Festpreisgarantie: Dürfen Energieversorger trotzdem die Preise erhöhen?
07.09.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Die Energiekrise spitzt sich zu. Die Gasversorgungsunternehmen müssen nach neuen Lieferquellen suchen, und die Weltmarktpreise für Gas sind massiv gestiegen. Eine Weitergabe der höheren Preise an die Kunden scheint da der einzige Weg zu sein. Aber: Viele Verträge enthalten Festpreisgarantien - vereinbart zu einer Zeit, als russische Gaslieferungen selbstverständlich waren und für die deutschen Versorgungsunternehmen die Kundengewinnung im Vordergrund stand. Einige Gasversorger wollen ihre Preise in jedem Fall erhöhen - trotz Preisgarantie. Ist das zulässig?
In der Regel dürfen Gasversorger ihre Preise erhöhen, wenn ihre Kosten gestiegen sind und eine Preiserhöhung nicht im Liefervertrag ausgeschlossen ist. Trotzdem ist nicht jede Preiserhöhung rechtlich zulässig. Manche Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nicht wirksam, und Kunden werden oft nicht in der vorgeschriebenen Weise und rechtzeitig über die Erhöhung informiert.
Bisher ist hier lediglich ein Fall bekannt. Geklagt hatte die Verbraucherzentrale NRW. Dort wollten zwei Anbieter ihre Preise für Strom und Gas für Verbraucher erhöhen. Allerdings enthielten viele Verträge mit Endkunden sogenannte eingeschränkte Preisgarantien. Das bedeutet: Eine Preiserhöhung ist nur wegen gestiegener Steuern oder Abgaben erlaubt, aber nicht wegen gestiegener Einkaufspreise. Die Kunden erkaufen sich eine solche Garantie durch einen etwas erhöhten Tarif, zahlen also für den Ausschluss einer solchen Preiserhöhung mehr. Zum Teil gilt die sogenannte Preisfixierung dabei für einen ganz bestimmten Zeitraum.
Das Landgericht Düsseldorf hat den beklagten Energieversorgern durch eine einstweilige Verfügung verboten, Preiserhöhungen bei Strom und Gas wegen gestiegener Beschaffungspreise vorzunehmen, wenn die entsprechenden Verträge Preisgarantien enthalten, die eine Preiserhöhung wegen höherer Einkaufspreise ausschließen. Das Gericht orientierte sich dabei offenbar am Vertragsinhalt. Die Entscheidung wirkt nur gegen die betreffenden Unternehmen. Diese können dagegen Rechtsmittel einlegen (Beschluss vom 26.8.2022, Az. 12 O 247/22).
Eine einstweilige Verfügung ist noch kein Urteil und enthält keine ausführliche Begründung. Ein Urteil ergeht erst im Hauptsacheverfahren, das später folgt.
Die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf wirkt sich nicht auf die Gasumlage aus. Die von den Unternehmen verwendeten Preisgarantien erlauben eine Preiserhöhung als Reaktion auf gestiegene Steuern, staatliche Abgaben oder Umlagen.
Das aus der Zeit der Ölkrise in den 1970er Jahren stammende Energiesicherheitsgesetz wurde mit Wirkung zum 22. Mai 2022 reformiert. Es sieht in § 24 Preisanpassungsrechte für Gasversorger vor. Die Voraussetzungen für eine Preisanpassung sind demnach:
- Das Bundeswirtschaftsministerium hat im Rahmen des Notfallplans Gas die Alarmstufe oder Notfallstufe ausgerufen.
- Die Bundesnetzagentur hat die Feststellung getroffen, dass eine erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland vorliegt.
Ist beides erfüllt, kann jedes Energieunternehmen, das von Lieferausfällen oder Preissteigerungen seiner Zulieferer betroffen ist, die Preise gegenüber seinen Kunden erhöhen. Dies gilt für alle Unternehmen in der Lieferkette.
Aber: Die Preiserhöhung muss angemessen sein. Dazu das Gesetz: "Eine Preisanpassung ist insbesondere dann nicht mehr angemessen, wenn sie die Mehrkosten einer Ersatzbeschaffung überschreitet, die dem jeweils betroffenen Energieversorgungsunternehmen aufgrund der Reduzierung der Gasimportmengen für das an den Kunden zu liefernde Gas entstehen."
Es wäre also unzulässig, wenn ein Unternehmen von seinem Gasimporteur aufgrund alter Verträge Gas zum Preis von vor dem Ukrainekrieg erwirbt, dann aber trotzdem von seinen Endkunden den fünffachen Weltmarktpreis verlangt.
Seit einer erneuten Gesetzesänderung vom 12.7.2022 ist nun auch § 315 BGB auf eine solche Preisanpassung anzuwenden. Diese muss also auch der "Billigkeit" entsprechen. Hier spielen dann weitere Gesichtspunkte einer gerechten Kostenverteilung mit, die von den Gerichten noch geklärt werden müssen.
