Gibt es einen Rücktritt vom Mietvertrag?
16.09.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Manche Arten von Verträgen kann man heute unproblematisch und ohne Grund widerrufen. Beispielsweise gilt dies für online und per Telefon geschlossene Verträge und für Vertragsabschlüsse an der Haustür. Für den Widerruf wird oft fälschlicherweise der Begriff „Rücktritt“ benutzt. Diese Möglichkeit übertragen viele Menschen auf Verträge, die auf althergebrachte Art abgeschlossen wurden, wie zum Beispiel den Mietvertrag. Allerdings gibt es bei diesem in der Regel keinen Widerruf oder Rücktritt. Aber: Jede Regel hat ihre Ausnahme.
Mieter unterschreiben manchmal einen Mietvertrag voreilig und bereuen dies dann. Unter Umständen stellt sich noch vor dem Bezug der neuen Wohnung heraus, dass aus dem neuen Job in der neuen Stadt nichts wird. Oder ein Paar, das zusammen einziehen wollte, trennt sich überraschend. Oder man hat eine Wohnung gemietet, welche eher „zweite Wahl“ war, und dann schließlich doch noch eine bessere gefunden. In all diesen Fällen kann bei den Mietern der Bedarf entstehen, den bereits abgeschlossenen Mietvertrag gar nicht erst anzutreten. Überträgt jedoch der Mieter die von anderen Verträgen bekannten Widerrufsregeln auf das Mietverhältnis, erlebt er eine böse Überraschung.
Ein unproblematisches 14-tägiges Widerrufsrecht gibt es zum Beispiel bei Online-Kaufverträgen zwischen gewerblichen Unternehmern und Verbrauchern. Oder bei Verträgen, die man per Telefon oder an der Haustür bzw. generell außerhalb von Geschäftsräumen abschließt. Dann kann der Verbraucher als Käufer durch einen Widerruf den Vertrag ungeschehen machen und Ware und Geld sind gegenseitig zurückzugeben.
Einen Rücktritt gibt es zum Beispiel bei der Gewährleistung bzw. Sachmängelhaftung. Möglich ist er, wenn eine gekaufte Sache Mängel aufweist und eine Nachbesserung nicht möglich ist oder der Verkäufer diese verweigert. Dann kann der Käufer nachträglich vom Vertrag zurücktreten.
Das Gesetz sieht bei Mietverträgen ein Widerrufsrecht und einen Rücktritt nicht vor. Ein Mietvertrag ist nämlich kein einmaliges Geschäft „Ware gegen Geld“, sondern ein sogenanntes Dauerschuldverhältnis, welches eine langfristige Vertragsbeziehung auslöst. Bei solchen Verträgen gibt es in der Regel keinen Rücktritt. Ist ein Mietvertrag erst einmal unterschrieben, können beide Seiten ihn nur noch durch eine Kündigung wieder beenden. Deren Voraussetzungen sind aber im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) genau gesetzlich geregelt. So muss der Mieter normalerweise eine Kündigungsfrist von drei Monaten einhalten. Ausnahmsweise können auch besondere Umstände eine außerordentliche, fristlose Kündigung rechtfertigen. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn der Vermieter die Übergabe der Wohnung verweigert oder diese doppelt vermietet wurde. Es gibt jedoch keine fristlose Kündigung, nur weil man sich „einfach so“ anders entschieden hat.
Rein theoretisch kann man in einem Mietvertrag eine Rücktrittsklausel vereinbaren. Dem Mieter wird dadurch ein Rücktrittsrecht gewährt, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen – etwa, wenn die Wohnung zum Einzugstermin nicht baulich fertiggestellt ist. Aber: Meist bleibt so etwas Theorie. In der Realität dürfte es kaum jemals einen Vermieter geben, der sich darauf einlässt.
Ein gesetzliches Rücktrittsrecht kann sich ausnahmsweise aus § 323 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ergeben: Dem „Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung“.
An sich ist diese Regelung nicht auf Mietverträge anwendbar. Nach einer selten unter Juristen anzutreffenden Ansicht soll sie allerdings dann anwendbar sein, wenn der Mietvertrag noch nicht in Vollzug gesetzt wurde – wenn die Wohnung also noch nicht an den Mieter übergeben worden ist.
