Geranie oder Ahornbaum: Welche Pflanzen sind auf dem Balkon erlaubt?
18.10.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Mieter dürfen grundsätzlich ihre Mieträume – einschließlich Balkon, Terrasse oder Loggia – durchaus so nutzen, wie sie wollen. Allerdings gibt es einige Einschränkungen. So darf die Balkonnutzung eines Mieters nicht die Belange anderer Mieter im Haus unzumutbar beeinträchtigen. Konflikte gibt es besonders häufig beim Rauchen, Grillen, Vögel füttern oder Musikhören auf dem Balkon. Die Nutzung des Balkons einer Mietwohnung muss immer im Rahmen des Mietvertrages stattfinden. Vertragsgemäße Nutzung bedeutet: zum Wohnen. Problematisch ist also alles, was normalerweise nicht zum Wohnen gehört. Auch die Interessen des Vermieters dürfen durch den Mieter nicht übermäßig verletzt werden – dies kann etwa durch Beschädigungen der Bausubstanz durch Bohrlöcher oder eine Verschandelung der Hausfassade passieren.
Mieter dürfen am Balkon Blumenkästen anbringen. Es scheint allerdings lokale Unterschiede bei der Frage zu geben, ob man sie außen oder innen anzubringen hat. So hat das Landgericht Hamburg vor einigen Jahren entschieden, dass Blumenkästen außen am Balkongeländer üblich und zulässig sind (Az. 316 S 79/04). Das Landgericht Berlin erlaubte sie jedoch nur auf der Innenseite des Balkongeländers (Az. 67 S 370/09). Dies begründete das Gericht in erster Linie mit der Sicherheit von Passanten, die unter dem Blumenkasten unterwegs sind. Schließlich lasse sich ein Herabstürzen, auch durch Materialermüdung, nie vollkommen ausschließen. Auch das Hamburger Gericht betonte, dass die Blumenkästen immer so gut befestigt sein müssten, dass sie auch bei Sturm nicht abstürzen und anderen Leuten auf den Kopf fallen könnten.
Pflanzen brauchen Wasser. Dieses sollte jedoch nicht dem Nachbarn auf dem Balkon darunter auf den gedeckten Kaffeetisch tropfen. Dies betonte das Landgericht München I. Natürlich kann so etwas gerade bei Blumenkästen leicht passieren. Hier waren zwei Wohnungseigentümerinnen in Streit geraten. Die eine wollte auf ihrem Balkon Kaffee trinken, Kuchen essen und mit ihrer Familie gemütlich sitzen. Dies wurde aber durch die andere beeinträchtigt, die immer zur Kaffeezeit ihre Blumen in den Blumenkästen goss, sodass das Blumenwasser unten in den Kaffee tropfte.
Dem Gericht zufolge waren sowohl die Blumenkästen als auch das Blumengießen normal und erlaubt. Trotzdem müssten sich die Beteiligten an das nachbarschaftliche Gebot der Rücksichtnahme halten. Dieses sei für Wohnungseigentümer besonders in § 14 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) geregelt. Blumen in Balkon-Blumenkästen zu gießen, während sich unten Personen auf dem Balkon befänden, verstoße gegen das Rücksichtnahmegebot. Die Nachbarin in der oberen Wohnung müsse darauf achten, dass der untere Balkon unbesetzt sei, bevor sie ihre Pflanzen wässere (LG München I, Urteil vom 15.9.2014, Az. 1 S 1836/13).
Fällt von einem Balkon Laub auf den Balkon darunter, missfällt dies meist dem dortigen Mieter. Ein paar herabfallende Pflanzenteile wie Blätter oder Blütenblätter müssen Nachbarn jedoch hinnehmen. Einschränkungen bestehen, wenn das Grün stark über die Balkonbrüstung hinauswuchert. Als unzulässig gelten Rankpflanzen, die auf die Hauswand übergreifen. Dies gilt schon deshalb, weil die Entfernung zum Beispiel von Efeu aufwendig sein kann.
