Gemeinschaftliche Gartennutzung im Mehrfamilienhaus: Wer darf ins Grüne?
16.06.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Rh - Anwalt-Suchservice Es ist wieder wärmer geworden, und viele Menschen zieht es ins Freie. Wenn es einen Garten gibt, wird dieser natürlich gern auch genutzt – etwa zum Relaxen im Liegestuhl, Spielen mit den Kindern oder einfach zum Sonnen. Wohnt man in einem vermieteten Einfamilienhaus, herrschen per Mietvertrag klare Verhältnisse: Die Nutzung des Gartens gehört dazu. Bei mehreren Parteien im Mehrfamilienhaus wird es schwieriger: Dürfen alle den Garten nutzen? Wer ist für die Gartenpflege verantwortlich und muss den Rasen mähen? Darf der Erdgeschossmieter automatisch den Garten allein nutzen? Und: Wie ist die Rechtslage zur Gartennutzung bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft?
Mieter in einem Mehrfamilienhaus sind zur Gartennutzung grundsätzlich nur dann berechtigt, wenn dies im Mietvertrag auch so vereinbart wurde. Eine solche Absprache kann ganz unterschiedlich aussehen. Zum Beispiel kann der Garten an eine bestimmte Mietpartei mitvermietet werden. Oder er gilt als gemeinschaftliche Einrichtung und steht allen Hausbewohnern im Mehrfamilienhaus gleichermaßen zur Verfügung. Im letzteren Fall müssen sich die Mieter allerdings untereinander einigen, wie sie sich die Gartennutzung vorstellen. Ein Mieter, der am liebsten oft bei lauter Musik grillen möchte, wird vielleicht feststellen, dass jemand anders in Ruhe im Liegestuhl ein Buch lesen möchte, ohne von Kohlenrauch eingenebelt zu werden. Dann ist gegenseitige Rücksichtnahme entscheidend.
Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, die Gartennutzung im Mehrfamilienhaus zu regeln:
1. Niemand darf den Garten nutzen. Dieser dient nur zur Zierde. Die Gartenpflege erledigt der Vermieter/Hausmeister/Gartenpflegedienst.
2. Der Garten ist an einzelne Mieter vermietet. Sie dürfen ihn nutzen und müssen ihn pflegen.
3. Alle Mieter sind zur Gartennutzung berechtigt und niemand hat Sonderrechte.
Immer wieder entsteht im Mehrfamilienhaus Streit, weil Erdgeschossmieter der Meinung sind, bei der Gartennutzung Sonderrechte zu haben. Dies ist jedoch nicht der Fall: Es existiert kein Gewohnheitsrecht, nach dem der Erdgeschossmieter automatisch den Garten eines Mehrfamilienhauses allein nutzen darf. Wenn eine solche Regelung beabsichtigt ist, muss sie ausdrücklich im Mietvertrag vereinbart werden (am besten in allen Mietverträgen im Haus).
In einem älteren Urteil beantwortete das Amtsgericht Solingen dies mit "ja". Hier war im Mietvertrag dazu nichts geregelt gewesen. Der Vermieter hatte vom Anfang des Mietverhältnisses an nichts dagegen gehabt, dass der Mieter und seine Familie Hof und Garten des gemeinsam bewohnten Hauses mitnutzten. Aber: Die Kinder des Mieters waren älter geworden und hatten immer öfter Freunde zu Besuch. Dem Vermieter wurde es zu lebhaft. Er verbot daher die Mitbenutzung von Hof und Garten. Das Gericht erklärte: Hier sei durch die langjährige Duldung der Gartennutzung ein Gewohnheitsrecht entstanden, das der Vermieter nicht einfach wieder aufheben könne. Dieses Recht schließe auch Besuche befreundeter Kinder mit ein (Urteil vom 13.9.1978, Az. 11 C 235/78).
Dem Kammergericht Berlin zufolge kann eine geduldete Gartennutzung durchaus widerrufen werden. In diesem Fall hatte ein Mieter ohne vertragliche Vereinbarung einfach einen Teil der Hoffläche eines Mehrfamilienhauses abgeteilt und für sich allein genutzt. Nach seinen Angaben hatte die Hausverwaltung dies erlaubt, jedenfalls war niemand dagegen eingeschritten. Der Vermieter wollte jedoch nun den Hof umgestalten und ihn allen Mietern zur Verfügung stellen.