Mit dieser Argumentation hat das Oberlandesgericht Brandenburg einen Rücktritt vom Mietvertrag erlaubt. Im damaligen Fall hatte ein Vermieter nach Vertragsabschluss die Mieträume nicht rechtzeitig in einen bezugsfertigen Zustand bringen können (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 20.6.2012, Az. 3 U 6/10). Man muss jedoch darauf hinweisen, dass dieses Urteil sich auf die Anmietung von Gewerberäumen – genauer gesagt Praxisräumen – bezog. Auf Wohnräume ist es nicht unbedingt übertragbar. Gewerbemietverträge werden meist über einen festen, längeren Zeitraum abgeschlossen, ohne ordentliche, fristgemäße Kündigungsmöglichkeit und ohne gesetzlichen Mieterschutz.
Denkbar wäre ein Widerruf, wenn ein Mietvertrag unter die sogenannten Haustürgeschäfte fällt. Der Vermieter müsste dazu im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit als Unternehmer tätig werden, während der Mieter ein privater Verbraucher ist. Die Gerichte sehen hier als Kriterium für eine unternehmerische Tätigkeit nicht den Gewerbeschein an. Sobald jemand eine größere Anzahl von Wohnungen vermietet, muss er sich als Unternehmer behandeln lassen. Acht Wohnungen sollen dafür beispielsweise nicht ausreichen (Landgericht Waldshut-Tiengen, Urteil vom 30.4.2008, Az. 1 S 27/07).
Der Mieter wird nur dann als Verbraucher betrachtet, wenn er in der Wohnung auf keinerlei Art beruflich oder gewerblich tätig ist. Ist all dies erfüllt und kommt es dann zu einem Mietvertragsabschluss außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers, während beide Vertragspartner körperlich anwesend sind (früher nannte man dies ein „Haustürgeschäft“) gelten besondere Regeln, um den Verbraucher zu schützen - darunter auch ein 14-tägiges Widerrufsrecht.
Nach einem Urteil des Landgerichts Karlsruhe kann man einen als „Haustürgeschäft“ geschlossenen Mietvertrag widerrufen. Eine Vermieterin hatte ihren Mieter zwecks Vertragsabschluss an dessen Arbeitsplatz aufgesucht. Dann brauchte der Mieter jedoch die Räume wegen einer nicht bestanden Prüfung doch nicht. Weil die Vermieterin eine Vielzahl von Wohnungen vermietet hatte, wurde sie als Unternehmerin behandelt (Urteil vom 6.6.2003, Az. 4 O 181/02).
Hat zum Beispiel der Vermieter den neuen Mieter in seiner alten Wohnung oder an dessen Arbeitsplatz besucht und wurde dort auch der Mietvertrag unterschrieben, ist ein Widerruf möglich. Gemäß § 312 Abs. 4 BGB gehören Mietverträge über Wohnraum ausdrücklich zum Anwendungsbereich der Regelungen über außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge. Auch die Vorschriften über das Widerrufsrecht sind dort als anwendbar genannt.
ABER: Bei der Anmietung von Wohnungen gilt das Widerrufsrecht nur, wenn der Mieter die Wohnung nicht vor dem Abschluss des Vertrages besichtigt hat (§ 312 Abs. 4 Satz 2 BGB).
Dazu ist eine ausdrückliche Erklärung gegenüber dem Unternehmer erforderlich. Diese ist nicht an eine bestimmte Form gebunden. Aber: Falls man sich vor Gericht einmal darauf berufen will, sollte die Absprache beweisbar sein. Übrigens muss der Vermieter den Mieter bei Vertragsabschluss über sein Widerrufsrecht belehren. Unterlässt er dies, verlängert sich die Widerspruchsfrist auf maximal 12 Monate und 14 Tage.
Ein Rücktritt vom Mietvertrag oder auch ein Widerruf sind in seltenen Ausnahmefällen möglich. Diese Fallvarianten kommen jedoch in der Praxis nur selten vor. Wohnungen werden nur selten ohne vorherige Besichtigung gemietet, obwohl dies sicher in Zeiten beruflicher Mobilität und hart umkämpfter Wohnungsmärkte in den Großstädten auch vorkommt. Mieter, die aus irgendwelchen Gründen nachträglich aus ihrem Vertrag heraus möchten, sollten die gütliche Einigung mit dem Vermieter suchen, zum Beispiel im Rahmen eines Aufhebungsvertrages. Ein Fachanwalt für Mietrecht kann Sie zum richtigen Vorgehen kompetent beraten.
