Hochwasser: Für welche Schäden zahlt die Versicherung?
10.06.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Rh - Anwalt-Suchservice Ende Mai / Anfang Juni 2024 kam es in verschiedenen Teilen Deutrschlands zu einer besonders schlimmen Hochwasserlage. Innerhalb von vier Tagen fielen teilweise zwischen 100 und 200 Litern Regen pro Quadratmeter, an einzelnen Orten sogar 300 Liter je Quadratmeter. Der Deutsche Wetterdienst verzeichnete in einigen Teilen Deutschlands Jahrhundertniederschläge. Besonders betroffen waren Bayern und Baden-Württemberg, aber auch Teile von Österreich. Verschiedene Landkreise und kreisfreie Städte riefen den Katastrophenfall aus. Insgesamt gab es mindestens sechs Todesopfer. Nach vorläufigen Schätzungen von Versicherungsunternehmen beträgt der versicherte Schaden etwa zwei Milliarden Euro. Ursache war ein sogenanntes Mittelmeertief mit Gewittern und starkem Dauerregen.
Allgemein spricht man von einem Hochwasser, wenn der Pegelstand eines Gewässers deutlich über dem Mittelmaß liegt. Das Wasserhaushaltsgesetz nennt dies eine zeitlich begrenzte Überschwemmung von Flächen, die sonst trocken sind. Für Betroffene sind diese Definitionen kein Trost: Durch das Hochwasser entstehen ihnen ganz erhebliche Schäden an Häusern und Autos. Von Überschwemmungen betroffen sind oft ganze Orte, oft sogar solche, die in einiger Entfernung von einem Gewässer liegen.
Die KfZ-Haftpflichtversicherung zahlt hier nicht. Sie deckt nur Schäden ab, die der Versicherte mit seinem Auto bei Dritten verursacht. Gerät ein parkendes Auto in eine Überschwemmung, zahlt jedoch die Teilkaskoversicherung. In eine Vollkaskoversicherung ist die Teilkasko mit eingeschlossen. Wichtig: Die meisten Teilkasko-Verträge enthalten eine Selbstbeteiligung des Kunden.
Wurde das Auto nur soweit beschädigt, dass sich aus Sicht der Versicherung eine Reparatur lohnt, zahlt die Versicherung die Reparaturkosten. Häufig sind von Hochwasserschäden betroffene Autos jedoch nicht mehr zu retten, denn Schlamm und Schmutzwasser kommen überall hin. Schnell liegt dann aus Sicht der Versicherung ein wirtschaftlicher Totalschaden vor - ganz besonders bei Fahrzeugen, die kein Neuwagen mehr sind. Die Teilkaskoversicherung zahlt dann in der Regel den Wiederbeschaffungswert. Dieser wird von einem Gutachter festgelegt, der dabei Alter, Laufleistung und Ausstattung des Autos berücksichtigt. Vom Wiederbeschaffungswert werden dann noch die Selbstbeteiligung und der von einem Schrotthändler gebotene Ankaufpreis des Fahrzeugs abgezogen. Das Ergebnis fällt oft nicht zur Zufriedenheit des Versicherten aus.
Bei manchen Versicherern gibt es die Möglichkeit, in besonderen Tarifen auch den Neupreis zu versichern. Dies lohnt sich natürlich meist nur bei hochpreisigeren Neuwagen.
Im Auto liegende Gegenstände sind durch die Teilkasko nicht versichert.
In der Teilkaskoversicherung ändert sich durch den Schaden nichts.
Bei grober Fahrlässigkeit kann die Teilkaskoversicherung ihre Leistungen in Abhängigkeit von Ihrem Verschulden reduzieren. Ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt, hängt vom Einzelfall ab. Faustregel: Man verhält sich grob fahrlässig, wenn man die gebotene Sorgfalt in besonders schwerem Maße außer Acht lässt. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn offensichtlich war, dass das betreffende Gebiet demnächst überschwemmt wird, wenn es sich zum Beispiel um eine bekannte Überschwemmungszone gehandelt hat oder wenn es behördliche Warnungen für dieses Gebiet gab.
Manche Versicherungen verzichten in ihren Verträgen auf den "Einwand der groben Fahrlässigkeit". Hier lohnt sich ein Blick in den Vertrag.
Kommt die Versicherung zu dem Ergebnis, dass Sie Ihr Fahrzeug mit Absicht in der Gefahrenzone geparkt haben, erhalten Sie gar nichts. Schäden durch Vorsatz sind nicht versichert.
