden. In der Praxis verkaufen Miterben oft ihren Erbanteil an andere Erben.
Als Miterbe haben Sie übrigens ein Vorkaufsrecht, wenn ein anderer Miterbe seinen Anteil am Gesamtnachlass verkaufen möchte. Dieses müssen Sie innerhalb von zwei Monaten ausüben. Auch, wenn der andere Miterbe seinen Anteil einem Fremden verkauft hat, dürfen die Miterben gegenüber dem Käufer ein Vorkaufsrecht geltend machen. Derjenige, der seinen Anteil verkaufen will, hat die anderen von dem Geschäft unverzüglich zu unterrichten.
Nutzen die Miterben bei einem Erbteilsverkauf ihr Vorkaufsrecht nicht, wird eine fremde Person Mitglied der Erbengemeinschaft. Entscheidungen zu treffen, kann dadurch schwieriger werden. Der letzte Wille des Erblassers wird möglicherweise durch einen Verkauf von Erbanteilen unterlaufen.
Bis zur Erbauseinandersetzung müssen die Erben den Nachlass gemeinschaftlich verwalten. Dies verursacht Kosten und Aufwand. Im Beispiel der Stühle müssten die Erben diese also sicher einlagern und gemeinsam die Lagerkosten tragen. Irgendwann findet dann die Erbauseinandersetzung und die Nachlassaufteilung statt. Dann einigt man sich zum Beispiel, dass die vier Stühle als Set zu einem guten Preis verkauft werden und teilt den Gewinn entsprechend der Erbquote auf.
Nur: Vielleicht handelt es sich bei dem Nachlass nicht um ein paar Stühle, sondern um ein vermietetes Mehrfamilienhaus oder um einen Betrieb mit 20 Mitarbeitern. Dann kann die Verwaltung schon aufwändiger werden.
Bei der gemeinsamen Verwaltung des Nachlasses ist jeder der Erben gegenüber den anderen verpflichtet, bei Maßnahmen mitzuwirken, die für eine ordnungsgemäße Verwaltung nötig sind. Gerade bei Immobilien kann dies oft erforderlich werden (Instandhaltung, Verträge mit Dienstleistern oder Versorgungsunternehmen, etc.).
Die Erben müssen je nach Wichtigkeit der einzelnen Verwaltungsmaßnahmen entscheiden, ob diese von allen gemeinsam durchgeführt werden sollen, oder durch die Mehrheit der Erben, einen Miterben alleine oder einen Außenstehenden. Wichtige Entscheidungen können die Miterben nur einstimmig treffen. Wenn zum Beispiel ein Erbe eine Abschlagszahlung auf seinen Erbteil erhalten soll, um Schulden zu bezahlen, ist Einstimmigkeit erforderlich.
Beschlüsse, die die ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses betreffen, können mit einfacher Mehrheit erfolgen – zum Beispiel, ob ein Mietvertrag über eine geerbte Immobilie abgeschlossen werden soll. Bei der Stimmenmehrheit wird jedoch nach der Größe der Erbanteile gerechnet und nicht pro Kopf. Alleingänge sind kaum möglich. Die einzige Ausnahme bilden Notfälle, bei denen sofortiges Handeln nötig ist und die anderen Miterben nicht schnell genug erreichbar sind. Beispiel: Eine Immobilie ist durch einen Wasserrohrbruch in ihrer Existenz gefährdet.
Wenn durch die Verwaltung des Nachlasses Gewinne erwirtschaftet werden, erfolgt deren Verteilung erst bei der abschließenden Erbauseinandersetzung. Ist diese für mehr als ein Jahr ausgeschlossen, kann jeder Miterbe am Ende eines jeden Jahres eine Aufteilung des Reinertrages fordern.
Unter den Miterben wird oft um einzelne Nachlassgegenstände gestritten, die entweder besonders wertvoll sind oder an denen jemand ein emotionelles Interesse hat. Probleme gibt es auch häufig, wenn ein Haus zum Nachlass gehört. Vielleicht wohnt noch ein überlebender Elternteil darin. Oder eines der Kinder hängt am Haus und möchte es nicht an Fremde verkaufen. Vielleicht handelt es sich auch um ein Mietshaus, das gute Gewinne abwirft und einige Erben wollen es als Einnahmequelle behalten. Bei einem geerbten Betrieb wird die Lage noch komplizierter. Um den Nachlass aufzuteilen, müsste dieser zerschlagen werden. Häufig sind jahrelange Streitigkeiten die Folge.
