Fahrradfahren und Alkohol: Wo sind die Grenzen?
14.03.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Eine gesetzliche Promillegrenze für Fahrradfahrer gibt es in Deutschland nicht. Der Bundesgerichtshof hatte vor Jahren entschieden, dass die Grenze für absolute Fahruntüchtigkeit auf dem Fahrrad bei 1,7 Promille lag, davon waren 1,5 Promille Blutalkohol und 0,2 Sicherheitszuschlag. Inzwischen haben sich die Messmethoden verbessert. Nach Gerichtsurteilen gilt nun für die absolute Fahruntüchtigkeit bei Radfahrern eine Grenze von 1,6 Promille. Von diesem Wert an aufwärts gilt man also auch ohne jegliche Ausfallerscheinungen als so betrunken, dass man nichts mehr im Straßenverkehr zu suchen hat. Fährt man trotzdem Fahrrad, ist dies keine Ordnungswidrigkeit, sondern eine Straftat. Wer Ausfallerscheinungen zeigt, kann sich bereits mit 0,3 Promille strafbar machen.
Bei einer Alkoholfahrt ohne Unfall begehen auch Radler die in § 316 Strafgesetzbuch (StGB) geregelte Straftat "Trunkenheit im Verkehr". Der Grund: Sie haben im Straßenverkehr ein Fahrzeug geführt (auch Fahrräder sind Fahrzeuge!), obwohl sie zu betrunken waren, um damit sicher umzugehen.
Radfahrer begehen diese Straftat, wenn sie entweder
- mindestens 1,6 Promille haben oder
- mindestens 0,3 Promille haben, aber zusätzliche alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zeigen (Fahren in Schlangenlinien, Grölen von Saufliedern, Anlallen von Polizeibeamten ...).
Gerade bei der zweiten Variante ist es für die Polizei nicht immer einfach, nachzuweisen, dass der Radler wirklich wegen Alkoholkonsum nicht mehr fahrtauglich war. Bestimmte "Ausfallerscheinungen", wie etwa unsicherer Fahrstil, verkehrt durch die Einbahnstraße oder Fahren ohne Licht kommen auch bei nüchternen Radfahrern nicht selten vor. In solchen Fällen kann es sich für Betroffene lohnen, sich von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen.
Auf die Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB steht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. Dies gilt auch bei fahrlässiger Begehung der Tat. Eine höhere Strafe droht, wenn zusätzlich eine Gefährdung des Straßenverkehrs vorliegt. Davon spricht man bei Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen oder von fremden Sachen von bedeutendem Wert. Bei einem Unfall wird von einer solchen Gefährdung generell ausgegangen. Hier droht Radfahrern unter Alkoholeinfluss dann eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe (§ 315c StGB). Bei Fahrlässigkeit schreibt das Gesetz eine geringere Strafe vor, nämlich eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahre oder eine Geldstrafe.
Bei absoluter Fahruntüchtigkeit, also ab 1,6 Promille, müssen Radfahrer außerdem mit drei Punkten im Flensburger Sündenregister rechnen. Zusätzlich wird eine MPU (Medizinisch-Psychologische Untersuchung) angeordnet. Spätestens dann ist der Führerschein in Gefahr: Wird die MPU verweigert oder nicht bestanden, ist mit einem Entzug der Fahrerlaubnis, also des Autoführerscheins, zu rechnen.
Von einem Radfahrer geht zwar im Straßenverkehr durchaus eine geringere Gefahr aus als von einem Auto. Trotzdem kann ein betrunkener Radler ohne Licht in der Mitte einer Durchgangsstraße Autofahrer zu Ausweichmanövern zwingen, die ernste Unfälle zur Folge haben. Auch Kollisionen des Radlers mit Fußgängern oder anderen Radfahrern können zu ernsten Verletzungen führen. Statistiken zufolge werden jedoch bei alkoholbedingten Fahrradunfällen häufig hauptsächlich die Radfahrer selbst verletzt. Ein Fahrrad hat schließlich keine Knautschzone. Wenn der Radfahrer privat unfallversichert ist, wird seine Versicherung bei einem alkoholbedingten Unfall in der Regel nicht zahlen.