Neu eingeführt wurde auch die Regelung, dass das Inkrafttreten einer Rechtsverordnung zur Entlastung der Energieversorger mit Hilfe einer Gasumlage eine Preisanpassung nach § 24 Abs. 1 EnSiG ausschließt. Das bedeutet: Die Gasumlage führt dazu, dass Energieunternehmen keine Preisanpassungen nach dem Energiesicherheitsgesetz mehr vornehmen dürfen.
Sobald der Gaspreisanbieter einem Kunden eine Preiserhöhung mitteilt, hat dieser ein Sonderkündigungsrecht. Dieses kann in der Regel innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Preiserhöhung ausgeübt werden. Allerdings ist die Kündigung eines Energieliefervertrages aus heutiger Sicht oft nicht sinnvoll, da man als Neukunde bei einem anderen Unternehmen oft nicht billiger fährt.
Derzeit kommt es aber auch vor, dass Strom- oder Gaskunden ihren Liefervertrag nicht von selbst kündigen. Vielmehr kündigt der Anbieter von sich aus und stellt die Belieferung ein - zum Beispiel, weil der Vertrag zu Preisen abgeschlossen wurde, die sich heute nicht mehr lohnen. Eine so begründete außerordentliche Kündigung des Energieliefervertrages ist unter Umständen unwirksam. Hier empfiehlt sich eine fachkundige Beratung.
Beendet der Anbieter die Energielieferung, heißt dies nicht, dass die Kunden keinen Strom und kein Gas mehr erhalten. Ihre Versorgung erfolgt nun über den örtlichen Grundversorger zu dessen Grundversorgungstarif. Welcher Grundversorger für eine Gegend zuständig ist, kann über diverse Vergleichsportale online per Postleitzahl festgestellt werden.
Nicht jede Preiserhöhung ist auch rechtlich zulässig. Verbraucher sollten Zuschriften von Energieunternehmen im Moment besonders gründlich lesen und alle Unterlagen aufbewahren. Kommt es zum Streit mit einem Energieversorger oder benötigen Sie Beratung zum Thema Preiserhöhungen, ist ein Rechtsanwalt für Zivilrecht der beste Ansprechpartner.
Russland hat die Gaslieferung nach Deutschland eingestellt. Gasversorger müssen sich zu deutlich teureren Preisen eindecken. Dürfen die Unternehmen einfach ihre Preise erhöhen - auch bei einer Preisgarantie?
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wann ist eine Preiserhöhung grundsätzlich zulässig? Was sagen Gerichte zur Preiserhöhung trotz Preisgarantie? Welche Auswirkungen hat die Gerichtsentscheidung auf die Gasumlage? Welche Möglichkeiten für Preiserhöhungen bietet das neue Energiesicherheitsgesetz? Wann habe ich ein Sonderkündigungsrecht? Lieferstopp für Gas oder Strom: Was tun? Praxistipp zur Strom- und Gaspreiserhöhung Wann ist eine Preiserhöhung grundsätzlich zulässig?
In der Regel dürfen Gasversorger ihre Preise erhöhen, wenn ihre Kosten gestiegen sind und eine Preiserhöhung nicht im Liefervertrag ausgeschlossen ist. Trotzdem ist nicht jede Preiserhöhung rechtlich zulässig. Manche Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nicht wirksam, und Kunden werden oft nicht in der vorgeschriebenen Weise und rechtzeitig über die Erhöhung informiert.
Was sagen Gerichte zur Preiserhöhung trotz Preisgarantie?
Bisher ist hier lediglich ein Fall bekannt. Geklagt hatte die Verbraucherzentrale NRW. Dort wollten zwei Anbieter ihre Preise für Strom und Gas für Verbraucher erhöhen. Allerdings enthielten viele Verträge mit Endkunden sogenannte eingeschränkte Preisgarantien. Das bedeutet: Eine Preiserhöhung ist nur wegen gestiegener Steuern oder Abgaben erlaubt, aber nicht wegen gestiegener Einkaufspreise. Die Kunden erkaufen sich eine solche Garantie durch einen etwas erhöhten Tarif, zahlen also für den Ausschluss einer solchen Preiserhöhung mehr. Zum Teil gilt die sogenannte Preisfixierung dabei für einen ganz bestimmten Zeitraum.
Das Landgericht Düsseldorf hat den beklagten Energieversorgern durch eine einstweilige Verfügung verboten, Preiserhöhungen bei Strom und Gas wegen gestiegener Beschaffungspreise vorzunehmen, wenn die entsprechenden Verträge Preisgarantien enthalten, die eine Preiserhöhung wegen höherer Einkaufspreise ausschließen. Das Gericht orientierte sich dabei offenbar am Vertragsinhalt. Die Entscheidung wirkt nur gegen die betreffenden Unternehmen. Diese können dagegen Rechtsmittel einlegen (Beschluss vom 26.8.2022, Az. 12 O 247/22).