Nur bei bestimmten Entscheidungen, etwa hinsichtlich der Verwaltung des Nachlasses, ist dies möglich. Dabei werden die Stimmen nach dem Erbanteil der einzelnen Personen ausgezählt, sodass ein Erbe mit höherem Anteil in der Abstimmung schwerer wiegt. Aber: Wichtige Entscheidungen, etwa über den Verkauf einer geerbten Immobilie, können nur einstimmig getroffen werden.
Eine Erbengemeinschaft hat keine eigene Rechtspersönlichkeit. Sie kann daher nicht selbst Verträge abschließen. Möchte eine Erbengemeinschaft eine Immobilie vermieten, müssen also alle Miterben gemeinsam den Mietvertrag unterschreiben. Ebenso sollten alle rechtlich bedeutsamen Schreiben oder Dokumente von allen gemeinsam unterzeichnet werden – zum Beispiel die Kündigung eines Mieters oder eine Mieterhöhung.
Die Nachlassverbindlichkeiten können von einem Darlehen des Erblassers für den Hausbau bis hin zu seinen Bestattungskosten reichen. Für sie haften die Erben gemeinsam als Gesamtschuldner. Das bedeutet: Ein Gläubiger kann sich grundsätzlich aussuchen, von welchem Erben er sein Geld verlangt. Wenn ein Mitglied der Erbengemeinschaft wegen einer Nachlassverbindlichkeit in Anspruch genommen wurde, müssen ihm die anderen entsprechend ihren Erbanteilen einen Ausgleich bezahlen.
Normalerweise werden die Nachlassverbindlichkeiten vor der Erbauseinandersetzung aus dem Nachlass bezahlt. Dazu muss der Nachlass, soweit erforderlich, in Geld umgewandelt werden. Bis zur Teilung des Nachlasses kann sich jeder Miterbe weigern, Beträge als Nachlassverbindlichkeiten zu bezahlen, die größer sind, als sein Erbanteil.
Zuerst muss die Erbengemeinschaft die sogenannten Nachlassverbindlichkeiten bezahlen. Der verbleibende Überschuss muss dann unter den Erben nach dem Verhältnis ihrer Erbanteile aufgeteilt werden. Für diese Nachlassteilung werden die Erbschaftsgegenstände meist verkauft und der Erlös verteilt. Natürlich ist auch ein Verteilen der Gegenstände selbst zulässig, wenn sich dies ohne Wertminderung entsprechend der Erbanteile machen lässt.
Mit der Erbauseinandersetzung ist die Erbengemeinschaft beendet. Jeder Miterbe darf jederzeit die Auseinandersetzung verlangen. Weigern sich die Miterben, kann er auf Erbauseinandersetzung klagen.
Empfehlenswert ist der Abschluss eines Auseinandersetzungsvertrages. Dieser ist nicht an eine bestimmte Form gebunden, sollte jedoch schriftlich geschlossen werden. Er muss jedoch in zwei Fällen notariell beurkundet werden: Wenn Grundstücke zu den Nachlassgegenständen gehören und bei der Übertragung von GmbH-Anteilen. Wenn keine Einigung über den Nachlass möglich ist, kann man das Nachlassgericht um Vermittlung bitten. Dies gehört zu seinen Aufgaben und erfolgt auf Antrag eines Miterben. Allerdings darf das Gericht keinen eigenen Teilungsplan vorlegen. Dafür entstehene Gerichtsgebühren, deren Höhe sich nach der Höhe des Nachlasses richtet.
Die Erbauseinandersetzung kann für eine bestimmte Zeit ausgeschlossen sein. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn
- ein Miterbe dies wegen eines Aufgebotsverfahrens zur Ermittlung unbekannter Nachlassgläubiger wünscht,
- die Erbteile wegen der zu erwartenden Geburt eines Miterben unklar sind,
- der Erblasser entsprechende Regelungen im Testament getroffen hat.
Die Mitglieder einer Erbengemeinschaft sollten eine Erbauseinandersetzung immer als schriftlichen Vertrag festhalten – mit notarieller Beurkundung, sobald Immobilien oder GmbH-Anteile im Spiel sind. Allerdings kann ein solcher Vertrag, wie jedes gegenseitige Rechtsgeschäft, angefochten werden. Eine solche Anfechtung kann zum Beispiel wegen arglistiger Täuschung erfolgen, wenn ein Miterbe den anderen nicht mitteilt, dass er vorher rechtswirksam auf seinen Erbteil verzichtet hat. Dies hat das Oberlandesgericht München entschieden (24.6.2009, Az. 20 U 4882/08).
