Heimarbeit: Keine echte Arbeit?

28.03.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
Heimarbeit,Teilzeit,Befristung,Heimarbeitsvertrag Für Heimarbeit gelten besondere Regeln, denn hier gibt es keinen Arbeitsvertrag. © freepik - freepik

Es gibt viele gesetzliche Regeln, die Arbeitnehmer vor unfairer Behandlung schützen sollen. Dazu gehört auch das Verbot sogenannter Kettenbefristungen. Für Heimarbeiter gelten besondere Maßstäbe.

Als Heimarbeiter bezeichnet man Menschen, deren Erwerbstätigkeit sich zwischen Selbstständigkeit und Angestelltendasein abspielt. Sie arbeiten immer für den gleichen Auftraggeber, oft über sogenannte Zwischenmeister, sind aber keine Angestellten des betreffenden Betriebes. Sie sind nicht in die betriebliche Organisation eingebunden und haben keinen weisungsberechtigten Arbeitgeber. Sie sind sozialversicherungspflichtig und gelten als ähnlich schutzbedürftig wie Arbeitnehmer, da sie von ihrem Auftraggeber wirtschaftlich abhängig sind. Was sie zu leisten haben, richtet sich nach dem Heimarbeitsvertrag. Oft werden sie nach Stückzahl fertiggestellter Waren bezahlt. Meist spielt sich ihre Tätigkeit zu Hause ab. Dies darf man nicht mit einer Tätigkeit im Homeoffice verwechseln, bei der ein normaler Angestellter lediglich seinen Arbeitsplatz nach Hause verlegt.

Welche gesetzlichen Vorschriften regeln die Heimarbeit?


Die Heimarbeit wird im Heimarbeitsgesetz explizit geregelt. Dieses enthält unter anderem Vorschriften zu Entgelten, Arbeitsschutz, Kündigung und unzulässigen Arten von Heimarbeit. In diesem Beitrag geht es um die Befristung von Verträgen. Diese ist in § 14 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes geregelt.

Was gilt für die Befristung von Heimarbeit


Das Bundesarbeitsgericht beschäftigte sich mit dem Fall einer Frau, die für ein Unternehmen auf Basis eines Heimarbeitsvertrages in ihrer Wohnung aus Asien importierte Mode-Accessoires umetikettiert hatte. Sie lieferte die fertige Ware einmal in der Woche ab und erhielt dann neues Material. Diese Tätigkeit führte sie fünf Jahre lang durch. Direkt anschließend schloss sie mit dem gleichen Unternehmen einen auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag ab. Dabei sollte ihre Jobbezeichnung "Junior Team Member Decorations" heißen. Für die Befristung des Arbeitsverhältnisses gab es keinen besonderen Grund. Ihr Arbeitsvertrag wurde nach Ablauf des Jahres nicht verlängert. Nun klagte sie vor dem Arbeitsgericht auf Weiterbeschäftigung. Ihre Begründung: Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befristung hätten nicht vorgelegen.

Wann ist eine Befristung erlaubt?


Eine Befristung von Arbeitsverträgen ist an mehrere Voraussetzungen geknüpft. Diese ergeben sich aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). § 14 dieser Vorschrift besagt, dass eine Befristung nur zulässig ist, wenn sie auf einem sachlichen Grund beruht. Ein solcher Grund kann zum Beispiel sein, dass der Betrieb nur vorübergehend Bedarf an dieser Arbeitsleistung hat oder dass der jeweilige Arbeitnehmer nur zur Vertretung eines anderen eingestellt wird, der zeitweise ausfällt.

Ein Arbeitsvertrag kann jedoch auch ohne sachlichen Grund befristet abgeschlossen werden. Dies nennt man eine kalendermäßige Befristung. Grundsätzlich ist diese bis zur Dauer von zwei Jahren erlaubt. Innerhalb dieser zwei Jahre darf der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag bis zu dreimal verlängern. Eine solche Befristung ist jedoch unzulässig, wenn mit dem gleichen Arbeitgeber zuvor bereits ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob dieses befristet oder unbefristet war. Ein Tarifvertrag kann Abweichendes regeln. In diesem Fall gab es keinen sachlichen Grund für eine Befristung. Eine kalendermäßige Befristung hätte nun daran scheitern können, dass die Frau vorher schon in Heimarbeit für den gleichen Betrieb tätig gewesen war.

Welchen rechtlichen Status haben Heimarbeiter?


Alle mit der Sache befassten Gerichte – sowohl das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht in Köln als auch das Bundesarbeitsgericht – haben die Klage abgewiesen. Aus ihrer Sicht war das Heimarbeitsverhältnis der Frau kein "Normalarbeitsverhältnis" gewesen. Die Heimarbeit beim gleichen Arbeitgeber zählte hier also tatsächlich nicht als echte Arbeit. Damit war die kalendermäßige Befristung tatsächlich zulässig gewesen.

Welchen Status hat die Heimarbeit nach dem Bundesarbeitsgericht?


Natürlich ist Heimarbeit auch als selbstständiges Gewerbe denkbar. In diesem Fall ging es aber um die unselbstständige Heimarbeit für einen einzigen Arbeitgeber, der auch die Arbeitsmittel und Materialien zur Verfügung stellte. Laut Heimarbeitsgesetz kann einem Heimarbeiter oder einer Heimarbeiterin unter Einhaltung einer Kündigungsfrist ohne Begründung gekündigt werden. Es gibt also keinen besonderen Kündigungsschutz nach sechs Monaten Beschäftigung. Das Kündigungsschutzgesetz ist nicht anwendbar. Die Gerichte stellen die Heimarbeit üblicherweise auf eine Stufe mit Freier Mitarbeit, Praktikum, Umschulung oder Ausbildung. All dies sind keine Arbeitsverhältnisse im Sinne des Teilzeit- und Befristungsgesetzes, die eine ihnen nachfolgende Befristung unzulässig machen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht für die Heimarbeit im vorliegenden Fall ausdrücklich bestätigt (BAG, Urteil vom 24.8.2016, Az. 7 AZR 342/14).

Welche Meinung vertritt der Europäische Gerichtshof?


Der Europäische Gerichtshof hat noch kein Urteil dazu gefällt, ob Heimarbeit als normales Arbeitsverhältnis zu betrachten ist. Aber: Er hat schon Praktikanten und Geschäftsführer zu den Arbeitnehmern gezählt (Az. C-229/14). Immerhin sind Heimarbeiter an Betriebsratswahlen zu beteiligen. Vor ihrer Entlassung ist der Betriebsrat (soweit vorhanden) anzuhören. Es gibt also durchaus einige Parallelen zu anderen Arbeitsverhältnissen. Ob der EuGH sich mit dieser Frage einmal befassen wird, bleibt abzuwarten.

Praxistipp


Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist eine Anschlussbefristung bei Heimarbeitern erlaubt. Haben Sie Fragen zur Heimarbeit oder gibt es eine Auseinandersetzung mit einem Arbeitgeber? Dann kann Ihnen ein Fachanwalt für Arbeitsrecht tatkräftig zur Seite stehen.

(Bu)


 Stephan Buch
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