Eine einstweilige Verfügung ist noch kein Urteil und enthält keine ausführliche Begründung. Ein Urteil ergeht erst im Hauptsacheverfahren, das später folgt.
Welche Auswirkungen hat die Gerichtsentscheidung auf die Gasumlage?
Die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf wirkt sich nicht auf die Gasumlage aus. Die von den Unternehmen verwendeten Preisgarantien erlauben eine Preiserhöhung als Reaktion auf gestiegene Steuern, staatliche Abgaben oder Umlagen.
Welche Möglichkeiten für Preiserhöhungen bietet das neue Energiesicherheitsgesetz?
Das aus der Zeit der Ölkrise in den 1970er Jahren stammende Energiesicherheitsgesetz wurde mit Wirkung zum 22. Mai 2022 reformiert. Es sieht in § 24 Preisanpassungsrechte für Gasversorger vor. Die Voraussetzungen für eine Preisanpassung sind demnach:
- Das Bundeswirtschaftsministerium hat im Rahmen des Notfallplans Gas die Alarmstufe oder Notfallstufe ausgerufen.
- Die Bundesnetzagentur hat die Feststellung getroffen, dass eine erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland vorliegt.
Ist beides erfüllt, kann jedes Energieunternehmen, das von Lieferausfällen oder Preissteigerungen seiner Zulieferer betroffen ist, die Preise gegenüber seinen Kunden erhöhen. Dies gilt für alle Unternehmen in der Lieferkette.
Aber: Die Preiserhöhung muss angemessen sein. Dazu das Gesetz: "Eine Preisanpassung ist insbesondere dann nicht mehr angemessen, wenn sie die Mehrkosten einer Ersatzbeschaffung überschreitet, die dem jeweils betroffenen Energieversorgungsunternehmen aufgrund der Reduzierung der Gasimportmengen für das an den Kunden zu liefernde Gas entstehen."
Es wäre also unzulässig, wenn ein Unternehmen von seinem Gasimporteur aufgrund alter Verträge Gas zum Preis von vor dem Ukrainekrieg erwirbt, dann aber trotzdem von seinen Endkunden den fünffachen Weltmarktpreis verlangt.
Seit einer erneuten Gesetzesänderung vom 12.7.2022 ist nun auch § 315 BGB auf eine solche Preisanpassung anzuwenden. Diese muss also auch der "Billigkeit" entsprechen. Hier spielen dann weitere Gesichtspunkte einer gerechten Kostenverteilung mit, die von den Gerichten noch geklärt werden müssen.
Neu eingeführt wurde auch die Regelung, dass das Inkrafttreten einer Rechtsverordnung zur Entlastung der Energieversorger mit Hilfe einer Gasumlage eine Preisanpassung nach § 24 Abs. 1 EnSiG ausschließt. Das bedeutet: Die Gasumlage führt dazu, dass Energieunternehmen keine Preisanpassungen nach dem Energiesicherheitsgesetz mehr vornehmen dürfen.
Wann habe ich ein Sonderkündigungsrecht?
Sobald der Gaspreisanbieter einem Kunden eine Preiserhöhung mitteilt, hat dieser ein Sonderkündigungsrecht. Dieses kann in der Regel innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Preiserhöhung ausgeübt werden. Allerdings ist die Kündigung eines Energieliefervertrages aus heutiger Sicht oft nicht sinnvoll, da man als Neukunde bei einem anderen Unternehmen oft nicht billiger fährt.
Lieferstopp für Gas oder Strom: Was tun?
Derzeit kommt es aber auch vor, dass Strom- oder Gaskunden ihren Liefervertrag nicht von selbst kündigen. Vielmehr kündigt der Anbieter von sich aus und stellt die Belieferung ein - zum Beispiel, weil der Vertrag zu Preisen abgeschlossen wurde, die sich heute nicht mehr lohnen. Eine so begründete außerordentliche Kündigung des Energieliefervertrages ist unter Umständen unwirksam. Hier empfiehlt sich eine fachkundige Beratung.
Beendet der Anbieter die Energielieferung, heißt dies nicht, dass die Kunden keinen Strom und kein Gas mehr erhalten. Ihre Versorgung erfolgt nun über den örtlichen Grundversorger zu dessen Grundversorgungstarif. Welcher Grundversorger für eine Gegend zuständig ist, kann über diverse Vergleichsportale online per Postleitzahl festgestellt werden.
Praxistipp zur Strom- und Gaspreiserhöhung
Nicht jede Preiserhöhung ist auch rechtlich zulässig. Verbraucher sollten Zuschriften von Energieunternehmen im Moment besonders gründlich lesen und alle Unterlagen aufbewahren. Kommt es zum Streit mit einem Energieversorger oder benötigen Sie Beratung zum Thema Preiserhöhungen, ist ein Rechtsanwalt für Zivilrecht der beste Ansprechpartner.
(Bu)