Wann kann eine Schenkung widerrufen und zurückgefordert werden?
22.08.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Mit Hilfe einer Erbschaft kann man seiner Verwandtschaft etwas von seinem Vermögen zukommen lassen. Natürlich kann man den Betreffenden auch einfach zu Lebzeiten ein Geschenk machen. Dann spricht man von einer vorweggenommenen Erbfolge. Bei einer Schenkung ist, genau wie bei einer Erbschaft, die Erbschaft- und Schenkungssteuer zu zahlen. Allerdings sind bei einer Schenkung weniger Regeln zu beachten, als bei einer Erbschaft. Wissen sollte man, dass Pflichtteilsberechtigte einen Pflichtteilsergänzungs-Anspruch haben, sofern ihr Pflichtteil durch eine Schenkung geschmälert wurde. Manchmal empfiehlt sich ein notarieller Schenkungsvertrag. In bestimmten Fällen kann eine Schenkung widerrufen werden.
Unter einer Schenkung versteht man eine einseitige Zuwendung, also eine Gabe ohne Gegenleistung. Die Schenkung, genauer das Versprechen einer Schenkung ist ein Vertrag. Die §§ 516 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) enthalten dazu sogar gesetzliche Regelungen. Nun könnte man sich fragen, warum eine einseitige Leistung ein Vertrag ist. Die Juristen erklären dies damit, dass es sich eben um einen Vertrag handelt, der nur einseitig verpflichtend ist. Schließlich muss zwischen dem Schenker und dem Beschenkten Einigkeit darüber bestehen, dass es sich um eine Leistung ohne Gegenleistung handeln soll.
Gemäß § 518 BGB muss ein Schenkungsversprechen notariell beurkundet werden. Muss man nun also mit dem neuen coolen Smartphone für die 14-jährige Tochter zum Notar gehen? Nein. Der zweite Absatz der Vorschrift hält einen praktikablen Ausweg bereit: "Der Mangel der Form wird durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt." Übersetzt: Wenn man das Geschenk übergeben hat, ist die Schenkung rechtsgültig – auch ohne Notar. Für solche Geschenke gibt es einen besonderen Begriff: Die "Handschenkung". Dabei wird dem Beschenkten das Geschenk sofort "in die Hand gedrückt."
Die notarielle Beurkundung ist vom Gesetzgeber für den Fall vorgesehen, dass das Geschenk nicht gleich übergeben wird. Ohne Beurkundung besteht kein Anspruch auf das Geschenk. Das Schenkungsversprechen ist unwirksam.
Man darf nur verschenken, was einem selbst gehört. Eltern dürfen also nicht einfach Vermögen ihrer minderjährigen Kinder verschenken. Dies gilt auch für einen Vormund. Ausnahme: Es besteht eine sogenannte "sittliche Pflicht". Wer für einen anderen zum Betreuer bestellt wurde, darf außerdem aus dessen Vermögen Gelegenheitsgeschenke vornehmen. Zumindest dann, wenn es dem Wunsch des Betreuten entspricht und nach dessen Lebensverhältnissen auch üblich ist. Außerdem darf der Betreuer – mit Genehmigung des Gerichts – sogenannte Ausstattungen (Beispiel: Mitgift) an Kinder der betreuten Person aushändigen.
Vor dem Landgericht Kassel wurde der Fall einer alten Dame behandelt, die in ein Pflegeheim gekommen war. Wegen mehrerer Erkrankungen war für sie ein Betreuer bestellt worden. Dieser verkaufte mit Genehmigung des Betreuungsgerichts ihr Haus. Die Seniorin wünschte sich nun, dass ihre beiden Söhne je 40.000 Euro aus dem Verkauf bekommen sollten. Der eine Sohn war in finanziellen Schwierigkeiten, und sie wollte nicht ungerecht sein. Der Betreuer wollte das Geld auszahlen. Das Betreuungsgericht genehmigte dies nicht. Hier sah das Landgericht Kassel jedoch eine Schenkung aus sittlicher Pflicht: Ein gegenseitiges Unterstützen, auch finanziell, entspreche den durchschnittlichen Moralvorstellungen einer intakten Familie. Auch könne die Dame das Pflegeheim trotzdem bezahlen. Daher war die Schenkung zu genehmigen (Beschluss vom 12.10.2012, Az. 3 T 349/12).