Eine Erbengemeinschaft führt oft zum Streit, wenn Immobilien vererbt werden, über deren weiteres Schicksal sich die Erben nicht einig sind oder die vermietet sind und längere Zeit von der Gemeinschaft verwaltet werden müssen. Für Probleme sorgen häufig auch vererbte Betriebe, wenn deren Zerschlagung zur Auszahlung der Erbanteile nötig wäre. Eine gründliche Beratung durch einen Fachanwalt für Erbrecht ist in solchen Fällen zu empfehlen.
Das Wichtigste in Kürze
1. Entstehung: In Deutschland wird der Nachlass des Erblassers grundsätzlich als Ganzes an die testamentarischen oder gesetzlichen Erben vererbt. Diese werden deshalb zu einer Erbengemeinschaft.
2. Erbauseinandersetzung: Ziel der Erbauseinandersetzung ist es, die gemeinschaftliche Verwaltung des Erbes zu beenden und den Nachlass unter den Miterben nach den jeweiligen Erbanteilen aufzuteilen.
3. Mitwirkungspflichten: Bei der gemeinsamen Verwaltung des Nachlasses im Rahmen der Erbengemeinschaft ist jeder der Erben gegenüber den anderen verpflichtet, bei Maßnahmen mitzuwirken, die für eine ordnungsgemäße Verwaltung nötig sind.
1. Entstehung: In Deutschland wird der Nachlass des Erblassers grundsätzlich als Ganzes an die testamentarischen oder gesetzlichen Erben vererbt. Diese werden deshalb zu einer Erbengemeinschaft.
2. Erbauseinandersetzung: Ziel der Erbauseinandersetzung ist es, die gemeinschaftliche Verwaltung des Erbes zu beenden und den Nachlass unter den Miterben nach den jeweiligen Erbanteilen aufzuteilen.
3. Mitwirkungspflichten: Bei der gemeinsamen Verwaltung des Nachlasses im Rahmen der Erbengemeinschaft ist jeder der Erben gegenüber den anderen verpflichtet, bei Maßnahmen mitzuwirken, die für eine ordnungsgemäße Verwaltung nötig sind.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wie entsteht eine Erbengemeinschaft? Was meint der Begriff Erbauseinandersetzung? Kann ich als Miterbe auf Sachen aus dem Nachlass zugreifen? Welche Rechte habe ich als Miterbe in einer Erbengemeinschaft? Welche Nachteile hat der Verkauf eines Erbteils? Wie wird der Nachlass bis zur Aufteilung verwaltet? Wodurch entsteht oft Streit in ener Erbengemeinschaft? Kann ein Miterbe einer Erbengemeinschaft überstimmt werden? Kann eine Erbengemeinschaft Verträge abschließen? Wer haftet für Schulden des Erblassers? Wie wird der Nachlass bei einer Erbengemeinschaft aufgeteilt? Kann man eine Erbauseinandersetzung anfechten? Praxistipp zur Erbengemeinschaft Wie entsteht eine Erbengemeinschaft?
Unabhängig davon, ob der Nachlass per Testament oder über die gesetzliche Erbfolge vererbt wurde: In Deutschland erben grundsätzlich nicht einzelne Erben bestimmte Teile oder Gegenstände aus dem Nachlass, sondern dieser wird als Ganzes vererbt. Bestimmte Personen mit einzelnen Gegenständen zu bedenken, ist nur mit besonderen Regelungen im Testament wie etwa einer Teilungsanordnung oder einem Vermächtnis möglich. Gibt es solche Regelungen nicht, bildet der gesamte Nachlass ein gemeinsames Vermögen der Erbengemeinschaft. Dieses muss bis zu seiner offiziellen Aufteilung zunächst einmal gemeinschaftlich verwaltet werden.
Was meint der Begriff Erbauseinandersetzung?
Die Erbauseinandersetzung bezeichnet die Aufteilung des Nachlasses unter den Erben. Die Erbauseinandersetzung tritt ein, wenn es mehrere Miterben gibt und deshalb eine Erbengemeinschaft entstanden ist. In dieser Gemeinschaft sind alle Erben zunächst gemeinsam für den gesamten Nachlass verantwortlich.
