Wann ist ein Widerruf bzw. Rücktritt vom Mietvertrag erlaubt?
04.03.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice

Das Wichtigste in Kürze
1. Grundsatz: Da Mietverträge ein Dauerschuldverhältnis sind, gibt es kein gesetzliches Rücktrittsrecht. Die gesetzlich vorgesehene Beendigungsmöglichkeit ist vielmehr die Kündigung.
2. Ausnahme: Wurde die Mietwohnung noch nicht an den Mieter übergeben und ist sie baulich nicht fertiggestellt, kann ausnahmsweise auch ein Rücktritt vom Mietvertrag möglich sein (umstritten).
3. Widerruf: Der Mieter kann einen geschlossenen Mietvertrag unter engen Voraussetzungen auch widerrufen. Vor Vertragsabschluss darf aber noch keine Wohnungsbesichtigung stattgefunden haben.
1. Grundsatz: Da Mietverträge ein Dauerschuldverhältnis sind, gibt es kein gesetzliches Rücktrittsrecht. Die gesetzlich vorgesehene Beendigungsmöglichkeit ist vielmehr die Kündigung.
2. Ausnahme: Wurde die Mietwohnung noch nicht an den Mieter übergeben und ist sie baulich nicht fertiggestellt, kann ausnahmsweise auch ein Rücktritt vom Mietvertrag möglich sein (umstritten).
3. Widerruf: Der Mieter kann einen geschlossenen Mietvertrag unter engen Voraussetzungen auch widerrufen. Vor Vertragsabschluss darf aber noch keine Wohnungsbesichtigung stattgefunden haben.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Warum wollen manche Mieter vom Mietvertrag zurücktreten? Was ist der Unterschied zwischen Widerruf und Rücktritt? Warum können Mieter nicht einfach vom Mietvertrag zurücktreten? Kann man im Mietvertrag eine Rücktrittsklausel vereinbaren? Darf ich vom Mietvertrag zurücktreten, wenn die Wohnung zum Einzugstermin noch eine Baustelle ist? Kann ich einen Mietvertrag als "Haustürgeschäft" widerrufen? Wie widerrufe ich einen Mietvertrag? Praxistipp zum Rücktritt vom bzw. Widerruf des Mietvertrages Warum wollen manche Mieter vom Mietvertrag zurücktreten?
Manche Mieter unterschreiben voreilig einen Mietvertrag und bereuen dies dann. Zum Beispiel, weil sich noch vor dem Bezug der neuen Wohnung herausstellt, dass aus dem neuen Job in der neuen Stadt nichts wird. Vielleicht wollte auch ein Paar in die Wohnung einziehen und trennt sich vorher. Oder man hat eine Wohnung gemietet, welche eher "zweite Wahl" war, und dann schließlich doch noch eine bessere oder billigere gefunden. In all diesen Fällen besteht bei den Mietern der Wunsch, den bereits abgeschlossenen Mietvertrag gar nicht erst anzutreten. Wenn sie jedoch die von anderen Verträgen bekannten Widerrufsregeln auf das Mietverhältnis übertragen, erleben sie eine böse Überraschung.
Was ist der Unterschied zwischen Widerruf und Rücktritt?
Verbraucher können von Online-Kaufverträgen mit gewerblichen Unternehmern ganz unproblematisch innerhalb von 14 Tagen zurücktreten. Dies gilt auch für Verträge, die sie am Telefon oder an der Haustür bzw. generell außerhalb der Geschäftsräume einer Firma abschließen. Der Widerruf muss nicht begründet werden und es braucht keinen besonderen Grund dafür zu geben. Nach dem Widerruf sind Geld und Ware zurückzugeben.
Einen Rücktritt gibt es dagegen zum Beispiel bei der Gewährleistung bzw. Sachmängelhaftung. Er ist möglich, wenn eine gekaufte Sache Mängel hat und eine Nachbesserung nicht möglich ist oder der Verkäufer diese verweigert. Der Käufer darf dann nachträglich vom Kaufvertrag zurücktreten.
Warum können Mieter nicht einfach vom Mietvertrag zurücktreten?
Gesetzlich ist beim Mietvertrag weder ein Widerrufsrecht, noch ein Rücktritt vorgesehen. Der Grund ist, dass ein Mietvertrag kein einmaliges Geschäft "Ware gegen Geld" ist, sondern ein sogenanntes Dauerschuldverhältnis. Er begründet eine langfristige Vertragsbeziehung. Bei solchen Verträgen gibt es in der Regel keinen Rücktritt.
Wenn ein Mietvertrag erst einmal unterschrieben ist, können ihn daher beide Seiten nur noch durch eine Kündigung wieder beenden. Deren Voraussetzungen regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sehr genau. Mieter müssen normalerweise eine Kündigungsfrist von drei Monaten einhalten. Besondere Umstände können eine außerordentliche, fristlose Kündigung rechtfertigen. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn der Vermieter die Übergabe der Wohnung verweigert oder diese doppelt vermietet hat. Mieter können jedoch nicht den Mietvertrag schon vor dem Einzug fristlos kündigen, weil sie es sich anders überlegt haben.
Kann man im Mietvertrag eine Rücktrittsklausel vereinbaren?
Ja, dies ist möglich. Dadurch würde dem Mieter ein Rücktrittsrecht gewährt, wenn die im Vertrag genannten Voraussetzungen vorliegen – etwa, wenn die Wohnung zum Einzugstermin nicht baulich fertiggestellt ist. So etwas ist jedoch reine Theorie, weil sich kaum ein Vermieter darauf einlässt, es in den Vertrag zu schreiben.