In diesem Fall ist der Schaden nicht durch das Wetter, sondern beim Betrieb des Fahrzeugs entstanden. Damit zahlt grundsätzlich nur noch die Vollkaskoversicherung und nicht die Teilkasko.
Allerdings schränkt auch die Vollkaskoversicherung in solchen Fällen zum Teil ihre Zahlung ein. Ein grob fahrlässiges Verhalten des Fahrers ist nämlich relativ wahrscheinlich. Autofahrer haben ihre Fahrweise laut StVO dem Wetter anzupassen. Wer sehenden Auges in eine Überschwemmung fährt, kann sich meist nicht darauf berufen, dass dies für ihn völlig überraschend kam.
Manche Gerichte sehen dies jedoch anders. So gestand das Landgericht Bochum einem Autofahrer, der in eine erkennbar überschwemmte Fläche gefahren war, den Schutz der Teilkasko zu. Nach Ansicht des Gerichts war es unerheblich, dass der Fahrer ins Wasser hineingefahren war: Überschwemmungsschäden seien versichert und der Schaden sei durch die Überschwemmung verursacht worden. Nicht versichert seien allerdings Schäden infolge von Ausweichmanövern. Da dies hier nicht der Fall war, musste die Teilkaskoversicherung den vierstelligen Schaden an der Fahrzeugelektrik bezahlen (LG Bochum, Urteil vom 21.4.2015, Az. 9 S 204/14).
Viele Hauseigentümer sind zwar der Meinung, gegen Hochwasserschäden versichert zu sein – in Wahrheit sind sie es aber gar nicht. Tatsächlich sind nur etwa 40 Prozent der deutschen Haushalte gegen Hochwasser versichert. Der Grund: Eine herkömmliche Wohngebäudeversicherung deckt Hochwasserschäden in der Regel nicht ab. Dafür muss man eine sogenannte Elementarschadenversicherung abschließen, die es als Zusatzbaustein zur Wohngebäudeversicherung oder als eigene Versicherung gibt.
Elementarschäden sind zum Beispiel Hochwasserschäden, Schäden durch Schneedruck, Erdrutsch oder Starkregen. Eine Elementarschadenversicherung erstattet Schäden am Haus selbst und an allen Teilen, die fest damit verbunden sind. Abschließen muss sie der Hauseigentümer.
Wenn bei Hochwasser oder Überschwemmung Möbel, Elektrogeräte oder anderes Inventar in Mitleidenschaft gezogen werden, sind diese Schäden nur durch eine Hausratsversicherung des jeweiligen Bewohners abgedeckt. Mieter müssen eine solche Versicherung, wenn gewünscht, selbst abschließen. Auch beim Abschluss einer Hausratsversicherung sollte man sich vergewissern, dass Elementarschäden eingeschlossen sind. Für diese wird in letzter Zeit in den Geschäftsbedingungen der Versicherungsbranche immer häufiger der Begriff "Naturgefahren" genutzt.
Auch wenn ein Versicherungsvertrag Elementarschäden abdeckt, sind damit nicht immer die gleichen Gefahren gemeint. So kann eine Überschwemmung ganz unterschiedlich definiert sein. Man kann darunter das Über-die-Ufer-Treten eines Flusses verstehen, an die Oberfläche drängendes Grundwasser oder auch oberirdische Wassermassen, die sich fern von einem Fluss nach einem Starkregen sammeln.
Daher sollten sich Hauseigentümer die Versicherungsbedingungen genau daraufhin durchlesen, was tatsächlich versichert ist. Unbedingt eingeschlossen sein sollte ein sogenannter Rückstau. So nennt man es, wenn Abwasser durch die Abflussrohre ins Haus zurückgedrückt wird und dann aus Kanaldeckeln, Abflüssen und Toiletten herauskommt. Hier unterscheiden sich die Versicherungsbedingungen oft je nach Anbieter: Manche Versicherer machen es zur Pflicht des Versicherungsnehmers, zur sogenannten Obliegenheit, einem solchen Rückstau durch Rückstauventile oder -klappen vorzubeugen.
Weitere Unterschiede gibt es bei der Selbstbeteiligung. Diese kann bei einer Elementarschadenversicherung durchaus vierstellig sein. Manche Versicherungsgesellschaften bieten einen Versicherungsschutz gegen Hochwasserschäden überhaupt erst nach Ablauf einer bestimmten Wartefrist an. Dadurch wollen sie verhindern, dass Immobilieneigentümer in hochwassergefährdeten Gebieten erst dann eine Versicherung abschließen, wenn die Flutwelle schon vor der Tür steht und das THW die Sandsäcke stapelt.