Ein Prozess um einen Balkonbaum zog sich durch mehrere Instanzen. Der Anlass war ein Bergahorn, den der Mieter einer Münchner Wohnung zunächst als Topfpflanze auf der zu seiner Wohnung gehörenden Loggia stehen hatte. Das Pflänzchen wuchs jedoch fleißig, wuchs immer weiter, sprengte schließlich seinen Holzkasten, wuchs mit Erde und Wurzeln direkt auf dem Balkonboden weiter, entwickelte eine Krone und wuchs noch mal 15 Jahre lang.
Der Mieter sicherte den liebgewonnenen Ahornbaum mit Stahlkletten und Stahlspiralen zur Schwingungsdämpfung. Diese waren mit Schwerlastdübeln in der Hauswand verankert. Irgendwann wurde dies der Vermieterin zu bunt. Sie verlangte die Entfernung des Ahornbaums. Auf Balkonen sei unkontrollierter Wildwuchs nicht erwünscht und entspreche auch nicht der vertragsgemäßen Nutzung der Mietwohnung. Der Mieter war davon nicht zu überzeugen. Er glaubte sich im Recht, denn sein Mietvertrag verbot keine Bäume auf dem Balkon. Seiner Ansicht nach war der Baum daher vertragsgemäß. Er könne den Balkon nutzen, wie er wollte – schließlich zahle er Miete dafür. Obendrein sei ein möglicher Anspruch der Vermieterseite verjährt. Diese führe regelmäßig Hausbegehungen durch und kenne den Baum. Sie habe auch seit Jahren sehen können, dass dieser eine Krone ausbilde.
Das Münchner Amtsgericht entschied gegen den Mieter und seinen Baum. Es meinte, dass zur vertragsgemäßen Nutzung einer Mietwohnung nur das gehöre, was nach der "Verkehrsanschauung" üblich sei. Bäume auf Balkonen und Loggien seien aber gerade nicht üblich. Ein ausgewachsener Ahornbaum könne ein bis zwei Meter dick und etliche Meter hoch werden. So etwas sei auf einem Balkon – oder einer Loggia – am Mehrfamilienhaus fehl am Platz.
Obendrein sei der Baum umsturzgefährdet. Er habe kein Erdreich, um sich richtig zu verwurzeln. Die von dem Mieter angebrachten Schwerlast-Sicherungen in der Hauswand seien ein unzulässiger Eingriff in die Bausubstanz des Hauses, der nur mit Einwilligung des Vermieters erlaubt sei.
Auch eine Verjährung lehnte das Gericht ab. Hier handle es sich um einen Dauerzustand. Man könne nicht einfach das Datum der Baumpflanzung als Verjährungsbeginn verwenden. Dafür sei der Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Vermieters von der Baumkrone und der Stahlseilkonstruktion maßgeblich (Az. 461 C 26728/15).
Das Landgericht München I bestätigte dieses Urteil. Es ergänzte, dass ein Ahornbaum 40 Meter hoch werden könne. Hier sei auch das optische Erscheinungsbild der Fassade durch den Baum stark verändert worden. Daher musste der Mieter den Baum entfernen (Beschluss vom 8.11.2016, Az. 31 S 12371/16).
Auch bei der Bepflanzung ihrer Balkone müssen Wohnungseigentümer und Mieter das Gebot der Rücksichtnahme beachten. Ein Balkon ist nun einmal kein eigener Garten. Bei Konflikten hilft gegenseitige Verständigung. Wenn sich Streit nicht vermeiden lässt, kann ein Fachanwalt für Mietrecht Sie zu Ihrem konkreten Fall beraten und Sie vor Gericht vertreten.
Das Wichtigste in Kürze
1. Grundsatz: Mieter dürfen grundsätzlich Pflanzen auf ihrem Balkon anpflanzen, soweit sich die Bepflanzung im Rahmen der vertragsgemäßen Nutzung des Balkons abspielt.
2. Rücksichtnahme: Mieter und Wohnungseigentümer haben bei der Balkonbepflanzung und der Versorgung der Pflanzen - insbesondere beim Gießen - das Gebot der Rücksichtnahme zu beachten.
