Gewerbe in der Mietwohnung - was ist erlaubt?

12.07.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
Gewerbe,Paket,versandfertig,machen,Mietwohnung Wann ist die Ausübung eines Gewerbes in der Mietwohnung zulässig? © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Zustimmung des Vermieters: Für die Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit in einer Mietwohnung ist grundsätzlich die Zustimmung des Vermieters erforderlich. Eine Ausnahme bilden Tätigkeiten, die niemanden stören und die nicht nach außen in Erscheinung treten.

2. Wohnung zum Büro gemacht: Soll die ganze Wohnung zum Büro werden, ist dies eine Nutzungsänderung in Richtung Gewerbe, die ohne Absprache mit dem Vermieter nicht zulässig ist.

3. Gewerbe mit Außenwirkung: Unter Umständen muss ein Vermieter auch einer gewerblichen Teilnutzung, die eine begrenzte Außenwirkung entfaltet, erlauben.

4. Baurechtliche Zulässigkeit: Ob und wenn ja, welches Gewerbe in einer Mietwohnung zulässig ist, richtet sich auch nach den baurechtlichen Vorschriften.
In so mancher Mietwohnung wird nicht nur gewohnt, sondern auch gearbeitet. Dies gilt nicht nur im Fall von angestellten Home-Office-Mitarbeitern. Freie Journalisten, selbstständige Webdesigner, Inhaber von Online-Shops, Immobilienmakler, heimarbeitende Kugelschreibermonteure, Tagesmütter oder Trompetenlehrer - sie alle arbeiten oft zu Hause. Nicht selten sorgt dies für Probleme. Was ist erlaubt, was nicht, und mit welchen Einschränkungen?

Welche Arten von Gewerben werden zu Hause ausgeübt?


Dies können sehr unterschiedliche Gewerbezweige oder freie Berufe sein. Oft sind es klassische Schreibtisch-Tätigkeiten wie eben Journalisten, Werbetexter oder Webdesigner. Andere Mieter reparieren womöglich fremde Fahrräder, verkaufen Waren oder sind Künstler. Auch das Erteilen von Nachhilfe oder Unterricht aller Art ist beliebt. Tagesmütter arbeiten regelmäßig in ihrer eigenen Wohnung. Aber auch Prostituierte sind häufig zu Hause tätig.

Wann spricht man von einem Gewerbe?


Ein Gewerbe ist grundsätzlich eine selbstständige Tätigkeit, die eine Gewerbeanmeldung beim Gewerbeamt erfordert. Freiberufler müssen sich meist nur beim Finanzamt anmelden. Auch sie sind selbstständig. Hier geht es jedoch um das Verhältnis zu Nachbarn oder Vermieter, und dafür ist diese Unterscheidung nicht relevant. Wenn in diesem Rechtstipp also von "Gewerbe" die Rede ist, ist damit kein "Gewerbe" im engeren Sinne gemeint, sondern jede selbstständige Tätigkeit, die zu Hause ausgeübt wird.

Wann braucht man für ein Gewerbe die Erlaubnis des Vermieters?


Der Inhalt eines normalen Wohnungsmietvertrages lässt kaum Raum für Zweifel: Eine Mietwohnung wird zum Wohnen vermietet, nicht, um dort zu arbeiten. Grundsätzlich ist dafür also die Erlaubnis des Vermieters erforderlich. Ohne sie kann er die Berufsausübung in der Mietwohnung untersagen oder dem Mieter kündigen.

Allerdings hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass dies nicht für alle beruflichen oder gewerblichen Tätigkeiten in der Mietwohnung gilt. Demnach benötigen Mieter keine Erlaubnis für Tätigkeiten, die niemanden stören und die nicht nach außen in Erscheinung treten, die also keine sogenannte Außenwirkung haben. Wer daher in aller Ruhe am Computer Texte schreibt, programmiert oder übersetzt, muss dafür nicht die Erlaubnis des Vermieters einholen. Laut Bundesgerichtshof sind solche Tätigkeiten von der normalen, vertragsgemäßen Nutzung der Mietwohnung mit umfasst. Dies gilt natürlich nur, wenn die Wohnung dafür nicht komplett in ein Büro verwandelt wird.

