Handy im Auto: Was ist erlaubt und was verboten?
27.02.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Rh - Anwalt-Suchservice Immer öfter wird die Ablenkung durch elektronische Kommunikationsmittel zur Ursache von Unfällen. Zum Handyverbot beim Autofahren wurde eine Vielzahl von Gerichtsurteilen gesprochen. Im Herbst 2017 hat der Gesetzgeber die Vorschriften angepasst. Dabei wurde das Verbot auch auf andere elektronische Geräte ausgedehnt. Mit Wirkung vom 9.11.2021 ist ein neuer Bußgeldkatalog in Kraft getreten. Sehr viele Gerichtsverfahren hätten sich bei einem besseren Verständnis der Rechtslage vermeiden lassen. Übrigens: Nicht nur Autofahrer müssen im Straßenverkehr die Finger vom Handy lassen.
Am 19.10.2017 trat eine Neufassung der Straßenverkehrsordnung (StVO) in Kraft. Geändert wurde unter anderem § 23 Abs. 1a StVO – das bekannte ”Handyverbot”. Die Regelung spricht seitdem nicht mehr von Mobiltelefonen, sondern verbietet die Nutzung aller elektronischen Geräte, die ”der Kommunikation, Information oder Organisation” dienen oder zu dienen bestimmt sind.
Dazu gehören laut Gesetz auch:
- Geräte der Unterhaltungselektronik,
- Geräte zur Ortsbestimmung,
- insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorecorder. Auch Videobrillen sind tabu.
Das Verbot umfasst also Handys genauso wie Navis, Tablets, eBook-Reader oder MP3-Player. Oder kurz gesagt alle elektronischen Geräte, die beim Gebrauch vom Straßenverkehr ablenken.
Elektronische Geräte wie Handys dürfen beim Autofahren von den Fahrzeugführern nur noch genutzt werden, wenn
- das Gerät dazu nicht in der Hand gehalten oder aufgenommen wird
UND
- entweder nur eine Sprachsteuerung oder Vorlesefunktion genutzt wird
oder
- die Bedienung des Geräts lediglich einen ganz kurzen Blick weg vom Verkehr und hin zum Gerät erfordert. Selbst der kurze Blick muss den Straßen- und Wetterverhältnissen angepasst sein.
Dem Fahrzeugführer ist also zum Beispiel auch verboten, beim Fahren einen Film auf dem Handy anzuschauen, auch wenn dieses in einer Halterung befestigt ist. Begründung: Hier schaut der Fahrer ja länger als nur für einen kurzen Augenblick vom Verkehr weg und auf den Bildschirm. Und schon hat man einen Fußgänger oder Radfahrer übersehen. Hier geht es um Leben und Tod und nicht nur um Bußgelder.
Erlaubt ist dagegen ausdrücklich die Nutzung von Rückfahrkameras, wenn das Auto nur in Schrittgeschwindigkeit bewegt wird, um rückwärts zu rangieren oder einzuparken. Hier darf man also auch länger als einen kurzen Moment auf den Bildschirm oder eine Sichtfeldprojektion schauen. Grundsätzlich darf man auch elektronische Geräte benutzen, die die Außenspiegel ersetzen oder ergänzen.
Viele Menschen setzen immer noch ”Nutzung” mit ”Telefonieren” gleich. Dieses Missverständnis führt oft zu Bußgeldbescheiden und Prozessen aufgrund entsprechender Widersprüche.
In Wahrheit ist eine Nutzung im Sinne der StVO jede noch so geringfügige Bedienung des Geräts, für die man das Handy bzw. Smartphone oder jetzt auch alle anderen Geräte vom Navi bis zum MP3-Player in die Hand nehmen muss. Daher ist es vollkommen egal, ob bei einem Mobiltelefon eine Gesprächsverbindung zustande gekommen ist. Untersagt ist nicht nur das Telefonieren, sondern auch zum Beispiel das Lesen oder Schreiben von Nachrichten, der Blick in den Terminkalender oder das Ablesen der Uhrzeit.
Wäre es anders, wäre diese Regelung auch vollkommen sinnlos. Dann würde nämlich eine Vielzahl von Ausreden funktionieren, warum man gerade jetzt das Handy während der Fahrt in die Hand genommen hat. Diese sind natürlich so gut wie nicht nachprüfbar. Dann hätte sich der Gesetzgeber die ganze Vorschrift auch gleich sparen können. Diese zielt nicht darauf ab, das Telefonieren zu unterbinden, sondern soll dafür sorgen, dass Fahrer sich auf das Fahren und den Verkehr konzentrieren und nicht anderweitig abgelenkt sind.