Das Gericht war der Ansicht, dass der Vermieter in einem solchen Fall eine gewohnheitsrechtliche Duldung widerrufen darf. Hier überwiege das Interesse des Vermieters, die Fläche allen Mietern zur Verfügung zu stellen, das Interesse des einzelnen Mieters an einer bevorrechtigten Alleinnutzung (Urteil vom 14.12.2006, Az. 8 U 83/06). Dieses Urteil zeigt gut, dass Gerichte in solchen Fällen meist eine Interessenabwägung vornehmen. Hier ist also auch der Grund für den Widerruf der Gartennutzung entscheidend.
Wenn die Nutzung des Hausgartens allen Mietern erlaubt ist, müssen sie sich auch untereinander verständigen. Das Abzäunen einzelner Gartenteile ist nicht zulässig, denn hier hat niemand Sonderrechte. Mieter sollten auch darauf verzichten, bestimmte Ecken des Gartens durch eigene Gartenmöbel für sich selbst zu blockieren. Ein solches Verhalten führt schnell zum Streit – auch wenn so etwas in bestimmten Einzelfällen gelegentlich vor Gericht für zulässig gehalten wird (siehe unten). Dabei kommt es jedoch sehr auf den Einzelfall an.
Wenn der Garten ausdrücklich per Mietvertrag an die Mieter mitvermietet ist, können sie ihn grundsätzlich nutzen, wie sie wollen. Es können also durchaus Blumenbeete, ein Gurkenbeet oder ein Komposthaufen angelegt werden. Auch die Aufstellung eines Planschbeckens oder einer Schaukel für Kinder wäre möglich. Diese sollten allerdings mobil und leicht wieder zu entfernen sein. Selbst der Ansiedlung von Gartenzwergen steht nichts entgegen. Natürlich dürfen dann auch die Kinder der Mieter im Garten spielen. Allerdings hat jede Freiheit auch Grenzen. Diese liegen dort, wo die Gartennutzung die Rechte anderer Leute beeinträchtigt, weil sich zum Beispiel andere Mieter durch etwas gestört fühlen.
Nicht von der Gartennutzung umfasst ist jedoch das Entfernen vorhandener Blumenbeete, Sträucher oder gar Bäume oder das Verwandeln des Rasens in eine Gemüseanbaufläche. Dies gilt auch für das Pflanzen neuer Sträucher und Bäume. Hier ist die Erlaubnis des Vermieters einzuholen. Auch dauerhafte bauliche Umgestaltungen, etwa das Anlegen eines Swimmingpools oder das Verankern von Klettergerüsten mit Zement im Boden, sind nicht ohne weiteres erlaubt.
In der Hausordnung kann ein Vermieter im Mehrfamilienhaus Vorgaben zur Nutzung des Gemeinschaftsgartens machen. So kann er vorschreiben, dass Gartenmöbel, Gartengeräte und Spielzeug nach der Nutzung wieder weggeräumt werden müssen. Solche Regeln sollten dann aber unbedingt schon in der ursprünglichen Hausordnung stehen, die Vertragsbestandteil des Mietvertrages geworden ist. Denn: Nachträglich können Mietern per Hausordnung keine Pflichten auferlegt werden.
Das Amtsgericht Schöneberg verhandelte den Fall einer Mietpartei, die im Gemeinschaftsgarten im Sommer einen Strandkorb, Blumentöpfe, Blumenkübel, Sonnenschirme, Gartentische, Gartenstühle, eine Gartenbank, Sonnenliegen und weitere Gegenstände aufgestellt hatte. Der Garten war 2.000 qm groß und diese Mieter nutzten für sich 50 qm. Allerdings bestand keine vertragliche Vereinbarung, nach der diese Mietpartei einen Teil des Gartens allein nutzen durfte.
Der Vermieter verlangte daher per neuer Benutzungsordnung, dass die Mieter ihre Gartenmöbel und sonstigen Gegenstände allabendlich wegräumen sollten, um nicht anderen Mietern den Platz wegzunehmen. Einzelne Mieter hätten nicht das Recht, einen Teil des Gartens durch ihre Möbel für sich allein zu belegen.