Findet der Unfall auf dem Weg zur Arbeit statt, steht der oder die Betreffende unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Aber: Auch diese zahlt regelmäßig nicht, wenn der Unfall durch den Alkoholkonsum des Arbeitnehmers bedingt war. Es kommt hier also darauf an, ob der Alkoholkonsum für die Verursachung des Unfalls von überragender Bedeutung war. Davon wird bei absoluter Fahruntüchtigkeit (ab 1,6 Promille bei Radfahrern) einfach ausgegangen. Bei relativer Fahruntüchtigkeit sind weitere Beweise nötig und oft kommt es zu einem aufwändigen Kampf vor Gericht. Das Bundessozialgericht hat entsprechende Grundsätze entwickelt, diese Urteile beziehen sich jedoch auf Autofahrer (etwa Urteil vom 30.1.2007, Az. B 2 U 23/05 R).
Bei den meisten Gerichtsverfahren um Verkehrsunfälle gibt es nicht "den" Schuldigen, sondern das Gericht sieht beide zu einem gewissen Anteil in der Verantwortung und teilt die Haftung auf. Die Haftungsverteilung nach einem Verkehrsunfall wird ebenfalls davon beeinflusst, dass ein Unfallbeteiligter alkoholisiert war. Das Gericht wird dem Betreffenden dann ein erhebliches Mitverschulden am Unfall zusprechen.
Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße befasste sich mit dem Fall eines Radfahrers, der mit 2,02 Promille einen anderen Radler gestreift hatte. Dieser war gestürzt und hatte sich verletzt. Es folgte ein Strafbefehl wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung. Der so bestrafte Radfahrer erhob jedoch Einspruch. Das Gericht stellte das Strafverfahren gegen Zahlung von 500 Euro ein. Dann ordnete jedoch die Fahrerlaubnisbehörde eine MPU an. Als der Radfahrer diese verweigerte, entzog ihm die Behörde seine Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge und verbot ihm auch gleich das Führen von Fahrrädern.
Das Gericht bestätigte diese Entscheidung. Eine Blutalkoholkonzentration von mehr als 1,6 Promille deute auf einen erheblichen Alkoholmissbrauch hin. Allein dieser Wert rechtfertige bereits die Annahme, dass der Betreffende im Sinne der Gefahrenabwehr nicht geeignet sei, überhaupt irgendein Fahrzeug zu führen (Urteil vom 1.12.2014, Az. 3 L 941/14.NW).
Wer mit 2 Promille überhaupt noch sein Fahrrad findet und sich darauf halten kann, muss aus Sicht der Gerichte schon einiges gewöhnt sein. Schnell besteht dann der Verdacht auf eine Alkoholsucht. Dann kann nicht nur die Fahrerlaubnis für PKW futsch sein (meist auf dem Umweg über die MPU), sondern dem Betreffenden kann tatsächlich auch das Radfahren behördlich verboten werden. Wenn man dann als Radfahrer erneut alkoholisiert in eine Kontrolle kommt, wird es noch teurer – und die Chancen auf eine künftige Auto-Fahrerlaubnis sinken immer weiter.
Eine andere Frage ist: Kann einem auch das Radfahren verboten werden, wenn man ausschließlich mit dem Auto alkoholisiert mit zu viel Promille erwischt wurde? Dazu gibt es ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz.
Die Fahrerlaubnisbehörde hatte einem Autofahrer nach einer Fahrt mit 1,1 Promille die Fahrerlaubnis entzogen. Nun wollte er wieder einen Führerschein bekommen. Die Behörde forderte ihn als Vorbedingung dazu auf, an einer MPU teilzunehmen. Bei dieser sollte wie üblich geklärt werden, ob der Autofahrer zwischen Fahren und Alkoholgenuss trennen konnte. Der Verkehrssünder verweigerte die Teilnahme an der MPU. Daraufhin lehnte die Fahrerlaubnisbehörde die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ab und untersagte ihm unter Anordnung des Sofortvollzugs zusätzlich das Führen eines Fahrrads.
Hier war jedoch das Gericht anderer Meinung: Zwar dürfe die Fahrerlaubnisbehörde bei Zweifeln an der Fahreignung die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) anordnen. Sie dürfe auch vom Ungeeignetsein eines Verkehrsteilnehmers zum Führen eines Fahrzeuges ausgehen, wenn sich dieser grundlos weigere, an der MPU teilzunehmen.
Zweifel an der Eignung des Mannes zum Radfahren könne man jedoch nicht damit begründen, dass er einmal beim Autofahren unter Alkoholeinfluss aufgefallen sei. Hier existierten keine weiteren Anhaltspunkte dafür, dass der Mann beim Radfahren irgendwie den Straßenverkehr gefährde. Dabei sei er bisher nie auffällig geworden.