Die oben aufgezählten Geräte darf man ”mit Anfassen” nutzen, wenn das Fahrzeug steht und der Motor ausgeschaltet ist. Und: Die Neuregelung von 2017 stellt klar, dass der Motor ”vollständig ausgeschaltet” zu sein hat. Und betont sicherheitshalber: ”Das fahrzeugseitige automatische Abschalten des Motors im Verbrennungsbetrieb oder das Ruhen des elektrischen Antriebes ist kein Ausschalten des Motors”. Gemeint ist insbesondere die Start-Stop-Technik, die für den Stop an der Ampel oder im Stop- and Go-Verkehr gedacht ist.
Grund dafür ist ein vielfach in den Medien zitiertes Gerichtsurteil. Ein Autofahrer hatte sich damals erfolgreich gegen den Bußgeldbescheid gewehrt. Er war beim Telefonieren an einer Ampel erwischt worden, während seine Start-Stopp-Automatik gerade mal kurz den Motor abgeschaltet hatte (OLG Hamm, Az. 1 RBs 1/14). Da der Motor nicht lief, musste das Gericht ihn freisprechen. Nun wird man wohl im wirklichen Leben davon ausgehen können, dass ein Telefonat sich nicht exakt auf eine Ampelpause erstrecken wird. Der Fahrer hat also Glück gehabt, dass er gerade in diesem Moment gesehen wurde.
Dieser Fall taucht immer noch online und in der Presse auf. Er lässt sich aber heute nicht mehr zur Verteidigung verwenden. Seit der Gesetzesänderung von 2017 gilt: Die Nutzung von Handy & Co ist auch in der Ampelpause und bei Nutzung der Start-Stopp-Automatik verboten.
Eine Ausnahme gibt es für die Nutzung einer atemalkoholgesteuerten Wegfahrsperre. Solche Geräte sind zwar in Deutschland bisher unüblich, falls sie aber eingebaut sind und der Fahrer beispielsweise ein Mundstück zum Pusten anfassen muss, um das Auto von seiner Nüchternheit zu überzeugen, ist dies auch bei laufendem Motor bzw. eingeschalteter Zündung erlaubt.
Wer beim Fahren eines Autos die Finger nicht vom Smartphone lassen kann, muss mit einem Bußgeld von 100 Euro rechnen (statt früher 60 Euro). Dazu kommt ein Punkt in Flensburg. Werden andere Verkehrsteilnehmer gefährdet, sind es 150 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat sowie zwei Punkte. Kommt es durch die Nutzung elektronischer Geräte zu einem Unfall, sind 200 Euro fällig, zusätzlich gibt es wieder zwei Punkte in Flensburg und einen Monat Fahrverbot.
Auch Radfahrer haben sich an diese Regeln zu halten. In der StVO ist nämlich nicht von Kraftfahrzeugen, sondern von Fahrzeugen die Rede. Auch Fahrradfahrer müssen also das Handy und sonstige Elektronik beim Fahren in der Tasche stecken lassen. Nach dem Bußgeldkatalog vom September 2021 beträgt bei ihnen das Bußgeld nun 55 Euro. Bei einer Gefährdung anderer sind es 75 Euro, bei einem Unfall 100 Euro.
Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm ist beim Autofahren schon der Blick auf das Display des Handys nicht erlaubt. Ein Autofahrer hatte in diesem Fall während einer Fahrt sein Handy in die Hand genommen, um eine Telefonnummer abzulesen. Damit hatte er dem Urteil zufolge schon eine Ordnungswidrigkeit begangen (Az. 2 Ss OWi 402/06).
In einem anderen Fall hatte ein Autofahrer sein Handy als Navi verwendet und es im Fahren bedient. Dazu hatte er es in die Hand genommen. Hier entschied das Oberlandesgericht Hamm auch schon nach alter Rechtslage, dass es nicht auf den Zweck der Nutzung ankomme. Jede Bedienung des Handys während der Fahrt sei verboten. Schließlich solle der Fahrer die Hände zum Fahren frei haben (Beschluss vom 18.2.2013, Az. III-5 RBs 11/13). Das Bußgeld wurde bestätigt.