1. Ziel der Erbauseinandersetzung ist es, die gemeinschaftliche Verwaltung des Erbes zu beenden und den Nachlass unter den Miterben nach den jeweiligen Erbanteilen aufzuteilen. Dies kann durch Einigung oder auf dem Rechtsweg erfolgen.
2. Die Erben können sich untereinander auf eine Verteilung des Nachlasses einigen. Dies ist oft der schnellste und kostengünstigste Weg.
3. Wenn keine Einigung erzielt wird, können Vermögenswerte wie Immobilien verkauft oder durch eine gerichtliche Teilungsversteigerung aufgeteilt werden.
Das deutsche Erbrecht regelt die Verfahrensweise der Erbauseinandersetzung, insbesondere in den §§ 2042–2057a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).
Kann ich als Miterbe auf Sachen aus dem Nachlass zugreifen?
Als einzelner Miterbe haben Sie höchstens dann Zugriff auf einzelne Gegenstände aus dem Nachlass, wenn die Erbengemeinschaft sich aufgelöst und den Nachlass entsprechend aufgeteilt hat. Diesen Vorgang bezeichnet man als "Erbauseinandersetzung". Vorher dürfen Sie sich keine einzelnen Gegenstände aus dem Nachlass aneignen. Tun Sie es doch, haben die anderen Erben einen gerichtlich durchsetzbaren Herausgabeanspruch.
Ausnahme: Der Erblasser hat Ihnen im Rahmen eines Vermächtnisses ausdrücklich einen Gegenstand, etwa ein Schmuckstück oder eine wertvolle Uhr, vermacht. Ein Vermächtnis ist eine besondere testamentarische Regelung. Wer ausschließlich mit einem Vermächtnis bedacht wurde und keine anderen Erbansprüche hat,
ist kein Miterbe und hat in der Erbengemeinschaft nicht mitzureden.
Welche Rechte habe ich als Miterbe in einer Erbengemeinschaft?
Die Regeln für die Erbengemeinschaft stehen in den §§ 2034 bis 2057a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Danach dürfen Sie als Miterbe oder Miterbin zwar (durch notariellen Vertrag) über den eigenen Anteil am Nachlass verfügen. Sie können also zum Beispiel Ihren 25-Prozent-Anteil am Nachlass einem anderen Miterben überschreiben. Sie können jedoch nicht einfach frei über Ihren Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen verfügen.
Beispiel: Vier Erben haben zu gleichen Teilen einen Nachlass geerbt. Dieser besteht aus vier antiken Stühlen. Jetzt darf nicht ein Erbe einfach einen Stuhl nehmen und verkaufen. Er kann aber seinen Anteil von ¼ am Nachlass verkaufen. Dazu muss ein notarieller Vertrag abgeschlossen werden. In der Praxis verkaufen Miterben oft ihren Erbanteil an andere Erben.
Als Miterbe haben Sie übrigens ein Vorkaufsrecht, wenn ein anderer Miterbe seinen Anteil am Gesamtnachlass verkaufen möchte. Dieses müssen Sie innerhalb von zwei Monaten ausüben. Auch, wenn der andere Miterbe seinen Anteil einem Fremden verkauft hat, dürfen die Miterben gegenüber dem Käufer ein Vorkaufsrecht geltend machen. Derjenige, der seinen Anteil verkaufen will, hat die anderen von dem Geschäft unverzüglich zu unterrichten.
Welche Nachteile hat der Verkauf eines Erbteils?
Nutzen die Miterben bei einem Erbteilsverkauf ihr Vorkaufsrecht nicht, wird eine fremde Person Mitglied der Erbengemeinschaft. Entscheidungen zu treffen, kann dadurch schwieriger werden. Der letzte Wille des Erblassers wird möglicherweise durch einen Verkauf von Erbanteilen unterlaufen.
Wie wird der Nachlass bis zur Aufteilung verwaltet?
Bis zur Erbauseinandersetzung müssen die Erben den Nachlass gemeinschaftlich verwalten. Dies verursacht Kosten und Aufwand. Im Beispiel der Stühle müssten die Erben diese also sicher einlagern und gemeinsam die Lagerkosten tragen. Irgendwann findet dann die Erbauseinandersetzung und die Nachlassaufteilung statt. Dann einigt man sich zum Beispiel, dass die vier Stühle als Set zu einem guten Preis verkauft werden und teilt den Gewinn entsprechend der Erbquote auf.
