Graffiti-Beseitigung: Wer trägt die Kosten?

05.10.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
Graffiti,Sachbeschädigung,Umlage,Hausreinigung Graffitis: Ihre Beseitigung kostet viel Geld. © Bu - Anwalt-Suchservice

Graffiti sind ein Dauer-Ärgernis für Hauseigentümer, Bahnbetreiber und Gemeinden. Ihre Entfernung ist aufwändig und kostet gutes Geld. Wer hat für ihre Beseitigung aufzukommen?

Außer Gemeinden und Verkehrsbetrieben sind auch private Hauseigentümer in Großstädten sehr oft von Graffiti betroffen. In einer tristen grauen Beton-Unterführung mögen die mehr oder weniger künstlerischen Werke und die sogenannten Tags niemanden stören, an der Wand eines Mietshauses ist das aber etwas anderes. Zwar lassen sich Graffiti mit Hilfe von Lösungsmitteln entfernen oder auch übermalen. Dies hält jedoch oft nicht lange vor. Denn: Nicht selten sind schon bald wieder Malereien da.

Wie machen sich Graffit-Sprayer strafbar?


Wenn der Verursacher ermittelt wird, können Hauseigentümer seit 2005 gegen diesen Strafanzeige wegen Sachbeschädigung stellen. Erst seit einer damaligen Gesetzesänderung wird es nämlich auch als strafbare Sachbeschädigung angesehen, wenn jemand das Aussehen einer fremden Sache unbefugt verändert. Voraussetzung ist, dass die Veränderung erheblich und nicht nur vorübergehend ist. § 303 des Strafgesetzbuches (StGB) setzt hierfür eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren fest.

Es gibt sehr unterschiedliche Rechtsprechung dazu, ob das "Tag" eines bekannten Sprayers ausreicht, diesen für ein Graffito strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Die Gerichtsurteile dazu sind nicht einheitlich, denn "Tags" kann man einfach nachahmen (pro: Landgericht Berlin, Urteil vom 11.08.2005, Az. (524) 21 Ju Js 783/03 (35/05), contra: Landgericht Offenburg, Beschluss vom 15.01.2002, Az. 8 KLs 5 Js 11475/99 Hw).

Das Besprühen von Grabmälern, religiösen Stätten aller Art, öffentlichen Denkmälern, Naturdenkmälern oder irgendwelchen zur Verschönerung öffentlicher Wege und Plätze angebrachten Dingen ist als gemeinschädliche Sachbeschädigung strafbar. Auf dieses in § 304 StGB geregelte Delikt stehen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. Auch der Versuch ist strafbar.

Nur hilft diese strafrechtliche Regelung dem Eigentümer des verunstalteten Gebäudes oder Gegenstandes zunächst jedoch nicht weiter.

Wer zahlt für die Graffiti-Beseitigung?


Parallel zum strafrechtlichen Vorgehen kann der Geschädigte den oder die Verursacher zivilrechtlich auf Schadensersatz verklagen. Die Rechtsgrundlage dafür ist § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Oft bleibt dies allerdings eine Wunschvorstellung. In vielen Fällen werden die Betreffenden nämlich nicht erwischt oder sind finanziell gar nicht in der Lage, den Schaden zu bezahlen.

Eine Gebäudeversicherung hilft dem Hauseigentümer hier nur weiter, wenn solche Schäden ausdrücklich mitversichert sind. Dies ist in herkömmlichen Verträgen jedoch oft nicht der Fall. Manche Premium-Tarife decken allerdings auch Graffiti-Schäden mit ab. So existieren beispielsweise Tarife, in denen die notwendigen Kosten für die Beseitigung der Graffitischäden bis zu 10.000 Euro abgedeckt sind, zum Teil bei einem Selbstbehalt wie etwa 150 Euro. Voraussetzung ist üblicherweise, dass die Schäden sofort bei der Polizei und bei der Versicherung gemeldet und gut mit Fotos dokumentiert werden.

Ist eine Umlage als Betriebskosten möglich?


Vermieter könnten nun auf die Idee kommen, Graffiti-Beseitigungskosten wie etwa die Kosten der Treppenhausreinigung als Betriebskosten des Hauses einfach anteilig auf die Mieter zu verteilen.
Aber: Damit Kosten als Betriebskosten gelten, müssen einige Voraussetzungen vorliegen. Zuerst einmal muss es sich um Kosten handeln, die regelmäßig anfallen, also nicht nur um etwas, das einmal im Jahr passiert und womöglich die nächsten zwei Jahre nicht. Dann muss diese Kostenart in § 2 der Betriebskostenverordnung aufgeführt sein. Diese gesetzliche Auflistung listet alle Kostenarten auf, die Vermieter "umlegen" dürfen. Graffiti-Beseitigungskosten sind dort nicht zu finden.

In der Vorschrift gibt es auch eine Position "Sonstige Betriebskosten." Nur darf der Vermieter als solche nicht einfach alles einsetzen, was er möchte. Eine Chance hat nur, was ausdrücklich im Mietvertrag genannt wird. Und: Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung sind generell nicht umlagefähig.