Es ist nach dem OLG Köln auch unzulässig, das Handy beim Fahren in die Hand zu nehmen, nur um einen Anruf abzuweisen bzw. ”wegzudrücken”. Das Tastendrücken sei eine Gerätebedienung. Auch hier wurde das Bußgeld bestätigt (Az. III-1 RBs 39/12).
Nicht nur gefährlich, sondern auch absolut unzulässig ist es, schnell mal auf dem Seitenstreifen einer Autobahn oder Kraftfahrstraße anzuhalten, um in Ruhe zu telefonieren. Nicht nur, weil bei solchen Stopps der Motor meist nicht ausgeschaltet wird. Der Standstreifen ist nur für Pannen gedacht und darf für nichts anderes genutzt werden. Halten und Parken ist darauf nicht erlaubt (§ 18 Abs. 8 StVO). Auch das Oberlandesgericht Düsseldorf hat dies in einem Urteil bekräftigt (Az. IV-2 Ss (OWi) 84/08).
Verboten ist auch die Nutzung des Mobiltelefons zum Fotografieren während der Fahrt. So entschied das OLG Hamburg. Die Argumentation nach damaliger Rechtslage: Auch als Kamera nutzt man das Handy seiner Bestimmung entsprechend – und ist vom Fahren abgelenkt (Beschluss vom 28.12.2015, Az. 2 - 86/15). Heute wäre ausreichend, dass man es in die Hand nimmt.
Erlaubt sein kann jedoch ein Weiterreichen des Handys an eine andere Person wie etwa den Beifahrer. So hob das Oberlandesgericht Köln den Bußgeldbescheid gegen eine Frau auf, die ihr klingelndes Handy aus der Tasche geholt und es ohne jeden Blick auf das Display an ihren Beifahrer weiter gegeben hatte (Az. III-1 Rbs 284/14).
Andere Gerichte haben Urteile gefällt, denen zufolge man das Handy auch während der Fahrt aufsammeln oder aufheben darf, um es anders zu verstauen (OLG Köln, Az. 83 Ss OWi 19/05, OLG Düsseldorf Az. IV-2 Ss OWi 134/06). So entschied das Oberlandesgericht Köln: Eine Nutzung setze voraus, dass das In-die-Hand-Nehmen etwas mit den Funktionen des Handys zu tun habe. Das Aufnehmen und Ablegen eines ausgeschalteten Handys sei zulässig. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hob das Bußgeld gegen einen Autofahrer auf, der sein heruntergefallenes Handy aus dem Fußraum hervorgeholt und auf den Beifahrersitz gelegt hatte. Hier kommt es aber auf den Einzelfall an: Überfährt der Autofahrer beim Suchen nach dem Handy einen Fußgänger, wird er nicht straflos ausgehen. War das Handy eingeschaltet, wird es schwierig, das Gericht davon zu überzeugen, dass es nicht in die Hand genommen wurde, um es zu nutzen.
Presseberichten zufolge soll es jedoch legal sein, während der Fahrt einen Taschenrechner zu benutzen. Stimmt das?
In zwei Fällen haben sich jeweils die Gerichte zweier Instanzen mit dem Argument beschäftigt, dass das Gerät, welches sich ein Autofahrer auf einem Blitzerfoto ans Gesicht hielt, in Wirklichkeit ein Taschenrechner war. Da dieser keine Unterhaltungs- oder Kommunikationselektronik sei, wäre er beim Fahren erlaubt. So behauptete ein Immobilienmakler, auf dem Weg zu einer Besichtigung schon mal seine Provision berechnet zu haben.
Das Oberlandesgericht Oldenburg entschied im Juni 2018, dass ein Taschenrechner kein elektronisches Gerät im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO sei. Er diene nicht der Kommunikation, Information oder Organisation bzw. der Unterhaltungselektronik oder der Ortsbestimmung. Daher musste der Autofahrer kein Bußgeld zahlen (Beschluss vom 25.6.2018, Az. 2 Ss (OWi) 175/18).
Das Oberlandesgericht Hamm war anderer Ansicht. Ein elektronischer Taschenrechner sei ein elektronisches Gerät, das der Information diene – nämlich der über das Rechenergebnis. Sinn der Vorschrift sei es, den Gefahren, die vom Aufnehmen des elektronischen Geräts und der Ablenkung des Betroffenen vom Verkehrsgeschehen ausgingen, zu begegnen. Daher habe der Gesetzgeber absichtlich eine technikoffene Formulierung gewählt. Es sei nicht entscheidend, durch welches elektronische Gerät man vom Fahren abgelenkt werde.