Nur: Vielleicht handelt es sich bei dem Nachlass nicht um ein paar Stühle, sondern um ein vermietetes Mehrfamilienhaus oder um einen Betrieb mit 20 Mitarbeitern. Dann kann die Verwaltung schon aufwändiger werden.
Bei der gemeinsamen Verwaltung des Nachlasses ist jeder der Erben gegenüber den anderen verpflichtet, bei Maßnahmen mitzuwirken, die für eine ordnungsgemäße Verwaltung nötig sind. Gerade bei Immobilien kann dies oft erforderlich werden (Instandhaltung, Verträge mit Dienstleistern oder Versorgungsunternehmen, etc.).
Die Erben müssen je nach Wichtigkeit der einzelnen Verwaltungsmaßnahmen entscheiden, ob diese von allen gemeinsam durchgeführt werden sollen, oder durch die Mehrheit der Erben, einen Miterben alleine oder einen Außenstehenden. Wichtige Entscheidungen können die Miterben nur einstimmig treffen. Wenn zum Beispiel ein Erbe eine Abschlagszahlung auf seinen Erbteil erhalten soll, um Schulden zu bezahlen, ist Einstimmigkeit erforderlich.
Beschlüsse, die die ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses betreffen, können mit einfacher Mehrheit erfolgen – zum Beispiel, ob ein Mietvertrag über eine geerbte Immobilie abgeschlossen werden soll. Bei der Stimmenmehrheit wird jedoch nach der Größe der Erbanteile gerechnet und nicht pro Kopf. Alleingänge sind kaum möglich. Die einzige Ausnahme bilden Notfälle, bei denen sofortiges Handeln nötig ist und die anderen Miterben nicht schnell genug erreichbar sind. Beispiel: Eine Immobilie ist durch einen Wasserrohrbruch in ihrer Existenz gefährdet.
Wenn durch die Verwaltung des Nachlasses Gewinne erwirtschaftet werden, erfolgt deren Verteilung erst bei der abschließenden Erbauseinandersetzung. Ist diese für mehr als ein Jahr ausgeschlossen, kann jeder Miterbe am Ende eines jeden Jahres eine Aufteilung des Reinertrages fordern.
Wodurch entsteht oft Streit in ener Erbengemeinschaft?
Unter den Miterben wird oft um einzelne Nachlassgegenstände gestritten, die entweder besonders wertvoll sind oder an denen jemand ein emotionelles Interesse hat. Probleme gibt es auch häufig, wenn ein Haus zum Nachlass gehört. Vielleicht wohnt noch ein überlebender Elternteil darin. Oder eines der Kinder hängt am Haus und möchte es nicht an Fremde verkaufen. Vielleicht handelt es sich auch um ein Mietshaus, das gute Gewinne abwirft und einige Erben wollen es als Einnahmequelle behalten. Bei einem geerbten Betrieb wird die Lage noch komplizierter. Um den Nachlass aufzuteilen, müsste dieser zerschlagen werden. Häufig sind jahrelange Streitigkeiten die Folge.
Kann ein Miterbe einer Erbengemeinschaft überstimmt werden?
Nur bei bestimmten Entscheidungen, etwa hinsichtlich der Verwaltung des Nachlasses, ist dies möglich. Dabei werden die Stimmen nach dem Erbanteil der einzelnen Personen ausgezählt, sodass ein Erbe mit höherem Anteil in der Abstimmung schwerer wiegt. Aber: Wichtige Entscheidungen, etwa über den Verkauf einer geerbten Immobilie, können nur einstimmig getroffen werden.
Kann eine Erbengemeinschaft Verträge abschließen?
Eine Erbengemeinschaft hat keine eigene Rechtspersönlichkeit. Sie kann daher nicht selbst Verträge abschließen. Möchte eine Erbengemeinschaft eine Immobilie vermieten, müssen also alle Miterben gemeinsam den Mietvertrag unterschreiben. Ebenso sollten alle rechtlich bedeutsamen Schreiben oder Dokumente von allen gemeinsam unterzeichnet werden – zum Beispiel die Kündigung eines Mieters oder eine Mieterhöhung.
Wer haftet für Schulden des Erblassers?