Das Amtsgericht Schöneberg gab erstinstanzlich den Mietern recht: Der Vermieter könne ein tägliches Wegräumen der Möbel nur verlangen, wenn dies im Mietvertrag geregelt sei. So etwas könne er nicht durch ein einseitiges Schreiben bestimmen. Auch hätten die Mieter beweisen können, dass der Vermieter die Aufstellung des Strandkorbes genehmigt habe. Daher könne es den Mietern nicht zugemutet werden, diesen jeden Abend wegzuschleppen. Der Vermieter müsse für das Verbot einer bereits erlaubten Nutzung besondere Gründe angeben können - die er hier nicht habe (Urteil vom 14.7.2005, Az. 9 C 336/04).
Der Vermieter zog allerdings weiter in die nächste Instanz. Das Landgericht Berlin entschied genau gegenteilig und gab damit dem Vermieter recht. Es erklärte eine Benutzungsordnung für zulässig, wenn sie nicht willkürlich, sowie für alle Beteiligten "billig und gerecht" sei. Im verhandelten Fall hätten diese Voraussetzungen vorgelegen, denn die Regelung der Gartennutzung diene allen Mietern: Es werde von niemandem zu viel verlangt. Die dauerhaft abgestellten Strandkörbe und Blumenkübel verursachten einerseits Schäden im Rasen. Zudem könnte der Vermieter mit der Benutzungsordnung einen Reservierungseffekt verhindern, indem einzelne Parteien aus dem Haus die schönsten Ecken des Gartens den ganzen Sommer über für sich reklamieren. (Urteil vom 27. Januar 2006, Az. 63 S 287/05)
Wenn alle Hausbewohner den Garten nutzen, sollten idealerweise auch alle zu seiner Pflege beitragen. Da sich hier meist einige mehr engagieren als andere, entsteht schnell Streit. Viele Vermieter engagieren daher einfach einen gewerblichen Gartenpflegedienst. Die Kosten können sie anteilig allen Mietern im Rahmen der Betriebskostenumlage in Rechnung stellen. Dies ist meist die einfachste Lösung.
In einer WEG muss man das Sondereigentum – also das Eigentum einzelner Eigentümer – vom Gemeinschaftseigentum unterscheiden, das allen Miteigentümern gemeinsam gehört. Der Garten ist in aller Regel Gemeinschaftseigentum. Es gibt jedoch Ausnahmen. Diese sind dann durch entsprechende Regelungen in der Teilungserklärung der Eigentümergemeinschaft festgelegt.
Eine Eigentümergemeinschaft kann Regeln für die Gartennutzung vorgeben. Hier kommt es wieder auf den Einzelfall an. Abstimmungsfragen unterliegen engen gesetzlichen Regelungen. Die Eigentümerversammlung darf nicht per Mehrheitsbeschluss über alles entscheiden, was ihr beliebt.
Einem Gerichtsurteil zufolge durfte eine Eigentümerversammlung nicht mit Mehrheit beschließen, dass eine 90 Jahre alte und 28 Meter hohe Roteiche gefällt werden sollte, die als einer von nur drei Bäumen die komplette Außenanlage dominierte. Dies entschied das Landgericht Berlin. Die Befürworter der Baumfällung hatten behauptet, dass der Baum umsturzgefährdet sei. Dies schien jedoch eine Ausrede zu sein: Ein Baumsachverständiger bescheinigte dem Baum nämlich Gesundheit und Standfestigkeit für weitere Jahre. Das Gericht sah die Baumfällung nicht mehr als Bestandteil der ordnungsgemäßen Verwaltung an, über den die Eigentümerversammlung abstimmen durfte (LG Berlin, Az. 53 S 69/15).
Ein einzelner Wohnungseigentümer kann anderen Eigentümern nicht untersagen, im Gemeinschaftsgarten Gartenzwerge aufzustellen. Dies entschied das Amtsgericht Hamburg-Harburg. Dort hatten zwei Gartenzwerge das Missfallen einer Eigentümerin erregt. Dem Gericht zufolge stellten sie jedoch keine übermäßige Nutzung des Gartens dar und auch keine schwerwiegende Beeinträchtigung der Rechte der Klägerin (Beschluss vom 30.12.1985, Az. 610a II 17/85).