Der Bundesgerichtshof entschied den Streit der beiden Gerichte im Sinne des OLG Hamm: Ein Taschenrechner diene der Information über das Rechenergebnis und zähle zu den elektronischen Geräten, die beim Fahren nicht genutzt werden dürfen (Beschluss vom 16.12.2020, Az. 4 StR 526/19).
Die sogenannte Monocam ist eine Neuentwicklung aus den Niederlanden. Diese Kamera nutzt KI-Software und kann in das Innere von Autos hineinschauen und an mehreren Kriterien (Körperhaltung etc.) erkennen, ob ein Fahrzeugführer gerade mit dem Handy in der Hand telefoniert bzw. es zum Tippen von Nachrichten in der Hand hält. Entdeckt die Software eine solche Situation, wird sie von den Beamten gesichtet und mit dem ebenfalls elektronisch erfassten Fahrzeugkennzeichen in Verbindung gebraucht. Es folgt der Bußgeldbescheid.
Das Tippen auf dem Handy ist eine häufige Ursache für Ablenkungen am Steuer - das eigentliche Telefonieren spielt nur noch eine geringe Rolle. Die Polizei hat bundesweit im Jahr 2021 insgesamt 1.000 Unfälle durch Ablenkung wegen Handynutzung während des Fahrens festgestellt - mit etwa 400 Personenschäden. Dagegen soll nun die Monocam helfen. In einem Pilotversuch wurde sie zunächst auf einer Autobahnbrücke bei Trier, dann in Mainz eingesetzt.
Die Einsätze der Monocam haben bereits zu einer Reihe von Bußgeldverfahren geführt - und zu Klagen, mit denen sich Autofahrer dagegen wehren. Die Rechtsgrundlage für den Einsatz der Monocam ist zumindest zweifelhaft. § 29 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes von Rheinland-Pfalz macht eine solche Datenerhebung durch Filmen von Personen von der Einwilligung der Betroffenen oder von einer gesetzlichen Regelung abhängig. Beides fehlt hier. Ob das Argument "Gefahrenabwehr" ausreicht, ist von den Gerichten zu prüfen. Eine gesetzliche Regelung soll erst geschaffen werden, wenn sich die Monocam in der Testphase bewährt und ihre Nutzung nach einem Zeitraum von sechs Monaten fortgesetzt werden soll. Gerichtsurteile dazu sind noch nicht bekannt.
Die aktuelle Rechtslage räumt mit vielen beliebten Ausreden für eine Handynutzung beim Autofahren auf. Daher empfiehlt es sich, zum Telefonieren während der Fahrt eine Freisprechanlage zu nutzen. Autofahrer und Radfahrer sollten wissen, dass sich das Verbot heute auf praktisch alle elektronischen Geräte bezieht. Kommt es zu einem Bußgeldverfahren wegen unerlaubter Handynutzung, kann ein Fachanwalt für Verkehrsrecht Akteneinsicht nehmen und die Chancen für einen Widerspruch prüfen. Dies gilt ganz aktuell auch für die nicht von den Gerichten geklärte Frage, ob der Einsatz einer Monocam rechtmäßig ist.
Das Wichtigste in Kürze
1. Verbotene Geräte: Laut Straßenverkehrsordnung (StVO) ist die Nutzung aller elektronischen Geräte, die der Kommunikation, Information oder Organisation dienen oder zu dienen bestimmt sind, verboten. Dazu gehört insbesondere auch das Handy.
2. Zulässige Nutzung: Unter engen Voraussetzungen ist die Nutzung elektronischer Geräte, insbesondere von Handys, im Auto erlaubt, wenn diese dazu nicht in die Hand genommen werden müssen.
3. Bußgeld und Punkte: Wer beim Autofahren oder auch nur mit eingeschaltetem Motor das Handy in die Hand nimmt, muss mit einem Bußgeld von 100 Euro und einem Punkt in Flensburg rechnen. Bei Gefährdung andere Verkehrsteilnehmer sind es 150 Euro plus ein Monat Fahrverbot sowie zwei Punkte. Kommt es zu einem Unfall, drohen sogar 200 Euro Bußgeld plus ein Monat Fahrverbot und zwei Punkte.
1. Verbotene Geräte: Laut Straßenverkehrsordnung (StVO) ist die Nutzung aller elektronischen Geräte, die der Kommunikation, Information oder Organisation dienen oder zu dienen bestimmt sind, verboten. Dazu gehört insbesondere auch das Handy.
