Grundsteuer: Welche Bescheide bekomme ich und wie prüfe ich sie?

15.05.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Das Wichtigste in Kürze

1. Einspruch einlegen: Innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Grundsteuerbescheids kann der Steuerpflichtige Einspruch beim zuständigen Finanzamt einlegen. Der Einspruch sollte begründet werden und die beanstandeten Punkte benennen.

2. Einspruchsbegründung: Der Einspruch sollte auf sachlichen und rechtlichen Gründen basieren, z.B. auf der falschen Einordnung des Grundstücks, der fehlerhaften Bewertung oder der unzutreffenden rechtlichen Beurteilung.

3. Klage beim Finanzgericht: Wird der Einspruch vom Finanzamt abgelehnt, kann innerhalb eines Monats Klage vor dem Finanzgericht erhoben werden, um die Rechtmäßigkeit des Bescheids überprüfen zu lassen.
Ende Januar 2023 ist die Frist zur Abgabe der Grundsteuererklärung in den meisten Bundesländern abgelaufen. Nur in Bayern gab es eine Verlängerung bis 30.4.2023. Immobilieneigentümer, die die Grundsteuererklärung abgegeben haben, bekommen nun nach und nach ihre Grundsteuerbescheide. Allerdings gibt es davon mehrere. Was muss man dazu wissen? Und wie legt man Einspruch dagegen ein?

Grundsteuer: Welche Unterschiede gibt es zwischen den Bundesländern?


Die Grundsteuer wird nicht überall nach dem gleichen Modell berechnet. Aufgrund einer gesetzlichen Öffnungsklausel haben Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, das Saarland und Sachsen eigene Modelle eingeführt. Die folgenden Ausführungen beziehen sich in erster Linie auf das Bundesmodell, das in allen anderen Bundesländern gilt.

Welche Grundsteuerbescheide bekomme ich zuerst?


Als ersten Schritt bekommt jeder Grundstückseigentümer zwei Bescheide per Post, in der Regel im gleichen Umschlag. Dies sind der Grundsteuerwertbescheid und der Grundsteuermessbescheid. Absender ist das zuständige Finanzamt. Aus diesen beiden Bescheiden geht noch nicht hervor, wie hoch die Grundsteuerzahlung im konkreten Fall in Zukunft sein wird. Sie bilden dafür jedoch die Berechnungsgrundlage.

Was ist der Grundsteuerwertbescheid?


Der Grundsteuerwert betrifft den steuerlichen Wert Ihrer Immobilie. Diesen errechnet das Finanzamt aufgrund Ihrer Angaben in der Grundsteuererklärung. Der entsprechende Bescheid ist ein reiner Feststellungsbescheid über den Grundsteuerwert, der den bisherigen Einheitswertbescheid ersetzt. Eine Zahlungsaufforderung ist damit nicht verbunden. Trotzdem empfiehlt es sich, diesen Bescheid sorgfältig zu prüfen, denn auf ihm basiert Ihre künftige Grundsteuer.

Was ist der Grundsteuermessbescheid?


Im Grundsteuermessbescheid wird der Wert der Immobilie mit der Steuermesszahl multipliziert. Heraus kommt der Grundsteuermessbetrag. Auch diesen Bescheid erhält man vom Finanzamt. Zwar enthält auch er keine Zahlungsaufforderung. Trotzdem sollte er ebenfalls auf Fehler geprüft werden, da auch er eine Grundlage für die künftige Besteuerung bildet.

Was ist der Grundsteuerbescheid?


Irgendwann im Jahr 2024 ermittelt die jeweilige Gemeinde anhand ihres eigenen Hebesatzes aufgrund der zuvor festgestellten Zahlen die konkrete Grundsteuer und schickt dann den eigentlichen Grundsteuerbescheid. Dies ist dann der dritte behördliche Bescheid in Sachen Grundsteuer. Erst dann erfährt der Grundeigentümer, was er künftig zahlen muss. Das Problem: Legt er erst dann entsetzt Widerspruch ein, ist es zu spät. Denn: Er hätte bereits gegen die Bescheide des Finanzamtes Widerspruch einlegen müssen. Die neue Grundsteuer wird ab 2025 fällig. In den meisten Fällen steht heute noch nicht fest, wie hoch der Hebesatz der einzelnen Gemeinde zu diesem Zeitpunkt sein wird.