3. Spezialfall BäumeLaut Rechtsprechung umfasst die vertragsgemäße Nutzung einer Mietwohnung nur das, was nach der "Verkehrsanschauung" üblich ist. Bäume auf Balkonen sind in aller Regel unüblich.
1. Grundsatz: Mieter dürfen grundsätzlich Pflanzen auf ihrem Balkon anpflanzen, soweit sich die Bepflanzung im Rahmen der vertragsgemäßen Nutzung des Balkons abspielt.
2. Rücksichtnahme: Mieter und Wohnungseigentümer haben bei der Balkonbepflanzung und der Versorgung der Pflanzen - insbesondere beim Gießen - das Gebot der Rücksichtnahme zu beachten.
3. Spezialfall BäumeLaut Rechtsprechung umfasst die vertragsgemäße Nutzung einer Mietwohnung nur das, was nach der "Verkehrsanschauung" üblich ist. Bäume auf Balkonen sind in aller Regel unüblich.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wo dürfen Blumenkästen hängen? Gibt es ein Rücksichtnahmegebot beim Blumengießen? Muss der Nachbar Laubfall vom Balkon dulden? Wenn auf dem Balkon Bäume wachsen: der Münchner Ahorn Wie urteilte das Gericht zum Baum auf dem Balkon? Praxistipp zur Bepflanzung auf dem Balkon Wo dürfen Blumenkästen hängen?
Mieter dürfen am Balkon Blumenkästen anbringen. Es scheint allerdings lokale Unterschiede bei der Frage zu geben, ob man sie außen oder innen anzubringen hat. So hat das Landgericht Hamburg vor einigen Jahren entschieden, dass Blumenkästen außen am Balkongeländer üblich und zulässig sind (Az. 316 S 79/04). Das Landgericht Berlin erlaubte sie jedoch nur auf der Innenseite des Balkongeländers (Az. 67 S 370/09). Dies begründete das Gericht in erster Linie mit der Sicherheit von Passanten, die unter dem Blumenkasten unterwegs sind. Schließlich lasse sich ein Herabstürzen, auch durch Materialermüdung, nie vollkommen ausschließen. Auch das Hamburger Gericht betonte, dass die Blumenkästen immer so gut befestigt sein müssten, dass sie auch bei Sturm nicht abstürzen und anderen Leuten auf den Kopf fallen könnten.
Gibt es ein Rücksichtnahmegebot beim Blumengießen?
Pflanzen brauchen Wasser. Dieses sollte jedoch nicht dem Nachbarn auf dem Balkon darunter auf den gedeckten Kaffeetisch tropfen. Dies betonte das Landgericht München I. Natürlich kann so etwas gerade bei Blumenkästen leicht passieren. Hier waren zwei Wohnungseigentümerinnen in Streit geraten. Die eine wollte auf ihrem Balkon Kaffee trinken, Kuchen essen und mit ihrer Familie gemütlich sitzen. Dies wurde aber durch die andere beeinträchtigt, die immer zur Kaffeezeit ihre Blumen in den Blumenkästen goss, sodass das Blumenwasser unten in den Kaffee tropfte.
Dem Gericht zufolge waren sowohl die Blumenkästen als auch das Blumengießen normal und erlaubt. Trotzdem müssten sich die Beteiligten an das nachbarschaftliche Gebot der Rücksichtnahme halten. Dieses sei für Wohnungseigentümer besonders in § 14 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) geregelt. Blumen in Balkon-Blumenkästen zu gießen, während sich unten Personen auf dem Balkon befänden, verstoße gegen das Rücksichtnahmegebot. Die Nachbarin in der oberen Wohnung müsse darauf achten, dass der untere Balkon unbesetzt sei, bevor sie ihre Pflanzen wässere (LG München I, Urteil vom 15.9.2014, Az. 1 S 1836/13).
Muss der Nachbar Laubfall vom Balkon dulden?
Fällt von einem Balkon Laub auf den Balkon darunter, missfällt dies meist dem dortigen Mieter. Ein paar herabfallende Pflanzenteile wie Blätter oder Blütenblätter müssen Nachbarn jedoch hinnehmen. Einschränkungen bestehen, wenn das Grün stark über die Balkonbrüstung hinauswuchert. Als unzulässig gelten Rankpflanzen, die auf die Hauswand übergreifen. Dies gilt schon deshalb, weil die Entfernung zum Beispiel von Efeu aufwendig sein kann.