2. Zulässige Nutzung: Unter engen Voraussetzungen ist die Nutzung elektronischer Geräte, insbesondere von Handys, im Auto erlaubt, wenn diese dazu nicht in die Hand genommen werden müssen.
3. Bußgeld und Punkte: Wer beim Autofahren oder auch nur mit eingeschaltetem Motor das Handy in die Hand nimmt, muss mit einem Bußgeld von 100 Euro und einem Punkt in Flensburg rechnen. Bei Gefährdung andere Verkehrsteilnehmer sind es 150 Euro plus ein Monat Fahrverbot sowie zwei Punkte. Kommt es zu einem Unfall, drohen sogar 200 Euro Bußgeld plus ein Monat Fahrverbot und zwei Punkte.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Welche Geräte darf man nicht benutzen? Wann darf man elektronische Geräte, insbesondere Handys, im Auto nutzen? Was bedeutet ”Nutzung” des Handys? Wann darf man Handy & Co nutzen? Welche Strafen drohen bei unerlaubter Handynutzung? Handynutzung: Was gilt für Radfahrer? Wie haben die Gerichte entschieden? Einige Urteile Erlaubt: Aufgreifen und Weiterreichen des Handys Ist ein Taschenrechner ein elektronisches Gerät? Umstrittene Monocam als Beweismittel für unerlaubte Handynutzung? Praxistipp zur Handynutzung im Auto Welche Geräte darf man nicht benutzen?
Am 19.10.2017 trat eine Neufassung der Straßenverkehrsordnung (StVO) in Kraft. Geändert wurde unter anderem § 23 Abs. 1a StVO – das bekannte ”Handyverbot”. Die Regelung spricht seitdem nicht mehr von Mobiltelefonen, sondern verbietet die Nutzung aller elektronischen Geräte, die ”der Kommunikation, Information oder Organisation” dienen oder zu dienen bestimmt sind.
Dazu gehören laut Gesetz auch:
- Geräte der Unterhaltungselektronik,
- Geräte zur Ortsbestimmung,
- insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorecorder. Auch Videobrillen sind tabu.
Das Verbot umfasst also Handys genauso wie Navis, Tablets, eBook-Reader oder MP3-Player. Oder kurz gesagt alle elektronischen Geräte, die beim Gebrauch vom Straßenverkehr ablenken.
Wann darf man elektronische Geräte, insbesondere Handys, im Auto nutzen?
Elektronische Geräte wie Handys dürfen beim Autofahren von den Fahrzeugführern nur noch genutzt werden, wenn
- das Gerät dazu nicht in der Hand gehalten oder aufgenommen wird
UND
- entweder nur eine Sprachsteuerung oder Vorlesefunktion genutzt wird
oder
- die Bedienung des Geräts lediglich einen ganz kurzen Blick weg vom Verkehr und hin zum Gerät erfordert. Selbst der kurze Blick muss den Straßen- und Wetterverhältnissen angepasst sein.
Dem Fahrzeugführer ist also zum Beispiel auch verboten, beim Fahren einen Film auf dem Handy anzuschauen, auch wenn dieses in einer Halterung befestigt ist. Begründung: Hier schaut der Fahrer ja länger als nur für einen kurzen Augenblick vom Verkehr weg und auf den Bildschirm. Und schon hat man einen Fußgänger oder Radfahrer übersehen. Hier geht es um Leben und Tod und nicht nur um Bußgelder.
Erlaubt ist dagegen ausdrücklich die Nutzung von Rückfahrkameras, wenn das Auto nur in Schrittgeschwindigkeit bewegt wird, um rückwärts zu rangieren oder einzuparken. Hier darf man also auch länger als einen kurzen Moment auf den Bildschirm oder eine Sichtfeldprojektion schauen. Grundsätzlich darf man auch elektronische Geräte benutzen, die die Außenspiegel ersetzen oder ergänzen.
Was bedeutet ”Nutzung” des Handys?
Viele Menschen setzen immer noch ”Nutzung” mit ”Telefonieren” gleich. Dieses Missverständnis führt oft zu Bußgeldbescheiden und Prozessen aufgrund entsprechender Widersprüche.