Eine Schenkung kann aus mehreren Gründen rückgängig gemacht werden. Zum Beispiel kann der Schenker die Schenkung nach § 528 BGB zurückfordern, weil er verarmt ist und seinen eigenen Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten kann. Zurückfordern darf man ein Geschenk auch dann, wenn man eigene Unterhaltspflichten gegenüber anderen Personen nicht mehr erfüllen kann. Wenn das Geschenk inzwischen weiterverschenkt wurde, kann der Beschenkte dessen Wert zurückzahlen.
Auch kann eine Schenkung nach § 530 BGB widerrufen werden. Voraussetzung für den Widerruf der Schenkung ist, dass der Beschenkte sich durch eine schwere Verfehlung gegenüber dem Schenker oder dessen nahen Angehörigen grob undankbar gezeigt hat. Ein Recht zum Widerruf der Schenkung kann sogar den Erben des Schenkers zustehen. Dies gilt aber nur in dem extremen Fall, dass der Beschenkte vorsätzlich und widerrechtlich den Schenker getötet oder ihn am Widerruf der Schenkung gehindert hat.
Pflicht- und Anstandsschenkungen, also solche, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer moralisch veranlassten Rücksichtnahme entsprochen wird, können nicht widerrufen werden.
Eine ältere Dame hatte ihrem Sohn das Hausgrundstück geschenkt, auf dem sie wohnte. Dabei hatte sie sich ein lebenslanges Wohnrecht vorbehalten. Ihr Sohn bekam eine Vorsorgevollmacht, eine Kontovollmacht und schließlich eine notariell beurkundete General- und Betreuungsvollmacht.
Dann wurde sie nach einem Sturz ins Krankenhaus eingeliefert. Nach ihrer Entlassung wollte das Krankenhaus sie in eine Kurzzeitpflege überweisen. Schließlich wohnte sie allein und konnte sich noch nicht selbst versorgen. Ihr Sohn brachte sie jedoch in einer von ihm ausgesuchten Dauer-Pflegeeinrichtung unter. Schon vor ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus hatte er ihren Hausnotrufvertrag und ihren Telefonanschluss gekündigt und die Abschlagszahlungen an die Stadtwerke herabgesetzt.
Die Mutter war darüber gar nicht begeistert und widerrief die dem Sohn erteilten Vollmachten. Mit Hilfe von Nachbarn setzte sie Schreiben auf, um eine Kurzzeitpflege zu beantragen, bis eine häusliche Pflege organisiert werden könne. Nun kam es zu einer längeren Auseinandersetzung, bei der ihr Sohn versuchte, seine Mutter von allen Kontakten zu Nachbarn und sogar zu ihrem Anwalt abzuschneiden. Sein Argument: Seine Mutter sei dement und könne ihre Situation gar nicht mehr einschätzen. Ein vom Betreuungsgericht eingeholtes psychiatrisches Gutachten bescheinigte der Seniorin zwar die Fähigkeit zu einer freien Willensbildung, aber auch eine beginnende dementielle Entwicklung. Aus dieser ergäbe sich eine Hilfsbedürftigkeit in einigen Lebensbereichen. Daraufhin bestellte das Betreuungsgericht den Ehemann ihrer Nichte zu ihrem vorläufigen Betreuer.
Nun widerrief die Mutter die Schenkung des Hausgrundstücks wegen groben Undanks. Mit dem Abschluss eines Pflegevertrags habe ihr Sohn die ihm erteilte Vollmacht missbraucht. Auch habe er im Betreuungsverfahren und gegenüber Dritten geäußert, sie sei nicht mehr dazu in der Lage, einen eigenen Willen zu bilden. Dann verklagte die Mutter ihren Sohn auf Rückübereignung des Grundstücks. Während des Verfahrens verstarb sie. Ihre Erben setzten den Prozess fort.
Der Bundesgerichtshof erläuterte dazu, dass der Widerruf einer Schenkung eine Verfehlung des Beschenkten von einer gewissen Schwere voraussetze. Die Verfehlung müsse außerdem Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten sein, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lasse, die man als Schenkender einfach erwarten dürfe.
Ob die Voraussetzungen für einen Widerruf der Schenkung erfüllt seien, sei nur durch eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Das Oberlandesgericht als Vorinstanz habe vorrangig darauf abgestellt, dass der Sohn auf Basis mehrerer Gutachten von der Geschäftsunfähigkeit seiner Mutter ausgehen durfte.