Mieter können grundsätzlich nicht von einem Mietvertrag einfach zurücktreten oder diesen widerrufen. Dieser lässt sich höchstens mit gesetzlicher Frist kündigen. Aber: Es gibt Ausnahmen.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Warum vom Mietvertrag zurücktreten? Widerrufsrecht und Rücktritt Warum ist ein einfacher Rücktritt vom Mietvertrag nicht möglich? Eine Rücktrittsklausel als Ausnahme? Wohnung nicht fertig: Rücktrittsrecht? Ausnahme: Mietvertrag als Haustürgeschäft? Besonderheiten: Mietvertrag als Haustürgeschäft Wie erfolgt der Widerruf? Praxistipp Warum vom Mietvertrag zurücktreten?
Mieter unterschreiben manchmal einen Mietvertrag voreilig und bereuen dies dann. Unter Umständen stellt sich noch vor dem Bezug der neuen Wohnung heraus, dass aus dem neuen Job in der neuen Stadt nichts wird. Oder ein Paar, das zusammen einziehen wollte, trennt sich überraschend. Oder man hat eine Wohnung gemietet, welche eher „zweite Wahl“ war, und dann schließlich doch noch eine bessere gefunden. In all diesen Fällen kann bei den Mietern der Bedarf entstehen, den bereits abgeschlossenen Mietvertrag gar nicht erst anzutreten. Überträgt jedoch der Mieter die von anderen Verträgen bekannten Widerrufsregeln auf das Mietverhältnis, erlebt er eine böse Überraschung.
Widerrufsrecht und Rücktritt
Ein unproblematisches 14-tägiges Widerrufsrecht gibt es zum Beispiel bei Online-Kaufverträgen zwischen gewerblichen Unternehmern und Verbrauchern. Oder bei Verträgen, die man per Telefon oder an der Haustür bzw. generell außerhalb von Geschäftsräumen abschließt. Dann kann der Verbraucher als Käufer durch einen Widerruf den Vertrag ungeschehen machen und Ware und Geld sind gegenseitig zurückzugeben.
Einen Rücktritt gibt es zum Beispiel bei der Gewährleistung bzw. Sachmängelhaftung. Möglich ist er, wenn eine gekaufte Sache Mängel aufweist und eine Nachbesserung nicht möglich ist oder der Verkäufer diese verweigert. Dann kann der Käufer nachträglich vom Vertrag zurücktreten.
Warum ist ein einfacher Rücktritt vom Mietvertrag nicht möglich?
Das Gesetz sieht bei Mietverträgen ein Widerrufsrecht und einen Rücktritt nicht vor. Ein Mietvertrag ist nämlich kein einmaliges Geschäft „Ware gegen Geld“, sondern ein sogenanntes Dauerschuldverhältnis, welches eine langfristige Vertragsbeziehung auslöst. Bei solchen Verträgen gibt es in der Regel keinen Rücktritt. Ist ein Mietvertrag erst einmal unterschrieben, können beide Seiten ihn nur noch durch eine Kündigung wieder beenden. Deren Voraussetzungen sind aber im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) genau gesetzlich geregelt. So muss der Mieter normalerweise eine Kündigungsfrist von drei Monaten einhalten. Ausnahmsweise können auch besondere Umstände eine außerordentliche, fristlose Kündigung rechtfertigen. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn der Vermieter die Übergabe der Wohnung verweigert oder diese doppelt vermietet wurde. Es gibt jedoch keine fristlose Kündigung, nur weil man sich „einfach so“ anders entschieden hat.
Eine Rücktrittsklausel als Ausnahme?
Rein theoretisch kann man in einem Mietvertrag eine Rücktrittsklausel vereinbaren. Dem Mieter wird dadurch ein Rücktrittsrecht gewährt, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen – etwa, wenn die Wohnung zum Einzugstermin nicht baulich fertiggestellt ist. Aber: Meist bleibt so etwas Theorie. In der Realität dürfte es kaum jemals einen Vermieter geben, der sich darauf einlässt.
Wohnung nicht fertig: Rücktrittsrecht?
Ein gesetzliches Rücktrittsrecht kann sich ausnahmsweise aus § 323 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ergeben: Dem „Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung“.
An sich ist diese Regelung nicht auf Mietverträge anwendbar. Nach einer selten unter Juristen anzutreffenden Ansicht soll sie allerdings dann anwendbar sein, wenn der Mietvertrag noch nicht in Vollzug gesetzt wurde – wenn die Wohnung also noch nicht an den Mieter übergeben worden ist.