In Wahrheit ist eine Nutzung im Sinne der StVO jede noch so geringfügige Bedienung des Geräts, für die man das Handy bzw. Smartphone oder jetzt auch alle anderen Geräte vom Navi bis zum MP3-Player in die Hand nehmen muss. Daher ist es vollkommen egal, ob bei einem Mobiltelefon eine Gesprächsverbindung zustande gekommen ist. Untersagt ist nicht nur das Telefonieren, sondern auch zum Beispiel das Lesen oder Schreiben von Nachrichten, der Blick in den Terminkalender oder das Ablesen der Uhrzeit.
Wäre es anders, wäre diese Regelung auch vollkommen sinnlos. Dann würde nämlich eine Vielzahl von Ausreden funktionieren, warum man gerade jetzt das Handy während der Fahrt in die Hand genommen hat. Diese sind natürlich so gut wie nicht nachprüfbar. Dann hätte sich der Gesetzgeber die ganze Vorschrift auch gleich sparen können. Diese zielt nicht darauf ab, das Telefonieren zu unterbinden, sondern soll dafür sorgen, dass Fahrer sich auf das Fahren und den Verkehr konzentrieren und nicht anderweitig abgelenkt sind.
Wann darf man Handy & Co nutzen?
Die oben aufgezählten Geräte darf man ”mit Anfassen” nutzen, wenn das Fahrzeug steht und der Motor ausgeschaltet ist. Und: Die Neuregelung von 2017 stellt klar, dass der Motor ”vollständig ausgeschaltet” zu sein hat. Und betont sicherheitshalber: ”Das fahrzeugseitige automatische Abschalten des Motors im Verbrennungsbetrieb oder das Ruhen des elektrischen Antriebes ist kein Ausschalten des Motors”. Gemeint ist insbesondere die Start-Stop-Technik, die für den Stop an der Ampel oder im Stop- and Go-Verkehr gedacht ist.
Grund dafür ist ein vielfach in den Medien zitiertes Gerichtsurteil. Ein Autofahrer hatte sich damals erfolgreich gegen den Bußgeldbescheid gewehrt. Er war beim Telefonieren an einer Ampel erwischt worden, während seine Start-Stopp-Automatik gerade mal kurz den Motor abgeschaltet hatte (OLG Hamm, Az. 1 RBs 1/14). Da der Motor nicht lief, musste das Gericht ihn freisprechen. Nun wird man wohl im wirklichen Leben davon ausgehen können, dass ein Telefonat sich nicht exakt auf eine Ampelpause erstrecken wird. Der Fahrer hat also Glück gehabt, dass er gerade in diesem Moment gesehen wurde.
Dieser Fall taucht immer noch online und in der Presse auf. Er lässt sich aber heute nicht mehr zur Verteidigung verwenden. Seit der Gesetzesänderung von 2017 gilt: Die Nutzung von Handy & Co ist auch in der Ampelpause und bei Nutzung der Start-Stopp-Automatik verboten.
Eine Ausnahme gibt es für die Nutzung einer atemalkoholgesteuerten Wegfahrsperre. Solche Geräte sind zwar in Deutschland bisher unüblich, falls sie aber eingebaut sind und der Fahrer beispielsweise ein Mundstück zum Pusten anfassen muss, um das Auto von seiner Nüchternheit zu überzeugen, ist dies auch bei laufendem Motor bzw. eingeschalteter Zündung erlaubt.
Welche Strafen drohen bei unerlaubter Handynutzung?
Wer beim Fahren eines Autos die Finger nicht vom Smartphone lassen kann, muss mit einem Bußgeld von 100 Euro rechnen (statt früher 60 Euro). Dazu kommt ein Punkt in Flensburg. Werden andere Verkehrsteilnehmer gefährdet, sind es 150 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat sowie zwei Punkte. Kommt es durch die Nutzung elektronischer Geräte zu einem Unfall, sind 200 Euro fällig, zusätzlich gibt es wieder zwei Punkte in Flensburg und einen Monat Fahrverbot.
Handynutzung: Was gilt für Radfahrer?
Auch Radfahrer haben sich an diese Regeln zu halten. In der StVO ist nämlich nicht von Kraftfahrzeugen, sondern von Fahrzeugen die Rede. Auch Fahrradfahrer müssen also das Handy und sonstige Elektronik beim Fahren in der Tasche stecken lassen. Nach dem Bußgeldkatalog vom September 2021 beträgt bei ihnen das Bußgeld nun 55 Euro. Bei einer Gefährdung anderer sind es 75 Euro, bei einem Unfall 100 Euro.