Es habe jedoch nicht berücksichtigt, dass die Mutter als Schenkerin unabhängig von ihrer Geschäftsfähigkeit erwarten durfte, dass der von ihr umfassend bevollmächtigte Sohn ihre personelle Autonomie respektierte. Erst einmal hätte er sie also fragen müssen, welche Art der Pflege sie sich selbst wünsche. Dann hätte er ihren Willen, soweit nach den Umständen möglich, berücksichtigen müssen. Ansonsten hätte er jedenfalls seine Gründe mit ihr besprechen müssen.
Der Fall wurde an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses hatte nicht weiter untersucht, warum der Sohn all dies unterlassen hatte. Der BGH betonte aber: Ein Schenker darf auch bei umfassender Bevollmächtigung des Beschenkten erwarten, dass dieser von seinen rechtlichen Befugnissen schonenden Gebrauch macht und die personelle Autonomie des Schenkers so gut wie möglich respektiert (Urteil vom 25.3.2014, Az. X ZR 94/12).
Wer sich darauf berufen will, dass er noch zu Lebzeiten des Erblassers ein Geschenk von diesem erhalten hat, muss dies auch beweisen können.
So hat das Landgericht Coburg entschieden. Im verhandelten Fall konnte ein Sohn nicht beweisen, dass seine Mutter ihm vor ihrem Tod ein Auto geschenkt hatte.
Die Mutter war wegen einer Erkrankung zu einem ihrer drei Söhne gezogen. Dorthin war auch ihr Auto gebracht worden. Die Mutter verstarb noch im selben Jahr. Sämtliche Autoschlüssel lagen bei dem Sohn, bei dem sie gewohnt hatte. Den Fahrzeugbrief hatte jedoch ein anderer Sohn. Dieser berief sich darauf, dass sie ihm das Auto zu Lebzeiten geschenkt habe. Er schlug die Erbschaft der Mutter aus, während seine Brüder diese akzeptierten.
Die beiden Brüder beriefen sich nun darauf, dass der dritte Bruder den Fahrzeugbrief eigenmächtig an sich genommen habe. Sie forderten die Herausgabe des Pkw als Teil ihres Erbes. Inzwischen hatte der dritte Bruder das Auto in seinen Besitz gebracht. Der beklagte Bruder behauptete weiterhin, dass seine Mutter ihm den PKW geschenkt habe. Dabei habe er den Fahrzeugbrief bekommen. Die Mutter habe das Fahrzeug aber noch behalten, um es bis zu ihrem Ableben weiter nutzen zu können.
Hier bezweifelte das Gericht eine Schenkung. Es ging davon aus, dass dem Beklagten dann auch der Zweitschlüssel zur Legitimation übergeben worden wäre, weil ja die Mutter zur Nutzung des Fahrzeugs nur einen Schlüssel benötigt hätte. Der Besitz des Fahrzeugbriefes reiche nicht aus, da nicht erwiesen sei, dass die Mutter dem Beklagten tatsächlich den Fahrzeugbrief übergeben habe. Dass er das Fahrzeug in seinem Besitz hatte, sprach nicht für ihn: Er hatte das Auto eigenmächtig vom Wohnsitz seiner Mutter entfernt. Daher entschied das Gericht, dass er das Auto an seine Brüder herausgeben müsse.
Ein Schenkungsversprechen sei nur dann wirksam, wenn es notariell vereinbart werde. Ohne notarielle Vereinbarung müsse eine Schenkung auch vollzogen werden, damit sie wirksam werde. Wenn der Schenker den Gegenstand zunächst weiter nutzen wolle, sei eine genaue schriftliche Dokumentation des Schenkungsvorgangs empfehlenswert (Urteil vom 12. November 2013, Az. 22 O 68/13).
Gerade dann, wenn eine Schenkung eine Erbschaft vorwegnehmen soll, kann es zu rechtlichen Problemen kommen. Der Widerruf einer Schenkung sorgt regelmäßig für
Streit. Eine Beratung durch einen Fachanwalt für Erbrecht ist dann besonders zu empfehlen.