Dürfen mehrere Parteien einen Hausgarten gemeinsam nutzen, ist gegenseitige Verständigung und Rücksichtnahme gefragt. Zwar können Vermieter per Hausordnung Einzelheiten zur Nutzung des Gartens regeln. Wenn es jedoch trotzdem zum Streit kommt, kann Ihnen ein Rechtsanwalt helfen, der sich auf das Zivilrecht oder auf das Mietrecht spezialisiert hat.
Das Wichtigste in Kürze
1. Vereinbarung im Mietvertrag: Der Garten eines Mehrfamilienhauses kann von den Mietern genutzt werden, wenn dies in ihrem Mietvertrag ausdrücklich gestattet ist. Einschränkungen, wie insbesondere Ruhezeiten, müssen beachtet werden.
2. Gemeinschaftliche Nutzung: Ist der Garten als Gemeinschaftsfläche deklariert, dürfen alle Mieter des Hauses ihn nutzen, sofern keine anderen Regelungen getroffen wurden. Es ist zulässig, dass der Vermieter eine Benutzungsordnung aufstellt.
3. Einverständnis des Vermieters: In Fällen, in denen der Garten nicht ausdrücklich im Mietvertrag erwähnt ist, ist das Einverständnis des Vermieters notwendig. Hat der Vermieter die Gartennutzung eine Zeitlang zwar nicht ausdrücklich erlaubt, aber geduldet, so kann er diese Duldung widerrufen.
1. Vereinbarung im Mietvertrag: Der Garten eines Mehrfamilienhauses kann von den Mietern genutzt werden, wenn dies in ihrem Mietvertrag ausdrücklich gestattet ist. Einschränkungen, wie insbesondere Ruhezeiten, müssen beachtet werden.
2. Gemeinschaftliche Nutzung: Ist der Garten als Gemeinschaftsfläche deklariert, dürfen alle Mieter des Hauses ihn nutzen, sofern keine anderen Regelungen getroffen wurden. Es ist zulässig, dass der Vermieter eine Benutzungsordnung aufstellt.
3. Einverständnis des Vermieters: In Fällen, in denen der Garten nicht ausdrücklich im Mietvertrag erwähnt ist, ist das Einverständnis des Vermieters notwendig. Hat der Vermieter die Gartennutzung eine Zeitlang zwar nicht ausdrücklich erlaubt, aber geduldet, so kann er diese Duldung widerrufen.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wann dürfen Mieter den Garten nutzen? Was darf der Erdgeschossmieter? Gibt es ein Mitbenutzungsrecht auf Basis des Gewohnheitsrechts? Kann eine geduldete Nutzung widerrufen werden? Was passiert, wenn es Streit um die Nutzung des Gartens gibt? Wie dürfen Mieter den Garten des Mehrfamilienhauses nutzen? Was kann durch die Hausordnung festgelegt werden? Darf der Vermieter die Gartennutzung per Benutzungsordnung regeln? Wer pflegt den Garten im Mehrfamilienhaus? Was gilt in einer Wohnungseigentümergemeinschaft? Urteil: Baumfällung im Garten einer Eigentümergemeinschaft Urteil: Gartenzwerge in der Wohnungseigentümergemeinschaft Praxistipp zur Gartennutzung im Mehrfamilienhaus Wann dürfen Mieter den Garten nutzen?
Mieter in einem Mehrfamilienhaus sind zur Gartennutzung grundsätzlich nur dann berechtigt, wenn dies im Mietvertrag auch so vereinbart wurde. Eine solche Absprache kann ganz unterschiedlich aussehen. Zum Beispiel kann der Garten an eine bestimmte Mietpartei mitvermietet werden. Oder er gilt als gemeinschaftliche Einrichtung und steht allen Hausbewohnern im Mehrfamilienhaus gleichermaßen zur Verfügung. Im letzteren Fall müssen sich die Mieter allerdings untereinander einigen, wie sie sich die Gartennutzung vorstellen. Ein Mieter, der am liebsten oft bei lauter Musik grillen möchte, wird vielleicht feststellen, dass jemand anders in Ruhe im Liegestuhl ein Buch lesen möchte, ohne von Kohlenrauch eingenebelt zu werden. Dann ist gegenseitige Rücksichtnahme entscheidend.
Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, die Gartennutzung im Mehrfamilienhaus zu regeln:
1. Niemand darf den Garten nutzen. Dieser dient nur zur Zierde. Die Gartenpflege erledigt der Vermieter/Hausmeister/Gartenpflegedienst.
2. Der Garten ist an einzelne Mieter vermietet. Sie dürfen ihn nutzen und müssen ihn pflegen.
3. Alle Mieter sind zur Gartennutzung berechtigt und niemand hat Sonderrechte.
Was darf der Erdgeschossmieter?
Immer wieder entsteht im Mehrfamilienhaus Streit, weil Erdgeschossmieter der Meinung sind, bei der Gartennutzung Sonderrechte zu haben. Dies ist jedoch nicht der Fall: Es existiert kein Gewohnheitsrecht, nach dem der Erdgeschossmieter automatisch den Garten eines Mehrfamilienhauses allein nutzen darf. Wenn eine solche Regelung beabsichtigt ist, muss sie ausdrücklich im Mietvertrag vereinbart werden (am besten in allen Mietverträgen im Haus).
Gibt es ein Mitbenutzungsrecht auf Basis des Gewohnheitsrechts?
In einem älteren Urteil beantwortete das Amtsgericht Solingen dies mit "ja". Hier war im Mietvertrag dazu nichts geregelt gewesen. Der Vermieter hatte vom Anfang des Mietverhältnisses an nichts dagegen gehabt, dass der Mieter und seine Familie Hof und Garten des gemeinsam bewohnten Hauses mitnutzten. Aber: Die Kinder des Mieters waren älter geworden und hatten immer öfter Freunde zu Besuch. Dem Vermieter wurde es zu lebhaft. Er verbot daher die Mitbenutzung von Hof und Garten. Das Gericht erklärte: Hier sei durch die langjährige Duldung der Gartennutzung ein Gewohnheitsrecht entstanden, das der Vermieter nicht einfach wieder aufheben könne. Dieses Recht schließe auch Besuche befreundeter Kinder mit ein (Urteil vom 13.9.1978, Az. 11 C 235/78).
Kann eine geduldete Nutzung widerrufen werden?
Dem Kammergericht Berlin zufolge kann eine geduldete Gartennutzung durchaus widerrufen werden. In diesem Fall hatte ein Mieter ohne vertragliche Vereinbarung einfach einen Teil der Hoffläche eines Mehrfamilienhauses abgeteilt und für sich allein genutzt. Nach seinen Angaben hatte die Hausverwaltung dies erlaubt, jedenfalls war niemand dagegen eingeschritten. Der Vermieter wollte jedoch nun den Hof umgestalten und ihn allen Mietern zur Verfügung stellen.
Das Gericht war der Ansicht, dass der Vermieter in einem solchen Fall eine gewohnheitsrechtliche Duldung widerrufen darf. Hier überwiege das Interesse des Vermieters, die Fläche allen Mietern zur Verfügung zu stellen, das Interesse des einzelnen Mieters an einer bevorrechtigten Alleinnutzung (Urteil vom 14.12.2006, Az. 8 U 83/06). Dieses Urteil zeigt gut, dass Gerichte in solchen Fällen meist eine Interessenabwägung vornehmen. Hier ist also auch der Grund für den Widerruf der Gartennutzung entscheidend.
Was passiert, wenn es Streit um die Nutzung des Gartens gibt?
Wenn die Nutzung des Hausgartens allen Mietern erlaubt ist, müssen sie sich auch untereinander verständigen. Das Abzäunen einzelner Gartenteile ist nicht zulässig, denn hier hat niemand Sonderrechte. Mieter sollten auch darauf verzichten, bestimmte Ecken des Gartens durch eigene Gartenmöbel für sich selbst zu blockieren. Ein solches Verhalten führt schnell zum Streit – auch wenn so etwas in bestimmten Einzelfällen gelegentlich vor Gericht für zulässig gehalten wird (siehe unten). Dabei kommt es jedoch sehr auf den Einzelfall an.
