Haustürgeschäft: Wie lange ist ein Widerruf möglich?
18.04.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Heute haben Verbraucher das Recht, einen Vertrag ohne weitere Begründung zu widerrufen, den sie im Fernabsatz (online oder telefonisch) oder generell außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen haben. Zu den letzteren Verträgen gehört auch das sogenannte Haustürgeschäft, also ein Vertragsabschluss an der Haustür.
Dieser Begriff wird mittlerweile seltener verwendet. Denn: Das Gesetz zählt zu den Geschäften außerhalb von Geschäftsräumen nicht nur Vertragsabschlüsse an der Haustür, sondern auch in einer anderen Privatwohnung, am Arbeitsplatz, auf der Straße, in öffentlichen Verkehrsmitteln, bei Weinproben, auf Kaffeefahrten oder auf anderen im Interesse des Unternehmers durchgeführten Freizeitveranstaltungen. Sogar ein Vertrag, der bei einer Marketing-Aktion in der Fußgängerzone geschlossen wird, gehört dazu. Für Verbraucher bedeutet das: Bei allen diesen Geschäften ist ein Widerruf möglich. Übrigens: Nicht ohne weiteres widerrufen kann man dauerhafte Verträge über regelmäßige Spenden für Organisationen aller Art.
Verträge, die man auf einer Freizeitveranstaltung (zum Beispiel einer "Kaffeefahrt") oder bei einem Vertreterbesuch zu Hause abgeschlossen hat ("Haustürgeschäfte"), lassen sich in der Regel nur innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Diese Widerrufsfrist beginnt jedoch erst dann zu laufen, wenn dem Kunden eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung ausgehändigt wird. Ordnungsgemäß heißt: Es darf sich nicht um irgendeine Widerrufsbelehrung handeln, die irgendwo kopiert wurde, sondern diese muss nach aktuellen rechtlichen Maßstäben wirksam sein.
War dies nicht der Fall, entstand früher das sogenannte "ewige Widerrufsrecht". Dann konnte der Vertrag auch noch Jahre später widerrufen werden, weil die Widerrufsfrist nie zu laufen begonnen hatte. Dies ist laut aktueller Rechtslage anders. Laut § 356 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches erlischt das Widerrufsrecht spätestens nach zwölf Monaten plus 14 Tagen.
Das bedeutet: Die Widerrufsfrist für ein Haustürgeschäft kann sich durch die Verwendung einer unwirksamen Widerrufsbelehrung auf ein Jahr und 14 Tage verlängern.
Immer wieder werden von Unternehmen unwirksame Widerrufsbelehrungen benutzt. Die Gründe für die Unwirksamkeit sind unterschiedlich. Nur ein Fachmann kann im konkreten Fall feststellen, ob eine Widerrufsbelehrung tatsächlich rechtswirksam ist. Hier einige Beispiele.
Bis Anfang 2008 und zum Teil darüber hinaus nutzten viele Unternehmen bei ihrem Direktvertrieb insbesondere von Verlagsprodukten an Kunden einen Text, den einst das Bundesjustizministerium empfohlen hatte. Diese Widerrufsbelehrung wurde jedoch später als rechtlich unwirksam angesehen. Gerichte entschieden, dass die Verwendung dieser Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist nicht zum Laufen brachte. Daher konnten Kunden dieser Unternehmen auch lange nach Ablauf der 14 Tage noch den Vertrag rückgängig machen und ihr Geld zurückerhalten.
Der damalige Text lautete:
“Der Käufer kann die Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache. Der Widerruf ist zu richten an: ..."
Gegen diese Widerrufsbelehrung gab es zwei Argumente:
Erstens erwecke der Text den Eindruck, dass der Widerruf auch durch Rücksendung der Ware erfolgen könne. Tatsächlich gab aber der betreffende Verlag die Ware immer erst dann heraus, wenn die Widerrufsfrist bereits abgelaufen war.
Zweitens enthalte der Text keinen Hinweis auf die genauen Rechtsfolgen von Widerruf und Rückgabe. Dies schreibe das Gesetz aber bei Haustürgeschäften vor.
Das Landgericht Koblenz betrachtete das zweite Argument als stichhaltig und beschäftigte sich nicht weiter mit dem ersten (Urteil vom 20.12.2006, Az. 12 S 128/06). Der Bundesgerichtshof dagegen sah das erste Argument als überzeugend an und prüfte das zweite nicht mehr. Da der Verlag die Revision zurückzog, musste der BGH nicht entscheiden. Das Urteil des Landgerichts ist rechtskräftig.