Viele Menschen verschenken ihr Vermögen bereits zu Lebzeiten, anstatt es zu vererben. Eine Schenkung kann aber auch widerrufen werden, wenn der Beschenkte sich als grob undankbar erwiesen hat.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was versteht das Gesetz unter einer Schenkung? Wann ist eine notarielle Beurkundung erforderlich? Was darf man nicht verschenken? Ist eine Schenkung durch den Betreuer möglich? Rückforderung der Schenkung: Was sagt das Gesetz? Wann kann nicht widerrufen werden? Fall: Rückforderung eines Hausgrundstücks Welche Grundsätze hat der Bundesgerichtshof aufgestellt? Fall: Auto-Schenkung vor dem Tod Praxistipp zum Widerruf einer Schenkung Was versteht das Gesetz unter einer Schenkung?
Unter einer Schenkung versteht man eine einseitige Zuwendung, also eine Gabe ohne Gegenleistung. Die Schenkung, genauer das Versprechen einer Schenkung ist ein Vertrag. Die §§ 516 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) enthalten dazu sogar gesetzliche Regelungen. Nun könnte man sich fragen, warum eine einseitige Leistung ein Vertrag ist. Die Juristen erklären dies damit, dass es sich eben um einen Vertrag handelt, der nur einseitig verpflichtend ist. Schließlich muss zwischen dem Schenker und dem Beschenkten Einigkeit darüber bestehen, dass es sich um eine Leistung ohne Gegenleistung handeln soll.
Wann ist eine notarielle Beurkundung erforderlich?
Gemäß § 518 BGB muss ein Schenkungsversprechen notariell beurkundet werden. Muss man nun also mit dem neuen coolen Smartphone für die 14-jährige Tochter zum Notar gehen? Nein. Der zweite Absatz der Vorschrift hält einen praktikablen Ausweg bereit: "Der Mangel der Form wird durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt." Übersetzt: Wenn man das Geschenk übergeben hat, ist die Schenkung rechtsgültig – auch ohne Notar. Für solche Geschenke gibt es einen besonderen Begriff: Die "Handschenkung". Dabei wird dem Beschenkten das Geschenk sofort "in die Hand gedrückt."
Die notarielle Beurkundung ist vom Gesetzgeber für den Fall vorgesehen, dass das Geschenk nicht gleich übergeben wird. Ohne Beurkundung besteht kein Anspruch auf das Geschenk. Das Schenkungsversprechen ist unwirksam.
Was darf man nicht verschenken?
Man darf nur verschenken, was einem selbst gehört. Eltern dürfen also nicht einfach Vermögen ihrer minderjährigen Kinder verschenken. Dies gilt auch für einen Vormund. Ausnahme: Es besteht eine sogenannte "sittliche Pflicht". Wer für einen anderen zum Betreuer bestellt wurde, darf außerdem aus dessen Vermögen Gelegenheitsgeschenke vornehmen. Zumindest dann, wenn es dem Wunsch des Betreuten entspricht und nach dessen Lebensverhältnissen auch üblich ist. Außerdem darf der Betreuer – mit Genehmigung des Gerichts – sogenannte Ausstattungen (Beispiel: Mitgift) an Kinder der betreuten Person aushändigen.
Ist eine Schenkung durch den Betreuer möglich?
Vor dem Landgericht Kassel wurde der Fall einer alten Dame behandelt, die in ein Pflegeheim gekommen war. Wegen mehrerer Erkrankungen war für sie ein Betreuer bestellt worden. Dieser verkaufte mit Genehmigung des Betreuungsgerichts ihr Haus. Die Seniorin wünschte sich nun, dass ihre beiden Söhne je 40.000 Euro aus dem Verkauf bekommen sollten. Der eine Sohn war in finanziellen Schwierigkeiten, und sie wollte nicht ungerecht sein. Der Betreuer wollte das Geld auszahlen. Das Betreuungsgericht genehmigte dies nicht. Hier sah das Landgericht Kassel jedoch eine Schenkung aus sittlicher Pflicht: Ein gegenseitiges Unterstützen, auch finanziell, entspreche den durchschnittlichen Moralvorstellungen einer intakten Familie. Auch könne die Dame das Pflegeheim trotzdem bezahlen. Daher war die Schenkung zu genehmigen (Beschluss vom 12.10.2012, Az. 3 T 349/12).
Rückforderung der Schenkung: Was sagt das Gesetz?