Auch habe die MPU nichts mit dem Thema Radfahren zu tun: Bei ihr ginge es nur darum, ob der Betreffende zwischen Autofahren und Alkoholgenuss trennen könne. Deswegen sei die Verweigerung der MPU kein Grund, ihm das Radfahren zu verbieten (Beschluss vom 8.6.2011, Az. 10 B 10415/11.OVG).
Man kann also folgende Faustregeln aufstellen:
Wer betrunken Fahrrad fährt, kann auch den Autoführerschein verlieren.
Wer betrunken Fahrrad fährt, riskiert unter Umständen sogar ein Radfahrverbot.
Niemandem kann ohne weiteres das Radfahren verboten werden, weil er betrunken Auto gefahren ist.
Bereits geringe Mengen Alkohol können Konzentration und Wahrnehmung beeinflussen. Das Reaktionsvermögen lässt nach, die Risikobereitschaft nimmt zu. Viele Verkehrsteilnehmer wissen nicht, dass es auch für Fahrradfahrer eine Promillegrenze gibt. Hat man diese überschritten, wird davon ausgegangen, dass man nicht mehr in der Lage ist, ein Fahrrad verkehrssicher zu fahren. Daher sollte man bei größeren Mengen Alkohol besser auch den Drahtesel stehen lassen - schon im Interesse der eigenen Sicherheit. Sind Sie in eine Auseinandersetzung mit der Fahrerlaubnisbehörde verwickelt oder haben Sie es gar mit einer Strafanzeige wegen Alkohol im Straßenverkehr zu tun? Dann kann Sie ein Fachanwalt für Verkehrsrecht kompetent beraten.
Das Wichtigste in Kürze
1. Strafbarkeit: Wer unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr Fahrrad fährt, obwohl er zu betrunken ist, um damit sicher umzugehen, macht sich gemäß § 316 StGB nach dem Straftatbestand "Trunkenheit im Verkehr" strafbar.
2. Promillegrenzen: Radfahrer begehen diese Straftat, wenn sie entweder mindestens 1,6 Promille haben oder mindestens 0,3 Promille haben und zusätzliche alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zeigen (Fahren in Schlangenlinien, Grölen von Saufliedern, Anlallen von Polizeibeamten ...).
3. Drohende Strafen: Wer sich wegen Fahrradfahrens unter Alkohol gemäß § 316 StGB strafbar gemacht hat, muss mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe rechnen. Dies gilt auch bei fahrlässiger Tatbegehung. Liegt zusätzlich eine Gefährdung des Straßenverkehrs vor, droht eine höhere Strafe.
1. Strafbarkeit: Wer unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr Fahrrad fährt, obwohl er zu betrunken ist, um damit sicher umzugehen, macht sich gemäß § 316 StGB nach dem Straftatbestand "Trunkenheit im Verkehr" strafbar.
2. Promillegrenzen: Radfahrer begehen diese Straftat, wenn sie entweder mindestens 1,6 Promille haben oder mindestens 0,3 Promille haben und zusätzliche alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zeigen (Fahren in Schlangenlinien, Grölen von Saufliedern, Anlallen von Polizeibeamten ...).
3. Drohende Strafen: Wer sich wegen Fahrradfahrens unter Alkohol gemäß § 316 StGB strafbar gemacht hat, muss mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe rechnen. Dies gilt auch bei fahrlässiger Tatbegehung. Liegt zusätzlich eine Gefährdung des Straßenverkehrs vor, droht eine höhere Strafe.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Warum machen sich auch Radler mit Promille strafbar? Alkohol und Radfahren: Welche Strafen drohen? Welche Folgen hat Alkohol für den Versicherungsschutz? Wer haftet nach einem Unfall? Urteil: Entzug der Fahrerlaubnis – und Radfahrverbot Fahrradfahr-Verbot nach Alkoholfahrt mit dem Auto? Praxistipp zu Fahrradfahren und Alkohol Warum machen sich auch Radler mit Promille strafbar?
Bei einer Alkoholfahrt ohne Unfall begehen auch Radler die in § 316 Strafgesetzbuch (StGB) geregelte Straftat "Trunkenheit im Verkehr". Der Grund: Sie haben im Straßenverkehr ein Fahrzeug geführt (auch Fahrräder sind Fahrzeuge!), obwohl sie zu betrunken waren, um damit sicher umzugehen.
Radfahrer begehen diese Straftat, wenn sie entweder
- mindestens 1,6 Promille haben oder
- mindestens 0,3 Promille haben, aber zusätzliche alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zeigen (Fahren in Schlangenlinien, Grölen von Saufliedern, Anlallen von Polizeibeamten ...).