Wie dürfen Mieter den Garten des Mehrfamilienhauses nutzen?
Wenn der Garten ausdrücklich per Mietvertrag an die Mieter mitvermietet ist, können sie ihn grundsätzlich nutzen, wie sie wollen. Es können also durchaus Blumenbeete, ein Gurkenbeet oder ein Komposthaufen angelegt werden. Auch die Aufstellung eines Planschbeckens oder einer Schaukel für Kinder wäre möglich. Diese sollten allerdings mobil und leicht wieder zu entfernen sein. Selbst der Ansiedlung von Gartenzwergen steht nichts entgegen. Natürlich dürfen dann auch die Kinder der Mieter im Garten spielen. Allerdings hat jede Freiheit auch Grenzen. Diese liegen dort, wo die Gartennutzung die Rechte anderer Leute beeinträchtigt, weil sich zum Beispiel andere Mieter durch etwas gestört fühlen.
Nicht von der Gartennutzung umfasst ist jedoch das Entfernen vorhandener Blumenbeete, Sträucher oder gar Bäume oder das Verwandeln des Rasens in eine Gemüseanbaufläche. Dies gilt auch für das Pflanzen neuer Sträucher und Bäume. Hier ist die Erlaubnis des Vermieters einzuholen. Auch dauerhafte bauliche Umgestaltungen, etwa das Anlegen eines Swimmingpools oder das Verankern von Klettergerüsten mit Zement im Boden, sind nicht ohne weiteres erlaubt.
Was kann durch die Hausordnung festgelegt werden?
In der Hausordnung kann ein Vermieter im Mehrfamilienhaus Vorgaben zur Nutzung des Gemeinschaftsgartens machen. So kann er vorschreiben, dass Gartenmöbel, Gartengeräte und Spielzeug nach der Nutzung wieder weggeräumt werden müssen. Solche Regeln sollten dann aber unbedingt schon in der ursprünglichen Hausordnung stehen, die Vertragsbestandteil des Mietvertrages geworden ist. Denn: Nachträglich können Mietern per Hausordnung keine Pflichten auferlegt werden.
Darf der Vermieter die Gartennutzung per Benutzungsordnung regeln?
Das Amtsgericht Schöneberg verhandelte den Fall einer Mietpartei, die im Gemeinschaftsgarten im Sommer einen Strandkorb, Blumentöpfe, Blumenkübel, Sonnenschirme, Gartentische, Gartenstühle, eine Gartenbank, Sonnenliegen und weitere Gegenstände aufgestellt hatte. Der Garten war 2.000 qm groß und diese Mieter nutzten für sich 50 qm. Allerdings bestand keine vertragliche Vereinbarung, nach der diese Mietpartei einen Teil des Gartens allein nutzen durfte.
Der Vermieter verlangte daher per neuer Benutzungsordnung, dass die Mieter ihre Gartenmöbel und sonstigen Gegenstände allabendlich wegräumen sollten, um nicht anderen Mietern den Platz wegzunehmen. Einzelne Mieter hätten nicht das Recht, einen Teil des Gartens durch ihre Möbel für sich allein zu belegen.
Das Amtsgericht Schöneberg gab erstinstanzlich den Mietern recht: Der Vermieter könne ein tägliches Wegräumen der Möbel nur verlangen, wenn dies im Mietvertrag geregelt sei. So etwas könne er nicht durch ein einseitiges Schreiben bestimmen. Auch hätten die Mieter beweisen können, dass der Vermieter die Aufstellung des Strandkorbes genehmigt habe. Daher könne es den Mietern nicht zugemutet werden, diesen jeden Abend wegzuschleppen. Der Vermieter müsse für das Verbot einer bereits erlaubten Nutzung besondere Gründe angeben können - die er hier nicht habe (Urteil vom 14.7.2005, Az. 9 C 336/04).