Eine Schenkung kann aus mehreren Gründen rückgängig gemacht werden. Zum Beispiel kann der Schenker die Schenkung nach § 528 BGB zurückfordern, weil er verarmt ist und seinen eigenen Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten kann. Zurückfordern darf man ein Geschenk auch dann, wenn man eigene Unterhaltspflichten gegenüber anderen Personen nicht mehr erfüllen kann. Wenn das Geschenk inzwischen weiterverschenkt wurde, kann der Beschenkte dessen Wert zurückzahlen.
Auch kann eine Schenkung nach § 530 BGB widerrufen werden. Voraussetzung für den Widerruf der Schenkung ist, dass der Beschenkte sich durch eine schwere Verfehlung gegenüber dem Schenker oder dessen nahen Angehörigen grob undankbar gezeigt hat. Ein Recht zum Widerruf der Schenkung kann sogar den Erben des Schenkers zustehen. Dies gilt aber nur in dem extremen Fall, dass der Beschenkte vorsätzlich und widerrechtlich den Schenker getötet oder ihn am Widerruf der Schenkung gehindert hat.
Wann kann nicht widerrufen werden?
Pflicht- und Anstandsschenkungen, also solche, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer moralisch veranlassten Rücksichtnahme entsprochen wird, können nicht widerrufen werden.
Fall: Rückforderung eines Hausgrundstücks
Eine ältere Dame hatte ihrem Sohn das Hausgrundstück geschenkt, auf dem sie wohnte. Dabei hatte sie sich ein lebenslanges Wohnrecht vorbehalten. Ihr Sohn bekam eine Vorsorgevollmacht, eine Kontovollmacht und schließlich eine notariell beurkundete General- und Betreuungsvollmacht.
Dann wurde sie nach einem Sturz ins Krankenhaus eingeliefert. Nach ihrer Entlassung wollte das Krankenhaus sie in eine Kurzzeitpflege überweisen. Schließlich wohnte sie allein und konnte sich noch nicht selbst versorgen. Ihr Sohn brachte sie jedoch in einer von ihm ausgesuchten Dauer-Pflegeeinrichtung unter. Schon vor ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus hatte er ihren Hausnotrufvertrag und ihren Telefonanschluss gekündigt und die Abschlagszahlungen an die Stadtwerke herabgesetzt.
Die Mutter war darüber gar nicht begeistert und widerrief die dem Sohn erteilten Vollmachten. Mit Hilfe von Nachbarn setzte sie Schreiben auf, um eine Kurzzeitpflege zu beantragen, bis eine häusliche Pflege organisiert werden könne. Nun kam es zu einer längeren Auseinandersetzung, bei der ihr Sohn versuchte, seine Mutter von allen Kontakten zu Nachbarn und sogar zu ihrem Anwalt abzuschneiden. Sein Argument: Seine Mutter sei dement und könne ihre Situation gar nicht mehr einschätzen. Ein vom Betreuungsgericht eingeholtes psychiatrisches Gutachten bescheinigte der Seniorin zwar die Fähigkeit zu einer freien Willensbildung, aber auch eine beginnende dementielle Entwicklung. Aus dieser ergäbe sich eine Hilfsbedürftigkeit in einigen Lebensbereichen. Daraufhin bestellte das Betreuungsgericht den Ehemann ihrer Nichte zu ihrem vorläufigen Betreuer.
Nun widerrief die Mutter die Schenkung des Hausgrundstücks wegen groben Undanks. Mit dem Abschluss eines Pflegevertrags habe ihr Sohn die ihm erteilte Vollmacht missbraucht. Auch habe er im Betreuungsverfahren und gegenüber Dritten geäußert, sie sei nicht mehr dazu in der Lage, einen eigenen Willen zu bilden. Dann verklagte die Mutter ihren Sohn auf Rückübereignung des Grundstücks. Während des Verfahrens verstarb sie. Ihre Erben setzten den Prozess fort.
Welche Grundsätze hat der Bundesgerichtshof aufgestellt?
Der Bundesgerichtshof erläuterte dazu, dass der Widerruf einer Schenkung eine Verfehlung des Beschenkten von einer gewissen Schwere voraussetze. Die Verfehlung müsse außerdem Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten sein, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lasse, die man als Schenkender einfach erwarten dürfe.
Ob die Voraussetzungen für einen Widerruf der Schenkung erfüllt seien, sei nur durch eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Das Oberlandesgericht als Vorinstanz habe vorrangig darauf abgestellt, dass der Sohn auf Basis mehrerer Gutachten von der Geschäftsunfähigkeit seiner Mutter ausgehen durfte.