Eigentlich hört sich diese Frage nach einer Selbstverständlichkeit an. Aber: Was passiert, wenn zwar eine "Überschwemmung von Grund und Boden" versichert ist, das Grundstück selbst aber trocken bleibt und nur der Keller mit Wasser voll läuft? Laut Oberlandesgericht Köln ist dann der Schaden nicht versichert. Schließlich wird das Grundstück ja nicht überflutet, und eine Überflutung von Grund und Boden erfordert dem Gericht zufolge unbedingt eine erhebliche Ansammlung von Wasser auf dem oberirdischen Grundstück (OLG Köln, Urteil vom 9.4.2013, Az. 9 U 198/12).
Die Wahrscheinlichkeit staatlicher Hilfe nach einer Überschwemmungskatastrophe hat sich in den letzten Jahren eher verringert. So hat eine Länderkonferenz der Bundesländer im Juni 2017 beschlossen, dass Hochwassergeschädigte künftig nur noch staatliche Hilfen erhalten, wenn sie sich zuvor rechtzeitig vergeblich um einen Versicherungsvertrag bemüht haben oder sich nachweislich keine Versicherung leisten konnten. Die Umsetzung des Beschlusses handhaben die Bundesländer unterschiedlich.
Der Freistaat Bayern gibt seit Juli 2019 Opfern von Naturkatastrophen generell keine Soforthilfen mehr, wenn der Schaden versicherbar war. Ausnahme sind Härtefälle. Weitere Bundesländer, wie Sachsen und Nordrhein-Westfalen, zahlen Soforthilfe nur noch in Ausnahmen und unter strengen Auflagen.
Anders Niedersachsen: Hier wurde nach dem Hochwasser von 2017 ein neues Hilfsprogramm für Privathaushalte verabschiedet. Sowohl Mieter als auch Eigentümer wurden bei der Instandsetzung von Wohngebäuden und der Erneuerung von Hausrat unterstützt. Es gab auch Unterstützung für den Wiederaufbau von hochwasserbedingt zerstörten Brücken, die als Zuweg für Wohnhäuser benötigt werden. Hochwasseropfer konnten bis zu 80 Prozent des Schadens vom Land ersetzt bekommen – Versicherungen waren jedoch zuerst in Anspruch zu nehmen. Ob dies auch in Zukunft so gehandhabt wird, ist nicht gesagt. 2017 wurde es zur Voraussetzung für Hilfen vom Land Niedersachsen, dass Betroffene sich zumindest für die Zukunft selbst gegen Elementarschäden versichern.
Für die erheblichen Überschwemmungen von 2021 wurde ein Programm "Aufbauhilfe 2021" beschlossen. Die Bundesregierung beteiligte sich mit 400 Millionen Euro und auch die Länder machten Gelder locker. Zum Teil gab es wieder Soforthilfen. Die Antragsverfahren unterschieden sich je nach Bundesland.
Im Jahr 2024 sollten sich Hochwassergeschädigte informieren, wie die aktuelle Lage in ihrem Bundesland aussieht. Hilfsprogramme werden zum Teil nach besonders schlimmen Flutereignissen erst geschaffen.
Auch für das Hochwasser vom Mai 2024 gibt es finanzielle Hilfen für Geschädigte. Diese sind in der Regel bei den Landkreisen bzw. Gemeinden zu beantragen. So wird zum Beispiel in Bayern Privathaushalten für Schäden an Haushaltsgegenständen eine Soforthilfe von bis zu 5.000 Euro gezahlt. Wenn der Schaden versicherbar gewesen wäre, verringert sich die Summe auf die Hälfte. Bei Ölschäden an Gebäuden gibt es eine Soforthilfe von bis zu 10.000 Euro je Wohngebäude. Auch hier wird ein Abschlag um die Hälfte vorgenommen, wenn der Schaden versicherbar gewesen wäre. In Baden-Württemberg bekommen Haushalte voraussichtlich bis zu 2.500 Euro als Soforthilfe. Im Saarland können von der Überschwemmung vom 17. Mai 2024 betroffene Haushalte bis zu 3.000 Euro Soforthilfe erhalten.