Ganz ausgeschlossen ist eine Umlage der Graffiti-Beseitigungskosten als Betriebskosten jedoch nicht. Nach einem Urteil des Amtsgerichts Berlin-Neukölln soll eine Umlage als „sonstige Betriebskosten“ auch ohne Vereinbarung im Mietvertrag zulässig sein, wenn die Kosten regelmäßig anfallen und die Fassade nur von Graffiti gereinigt wird, ohne die Fassadensubstanz zu erneuern. Hier wurde eine eigentlich notwendige Vereinbarung im Mietvertrag durch „schlüssiges Verhalten“ ersetzt: Der Mieter hatte vier Jahre lang widerspruchslos diese Kosten bezahlt (Urteil vom 1.3.2017, Az. 6 C 54/16). Dadurch war gewissermaßen ein Gewohnheitsrecht entstanden.

Beseitigungskosten als Kosten für die Gebäudereinigung abrechenbar?


Ein Vermieter in Kassel hatte es mit der Betriebskostenart "Gebäudereinigung" versucht. Diese ist in der Liste des § 2 der Betriebskostenverordnung enthalten. Dazu hat das Landgericht Kassel entschieden, dass die Kosten für die Beseitigung von Graffiti grundsätzlich schon als Kosten für die Gebäudereinigung angesehen werden können. Allerdings ist die Voraussetzung, dass sie regelmäßig anfallen. Das war im konkreten Fall jedoch nicht so. In der Praxis wird es auch in der Regel nicht der Fall sein. Illegale Graffiti-Sprayer haben nun einmal keine festen Arbeitszeiten und Einsatzorte. (Landgericht Kassel, Urteil vom 14.7.2016, Az. 1 S 352/15).

Wurde die Haussubstanz durch das Graffiti verletzt?


Im Jahr 2007 hat das Amtsgericht Berlin – Mitte ebenfalls entschieden, dass die Kosten für die Graffiti-Beseitigung Gebäudereinigungskosten sein können, wenn sie regelmäßig anfallen. Dieses Gericht unterschied jedoch zwischen Hausreinigungskosten und Instandsetzungskosten. Demnach gilt: Ist die Substanz der Wand bzw. des Hauses verletzt, handelt es sich nicht mehr um eine Reinigung, sondern um Instandsetzungskosten. Diese sind nicht umlagefähig. Reine Malereien auf der Wand, die man irgendwie abwaschen kann, gelten jedoch nicht als Verletzung der Substanz. Ihre Beseitigung ist eine Reinigungsarbeit (Amtsgericht Berlin-Mitte, Urteil vom 27.7.2007, Az. 11 C 35/07).

Instandhaltung und deshalb nicht umlagefähig?


2016 ordnete das Landgericht Berlin die Beseitigung von Graffiti grundsätzlich dem Bereich "Instandhaltung und Instandsetzung" zu. Diese Art von Kosten dürften nicht dem Mieter auferlegt werden. Es sei dabei vollkommen egal, ob sie nun regelmäßig anfielen oder nicht (Urteil vom 19.2.2016, Az. 63 S 189/15). Ähnlich hat auch das Landgericht Köln entschieden. Nach seinem Urteil gehört die Entfernung von Graffiti von einer Fassade zu den Instandhaltungsarbeiten. Die dafür entstehenden Kosten dürfe der Vermieter nicht als Betriebskosten auf die Mieter verteilen (Urteil vom 22.5.2000, Az. 222 C 120/99).

Wie kann man Graffiti-Schmierereien vorbeugen?


Es gibt mehrere Arten der Vorbeugung gegen Graffiti. Zum Beispiel hat die Industrie strapazierfähige Pulver- und Nasslacke entwickelt, deren Oberfläche so solide sein soll, dass man mehrfach Graffiti mit Reinigungsmitteln davon entfernen kann, ohne den Anstrich zu zerstören.

Immer öfter werden aber auch erfolgreich Freiflächen für Sprayer ausgewiesen, auf denen sich diese kreativ betätigen dürfen, ohne fremdes Eigentum zu beschädigen. Einige Hauseigentümer lassen auch auf Bestellung Graffiti oder andere Malereien an ihren Gebäuden anbringen – denn Sprayer respektieren, was andere geschaffen haben.

Illegal ist es, den Außenbereich mit Kameras zu überwachen. Hierbei werden unvermeidlich auch öffentlich zugängliche Bereiche gefilmt. Dafür drohen Bußgelder nach dem Datenschutzrecht und teure Unterlassungsklagen von Passanten.

Praxistipp


Die Gerichte entscheiden nicht einheitlich zum Thema Betriebskosten-Umlage und Graffiti-Beseitigung. Bei häufigen Problemen mit Graffiti sollten sich Vermieter von einem Fachanwalt für Mietrecht beraten lassen. Bei Schäden außerhalb eines Mietverhältnisses kann jeder im Zivilrecht tätige Anwalt prüfen, welche Möglichkeiten bestehen.

(Wk)


 Günter Warkowski
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