Es habe jedoch nicht berücksichtigt, dass die Mutter als Schenkerin unabhängig von ihrer Geschäftsfähigkeit erwarten durfte, dass der von ihr umfassend bevollmächtigte Sohn ihre personelle Autonomie respektierte. Erst einmal hätte er sie also fragen müssen, welche Art der Pflege sie sich selbst wünsche. Dann hätte er ihren Willen, soweit nach den Umständen möglich, berücksichtigen müssen. Ansonsten hätte er jedenfalls seine Gründe mit ihr besprechen müssen.
Der Fall wurde an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses hatte nicht weiter untersucht, warum der Sohn all dies unterlassen hatte. Der BGH betonte aber: Ein Schenker darf auch bei umfassender Bevollmächtigung des Beschenkten erwarten, dass dieser von seinen rechtlichen Befugnissen schonenden Gebrauch macht und die personelle Autonomie des Schenkers so gut wie möglich respektiert (Urteil vom 25.3.2014, Az. X ZR 94/12).
Fall: Auto-Schenkung vor dem Tod
Wer sich darauf berufen will, dass er noch zu Lebzeiten des Erblassers ein Geschenk von diesem erhalten hat, muss dies auch beweisen können.
So hat das Landgericht Coburg entschieden. Im verhandelten Fall konnte ein Sohn nicht beweisen, dass seine Mutter ihm vor ihrem Tod ein Auto geschenkt hatte.
Die Mutter war wegen einer Erkrankung zu einem ihrer drei Söhne gezogen. Dorthin war auch ihr Auto gebracht worden. Die Mutter verstarb noch im selben Jahr. Sämtliche Autoschlüssel lagen bei dem Sohn, bei dem sie gewohnt hatte. Den Fahrzeugbrief hatte jedoch ein anderer Sohn. Dieser berief sich darauf, dass sie ihm das Auto zu Lebzeiten geschenkt habe. Er schlug die Erbschaft der Mutter aus, während seine Brüder diese akzeptierten.
Die beiden Brüder beriefen sich nun darauf, dass der dritte Bruder den Fahrzeugbrief eigenmächtig an sich genommen habe. Sie forderten die Herausgabe des Pkw als Teil ihres Erbes. Inzwischen hatte der dritte Bruder das Auto in seinen Besitz gebracht. Der beklagte Bruder behauptete weiterhin, dass seine Mutter ihm den PKW geschenkt habe. Dabei habe er den Fahrzeugbrief bekommen. Die Mutter habe das Fahrzeug aber noch behalten, um es bis zu ihrem Ableben weiter nutzen zu können.
Hier bezweifelte das Gericht eine Schenkung. Es ging davon aus, dass dem Beklagten dann auch der Zweitschlüssel zur Legitimation übergeben worden wäre, weil ja die Mutter zur Nutzung des Fahrzeugs nur einen Schlüssel benötigt hätte. Der Besitz des Fahrzeugbriefes reiche nicht aus, da nicht erwiesen sei, dass die Mutter dem Beklagten tatsächlich den Fahrzeugbrief übergeben habe. Dass er das Fahrzeug in seinem Besitz hatte, sprach nicht für ihn: Er hatte das Auto eigenmächtig vom Wohnsitz seiner Mutter entfernt. Daher entschied das Gericht, dass er das Auto an seine Brüder herausgeben müsse.
Ein Schenkungsversprechen sei nur dann wirksam, wenn es notariell vereinbart werde. Ohne notarielle Vereinbarung müsse eine Schenkung auch vollzogen werden, damit sie wirksam werde. Wenn der Schenker den Gegenstand zunächst weiter nutzen wolle, sei eine genaue schriftliche Dokumentation des Schenkungsvorgangs empfehlenswert (Urteil vom 12. November 2013, Az. 22 O 68/13).
Praxistipp zum Widerruf einer Schenkung
Gerade dann, wenn eine Schenkung eine Erbschaft vorwegnehmen soll, kann es zu rechtlichen Problemen kommen. Der Widerruf einer Schenkung sorgt regelmäßig für
Streit. Eine Beratung durch einen Fachanwalt für Erbrecht ist dann besonders zu empfehlen.
(Bu)