Geschädigte mit Versicherung solten beachten, dass die Summe aus Versicherungsleistungen und staatlicher Hilfe nicht die Höhe des tatsächlich entstandenen Schadens übersteigen darf. Eine Barauszahlung der Hilfen erfolgt nur im äußersten Notfall.
In manchen Fällen müssen aber der Staat oder ein Bundesland auch für Schäden durch Hochwasser und Überschwemmungen haften, weil sie Pflichten verletzt haben. Dies kann zum Beispiel bei unsachgemäßer Ausführung von Entwässerungskanälen der Fall sein.
Beispielsweise musste das Land Nordrhein-Westfalen aufgrund der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht für zwei durch ein Hochwasser beschädigte Pkw haften. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm. Geklagt hatte der Eigentümer eines nahe der BAB 46 gelegenen Hausgrundstücks. In der Nähe des Grundstücks verlief ein Wassertunnel unter der Autobahn, der in einen offenen Ableitungsgraben mündete. Durch diesen floss ein Bach. Wegen der nachträglichen Anlage des Baugebiets machte der Graben in der Nähe des Grundstücks zwei Krümmungen von ca. 90 Grad. Im August 2007 regnete es in einer Stärke, die seltener als alle 100 Jahre vorkommt. Das Grundstück wurde durch das Wasser des Ableitungsgrabens überschwemmt. Zwei Pkw des Klägers liefen mit schlammigem Wasser voll und waren nicht mehr zu retten. Der Eigentümer verlangte vom Land Ersatz der Schäden von ca. 7.100 Euro, da der Abwassergraben zu klein sei.
Das OLG Hamm bestätigte seinen Schadensersatzanspruch. Der Schaden sei durch eine vom Land zu vertretene Verkehrssicherungspflichtverletzung verursacht worden.
Für die Bundesautobahn 46 sei das Land verkehrssicherungspflichtig. Diese Pflicht erstrecke sich auch die Entwässerungsanlagen. Der Graben habe den Anforderungen nicht entsprochen. Er hätte laut Sachverständigen statt 0,4 m eine Tiefe von 1,15 m haben müssen, um die zu erwartenden Wassermengen aufzunehmen.
Das Land könne sich daher nicht auf einen "Jahrhundertregen" berufen, gegen den es keinen zumutbaren Schutz gebe. Hier hätten die zumutbaren Schutzmaßnahmen den Schaden verhindert (OLG Hamm, Urteil vom 13.3.2013, Az. 11 U 198/10).
Falls es bei Ihnen zu einem Hochwasserschaden gekommen ist, denken Sie daran: Sie haben auch als Versicherter eine Schadensminderungspflicht. Wenn Sie also irgendetwas tun können, um den Schaden so gering wie möglich zu halten, sollten Sie diese Möglichkeit wahrnehmen.
Wichtig ist es, Schäden etwa durch Fotos gut zu dokumentieren. Zerstörte Wertgegenstände und Möbel sollten nicht gleich entsorgt werden - womöglich möchte die Versicherung den Schaden noch sichten. Dieser sollte außerdem so schnell wie möglich gemeldet werden. Versäumen Sie die im Versicherungsvertrag genannte kurze Frist, bekommen Sie nichts ersetzt.
Kommt es zum Streit mit der Versicherung, ist ein Fachanwalt für Versicherungsrecht der beste Ansprechpartner.
Das Wichtigste in Kürze
1. Hochwasser erfasst parkendes Auto: Stellt das Parken in einem konkret von Hochwasser gefährdeten Bereich eine grobe Fahrlässigkeit dar, kann die für solche Schäden einschlägige Teilkaskoversicherung ihre Leistungen in Abhängigkeit vom Verschulden reduzieren.
2. Auto fährt ins Hochwasser: In diesem Fall ist der Schaden nicht wetterbedingt, sondern beim Betrieb des Fahrzeugs entstanden. Deshalb zahlt nicht die Teilkasko-, sondern nur die Vollkaskoversicherung, sofern vorhanden.
3. Hochwasserschaden am Haus: Eine Wohngebäudeversicherung deckt Hochwasserschäden nicht ohne Weiteres ab. Dafür muss zusätzlich eine sogenannte Elementarschadenversicherung abgeschlossen werden.
1. Hochwasser erfasst parkendes Auto: Stellt das Parken in einem konkret von Hochwasser gefährdeten Bereich eine grobe Fahrlässigkeit dar, kann die für solche Schäden einschlägige Teilkaskoversicherung ihre Leistungen in Abhängigkeit vom Verschulden reduzieren.