Gerade bei der zweiten Variante ist es für die Polizei nicht immer einfach, nachzuweisen, dass der Radler wirklich wegen Alkoholkonsum nicht mehr fahrtauglich war. Bestimmte "Ausfallerscheinungen", wie etwa unsicherer Fahrstil, verkehrt durch die Einbahnstraße oder Fahren ohne Licht kommen auch bei nüchternen Radfahrern nicht selten vor. In solchen Fällen kann es sich für Betroffene lohnen, sich von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen.
Alkohol und Radfahren: Welche Strafen drohen?
Auf die Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB steht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. Dies gilt auch bei fahrlässiger Begehung der Tat. Eine höhere Strafe droht, wenn zusätzlich eine Gefährdung des Straßenverkehrs vorliegt. Davon spricht man bei Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen oder von fremden Sachen von bedeutendem Wert. Bei einem Unfall wird von einer solchen Gefährdung generell ausgegangen. Hier droht Radfahrern unter Alkoholeinfluss dann eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe (§ 315c StGB). Bei Fahrlässigkeit schreibt das Gesetz eine geringere Strafe vor, nämlich eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahre oder eine Geldstrafe.
Bei absoluter Fahruntüchtigkeit, also ab 1,6 Promille, müssen Radfahrer außerdem mit drei Punkten im Flensburger Sündenregister rechnen. Zusätzlich wird eine MPU (Medizinisch-Psychologische Untersuchung) angeordnet. Spätestens dann ist der Führerschein in Gefahr: Wird die MPU verweigert oder nicht bestanden, ist mit einem Entzug der Fahrerlaubnis, also des Autoführerscheins, zu rechnen.
Welche Folgen hat Alkohol für den Versicherungsschutz?
Von einem Radfahrer geht zwar im Straßenverkehr durchaus eine geringere Gefahr aus als von einem Auto. Trotzdem kann ein betrunkener Radler ohne Licht in der Mitte einer Durchgangsstraße Autofahrer zu Ausweichmanövern zwingen, die ernste Unfälle zur Folge haben. Auch Kollisionen des Radlers mit Fußgängern oder anderen Radfahrern können zu ernsten Verletzungen führen. Statistiken zufolge werden jedoch bei alkoholbedingten Fahrradunfällen häufig hauptsächlich die Radfahrer selbst verletzt. Ein Fahrrad hat schließlich keine Knautschzone. Wenn der Radfahrer privat unfallversichert ist, wird seine Versicherung bei einem alkoholbedingten Unfall in der Regel nicht zahlen.
Findet der Unfall auf dem Weg zur Arbeit statt, steht der oder die Betreffende unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Aber: Auch diese zahlt regelmäßig nicht, wenn der Unfall durch den Alkoholkonsum des Arbeitnehmers bedingt war. Es kommt hier also darauf an, ob der Alkoholkonsum für die Verursachung des Unfalls von überragender Bedeutung war. Davon wird bei absoluter Fahruntüchtigkeit (ab 1,6 Promille bei Radfahrern) einfach ausgegangen. Bei relativer Fahruntüchtigkeit sind weitere Beweise nötig und oft kommt es zu einem aufwändigen Kampf vor Gericht. Das Bundessozialgericht hat entsprechende Grundsätze entwickelt, diese Urteile beziehen sich jedoch auf Autofahrer (etwa Urteil vom 30.1.2007, Az. B 2 U 23/05 R).
Wer haftet nach einem Unfall?
Bei den meisten Gerichtsverfahren um Verkehrsunfälle gibt es nicht "den" Schuldigen, sondern das Gericht sieht beide zu einem gewissen Anteil in der Verantwortung und teilt die Haftung auf. Die Haftungsverteilung nach einem Verkehrsunfall wird ebenfalls davon beeinflusst, dass ein Unfallbeteiligter alkoholisiert war. Das Gericht wird dem Betreffenden dann ein erhebliches Mitverschulden am Unfall zusprechen.
Urteil: Entzug der Fahrerlaubnis – und Radfahrverbot
Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße befasste sich mit dem Fall eines Radfahrers, der mit 2,02 Promille einen anderen Radler gestreift hatte. Dieser war gestürzt und hatte sich verletzt. Es folgte ein Strafbefehl wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung. Der so bestrafte Radfahrer erhob jedoch Einspruch. Das Gericht stellte das Strafverfahren gegen Zahlung von 500 Euro ein. Dann ordnete jedoch die Fahrerlaubnisbehörde eine MPU an. Als der Radfahrer diese verweigerte, entzog ihm die Behörde seine Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge und verbot ihm auch gleich das Führen von Fahrrädern.
