Gekaufter Motorroller defekt: Muss der Händler ihn zur Reparatur abholen?

23.08.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
Motorroller,Moped Neuer Motorroller steht defekt auf dem Hof © Bu - 1
Das Wichtigste in Kürze

1. Gewährleistungspflicht: Innerhalb der Gewährleistungsfrist ist ein ein Händler gesetzlich dazu verpflichtet, für die Mängelfreiheit eines verkauften Motorrollers einzustehen. Tritt ein Defekt innerhalb dieser Frist auf, muss der Händler für die Reparatur sorgen oder, wenn das nicht gelingt, den Kaufpreis zurückzahlen.

2. Nachbesserung: Der Händler hat das Recht zur Nachbesserung. Der Käufer muss ihm also die Möglichkeit geben, einen Mangel zu beheben. Dazu muss der defekte Motorroller allerdings zum Händler in die Werkstatt.

3. Abholung durch Händler: Der Händler ist grundsätzlich nicht verpflichtet, einen defekten Motorroller beim Käufer abzuholen. Eine Ausnahme besteht nur in dem Fall, dass eine Vereinbarung hinsichtlich des Abholens gemacht wurde.
Wenn eine gekaufte Sache mangelhaft ist, kann der Käufer erst einmal die Beseitigung des Problems oder auch die Neulieferung einer einwandfreien Ersatzware verlangen. Dies gehört zur Gewährleistung, die der Händler leisten muss - rechtlich spricht man von der Haftung für einen Sachmangel. Aber: Muss der Händler z. B. einen kaputten Motorroller abholen, um ihn zu reparieren? Oder muss man ihn selbst als Kunde für die Reparatur zum Händler transportieren?

Wie funktioniert die Sachmängelhaftung?


Wenn ein Kaufgegenstand bei der Übergabe nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat oder sich nicht für das eignet, wofür er eigentlich vorgesehen ist, liegt ein sogenannter Sachmangel vor. Der Käufer hat dann mehrere Rechte. Beispielsweise kann er vom Kaufvertrag zurücktreten. Möglich ist dies jedoch nur, wenn er dem gewerblichen Verkäufer zuvor die Möglichkeit zur Nacherfüllung gegeben hat.

Unter einer Nacherfüllung versteht man wahlweise die Reparatur der bisherigen oder die Neulieferung einer einwandfreien Ware. Bei gebrauchten Waren läuft es in der Regel auf eine Reparatur hinaus, da sie meist nicht so einfach austauschbar sind.

Verweigert der Händler eine Nacherfüllung endgültig oder schlägt diese bei zwei Versuchen fehl, kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten. Gewerbliche Händler können die Gewährleistung für gebrauchte Waren vertraglich nicht ausschließen, aber auf ein Jahr begrenzen. Der Händler trägt nach § 439 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die für die Nachbesserung nötigen Transport- und Wegekosten.

Gekauft und kaputt: Motorroller-Probleme


Ein Mann aus München hatte bei einem Motorrad-Händler einen gebrauchten Motorroller der Marke Aprilia für 1.800 Euro gekauft. Allerdings nahm er das Fahrzeug erst ganze neun Monate später in Betrieb. Kurz darauf trat ein Defekt an einem Filter auf. Der Kunde reklamierte diesen beim Händler. Der holte daraufhin den Motorroller bei ihm zu Hause ab und tauschte den Filter aus. Vier Monate später blieb der Kunde mit dem Motorroller liegen. Ursache war ein neuer Defekt. Er ließ den Motorroller mitten in München an der Straße stehen und verlangte vom Händler, das Fahrzeug dort abzuholen und im Rahmen der Gewährleistung zu reparieren.

Der Händler hatte nun offenbar genug und reagierte nicht. Daraufhin trat der Kunde vom Kaufvertrag zurück. Seiner Ansicht nach hatte der Händler eine verlangte Nachbesserung endgültig verweigert. Zusätzlich behauptete er, dass er dem Händler für die Reparatur schon den Fahrzeugschlüssel übergeben habe. Er forderte vom Händler nun die Rückzahlung des Kaufpreises.

Der Händler verweigert die Abholung


Der Händler vertrat - wenig überraschend - einen gänzlich anderen Standpunkt. Er erklärte, dass er den Motorroller beim ersten Mal nur aus Kulanz beim Kunden abgeholt habe. Er sei dazu nicht verpflichtet gewesen. Wenn der Kunde eine Reparatur wünsche, müsse er den Roller schon selbst vorbeibringen.

Motorroller bleibt liegen: Gibt es einen Rücktrittsgrund?


Das Gericht fand in diesem Fall keinen Rücktrittsgrund. Von einem Sachmangel könne man nur bei einer negativen Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit der Ware sprechen. Der Kläger habe hier jedoch nur mitteilen können, dass der Motorroller erneut nicht fahrtauglich sei – die Gründe dafür seien völlig unklar. Gerade bei einem Gebrauchtfahrzeug könne ein Defekt oder Mangel aber aus den verschiedensten Gründen auch nach dem Kauf entstanden sein. Dann hafte der Händler nicht dafür. Schließlich beziehe sich die Gewährleistung nur auf Schäden, die schon beim Kauf bzw. bei der Übergabe vorgelegen hätten. Der Käufer habe nicht vorgebracht oder glaubhaft machen können, dass ein Schaden zum Übergabezeitpunkt für das spätere Liegenbleiben des Rollers verantwortlich gewesen sei. Hier sei also schon gar kein Sachmangel erkennbar, der irgendwelche Ansprüche auslösen könne.

Muss der Händler den Motorroller zur Reparatur abholen?


Dem Gericht zufolge hatte der Händler auch nicht die Pflicht, den Roller irgendwo in München einzusammeln. So etwas hätte sich höchstens aus einer besonderen Vereinbarung der Beteiligten ergeben können. Eine solche hätten die beiden jedoch nicht abgeschlossen. Zwar habe der Kläger behauptet, dass er einen Schlüssel an den Händler übergeben habe. Der Händler habe dies aber bestritten. Ein Beweis dafür existiere nicht. Selbst, wenn der Händler einen Fahrzeugschlüssel angenommen habe, beweise dies nicht irgendeine Absprache, nach der er das Fahrzeug für die Reparatur abholen müsse (Amtsgericht München, Urteil vom 29.2.2016, Az. 274 C 24594/15).

Praxistipp zum defekten Motorroller


Hier zeigt sich wieder: Die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen kann knifflig sein - auch bei einem Motorroller. Brauchen Sie Beratung zu diesem Thema? Dann empfiehlt es sich, sich an einen auf das Zivilrecht spezialisierten Anwalt zu wenden.

(Wk)


 Günter Warkowski
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