2. Auto fährt ins Hochwasser: In diesem Fall ist der Schaden nicht wetterbedingt, sondern beim Betrieb des Fahrzeugs entstanden. Deshalb zahlt nicht die Teilkasko-, sondern nur die Vollkaskoversicherung, sofern vorhanden.
3. Hochwasserschaden am Haus: Eine Wohngebäudeversicherung deckt Hochwasserschäden nicht ohne Weiteres ab. Dafür muss zusätzlich eine sogenannte Elementarschadenversicherung abgeschlossen werden.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Welche Versicherung zahlt für Hochwasserschäden am Auto? Was ändert der Hochwasserschaden am Schadensfreiheitsrabatt? Was gilt, wenn ich mein Auto versehentlich in einer Gefahrenzone geparkt habe? Was gilt, wenn ich in eine Überschwemmung hineingefahren bin? Welche Versicherung zahlt bei Hochwasserschäden am Haus? Wie unterscheiden sich die verschiedenen Versicherungstarife? Was ist eine Überschwemmung von Grund und Boden? Wann gibt es bei Hochwasser Hilfe vom Staat? Update vom 10.6.2024: Hochwasserhilfen 2024 Wann haftet der Staat für Hochwasserschäden? Praxistipp zu Hochwasserschäden Allgemein spricht man von einem Hochwasser, wenn der Pegelstand eines Gewässers deutlich über dem Mittelmaß liegt. Das Wasserhaushaltsgesetz nennt dies eine zeitlich begrenzte Überschwemmung von Flächen, die sonst trocken sind. Für Betroffene sind diese Definitionen kein Trost: Durch das Hochwasser entstehen ihnen ganz erhebliche Schäden an Häusern und Autos. Von Überschwemmungen betroffen sind oft ganze Orte, oft sogar solche, die in einiger Entfernung von einem Gewässer liegen.
Welche Versicherung zahlt für Hochwasserschäden am Auto?
Die KfZ-Haftpflichtversicherung zahlt hier nicht. Sie deckt nur Schäden ab, die der Versicherte mit seinem Auto bei Dritten verursacht. Gerät ein parkendes Auto in eine Überschwemmung, zahlt jedoch die Teilkaskoversicherung. In eine Vollkaskoversicherung ist die Teilkasko mit eingeschlossen. Wichtig: Die meisten Teilkasko-Verträge enthalten eine Selbstbeteiligung des Kunden.
Wurde das Auto nur soweit beschädigt, dass sich aus Sicht der Versicherung eine Reparatur lohnt, zahlt die Versicherung die Reparaturkosten. Häufig sind von Hochwasserschäden betroffene Autos jedoch nicht mehr zu retten, denn Schlamm und Schmutzwasser kommen überall hin. Schnell liegt dann aus Sicht der Versicherung ein wirtschaftlicher Totalschaden vor - ganz besonders bei Fahrzeugen, die kein Neuwagen mehr sind. Die Teilkaskoversicherung zahlt dann in der Regel den Wiederbeschaffungswert. Dieser wird von einem Gutachter festgelegt, der dabei Alter, Laufleistung und Ausstattung des Autos berücksichtigt. Vom Wiederbeschaffungswert werden dann noch die Selbstbeteiligung und der von einem Schrotthändler gebotene Ankaufpreis des Fahrzeugs abgezogen. Das Ergebnis fällt oft nicht zur Zufriedenheit des Versicherten aus.
Bei manchen Versicherern gibt es die Möglichkeit, in besonderen Tarifen auch den Neupreis zu versichern. Dies lohnt sich natürlich meist nur bei hochpreisigeren Neuwagen.
Im Auto liegende Gegenstände sind durch die Teilkasko nicht versichert.
Was ändert der Hochwasserschaden am Schadensfreiheitsrabatt?
In der Teilkaskoversicherung ändert sich durch den Schaden nichts.
Was gilt, wenn ich mein Auto versehentlich in einer Gefahrenzone geparkt habe?
Bei grober Fahrlässigkeit kann die Teilkaskoversicherung ihre Leistungen in Abhängigkeit von Ihrem Verschulden reduzieren. Ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt, hängt vom Einzelfall ab. Faustregel: Man verhält sich grob fahrlässig, wenn man die gebotene Sorgfalt in besonders schwerem Maße außer Acht lässt. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn offensichtlich war, dass das betreffende Gebiet demnächst überschwemmt wird, wenn es sich zum Beispiel um eine bekannte Überschwemmungszone gehandelt hat oder wenn es behördliche Warnungen für dieses Gebiet gab.