Mit dieser Argumentation hat das Oberlandesgericht Brandenburg einen Rücktritt vom Mietvertrag erlaubt. Im damaligen Fall hatte ein Vermieter nach Vertragsabschluss die Mieträume nicht rechtzeitig in einen bezugsfertigen Zustand bringen können (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 20.6.2012, Az. 3 U 6/10). Man muss jedoch darauf hinweisen, dass dieses Urteil sich auf die Anmietung von Gewerberäumen – genauer gesagt Praxisräumen – bezog. Auf Wohnräume ist es nicht unbedingt übertragbar. Gewerbemietverträge werden meist über einen festen, längeren Zeitraum abgeschlossen, ohne ordentliche, fristgemäße Kündigungsmöglichkeit und ohne gesetzlichen Mieterschutz.
Ausnahme: Mietvertrag als Haustürgeschäft?
Denkbar wäre ein Widerruf, wenn ein Mietvertrag unter die sogenannten Haustürgeschäfte fällt. Der Vermieter müsste dazu im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit als Unternehmer tätig werden, während der Mieter ein privater Verbraucher ist. Die Gerichte sehen hier als Kriterium für eine unternehmerische Tätigkeit nicht den Gewerbeschein an. Sobald jemand eine größere Anzahl von Wohnungen vermietet, muss er sich als Unternehmer behandeln lassen. Acht Wohnungen sollen dafür beispielsweise nicht ausreichen (Landgericht Waldshut-Tiengen, Urteil vom 30.4.2008, Az. 1 S 27/07).
Der Mieter wird nur dann als Verbraucher betrachtet, wenn er in der Wohnung auf keinerlei Art beruflich oder gewerblich tätig ist. Ist all dies erfüllt und kommt es dann zu einem Mietvertragsabschluss außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers, während beide Vertragspartner körperlich anwesend sind (früher nannte man dies ein „Haustürgeschäft“) gelten besondere Regeln, um den Verbraucher zu schützen - darunter auch ein 14-tägiges Widerrufsrecht.
Nach einem Urteil des Landgerichts Karlsruhe kann man einen als „Haustürgeschäft“ geschlossenen Mietvertrag widerrufen. Eine Vermieterin hatte ihren Mieter zwecks Vertragsabschluss an dessen Arbeitsplatz aufgesucht. Dann brauchte der Mieter jedoch die Räume wegen einer nicht bestanden Prüfung doch nicht. Weil die Vermieterin eine Vielzahl von Wohnungen vermietet hatte, wurde sie als Unternehmerin behandelt (Urteil vom 6.6.2003, Az. 4 O 181/02).
Besonderheiten: Mietvertrag als Haustürgeschäft
Hat zum Beispiel der Vermieter den neuen Mieter in seiner alten Wohnung oder an dessen Arbeitsplatz besucht und wurde dort auch der Mietvertrag unterschrieben, ist ein Widerruf möglich. Gemäß § 312 Abs. 4 BGB gehören Mietverträge über Wohnraum ausdrücklich zum Anwendungsbereich der Regelungen über außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge. Auch die Vorschriften über das Widerrufsrecht sind dort als anwendbar genannt.
ABER: Bei der Anmietung von Wohnungen gilt das Widerrufsrecht nur, wenn der Mieter die Wohnung nicht vor dem Abschluss des Vertrages besichtigt hat (§ 312 Abs. 4 Satz 2 BGB).
Wie erfolgt der Widerruf?
Dazu ist eine ausdrückliche Erklärung gegenüber dem Unternehmer erforderlich. Diese ist nicht an eine bestimmte Form gebunden. Aber: Falls man sich vor Gericht einmal darauf berufen will, sollte die Absprache beweisbar sein. Übrigens muss der Vermieter den Mieter bei Vertragsabschluss über sein Widerrufsrecht belehren. Unterlässt er dies, verlängert sich die Widerspruchsfrist auf maximal 12 Monate und 14 Tage.
Praxistipp
Ein Rücktritt vom Mietvertrag oder auch ein Widerruf sind in seltenen Ausnahmefällen möglich. Diese Fallvarianten kommen jedoch in der Praxis nur selten vor. Wohnungen werden nur selten ohne vorherige Besichtigung gemietet, obwohl dies sicher in Zeiten beruflicher Mobilität und hart umkämpfter Wohnungsmärkte in den Großstädten auch vorkommt. Mieter, die aus irgendwelchen Gründen nachträglich aus ihrem Vertrag heraus möchten, sollten die gütliche Einigung mit dem Vermieter suchen, zum Beispiel im Rahmen eines Aufhebungsvertrages. Ein Fachanwalt für Mietrecht kann Sie zum richtigen Vorgehen kompetent beraten.
(Bu)