Darf ich vom Mietvertrag zurücktreten, wenn die Wohnung zum Einzugstermin noch eine Baustelle ist?
Ausnahmsweise kann sich ein gesetzliches Rücktrittsrecht aus § 323 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ergeben: dem "Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung".
Zwar ist diese Vorschrift eigentlich nicht auf Mietverträge anwendbar. Nach einer selten unter Juristen anzutreffenden Ansicht soll sie jedoch anwendbar sein, wenn der Mietvertrag noch nicht in Vollzug gesetzt wurde – wenn die Wohnung also noch nicht an den Mieter übergeben wurde.
Aus diesem Grund hat zum Beispiel das Oberlandesgericht Brandenburg einem Mieter den Rücktritt vom Mietvertrag erlaubt. Dessen Vermieter hatte nach Vertragsabschluss die Räume nicht rechtzeitig bezugsfertig machen können (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 20.6.2012, Az. 3 U 6/10). Hier ging es allerdings nicht um eine Wohnung, sondern um Gewerberäume. Daher ist das Urteil nicht unbedingt auf Wohnungen übertragbar. Gewerbemietverträge werden regelmäßig über einen festen, längeren Zeitraum abgeschlossen. Bei ihnen gibt es keine ordentliche, fristgemäße Kündigungsmöglichkeit und keinen gesetzlichen Mieterschutz.
Kann ich einen Mietvertrag als "Haustürgeschäft" widerrufen?
Wenn zum Beispiel der Vermieter den neuen Mieter in seiner alten Wohnung oder an dessen Arbeitsplatz besucht und wenn dort auch der Mietvertrag unterschrieben wird, kann ein Widerruf möglich sein.
Mietverträge über Wohnraum gehören nach § 312 Abs. 4 BGB ausdrücklich zum Anwendungsbereich der Regelungen über außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (früher: "Haustürgeschäfte"). Dort werden auch die Vorschriften über das Widerrufsrecht als anwendbar aufgezählt.
Damit der Mietvertrag unter die Regelungen für die sogenannten "Haustürgeschäfte" fällt, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- der Vermieter muss als Unternehmer anzusehen sein,
- der Mieter muss ein Verbraucher sein,
- der Vertrag muss außerhalb der Geschäftsräume des Vermieters geschlossen werden,
- beide Vertragspartner müssen beim Vertragsschluss körperlich anwesend sein.
Wichtig: Das Widerrufsrecht gilt bei der Anmietung einer Wohnung nur, wenn der Mieter die Wohnung nicht vor dem Abschluss des Mietvertrags besichtigt hat (§ 312 Abs. 4 Satz 2 BGB).
Bei der Unternehmereigenschaft des Vermieters gehen die Gerichte nicht danach, ob er tatsächlich ein Vermietungsunternehmen ist oder einen Gewerbeschein hat. Stattdessen muss sich jeder Vermieter, der eine größere Anzahl von Wohnungen vermietet, als Unternehmer behandeln lassen. Acht Wohnungen sollen dafür zum Beispiel noch nicht ausreichen (Landgericht Waldshut-Tiengen, Urteil vom 30.4.2008, Az. 1 S 27/07).
Der Mieter gilt nur dann als Verbraucher, wenn er in der Wohnung in keiner Weise beruflich oder gewerblich tätig ist.
Das Landgericht Karlsruhe hat zum Beispiel den Widerruf eines Mietvertrages zugelassen, der als "Haustürgeschäft" abgeschlossen wurde. Die Vermieterin hatte ihren Mieter zwecks Vertragsabschluss an seinem Arbeitsplatz aufgesucht. Allerdings brauchte der Mieter dann die Räume wegen einer nicht bestandenen Prüfung doch nicht. Die Vermieterin vermietete eine Vielzahl von Wohnungen und wurde daher als Unternehmerin behandelt. Hier konnte der Mieter den Vertragsabschluss widerrufen (Urteil vom 6.6.2003, Az. 4 O 181/02).
Wie widerrufe ich einen Mietvertrag?
Liegt einer der oben genannten Ausnahmefälle vor, in denen sich ein Mietvertrag widerrufen lässt, kann dies durch eine ausdrückliche Erklärung gegenüber dem Vermieter passieren. Diese ist nicht an eine bestimmte Form gebunden und muss nicht begründet werden. Aber: Falls man sich vor Gericht einmal darauf berufen will, sollte der Widerruf beweisbar sein. Der Vermieter muss übrigens den Mieter bei Vertragsabschluss über ein bestehendes Widerrufsrecht informieren. Wenn er dies unterlässt, verlängert sich die Widerspruchsfrist auf maximal 12 Monate und 14 Tage.
Praxistipp zum Rücktritt vom bzw. Widerruf des Mietvertrages
Ein Rücktritt vom Mietvertrag oder auch ein Widerruf sind nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen möglich. Allerdings kommen diese Fälle in der Praxis nur selten vor. Wohnungen werden selten ohne vorherige Besichtigung gemietet, obwohl dies sicher in Zeiten beruflicher Mobilität und hart umkämpfter Wohnungsmärkte in den Großstädten auch vorkommt. Mietern, die aus irgendwelchen Gründen nachträglich aus ihrem Vertrag heraus möchten, ist eher eine gütliche Einigung mit dem Vermieter zu empfehlen. Diese kann zum Beispiel in einem Aufhebungsvertrag vereinbart werden. Zum richtigen Vorgehen kann Sie ein Fachanwalt für Mietrecht kompetent beraten.
(Bu)