Zu diesem Grundsteuerbescheid haben wir einen eigenen Rechtstipp erstellt: Immobesitzer: Wie lege ich Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid ein?. Dort finden Sie auch ein entsprechendes Musterformular für den Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid.

Wie prüfe ich den Grundsteuerwertbescheid?


Zuerst sollten Sie die allgemeinen Angaben überprüfen, die Sie selbst gemacht haben. Diese können falsch übertragen worden sein. Prüfen Sie also:

- Richtet sich der Bescheid an den richtigen Adressaten / Grundstückseigentümer?
- stimmt die Flurbezeichnung?
- wird die Art der Immobilie richtig angegeben (z. B. Einfamilienhaus)?
- bei Eigentumswohnungen: Stimmt die Anzahl der Miteigentumsanteile?

Nun sollten Sie auch den Bodenrichtwert noch einmal prüfen. Sie können dazu das Online-Portal des jeweiligen Bundeslandes nutzen, aus dem Sie diesen Wert ursprünglich entnommen haben. Eine weitere wichtige Zahl ist das Baujahr Ihrer Immobilie.

Als nächstes kommen weitere Angaben zum Gebäude, nämlich die Anzahl der Wohnungen und die Wohnfläche in Quadratmetern. Sind diese korrekt?

Hier finden Sie im Grundsteuerwertbescheid auch die Angabe einer Nettokaltmiete. Diese muss nicht der echten Miete entsprechen, die Wohnung muss nicht einmal vermietet werden. Die Nettokaltmiete ist hier eine hypothetische Miete, die anhand einer Tabelle ermittelt wird. Benötigt wird sie, weil hier das sogenannte Ertragswertverfahren zur Anwendung kommt. Auch diese Angabe können Sie prüfen.

Die monatliche Nettokaltmiete pro m2 Wohnfläche geht aus dieser Tabelle hervor.

Abhängig ist ihre Höhe von Bundesland, Gebäudeart, Wohnfläche und Baujahr des Gebäudes. Nachrechnen können Sie, ob der jährliche Rohertrag und der Zu- oder Abschlag je nach Mietniveaustufe korrekt sind.

Unter "Ermittlung des abgezinsten Bodenwerts" taucht noch einmal Ihre Grundstücksfläche auf. Diese muss wiederum mit Ihrer Angabe übereinstimmen.

Wie prüfe ich den Grundsteuermessbescheid?


Zuerst überprüfen Sie hier wieder die persönlichen Daten: Stimmt Ihre Adresse? Geht der Bescheid an den korrekten Eigentümer?

Sind die Angaben zum Grundstück korrekt, im Einzelnen:

- Grundstücksart,
- Gemarkung,
- Lage des Grundstücks,
- Angaben zu Eigentümern / Teileigentümern?

Am Ende des Grundsteuerwertbescheids wurde Ihr Grundsteuerwert ermittelt. Diesen finden Sie unter "Berechnung des Steuermessbetrages" wieder. Wurde die Angabe korrekt vom Grundsteuermessbescheid übertragen?

Die Multiplikation mit der Steuermesszahl können Sie wieder nachrechnen. Übrigens: Gemäß § 15 Abs. 1 GrStG beträgt die Steuermesszahl für unbebaute und bebaute Grundstücke grundsätzlich 0,34 ‰ (Promille), bei Ein- und Zweifamilienhäusern, Mietwohngrundstücken und Wohnungseigentum 0,31 ‰.

Bei Fehlern im Grundsteuerbescheid Einspruch einlegen!


Haben Sie einen Fehler in Ihrem Grundsteuermessbescheid oder Grundsteuerwertbescheid entdeckt, sollten Sie gegen diese beim Finanzamt Einspruch einlegen. Dafür haben Sie einen Monat Zeit. Tun Sie dies nicht, werden die Bescheide als Berechnungsgrundlage Ihrer späteren Grundsteuer rechtswirksam. Dann können Sie kaum noch etwas dagegen tun. Ein Widerspruch gegen den späteren eigentlichen Grundsteuerbescheid der Gemeinde ist meist wenig erfolgversprechend. Auf einen Widerspruch hin kann das Finanzamt einen der beiden Bescheide ändern - oder auch nicht. Bleibt es bei den bisherigen Bescheiden, würde der nächste Weg vor das Finanzgericht führen. Hier entstehen Ihnen jedoch Kosten. Ein Einspruch ist dagegen kostenlos.