2007 erklärte der Bundesgerichtshof folgende Widerrufsbelehrung bei Haustürgeschäften für unwirksam:
"Sie können Ihre Bestellung innerhalb von zwei Wochen ab Aushändigung dieser Belehrung ohne Begründung in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der bestellten Gegenstände gegenüber ... widerrufen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
Im Falle des Widerrufs müssen Sie die erhaltene Sache zurück- und gezogene Nutzungen herausgeben. Ferner haben Sie Wertersatz zu leisten, soweit die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, Sie den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet haben oder die erhaltene Sache sich verschlechtert hat oder untergegangen ist. Die durch bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung bleibt außer Betracht."
Diese Widerrufsbelehrung war unwirksam, weil in ihr nicht darauf hingewiesen wurde, dass im Falle des Widerrufs die gesetzlichen Vorschriften des Rücktritts anwendbar sind. Diese Vorschriften geben Verbrauchern unter anderem ein Recht auf Zinszahlung gegen das Unternehmen (Urteil vom 12.4.2007, Az. VII ZR 122/06).
Hier konnten Verbraucher nach damaliger Rechtslage noch jahrelang ihre Verträge widerrufen. Dies hat sich heute - wie oben dargelegt - geändert.
Der Beginn der Widerrufsfrist hängt davon ab, worum es bei dem Geschäft geht.
Bei einem Kaufvertrag über Waren beginnt die Frist zu laufen,
- wenn der Verbraucher die Ware erhält,
- bei einheitlicher Bestellung von mehreren Teilen mit Erhalt des letzten Stücks,
- bei mehreren Teilsendungen mit der letzten Teillieferung,
- bei Verträgen über regelmäßige Lieferungen mit Erhalt der ersten Lieferung,
- bei einem Vertrag, der die nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge angebotene Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, die Lieferung von Fernwärme oder die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten zum Gegenstand hat, mit Vertragsschluss.
Aber: In jedem Fall beginnt die Widerrufsfrist erst mit Erhalt einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung zu laufen. Wurde der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen, muss der Verbraucher diese auf Papier oder mit seiner Zustimmung in anderer, dauerhaft abspeicherbarer Form (etwa E-Mail) erhalten.
Verbraucher können nach heutiger Rechtslage einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag widerrufen, ohne Gründe anzugeben. Allerdings müssen sie dem Unternehmen den Widerruf ausdrücklich mitteilen, zum Beispiel per E-Mail. Bei vielen Haustürgeschäften wird aus Beweisgründen oft ein Einschreiben mit Rückschein empfohlen. Hier sind nicht selten Unternehmen tätig, die in einer Grauzone operieren. Früher war eine einfache Rücksendung der Ware ohne Kommentar ausreichend. Heute ist sie dies nicht mehr.
Der Widerruf hat die Folge, dass der Vertrag als nicht geschlossen gilt. Beide Seiten müssen die jeweiligen Leistungen zurückgeben. Die Rücksendekosten für Waren hat der Verbraucher zu tragen, sofern der Händler dies nicht aus Kulanz übernimmt.
Auch nach Ablauf der 14-Tages-Frist können Verbraucher noch Rechte geltend machen: Nämlich dann, wenn die Ware oder Dienstleistung mangelhaft ist. Hier kann ebenfalls ein Rücktritt vom Vertrag möglich sein. Bei Kaufverträgen über Neuware verjähren die Mängelansprüche innerhalb von zwei Jahren. Diese Frist gilt auch für Werkverträge mit Handwerkern. Bei Bauleistungen gelten besondere Regeln.
Bei Verwendung der heute aktuellen gesetzlichen Muster-Widerrufsbelehrung ist davon auszugehen, dass diese nicht mehr rechtlich angreifbar ist. Dieser Text ist zu finden in der Anlage 1 zu Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) oder hier:
https://www.gesetze-im-internet.de/bgbeg/art_253anlage_1.html
Allerdings ist die Nutzung dieses Textes für Unternehmen keine Pflicht. Sie können also nach wie vor eigene Texte verwenden.