Nach außen tritt eine Tätigkeit dann in Erscheinung, wenn sie Menschen außerhalb der Wohnung oder des Hauses auffällt. Dies ist zum Beispiel der Fall bei auffälligen Werbeschildern an Hauswand oder Balkon oder regelmäßigem Kundenverkehr in der Wohnung. Ebenso kann das Angeben der Wohnadresse in öffentlich zugänglicher Werbung des Selbstständigen eine solche Außenwirkung darstellen.

Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes kann es bereits eine Verletzung des Mietvertrages feststellen, wenn gegenüber dem Gewerbeamt eine nicht vom Vermieter erlaubte Gewerbetätigkeit an der Wohnadresse angemeldet wird. In diesem Fall hatte ein Mieter in einem gemieteten Einfamilienhaus einen Hausmeisterservice und Aufzugsmontagedienst angemeldet (Beschluss vom 31.7.2013, Az. VIII ZR 149/13).

Gewerbe: Wann ist ein Büro in der Mietwohnung erlaubt?


Eine Mietwohnung komplett zum Büro umzufunktionieren, ist nicht ohne weiteres erlaubt. Zumindest nicht ohne besondere vertragliche Absprache. Üblicherweise wird in solchen Fällen auch kein Wohnungsmietvertrag abgeschlossen, sondern ein Gewerbemietvertrag. Dieser läuft meist für einen festen, längeren Zeitraum. Die gesetzlichen Regeln des Mieterschutzes gelten dann nicht. Eine teilweise gewerbliche Nutzung der Wohnung kann jedoch zulässig sein. Ein Beispiel:

Der Mieter einer Zweizimmerwohnung hatte sich als Immobilienmakler selbstständig gemacht. Er wohnte in der Wohnung mit seiner Lebensgefährtin. Seine Gewerbeanmeldung lautete auf die Adresse der Wohnung und diese gab er auch in seinen Geschäftsunterlagen an. Der Vermieter fand die Adresse der Wohnung auch auf der Homepage des Maklers, welche auf die guten Verkaufserfolge des "Teams" hinwies. Daraus schloss der Vermieter messerscharf, dass hier wohl ein Büro mit mehreren Mitarbeitern betrieben wurde. Er kündigte dem Mieter fristlos wegen vertragswidriger Nutzung der Wohnung.

Der Fall ging bis vor den Bundesgerichtshof. Dieser betonte, dass auch eine Tätigkeit als Immobilienmakler durchaus ohne Kundenbesuche in der Wohnung stattfinden könne - immerhin träfen Makler ihre Kunden ja meist bei der Besichtigung einer Immobilie. Entscheidend sei in diesem Fall, ob der Mieter tatsächlich Mitarbeiter in der Wohnung beschäftige. Dann, so der BGH, wäre die normale Wohnnutzung überschritten und die Kündigung berechtigt. Da sich die Vorinstanz mit dieser Frage nicht weiter beschäftigt hatte, verwies der BGH den Fall dorthin zurück (14.7.2009, Az. VIII ZR 165/08).

Wann muss der Vermieter die Erlaubnis für ein Gewerbe erteilen?


Aus dem erwähnten BGH-Urteil geht auch hervor, dass Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen dazu verpflichtet sein können, auch bei einer Tätigkeit mit Außenwirkung zumindest eine gewerbliche Teilnutzung der Mietwohnung zu erlauben. Die Rechtsgrundlage dafür ist das Prinzip von "Treu und Glauben". Voraussetzung ist, dass keine Mitarbeiter in der Wohnung beschäftigt werden und dass die Kundenbesuche nicht ins Gewicht fallen. Der BGH nennt als Beispiele Rechtsanwälte oder Makler, die hauptsächlich am Schreibtisch arbeiten.