Wenn auf dem Balkon Bäume wachsen: der Münchner Ahorn
Ein Prozess um einen Balkonbaum zog sich durch mehrere Instanzen. Der Anlass war ein Bergahorn, den der Mieter einer Münchner Wohnung zunächst als Topfpflanze auf der zu seiner Wohnung gehörenden Loggia stehen hatte. Das Pflänzchen wuchs jedoch fleißig, wuchs immer weiter, sprengte schließlich seinen Holzkasten, wuchs mit Erde und Wurzeln direkt auf dem Balkonboden weiter, entwickelte eine Krone und wuchs noch mal 15 Jahre lang.
Der Mieter sicherte den liebgewonnenen Ahornbaum mit Stahlkletten und Stahlspiralen zur Schwingungsdämpfung. Diese waren mit Schwerlastdübeln in der Hauswand verankert. Irgendwann wurde dies der Vermieterin zu bunt. Sie verlangte die Entfernung des Ahornbaums. Auf Balkonen sei unkontrollierter Wildwuchs nicht erwünscht und entspreche auch nicht der vertragsgemäßen Nutzung der Mietwohnung. Der Mieter war davon nicht zu überzeugen. Er glaubte sich im Recht, denn sein Mietvertrag verbot keine Bäume auf dem Balkon. Seiner Ansicht nach war der Baum daher vertragsgemäß. Er könne den Balkon nutzen, wie er wollte – schließlich zahle er Miete dafür. Obendrein sei ein möglicher Anspruch der Vermieterseite verjährt. Diese führe regelmäßig Hausbegehungen durch und kenne den Baum. Sie habe auch seit Jahren sehen können, dass dieser eine Krone ausbilde.
Wie urteilte das Gericht zum Baum auf dem Balkon?
Das Münchner Amtsgericht entschied gegen den Mieter und seinen Baum. Es meinte, dass zur vertragsgemäßen Nutzung einer Mietwohnung nur das gehöre, was nach der "Verkehrsanschauung" üblich sei. Bäume auf Balkonen und Loggien seien aber gerade nicht üblich. Ein ausgewachsener Ahornbaum könne ein bis zwei Meter dick und etliche Meter hoch werden. So etwas sei auf einem Balkon – oder einer Loggia – am Mehrfamilienhaus fehl am Platz.
Obendrein sei der Baum umsturzgefährdet. Er habe kein Erdreich, um sich richtig zu verwurzeln. Die von dem Mieter angebrachten Schwerlast-Sicherungen in der Hauswand seien ein unzulässiger Eingriff in die Bausubstanz des Hauses, der nur mit Einwilligung des Vermieters erlaubt sei.
Auch eine Verjährung lehnte das Gericht ab. Hier handle es sich um einen Dauerzustand. Man könne nicht einfach das Datum der Baumpflanzung als Verjährungsbeginn verwenden. Dafür sei der Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Vermieters von der Baumkrone und der Stahlseilkonstruktion maßgeblich (Az. 461 C 26728/15).
Das Landgericht München I bestätigte dieses Urteil. Es ergänzte, dass ein Ahornbaum 40 Meter hoch werden könne. Hier sei auch das optische Erscheinungsbild der Fassade durch den Baum stark verändert worden. Daher musste der Mieter den Baum entfernen (Beschluss vom 8.11.2016, Az. 31 S 12371/16).
Praxistipp zur Bepflanzung auf dem Balkon
Auch bei der Bepflanzung ihrer Balkone müssen Wohnungseigentümer und Mieter das Gebot der Rücksichtnahme beachten. Ein Balkon ist nun einmal kein eigener Garten. Bei Konflikten hilft gegenseitige Verständigung. Wenn sich Streit nicht vermeiden lässt, kann ein Fachanwalt für Mietrecht Sie zu Ihrem konkreten Fall beraten und Sie vor Gericht vertreten.
(Wk)