Manche Versicherungen verzichten in ihren Verträgen auf den "Einwand der groben Fahrlässigkeit". Hier lohnt sich ein Blick in den Vertrag.
Kommt die Versicherung zu dem Ergebnis, dass Sie Ihr Fahrzeug mit Absicht in der Gefahrenzone geparkt haben, erhalten Sie gar nichts. Schäden durch Vorsatz sind nicht versichert.
Was gilt, wenn ich in eine Überschwemmung hineingefahren bin?
In diesem Fall ist der Schaden nicht durch das Wetter, sondern beim Betrieb des Fahrzeugs entstanden. Damit zahlt grundsätzlich nur noch die Vollkaskoversicherung und nicht die Teilkasko.
Allerdings schränkt auch die Vollkaskoversicherung in solchen Fällen zum Teil ihre Zahlung ein. Ein grob fahrlässiges Verhalten des Fahrers ist nämlich relativ wahrscheinlich. Autofahrer haben ihre Fahrweise laut StVO dem Wetter anzupassen. Wer sehenden Auges in eine Überschwemmung fährt, kann sich meist nicht darauf berufen, dass dies für ihn völlig überraschend kam.
Manche Gerichte sehen dies jedoch anders. So gestand das Landgericht Bochum einem Autofahrer, der in eine erkennbar überschwemmte Fläche gefahren war, den Schutz der Teilkasko zu. Nach Ansicht des Gerichts war es unerheblich, dass der Fahrer ins Wasser hineingefahren war: Überschwemmungsschäden seien versichert und der Schaden sei durch die Überschwemmung verursacht worden. Nicht versichert seien allerdings Schäden infolge von Ausweichmanövern. Da dies hier nicht der Fall war, musste die Teilkaskoversicherung den vierstelligen Schaden an der Fahrzeugelektrik bezahlen (LG Bochum, Urteil vom 21.4.2015, Az. 9 S 204/14).
Welche Versicherung zahlt bei Hochwasserschäden am Haus?
Viele Hauseigentümer sind zwar der Meinung, gegen Hochwasserschäden versichert zu sein – in Wahrheit sind sie es aber gar nicht. Tatsächlich sind nur etwa 40 Prozent der deutschen Haushalte gegen Hochwasser versichert. Der Grund: Eine herkömmliche Wohngebäudeversicherung deckt Hochwasserschäden in der Regel nicht ab. Dafür muss man eine sogenannte Elementarschadenversicherung abschließen, die es als Zusatzbaustein zur Wohngebäudeversicherung oder als eigene Versicherung gibt.
Elementarschäden sind zum Beispiel Hochwasserschäden, Schäden durch Schneedruck, Erdrutsch oder Starkregen. Eine Elementarschadenversicherung erstattet Schäden am Haus selbst und an allen Teilen, die fest damit verbunden sind. Abschließen muss sie der Hauseigentümer.
Wenn bei Hochwasser oder Überschwemmung Möbel, Elektrogeräte oder anderes Inventar in Mitleidenschaft gezogen werden, sind diese Schäden nur durch eine Hausratsversicherung des jeweiligen Bewohners abgedeckt. Mieter müssen eine solche Versicherung, wenn gewünscht, selbst abschließen. Auch beim Abschluss einer Hausratsversicherung sollte man sich vergewissern, dass Elementarschäden eingeschlossen sind. Für diese wird in letzter Zeit in den Geschäftsbedingungen der Versicherungsbranche immer häufiger der Begriff "Naturgefahren" genutzt.
Wie unterscheiden sich die verschiedenen Versicherungstarife?
Auch wenn ein Versicherungsvertrag Elementarschäden abdeckt, sind damit nicht immer die gleichen Gefahren gemeint. So kann eine Überschwemmung ganz unterschiedlich definiert sein. Man kann darunter das Über-die-Ufer-Treten eines Flusses verstehen, an die Oberfläche drängendes Grundwasser oder auch oberirdische Wassermassen, die sich fern von einem Fluss nach einem Starkregen sammeln.