Verbraucher können auch an der Haustür geschlossene Werkverträge mit Handwerkern widerrufen. Darauf wies das Landgericht Coburg hin. Vor Gericht ging es um einen Auftrag, die Heizung eines Einfamilienhauses von Öl auf Gas umzustellen. Das Unternehmen hatte den Kunden nicht über sein Widerrufsrecht belehrt. Nach Ablauf der 14-tägigen Frist widerrief dieser den Vertrag und bekam vor Gericht Recht. Dass das Unternehmen schon vor Ablauf der Widerrufsfrist mit den Arbeiten begonnen hatte, änderte daran nichts (Urteil vom 9.8.2018, Az. 21 O 175/18).
Wer einen Kauf an der Haustür bereut, kann ihn innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Eine längere Widerrufsfrist ist möglich, wenn die Widerrufsbelehrung des Unternehmens fehlt oder fehlerhaft ist. Prüfen kann dies ein im Zivilrecht tätiger Rechtsanwalt.
Das Wichtigste in Kürze
1. Weit gefasstes Widerrufsrecht: Früher hatten Verbraucher nur bei echten Haustürgeschäften, also Vertragsschlüssen in der eigenen Wohnung ein gesetzliches Widerrufsrecht. Nach aktueller Rechtslage existiert ein Widerrufsrecht, das für sehr viele Situationen gilt.
2. Widerrufsfrist: Die Frist zum Widerruf beträgt grundsätzlich 14 Tage. Diese Widerrufsfrist kann sich durch die Verwendung einer unwirksamen Widerrufsbelehrung auf ein Jahr und 14 Tage verlängern.
3. Rechtsgültiger Widerruf: Ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag kann ohne die Angabe von Gründen widerrufen werden. Der Widerruf muss ausdrücklich mitgeteilt werden, z.B. per E-Mail. Aus Beweisgründen empfiehlt sich ein Einschreiben mit Rückschein.
1. Weit gefasstes Widerrufsrecht: Früher hatten Verbraucher nur bei echten Haustürgeschäften, also Vertragsschlüssen in der eigenen Wohnung ein gesetzliches Widerrufsrecht. Nach aktueller Rechtslage existiert ein Widerrufsrecht, das für sehr viele Situationen gilt.
2. Widerrufsfrist: Die Frist zum Widerruf beträgt grundsätzlich 14 Tage. Diese Widerrufsfrist kann sich durch die Verwendung einer unwirksamen Widerrufsbelehrung auf ein Jahr und 14 Tage verlängern.
3. Rechtsgültiger Widerruf: Ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag kann ohne die Angabe von Gründen widerrufen werden. Der Widerruf muss ausdrücklich mitgeteilt werden, z.B. per E-Mail. Aus Beweisgründen empfiehlt sich ein Einschreiben mit Rückschein.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wie lange kann man den Vertrag widerrufen? Wann ist eine Widerrufsbelehrung unwirksam? Veralteter Text des Bundesjustizministeriums Fehlender Verweis auf die Vorschriften zum Rücktritt vom Vertrag Wann beginnt die Widerrufsfrist zu laufen? Was ist beim Widerruf zu beachten? Wann ist eine Widerrufsbelehrung wasserdicht? Widerrufsrecht gegenüber Handwerkern Praxistipp zum Widerruf von Haustürgeschäften Dieser Begriff wird mittlerweile seltener verwendet. Denn: Das Gesetz zählt zu den Geschäften außerhalb von Geschäftsräumen nicht nur Vertragsabschlüsse an der Haustür, sondern auch in einer anderen Privatwohnung, am Arbeitsplatz, auf der Straße, in öffentlichen Verkehrsmitteln, bei Weinproben, auf Kaffeefahrten oder auf anderen im Interesse des Unternehmers durchgeführten Freizeitveranstaltungen. Sogar ein Vertrag, der bei einer Marketing-Aktion in der Fußgängerzone geschlossen wird, gehört dazu. Für Verbraucher bedeutet das: Bei allen diesen Geschäften ist ein Widerruf möglich. Übrigens: Nicht ohne weiteres widerrufen kann man dauerhafte Verträge über regelmäßige Spenden für Organisationen aller Art.
Wie lange kann man den Vertrag widerrufen?