Der Vermieter zog allerdings weiter in die nächste Instanz. Das Landgericht Berlin entschied genau gegenteilig und gab damit dem Vermieter recht. Es erklärte eine Benutzungsordnung für zulässig, wenn sie nicht willkürlich, sowie für alle Beteiligten "billig und gerecht" sei. Im verhandelten Fall hätten diese Voraussetzungen vorgelegen, denn die Regelung der Gartennutzung diene allen Mietern: Es werde von niemandem zu viel verlangt. Die dauerhaft abgestellten Strandkörbe und Blumenkübel verursachten einerseits Schäden im Rasen. Zudem könnte der Vermieter mit der Benutzungsordnung einen Reservierungseffekt verhindern, indem einzelne Parteien aus dem Haus die schönsten Ecken des Gartens den ganzen Sommer über für sich reklamieren. (Urteil vom 27. Januar 2006, Az. 63 S 287/05)
Wer pflegt den Garten im Mehrfamilienhaus?
Wenn alle Hausbewohner den Garten nutzen, sollten idealerweise auch alle zu seiner Pflege beitragen. Da sich hier meist einige mehr engagieren als andere, entsteht schnell Streit. Viele Vermieter engagieren daher einfach einen gewerblichen Gartenpflegedienst. Die Kosten können sie anteilig allen Mietern im Rahmen der Betriebskostenumlage in Rechnung stellen. Dies ist meist die einfachste Lösung.
Was gilt in einer Wohnungseigentümergemeinschaft?
In einer WEG muss man das Sondereigentum – also das Eigentum einzelner Eigentümer – vom Gemeinschaftseigentum unterscheiden, das allen Miteigentümern gemeinsam gehört. Der Garten ist in aller Regel Gemeinschaftseigentum. Es gibt jedoch Ausnahmen. Diese sind dann durch entsprechende Regelungen in der Teilungserklärung der Eigentümergemeinschaft festgelegt.
Eine Eigentümergemeinschaft kann Regeln für die Gartennutzung vorgeben. Hier kommt es wieder auf den Einzelfall an. Abstimmungsfragen unterliegen engen gesetzlichen Regelungen. Die Eigentümerversammlung darf nicht per Mehrheitsbeschluss über alles entscheiden, was ihr beliebt.
Urteil: Baumfällung im Garten einer Eigentümergemeinschaft
Einem Gerichtsurteil zufolge durfte eine Eigentümerversammlung nicht mit Mehrheit beschließen, dass eine 90 Jahre alte und 28 Meter hohe Roteiche gefällt werden sollte, die als einer von nur drei Bäumen die komplette Außenanlage dominierte. Dies entschied das Landgericht Berlin. Die Befürworter der Baumfällung hatten behauptet, dass der Baum umsturzgefährdet sei. Dies schien jedoch eine Ausrede zu sein: Ein Baumsachverständiger bescheinigte dem Baum nämlich Gesundheit und Standfestigkeit für weitere Jahre. Das Gericht sah die Baumfällung nicht mehr als Bestandteil der ordnungsgemäßen Verwaltung an, über den die Eigentümerversammlung abstimmen durfte (LG Berlin, Az. 53 S 69/15).
Urteil: Gartenzwerge in der Wohnungseigentümergemeinschaft
Ein einzelner Wohnungseigentümer kann anderen Eigentümern nicht untersagen, im Gemeinschaftsgarten Gartenzwerge aufzustellen. Dies entschied das Amtsgericht Hamburg-Harburg. Dort hatten zwei Gartenzwerge das Missfallen einer Eigentümerin erregt. Dem Gericht zufolge stellten sie jedoch keine übermäßige Nutzung des Gartens dar und auch keine schwerwiegende Beeinträchtigung der Rechte der Klägerin (Beschluss vom 30.12.1985, Az. 610a II 17/85).
Praxistipp zur Gartennutzung im Mehrfamilienhaus
Dürfen mehrere Parteien einen Hausgarten gemeinsam nutzen, ist gegenseitige Verständigung und Rücksichtnahme gefragt. Zwar können Vermieter per Hausordnung Einzelheiten zur Nutzung des Gartens regeln. Wenn es jedoch trotzdem zum Streit kommt, kann Ihnen ein Rechtsanwalt helfen, der sich auf das Zivilrecht oder auf das Mietrecht spezialisiert hat.
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