Das Gericht bestätigte diese Entscheidung. Eine Blutalkoholkonzentration von mehr als 1,6 Promille deute auf einen erheblichen Alkoholmissbrauch hin. Allein dieser Wert rechtfertige bereits die Annahme, dass der Betreffende im Sinne der Gefahrenabwehr nicht geeignet sei, überhaupt irgendein Fahrzeug zu führen (Urteil vom 1.12.2014, Az. 3 L 941/14.NW).
Wer mit 2 Promille überhaupt noch sein Fahrrad findet und sich darauf halten kann, muss aus Sicht der Gerichte schon einiges gewöhnt sein. Schnell besteht dann der Verdacht auf eine Alkoholsucht. Dann kann nicht nur die Fahrerlaubnis für PKW futsch sein (meist auf dem Umweg über die MPU), sondern dem Betreffenden kann tatsächlich auch das Radfahren behördlich verboten werden. Wenn man dann als Radfahrer erneut alkoholisiert in eine Kontrolle kommt, wird es noch teurer – und die Chancen auf eine künftige Auto-Fahrerlaubnis sinken immer weiter.
Fahrradfahr-Verbot nach Alkoholfahrt mit dem Auto?
Eine andere Frage ist: Kann einem auch das Radfahren verboten werden, wenn man ausschließlich mit dem Auto alkoholisiert mit zu viel Promille erwischt wurde? Dazu gibt es ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz.
Die Fahrerlaubnisbehörde hatte einem Autofahrer nach einer Fahrt mit 1,1 Promille die Fahrerlaubnis entzogen. Nun wollte er wieder einen Führerschein bekommen. Die Behörde forderte ihn als Vorbedingung dazu auf, an einer MPU teilzunehmen. Bei dieser sollte wie üblich geklärt werden, ob der Autofahrer zwischen Fahren und Alkoholgenuss trennen konnte. Der Verkehrssünder verweigerte die Teilnahme an der MPU. Daraufhin lehnte die Fahrerlaubnisbehörde die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ab und untersagte ihm unter Anordnung des Sofortvollzugs zusätzlich das Führen eines Fahrrads.
Hier war jedoch das Gericht anderer Meinung: Zwar dürfe die Fahrerlaubnisbehörde bei Zweifeln an der Fahreignung die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) anordnen. Sie dürfe auch vom Ungeeignetsein eines Verkehrsteilnehmers zum Führen eines Fahrzeuges ausgehen, wenn sich dieser grundlos weigere, an der MPU teilzunehmen.
Zweifel an der Eignung des Mannes zum Radfahren könne man jedoch nicht damit begründen, dass er einmal beim Autofahren unter Alkoholeinfluss aufgefallen sei. Hier existierten keine weiteren Anhaltspunkte dafür, dass der Mann beim Radfahren irgendwie den Straßenverkehr gefährde. Dabei sei er bisher nie auffällig geworden.
Auch habe die MPU nichts mit dem Thema Radfahren zu tun: Bei ihr ginge es nur darum, ob der Betreffende zwischen Autofahren und Alkoholgenuss trennen könne. Deswegen sei die Verweigerung der MPU kein Grund, ihm das Radfahren zu verbieten (Beschluss vom 8.6.2011, Az. 10 B 10415/11.OVG).
Man kann also folgende Faustregeln aufstellen:
Wer betrunken Fahrrad fährt, kann auch den Autoführerschein verlieren.
Wer betrunken Fahrrad fährt, riskiert unter Umständen sogar ein Radfahrverbot.
Niemandem kann ohne weiteres das Radfahren verboten werden, weil er betrunken Auto gefahren ist.
Praxistipp zu Fahrradfahren und Alkohol
Bereits geringe Mengen Alkohol können Konzentration und Wahrnehmung beeinflussen. Das Reaktionsvermögen lässt nach, die Risikobereitschaft nimmt zu. Viele Verkehrsteilnehmer wissen nicht, dass es auch für Fahrradfahrer eine Promillegrenze gibt. Hat man diese überschritten, wird davon ausgegangen, dass man nicht mehr in der Lage ist, ein Fahrrad verkehrssicher zu fahren. Daher sollte man bei größeren Mengen Alkohol besser auch den Drahtesel stehen lassen - schon im Interesse der eigenen Sicherheit. Sind Sie in eine Auseinandersetzung mit der Fahrerlaubnisbehörde verwickelt oder haben Sie es gar mit einer Strafanzeige wegen Alkohol im Straßenverkehr zu tun? Dann kann Sie ein Fachanwalt für Verkehrsrecht kompetent beraten.
(Ma)