Verträge, die man auf einer Freizeitveranstaltung (zum Beispiel einer "Kaffeefahrt") oder bei einem Vertreterbesuch zu Hause abgeschlossen hat ("Haustürgeschäfte"), lassen sich in der Regel nur innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Diese Widerrufsfrist beginnt jedoch erst dann zu laufen, wenn dem Kunden eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung ausgehändigt wird. Ordnungsgemäß heißt: Es darf sich nicht um irgendeine Widerrufsbelehrung handeln, die irgendwo kopiert wurde, sondern diese muss nach aktuellen rechtlichen Maßstäben wirksam sein.
War dies nicht der Fall, entstand früher das sogenannte "ewige Widerrufsrecht". Dann konnte der Vertrag auch noch Jahre später widerrufen werden, weil die Widerrufsfrist nie zu laufen begonnen hatte. Dies ist laut aktueller Rechtslage anders. Laut § 356 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches erlischt das Widerrufsrecht spätestens nach zwölf Monaten plus 14 Tagen.
Das bedeutet: Die Widerrufsfrist für ein Haustürgeschäft kann sich durch die Verwendung einer unwirksamen Widerrufsbelehrung auf ein Jahr und 14 Tage verlängern.
Wann ist eine Widerrufsbelehrung unwirksam?
Immer wieder werden von Unternehmen unwirksame Widerrufsbelehrungen benutzt. Die Gründe für die Unwirksamkeit sind unterschiedlich. Nur ein Fachmann kann im konkreten Fall feststellen, ob eine Widerrufsbelehrung tatsächlich rechtswirksam ist. Hier einige Beispiele.
Veralteter Text des Bundesjustizministeriums
Bis Anfang 2008 und zum Teil darüber hinaus nutzten viele Unternehmen bei ihrem Direktvertrieb insbesondere von Verlagsprodukten an Kunden einen Text, den einst das Bundesjustizministerium empfohlen hatte. Diese Widerrufsbelehrung wurde jedoch später als rechtlich unwirksam angesehen. Gerichte entschieden, dass die Verwendung dieser Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist nicht zum Laufen brachte. Daher konnten Kunden dieser Unternehmen auch lange nach Ablauf der 14 Tage noch den Vertrag rückgängig machen und ihr Geld zurückerhalten.
Der damalige Text lautete:
“Der Käufer kann die Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache. Der Widerruf ist zu richten an: ..."
Gegen diese Widerrufsbelehrung gab es zwei Argumente:
Erstens erwecke der Text den Eindruck, dass der Widerruf auch durch Rücksendung der Ware erfolgen könne. Tatsächlich gab aber der betreffende Verlag die Ware immer erst dann heraus, wenn die Widerrufsfrist bereits abgelaufen war.
Zweitens enthalte der Text keinen Hinweis auf die genauen Rechtsfolgen von Widerruf und Rückgabe. Dies schreibe das Gesetz aber bei Haustürgeschäften vor.
Das Landgericht Koblenz betrachtete das zweite Argument als stichhaltig und beschäftigte sich nicht weiter mit dem ersten (Urteil vom 20.12.2006, Az. 12 S 128/06). Der Bundesgerichtshof dagegen sah das erste Argument als überzeugend an und prüfte das zweite nicht mehr. Da der Verlag die Revision zurückzog, musste der BGH nicht entscheiden. Das Urteil des Landgerichts ist rechtskräftig.
Fehlender Verweis auf die Vorschriften zum Rücktritt vom Vertrag
2007 erklärte der Bundesgerichtshof folgende Widerrufsbelehrung bei Haustürgeschäften für unwirksam:
"Sie können Ihre Bestellung innerhalb von zwei Wochen ab Aushändigung dieser Belehrung ohne Begründung in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der bestellten Gegenstände gegenüber ... widerrufen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
Im Falle des Widerrufs müssen Sie die erhaltene Sache zurück- und gezogene Nutzungen herausgeben. Ferner haben Sie Wertersatz zu leisten, soweit die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, Sie den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet haben oder die erhaltene Sache sich verschlechtert hat oder untergegangen ist. Die durch bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung bleibt außer Betracht."
Diese Widerrufsbelehrung war unwirksam, weil in ihr nicht darauf hingewiesen wurde, dass im Falle des Widerrufs die gesetzlichen Vorschriften des Rücktritts anwendbar sind. Diese Vorschriften geben Verbrauchern unter anderem ein Recht auf Zinszahlung gegen das Unternehmen (Urteil vom 12.4.2007, Az. VII ZR 122/06).