Die Nachlassverbindlichkeiten können von einem Darlehen des Erblassers für den Hausbau bis hin zu seinen Bestattungskosten reichen. Für sie haften die Erben gemeinsam als Gesamtschuldner. Das bedeutet: Ein Gläubiger kann sich grundsätzlich aussuchen, von welchem Erben er sein Geld verlangt. Wenn ein Mitglied der Erbengemeinschaft wegen einer Nachlassverbindlichkeit in Anspruch genommen wurde, müssen ihm die anderen entsprechend ihren Erbanteilen einen Ausgleich bezahlen.
Normalerweise werden die Nachlassverbindlichkeiten vor der Erbauseinandersetzung aus dem Nachlass bezahlt. Dazu muss der Nachlass, soweit erforderlich, in Geld umgewandelt werden. Bis zur Teilung des Nachlasses kann sich jeder Miterbe weigern, Beträge als Nachlassverbindlichkeiten zu bezahlen, die größer sind, als sein Erbanteil.
Wie wird der Nachlass bei einer Erbengemeinschaft aufgeteilt?
Zuerst muss die Erbengemeinschaft die sogenannten Nachlassverbindlichkeiten bezahlen. Der verbleibende Überschuss muss dann unter den Erben nach dem Verhältnis ihrer Erbanteile aufgeteilt werden. Für diese Nachlassteilung werden die Erbschaftsgegenstände meist verkauft und der Erlös verteilt. Natürlich ist auch ein Verteilen der Gegenstände selbst zulässig, wenn sich dies ohne Wertminderung entsprechend der Erbanteile machen lässt.
Mit der Erbauseinandersetzung ist die Erbengemeinschaft beendet. Jeder Miterbe darf jederzeit die Auseinandersetzung verlangen. Weigern sich die Miterben, kann er auf Erbauseinandersetzung klagen.
Empfehlenswert ist der Abschluss eines Auseinandersetzungsvertrages. Dieser ist nicht an eine bestimmte Form gebunden, sollte jedoch schriftlich geschlossen werden. Er muss jedoch in zwei Fällen notariell beurkundet werden: Wenn Grundstücke zu den Nachlassgegenständen gehören und bei der Übertragung von GmbH-Anteilen. Wenn keine Einigung über den Nachlass möglich ist, kann man das Nachlassgericht um Vermittlung bitten. Dies gehört zu seinen Aufgaben und erfolgt auf Antrag eines Miterben. Allerdings darf das Gericht keinen eigenen Teilungsplan vorlegen. Dafür entstehene Gerichtsgebühren, deren Höhe sich nach der Höhe des Nachlasses richtet.
Die Erbauseinandersetzung kann für eine bestimmte Zeit ausgeschlossen sein. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn
- ein Miterbe dies wegen eines Aufgebotsverfahrens zur Ermittlung unbekannter Nachlassgläubiger wünscht,
- die Erbteile wegen der zu erwartenden Geburt eines Miterben unklar sind,
- der Erblasser entsprechende Regelungen im Testament getroffen hat.
Kann man eine Erbauseinandersetzung anfechten?
Die Mitglieder einer Erbengemeinschaft sollten eine Erbauseinandersetzung immer als schriftlichen Vertrag festhalten – mit notarieller Beurkundung, sobald Immobilien oder GmbH-Anteile im Spiel sind. Allerdings kann ein solcher Vertrag, wie jedes gegenseitige Rechtsgeschäft, angefochten werden. Eine solche Anfechtung kann zum Beispiel wegen arglistiger Täuschung erfolgen, wenn ein Miterbe den anderen nicht mitteilt, dass er vorher rechtswirksam auf seinen Erbteil verzichtet hat. Dies hat das Oberlandesgericht München entschieden (24.6.2009, Az. 20 U 4882/08).
Praxistipp zur Erbengemeinschaft
Eine Erbengemeinschaft führt oft zum Streit, wenn Immobilien vererbt werden, über deren weiteres Schicksal sich die Erben nicht einig sind oder die vermietet sind und längere Zeit von der Gemeinschaft verwaltet werden müssen. Für Probleme sorgen häufig auch vererbte Betriebe, wenn deren Zerschlagung zur Auszahlung der Erbanteile nötig wäre. Eine gründliche Beratung durch einen Fachanwalt für Erbrecht ist in solchen Fällen zu empfehlen.
(Bu)