>> Download Musterformular Einspruch gegen Grundsteuermessbescheid <<

>> Download Musterformular Einspruch gegen Grundsteuerwertbescheid <<

Wie prüfe ich den Grundsteuerbescheid der Gemeinde?


Die Gemeinde kann ihren Hebesatz recht frei festlegen. Prüfen können Sie trotzdem:

- Wurde der richtige, aktuelle Hebesatz angewendet?
- Wurde die richtige Steuerart verwendet (Grundsteuer A, B, C)?
- Wurde der Grundsteuermessbetrag aus dem Grundsteuermessbescheid verwendet?

Auch hier ist ein Widerspruch möglich, diesmal an die Gemeinde, die den Grundsteuerbescheid erlassen hat.

Lesen Sie hierzu unseren Rechtstipp Immobesitzer: Wie lege ich Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid ein?.

Grundsteuer-Äquivalenzbescheid prüfen


In den Bundesländern Bayern, Hamburg und Niedersachsen ersetzt der Bescheid über Grundsteueräquivalenzbeträge den Grundsteuerwertbescheid. Auch hier sind Prüfungen möglich:

- Stimmen die Angaben zur Wohnfläche, gegebenenfalls zur Nutzfläche und der Fläche des Grundstücks mit Ihren Angaben in der Grundsteuererklärung überein?

- Die Wohnfläche bzw. Nutzfläche wird mit der Äquivalenzzahl 0,50 Euro/m2 multipliziert. Ergebnis ist der Grundsteuer-Äquivalenzbetrag für die Wohnfläche. Wurde richtig gerechnet?

- Auch die Fläche des Grund und Bodens wird mit einer Äquivalenzzahl multipliziert. Diese beträgt in der Regel 0,04 Euro/m2. Rechenergebnis ist der Grundsteuer-Äquivalenzbetrag für den Grund und Boden. Abweichende Äquivalenzzahlen ergeben sich für Bayern aus dem Bayerischen Grundsteuergesetz, Artikel 3.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die neue Grundsteuer


In mehreren Bundesländern laufen erste Klagen gegen das Bundesmodell und das Grundsteuermodell von Baden-Württemberg. Dabei geht es jedoch nicht um Fehler im Bescheid, sondern um grundsätzliche Bedenken gegen das Verfahren, insbesondere um die Verfassungsmäßigkeit (Gleichbehandlung). In Baden-Württemberg wird die Ermittlung des Grundsteuerwertes kritisiert. Der Ausgang bleibt abzuwarten.
Auch solche grundsätzlichen Bedenken können ein Grund für einen Widerspruch sein. Ein Widerspruch ist generell immer zu begründen, die Begründung kann auch nachgeschoben werden.

Ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Kirchhof, ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht, beanstandet insbesondere folgende Punkte am Bundesmodell:

- Das neue Grundsteuergesetz sei zu kompliziert, intransparent und ungerecht.
- Die Grunstücksbewertung orientiere sich zu sehr an der Einkommenssteuer. Beide Steuerarten müssten sich aber aus verfassungsrechtlichen Gründen unterscheiden.
- Die strikte Anwendung der Bodenrichtwerte stelle einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 des Grundgesetzes dar, weil die Bodenrichtwerte deutschlandweit nicht vergleichbar seien.
- Das Bundesmodell umfasse zu viele komplexe und schwer zu ermittelnde Parameter.
- Der Zustand der Immobilie und andere individuelle Umstände würden nicht berücksichtigt.

Laut diesem Gutachten würde die Bewertung nach dem Bundesmodell im Vergleich zu den in Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen angewendeten Bewertungsmodellen, strukturell eine mehr als doppelt so hohe finanzielle Belastung der Betroffenen nach sich ziehen.

Praxistipp zur Prüfung von Grundsteuerbescheiden


Schon der Grundsteuerwertbescheid und der Grundsteuermessbescheid, die jeweils vom Finanzamt kommen, sollten genau geprüft werden. Ist die Widerspruchsfrist verstrichen, lässt sich dagegen meist nur noch wenig tun. Bei Fragen zur Grundsteuer hilft Ihnen ein Fachanwalt für Steuerrecht. Für den Einspruch gegen die beiden Bescheide können Sie unser Musterformular Einspruch gegen Grundsteuermessbescheid bzw. Musterformular Einspruch gegen Grundsteuerwertbescheid verwenden.

(Ma)


 Ulf Matzen
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