Wie haben die Gerichte entschieden? Einige Urteile
Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm ist beim Autofahren schon der Blick auf das Display des Handys nicht erlaubt. Ein Autofahrer hatte in diesem Fall während einer Fahrt sein Handy in die Hand genommen, um eine Telefonnummer abzulesen. Damit hatte er dem Urteil zufolge schon eine Ordnungswidrigkeit begangen (Az. 2 Ss OWi 402/06).
In einem anderen Fall hatte ein Autofahrer sein Handy als Navi verwendet und es im Fahren bedient. Dazu hatte er es in die Hand genommen. Hier entschied das Oberlandesgericht Hamm auch schon nach alter Rechtslage, dass es nicht auf den Zweck der Nutzung ankomme. Jede Bedienung des Handys während der Fahrt sei verboten. Schließlich solle der Fahrer die Hände zum Fahren frei haben (Beschluss vom 18.2.2013, Az. III-5 RBs 11/13). Das Bußgeld wurde bestätigt.
Es ist nach dem OLG Köln auch unzulässig, das Handy beim Fahren in die Hand zu nehmen, nur um einen Anruf abzuweisen bzw. ”wegzudrücken”. Das Tastendrücken sei eine Gerätebedienung. Auch hier wurde das Bußgeld bestätigt (Az. III-1 RBs 39/12).
Nicht nur gefährlich, sondern auch absolut unzulässig ist es, schnell mal auf dem Seitenstreifen einer Autobahn oder Kraftfahrstraße anzuhalten, um in Ruhe zu telefonieren. Nicht nur, weil bei solchen Stopps der Motor meist nicht ausgeschaltet wird. Der Standstreifen ist nur für Pannen gedacht und darf für nichts anderes genutzt werden. Halten und Parken ist darauf nicht erlaubt (§ 18 Abs. 8 StVO). Auch das Oberlandesgericht Düsseldorf hat dies in einem Urteil bekräftigt (Az. IV-2 Ss (OWi) 84/08).
Verboten ist auch die Nutzung des Mobiltelefons zum Fotografieren während der Fahrt. So entschied das OLG Hamburg. Die Argumentation nach damaliger Rechtslage: Auch als Kamera nutzt man das Handy seiner Bestimmung entsprechend – und ist vom Fahren abgelenkt (Beschluss vom 28.12.2015, Az. 2 - 86/15). Heute wäre ausreichend, dass man es in die Hand nimmt.
Erlaubt: Aufgreifen und Weiterreichen des Handys
Erlaubt sein kann jedoch ein Weiterreichen des Handys an eine andere Person wie etwa den Beifahrer. So hob das Oberlandesgericht Köln den Bußgeldbescheid gegen eine Frau auf, die ihr klingelndes Handy aus der Tasche geholt und es ohne jeden Blick auf das Display an ihren Beifahrer weiter gegeben hatte (Az. III-1 Rbs 284/14).
Andere Gerichte haben Urteile gefällt, denen zufolge man das Handy auch während der Fahrt aufsammeln oder aufheben darf, um es anders zu verstauen (OLG Köln, Az. 83 Ss OWi 19/05, OLG Düsseldorf Az. IV-2 Ss OWi 134/06). So entschied das Oberlandesgericht Köln: Eine Nutzung setze voraus, dass das In-die-Hand-Nehmen etwas mit den Funktionen des Handys zu tun habe. Das Aufnehmen und Ablegen eines ausgeschalteten Handys sei zulässig. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hob das Bußgeld gegen einen Autofahrer auf, der sein heruntergefallenes Handy aus dem Fußraum hervorgeholt und auf den Beifahrersitz gelegt hatte. Hier kommt es aber auf den Einzelfall an: Überfährt der Autofahrer beim Suchen nach dem Handy einen Fußgänger, wird er nicht straflos ausgehen. War das Handy eingeschaltet, wird es schwierig, das Gericht davon zu überzeugen, dass es nicht in die Hand genommen wurde, um es zu nutzen.
Ist ein Taschenrechner ein elektronisches Gerät?
Presseberichten zufolge soll es jedoch legal sein, während der Fahrt einen Taschenrechner zu benutzen. Stimmt das?
In zwei Fällen haben sich jeweils die Gerichte zweier Instanzen mit dem Argument beschäftigt, dass das Gerät, welches sich ein Autofahrer auf einem Blitzerfoto ans Gesicht hielt, in Wirklichkeit ein Taschenrechner war. Da dieser keine Unterhaltungs- oder Kommunikationselektronik sei, wäre er beim Fahren erlaubt. So behauptete ein Immobilienmakler, auf dem Weg zu einer Besichtigung schon mal seine Provision berechnet zu haben.