Daher sollten sich Hauseigentümer die Versicherungsbedingungen genau daraufhin durchlesen, was tatsächlich versichert ist. Unbedingt eingeschlossen sein sollte ein sogenannter Rückstau. So nennt man es, wenn Abwasser durch die Abflussrohre ins Haus zurückgedrückt wird und dann aus Kanaldeckeln, Abflüssen und Toiletten herauskommt. Hier unterscheiden sich die Versicherungsbedingungen oft je nach Anbieter: Manche Versicherer machen es zur Pflicht des Versicherungsnehmers, zur sogenannten Obliegenheit, einem solchen Rückstau durch Rückstauventile oder -klappen vorzubeugen.
Weitere Unterschiede gibt es bei der Selbstbeteiligung. Diese kann bei einer Elementarschadenversicherung durchaus vierstellig sein. Manche Versicherungsgesellschaften bieten einen Versicherungsschutz gegen Hochwasserschäden überhaupt erst nach Ablauf einer bestimmten Wartefrist an. Dadurch wollen sie verhindern, dass Immobilieneigentümer in hochwassergefährdeten Gebieten erst dann eine Versicherung abschließen, wenn die Flutwelle schon vor der Tür steht und das THW die Sandsäcke stapelt.
Was ist eine Überschwemmung von Grund und Boden?
Eigentlich hört sich diese Frage nach einer Selbstverständlichkeit an. Aber: Was passiert, wenn zwar eine "Überschwemmung von Grund und Boden" versichert ist, das Grundstück selbst aber trocken bleibt und nur der Keller mit Wasser voll läuft? Laut Oberlandesgericht Köln ist dann der Schaden nicht versichert. Schließlich wird das Grundstück ja nicht überflutet, und eine Überflutung von Grund und Boden erfordert dem Gericht zufolge unbedingt eine erhebliche Ansammlung von Wasser auf dem oberirdischen Grundstück (OLG Köln, Urteil vom 9.4.2013, Az. 9 U 198/12).
Wann gibt es bei Hochwasser Hilfe vom Staat?
Die Wahrscheinlichkeit staatlicher Hilfe nach einer Überschwemmungskatastrophe hat sich in den letzten Jahren eher verringert. So hat eine Länderkonferenz der Bundesländer im Juni 2017 beschlossen, dass Hochwassergeschädigte künftig nur noch staatliche Hilfen erhalten, wenn sie sich zuvor rechtzeitig vergeblich um einen Versicherungsvertrag bemüht haben oder sich nachweislich keine Versicherung leisten konnten. Die Umsetzung des Beschlusses handhaben die Bundesländer unterschiedlich.
Der Freistaat Bayern gibt seit Juli 2019 Opfern von Naturkatastrophen generell keine Soforthilfen mehr, wenn der Schaden versicherbar war. Ausnahme sind Härtefälle. Weitere Bundesländer, wie Sachsen und Nordrhein-Westfalen, zahlen Soforthilfe nur noch in Ausnahmen und unter strengen Auflagen.
Anders Niedersachsen: Hier wurde nach dem Hochwasser von 2017 ein neues Hilfsprogramm für Privathaushalte verabschiedet. Sowohl Mieter als auch Eigentümer wurden bei der Instandsetzung von Wohngebäuden und der Erneuerung von Hausrat unterstützt. Es gab auch Unterstützung für den Wiederaufbau von hochwasserbedingt zerstörten Brücken, die als Zuweg für Wohnhäuser benötigt werden. Hochwasseropfer konnten bis zu 80 Prozent des Schadens vom Land ersetzt bekommen – Versicherungen waren jedoch zuerst in Anspruch zu nehmen. Ob dies auch in Zukunft so gehandhabt wird, ist nicht gesagt. 2017 wurde es zur Voraussetzung für Hilfen vom Land Niedersachsen, dass Betroffene sich zumindest für die Zukunft selbst gegen Elementarschäden versichern.
Für die erheblichen Überschwemmungen von 2021 wurde ein Programm "Aufbauhilfe 2021" beschlossen. Die Bundesregierung beteiligte sich mit 400 Millionen Euro und auch die Länder machten Gelder locker. Zum Teil gab es wieder Soforthilfen. Die Antragsverfahren unterschieden sich je nach Bundesland.
Im Jahr 2024 sollten sich Hochwassergeschädigte informieren, wie die aktuelle Lage in ihrem Bundesland aussieht. Hilfsprogramme werden zum Teil nach besonders schlimmen Flutereignissen erst geschaffen.