Auch dürfen von der Tätigkeit auch bei einem etwaigen Publikumsverkehr keine weitergehenden Einwirkungen auf die Mietsache oder die Mitmieter ausgehen, als bei einer üblichen Wohnungsnutzung. Letzteres kann zum Beispiel Lärm, erhöhte Abnutzung, gewerblichen Müll und Abfall oder erhöhten Wasserverbrauch betreffen.

Beispiel: Erteilt ein Musiklehrer mehrmals in der Woche in seiner Wohnung stundenlang Trompetenunterricht, muss der Vermieter dies in der Regel nicht erlauben. Ohne Erlaubnis kann eine solche Tätigkeit zur Kündigung führen.

Ist Prostitution als Gewerbe in der Mietwohnung erlaubt?


Prostitution erfordert viele Kundenbesuche und hat damit eine Außenwirkung. Dafür ist also die Erlaubnis des Vermieters erforderlich. Ohne Erlaubnis stellt diese Tätigkeit einen Kündigungsgrund dar.

Diese Erlaubnis sollte der Vermieter jedoch nicht von einer drastisch erhöhten Miete abhängig machen. Denn: Dies kann eine "Ausbeutung von Prostituierten sein" - und damit eine Straftat, für die eine Freiheitsstrafe droht.

Benachbarte Mieter können unter Umständen eine Mietminderung geltend machen, wenn durch Wohnungsprostitution das Wohnen in deren eigener Wohnung beeinträchtigt wird. Solche Beeinträchtigungen können zum Beispiel Lärm oder sich im Hausflur aufhaltende Freier sein. Auch das Vorhandensein von Kindern kann eine Rolle spielen.

Dürfen Tagesmütter in ihrer Wohnung mehrere fremde Kinder betreuen?


Hier kommt es entscheidend auf die Anzahl der gleichzeitig betreuten Kinder an. Denn: Je mehr Kinder, desto mehr Lärm und desto größer die Abnutzung der Wohnung. Allerdings sind sich die Gerichte nicht über die genaue Anzahl der Kinder einig. Das Amtsgericht Bonn entschied vor Jahren, dass zwei bis drei einjährige Kinder durchaus gleichzeitig betreut werden dürften. Hier hatte der Vermieter die Tätigkeit explizit erlaubt, seine Eigentümergemeinschaft wollte jedoch dagegen vorgehen (AG Bonn, Az. 27 C 111/17). Der Bundesgerichtshof hielt in einem ähnlichen Fall fünf Kinder für zu viele (Az. V ZR 204/11).

Darf ich ein Gewerbe in einer Mietwohnung anmelden?


Hier spielt auch das Baurecht eine Rolle. Ein Gebäude, das als Wohnhaus errichtet und genehmigt wurde, darf nicht einfach zu einer Werkstatt mit Büro umfunktioniert werden. Dafür ist im Zweifelsfall eine Genehmigung der Baubehörde erforderlich. Ist ein Gebiet zum Beispiel im Bebauungsplan der Gemeinde als reines oder allgemeines Wohngebiet ausgewiesen, darf dort nicht ohne weiteres jedes Gewerbe ausgeübt werden. Erlaubt sind dort nach § 13 der Baunutzungsverordnung immerhin Freiberufler und ähnliche Gewerbetreibende. Als Beispiele werden oft Journalisten, Übersetzer, Steuerberater oder Hebammen genannt. Im Zweifel kann eine Nachfrage beim Bauamt für Sicherheit sorgen.

Praxistipp zum Gewerbe in der Mietwohnung


Wer einen Teil seiner Mietwohnung beruflich nutzen will, sollte zuerst seinen Vermieter darauf ansprechen. Bei vielen Tätigkeiten, die niemandem auffallen und die niemanden stören, sollte dies kein Problem darstellen. Manchmal haben Mieter sogar Anspruch auf die Erlaubnis. Kommt es zu Streit mit dem Vermieter oder den Nachbarn, kann Sie ein auf das Mietrecht spezialisierter Rechtsanwalt kompetent beraten.

(Ma)


 Ulf Matzen
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