Das Oberlandesgericht Oldenburg entschied im Juni 2018, dass ein Taschenrechner kein elektronisches Gerät im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO sei. Er diene nicht der Kommunikation, Information oder Organisation bzw. der Unterhaltungselektronik oder der Ortsbestimmung. Daher musste der Autofahrer kein Bußgeld zahlen (Beschluss vom 25.6.2018, Az. 2 Ss (OWi) 175/18).
Das Oberlandesgericht Hamm war anderer Ansicht. Ein elektronischer Taschenrechner sei ein elektronisches Gerät, das der Information diene – nämlich der über das Rechenergebnis. Sinn der Vorschrift sei es, den Gefahren, die vom Aufnehmen des elektronischen Geräts und der Ablenkung des Betroffenen vom Verkehrsgeschehen ausgingen, zu begegnen. Daher habe der Gesetzgeber absichtlich eine technikoffene Formulierung gewählt. Es sei nicht entscheidend, durch welches elektronische Gerät man vom Fahren abgelenkt werde.
Der Bundesgerichtshof entschied den Streit der beiden Gerichte im Sinne des OLG Hamm: Ein Taschenrechner diene der Information über das Rechenergebnis und zähle zu den elektronischen Geräten, die beim Fahren nicht genutzt werden dürfen (Beschluss vom 16.12.2020, Az. 4 StR 526/19).
Umstrittene Monocam als Beweismittel für unerlaubte Handynutzung?
Die sogenannte Monocam ist eine Neuentwicklung aus den Niederlanden. Diese Kamera nutzt KI-Software und kann in das Innere von Autos hineinschauen und an mehreren Kriterien (Körperhaltung etc.) erkennen, ob ein Fahrzeugführer gerade mit dem Handy in der Hand telefoniert bzw. es zum Tippen von Nachrichten in der Hand hält. Entdeckt die Software eine solche Situation, wird sie von den Beamten gesichtet und mit dem ebenfalls elektronisch erfassten Fahrzeugkennzeichen in Verbindung gebraucht. Es folgt der Bußgeldbescheid.
Das Tippen auf dem Handy ist eine häufige Ursache für Ablenkungen am Steuer - das eigentliche Telefonieren spielt nur noch eine geringe Rolle. Die Polizei hat bundesweit im Jahr 2021 insgesamt 1.000 Unfälle durch Ablenkung wegen Handynutzung während des Fahrens festgestellt - mit etwa 400 Personenschäden. Dagegen soll nun die Monocam helfen. In einem Pilotversuch wurde sie zunächst auf einer Autobahnbrücke bei Trier, dann in Mainz eingesetzt.
Die Einsätze der Monocam haben bereits zu einer Reihe von Bußgeldverfahren geführt - und zu Klagen, mit denen sich Autofahrer dagegen wehren. Die Rechtsgrundlage für den Einsatz der Monocam ist zumindest zweifelhaft. § 29 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes von Rheinland-Pfalz macht eine solche Datenerhebung durch Filmen von Personen von der Einwilligung der Betroffenen oder von einer gesetzlichen Regelung abhängig. Beides fehlt hier. Ob das Argument "Gefahrenabwehr" ausreicht, ist von den Gerichten zu prüfen. Eine gesetzliche Regelung soll erst geschaffen werden, wenn sich die Monocam in der Testphase bewährt und ihre Nutzung nach einem Zeitraum von sechs Monaten fortgesetzt werden soll. Gerichtsurteile dazu sind noch nicht bekannt.
Praxistipp zur Handynutzung im Auto
Die aktuelle Rechtslage räumt mit vielen beliebten Ausreden für eine Handynutzung beim Autofahren auf. Daher empfiehlt es sich, zum Telefonieren während der Fahrt eine Freisprechanlage zu nutzen. Autofahrer und Radfahrer sollten wissen, dass sich das Verbot heute auf praktisch alle elektronischen Geräte bezieht. Kommt es zu einem Bußgeldverfahren wegen unerlaubter Handynutzung, kann ein Fachanwalt für Verkehrsrecht Akteneinsicht nehmen und die Chancen für einen Widerspruch prüfen. Dies gilt ganz aktuell auch für die nicht von den Gerichten geklärte Frage, ob der Einsatz einer Monocam rechtmäßig ist.
(Bu)