Update vom 10.6.2024: Hochwasserhilfen 2024
Auch für das Hochwasser vom Mai 2024 gibt es finanzielle Hilfen für Geschädigte. Diese sind in der Regel bei den Landkreisen bzw. Gemeinden zu beantragen. So wird zum Beispiel in Bayern Privathaushalten für Schäden an Haushaltsgegenständen eine Soforthilfe von bis zu 5.000 Euro gezahlt. Wenn der Schaden versicherbar gewesen wäre, verringert sich die Summe auf die Hälfte. Bei Ölschäden an Gebäuden gibt es eine Soforthilfe von bis zu 10.000 Euro je Wohngebäude. Auch hier wird ein Abschlag um die Hälfte vorgenommen, wenn der Schaden versicherbar gewesen wäre. In Baden-Württemberg bekommen Haushalte voraussichtlich bis zu 2.500 Euro als Soforthilfe. Im Saarland können von der Überschwemmung vom 17. Mai 2024 betroffene Haushalte bis zu 3.000 Euro Soforthilfe erhalten.
Geschädigte mit Versicherung solten beachten, dass die Summe aus Versicherungsleistungen und staatlicher Hilfe nicht die Höhe des tatsächlich entstandenen Schadens übersteigen darf. Eine Barauszahlung der Hilfen erfolgt nur im äußersten Notfall.
Wann haftet der Staat für Hochwasserschäden?
In manchen Fällen müssen aber der Staat oder ein Bundesland auch für Schäden durch Hochwasser und Überschwemmungen haften, weil sie Pflichten verletzt haben. Dies kann zum Beispiel bei unsachgemäßer Ausführung von Entwässerungskanälen der Fall sein.
Beispielsweise musste das Land Nordrhein-Westfalen aufgrund der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht für zwei durch ein Hochwasser beschädigte Pkw haften. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm. Geklagt hatte der Eigentümer eines nahe der BAB 46 gelegenen Hausgrundstücks. In der Nähe des Grundstücks verlief ein Wassertunnel unter der Autobahn, der in einen offenen Ableitungsgraben mündete. Durch diesen floss ein Bach. Wegen der nachträglichen Anlage des Baugebiets machte der Graben in der Nähe des Grundstücks zwei Krümmungen von ca. 90 Grad. Im August 2007 regnete es in einer Stärke, die seltener als alle 100 Jahre vorkommt. Das Grundstück wurde durch das Wasser des Ableitungsgrabens überschwemmt. Zwei Pkw des Klägers liefen mit schlammigem Wasser voll und waren nicht mehr zu retten. Der Eigentümer verlangte vom Land Ersatz der Schäden von ca. 7.100 Euro, da der Abwassergraben zu klein sei.
Das OLG Hamm bestätigte seinen Schadensersatzanspruch. Der Schaden sei durch eine vom Land zu vertretene Verkehrssicherungspflichtverletzung verursacht worden.
Für die Bundesautobahn 46 sei das Land verkehrssicherungspflichtig. Diese Pflicht erstrecke sich auch die Entwässerungsanlagen. Der Graben habe den Anforderungen nicht entsprochen. Er hätte laut Sachverständigen statt 0,4 m eine Tiefe von 1,15 m haben müssen, um die zu erwartenden Wassermengen aufzunehmen.
Das Land könne sich daher nicht auf einen "Jahrhundertregen" berufen, gegen den es keinen zumutbaren Schutz gebe. Hier hätten die zumutbaren Schutzmaßnahmen den Schaden verhindert (OLG Hamm, Urteil vom 13.3.2013, Az. 11 U 198/10).
Praxistipp zu Hochwasserschäden
Falls es bei Ihnen zu einem Hochwasserschaden gekommen ist, denken Sie daran: Sie haben auch als Versicherter eine Schadensminderungspflicht. Wenn Sie also irgendetwas tun können, um den Schaden so gering wie möglich zu halten, sollten Sie diese Möglichkeit wahrnehmen.
Wichtig ist es, Schäden etwa durch Fotos gut zu dokumentieren. Zerstörte Wertgegenstände und Möbel sollten nicht gleich entsorgt werden - womöglich möchte die Versicherung den Schaden noch sichten. Dieser sollte außerdem so schnell wie möglich gemeldet werden. Versäumen Sie die im Versicherungsvertrag genannte kurze Frist, bekommen Sie nichts ersetzt.
Kommt es zum Streit mit der Versicherung, ist ein Fachanwalt für Versicherungsrecht der beste Ansprechpartner.
(Bu)