Hier konnten Verbraucher nach damaliger Rechtslage noch jahrelang ihre Verträge widerrufen. Dies hat sich heute - wie oben dargelegt - geändert.
Wann beginnt die Widerrufsfrist zu laufen?
Der Beginn der Widerrufsfrist hängt davon ab, worum es bei dem Geschäft geht.
Bei einem Kaufvertrag über Waren beginnt die Frist zu laufen,
- wenn der Verbraucher die Ware erhält,
- bei einheitlicher Bestellung von mehreren Teilen mit Erhalt des letzten Stücks,
- bei mehreren Teilsendungen mit der letzten Teillieferung,
- bei Verträgen über regelmäßige Lieferungen mit Erhalt der ersten Lieferung,
- bei einem Vertrag, der die nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge angebotene Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, die Lieferung von Fernwärme oder die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten zum Gegenstand hat, mit Vertragsschluss.
Aber: In jedem Fall beginnt die Widerrufsfrist erst mit Erhalt einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung zu laufen. Wurde der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen, muss der Verbraucher diese auf Papier oder mit seiner Zustimmung in anderer, dauerhaft abspeicherbarer Form (etwa E-Mail) erhalten.
Was ist beim Widerruf zu beachten?
Verbraucher können nach heutiger Rechtslage einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag widerrufen, ohne Gründe anzugeben. Allerdings müssen sie dem Unternehmen den Widerruf ausdrücklich mitteilen, zum Beispiel per E-Mail. Bei vielen Haustürgeschäften wird aus Beweisgründen oft ein Einschreiben mit Rückschein empfohlen. Hier sind nicht selten Unternehmen tätig, die in einer Grauzone operieren. Früher war eine einfache Rücksendung der Ware ohne Kommentar ausreichend. Heute ist sie dies nicht mehr.
Der Widerruf hat die Folge, dass der Vertrag als nicht geschlossen gilt. Beide Seiten müssen die jeweiligen Leistungen zurückgeben. Die Rücksendekosten für Waren hat der Verbraucher zu tragen, sofern der Händler dies nicht aus Kulanz übernimmt.
Auch nach Ablauf der 14-Tages-Frist können Verbraucher noch Rechte geltend machen: Nämlich dann, wenn die Ware oder Dienstleistung mangelhaft ist. Hier kann ebenfalls ein Rücktritt vom Vertrag möglich sein. Bei Kaufverträgen über Neuware verjähren die Mängelansprüche innerhalb von zwei Jahren. Diese Frist gilt auch für Werkverträge mit Handwerkern. Bei Bauleistungen gelten besondere Regeln.
Wann ist eine Widerrufsbelehrung wasserdicht?
Bei Verwendung der heute aktuellen gesetzlichen Muster-Widerrufsbelehrung ist davon auszugehen, dass diese nicht mehr rechtlich angreifbar ist. Dieser Text ist zu finden in der Anlage 1 zu Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) oder hier:
https://www.gesetze-im-internet.de/bgbeg/art_253anlage_1.html
Allerdings ist die Nutzung dieses Textes für Unternehmen keine Pflicht. Sie können also nach wie vor eigene Texte verwenden.
Widerrufsrecht gegenüber Handwerkern
Verbraucher können auch an der Haustür geschlossene Werkverträge mit Handwerkern widerrufen. Darauf wies das Landgericht Coburg hin. Vor Gericht ging es um einen Auftrag, die Heizung eines Einfamilienhauses von Öl auf Gas umzustellen. Das Unternehmen hatte den Kunden nicht über sein Widerrufsrecht belehrt. Nach Ablauf der 14-tägigen Frist widerrief dieser den Vertrag und bekam vor Gericht Recht. Dass das Unternehmen schon vor Ablauf der Widerrufsfrist mit den Arbeiten begonnen hatte, änderte daran nichts (Urteil vom 9.8.2018, Az. 21 O 175/18).
Praxistipp zum Widerruf von Haustürgeschäften
Wer einen Kauf an der Haustür bereut, kann ihn innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Eine längere Widerrufsfrist ist möglich, wenn die Widerrufsbelehrung des Unternehmens fehlt oder fehlerhaft ist. Prüfen kann dies ein im Zivilrecht tätiger Rechtsanwalt.
(Bu)