Im Supermarkt: Ist Tricksen an der Selbstbedienungskasse strafbar?
17.03.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Bu - Anwalt-Suchservice Eine Selbstbedienungskasse erlaubt es Kunden im Supermarkt, ihre Ware selbst einzuscannen. Dann kann zum Beispiel mit Karte bezahlt werden. Zuerst wurden Selbstbedienungsklassen in Baumärkten eingesetzt, dann auch im Supermarkt. Meist steht ein Marktmitarbeiter in der Nähe, um die Kunden beim Bezahlen im Blick zu behalten. Dieser kann jedoch nicht alle Kassen gleichzeitig beaufsichtigen. Mancher Kunde könnte nun auf die Idee kommen, nicht alle Artikel tatsächlich zu scannen - oder billigere Artikel statt der teuren einzuscannen. In einigen anderen Ländern hat sich die Trickserei an Selbstbedienungskassen erheblich verbreitet. So schätzte eine Studie aus Australien den Schaden für das Jahr 2016 dort auf 5,8 Milliarden Euro. Kunden fühlen sich dabei oft nicht als Straftäter, sondern nur als Menschen, die ein System ausgetrickst haben. Beliebt, aber meist sinnlos ist die Ausrede, dass die Kasse nicht funktioniert habe. Hier stellt sich die Frage, inwieweit Kunden sich strafbar machen können.
Ein Kunde hatte an einer Supermarktkasse die Zeitschriften "Playboy" und "Stern" erworben. Der "Playboy" sollte 5 Euro, der "Stern" 3,40 Euro kosten. Das war dem Kunden jedoch zu teuer. Er riss am Zeitungsständer eine Ecke der Tageszeitung "WAZ" ab, auf der sich deren Strichcode für den Preis befand - und scannte diesen ein. So zahlte er für die beiden Zeitschriften nur jeweils 1,20 Euro. Allerdings wurde er vom aufmerksamen Personal dabei erwischt.
Das Oberlandesgericht Hamm sah in seinem Verhalten eine Straftat. Es prüfte, ob hier ein Diebstahl oder ein Betrug vorlag. Um einen Diebstahl handelt es sich, wenn jemand fremde Sachen wegnimmt, um sich diese rechtswidrig zuzueignen. Bei einem Betrug ist eine Täuschungshandlung erforderlich: Der Täter schädigt das Vermögen eines anderen in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, indem er falsche Tatsachen vorspiegelt oder wahre Tatsachen entstellt oder unterdrückt und so für einen Irrtum sorgt. Wird kein Mensch direkt getäuscht, sondern die Datenverarbeitung eines Computers manipuliert, kommt ein Computerbetrug nach § 263a Strafgesetzbuch in Frage.
Es soll auch schon Fälle gegeben haben, in denen Kunden den Barcode einer Packung Instantnudeln auf eine Kaffeemaschine geklebt oder eine Kartoffel statt einer Avocado abgewogen haben.
Auf einen Diebstahl stehen laut § 242 StGB bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe. Auch ein Betrug wird mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe geahndet. Allerdings kann ein schwerer Betrug auch mit sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsentzug bestraft werden - zum Beispiel, wenn dieser von einer Bande begangen oder ein besonders großer Schaden hervorgerufen wird. Bei einem Computerbetrug sind es ebenfalls bis zu fünf Jahre oder eine Geldstrafe. Allerdings ist hier auch die Vorbereitung der Tat strafbar, etwa durch die Beschaffung, Herstellung oder Aufbewahrung von dazu erforderlicher Software oder die Beschaffung oder den Verkauf von Passwörtern und Sicherheitscodes. Hier ist mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe zu rechnen.
Zunächst kam der Fall vor das Landgericht Essen. Dieses sah das Tricksen an der Selbstbedienungskasse als einen strafbaren Computerbetrug an und verurteilte den Mann zu einer Geldstrafe von 100 Euro. In der nächsten Instanz kam der Fall vor das Oberlandesgericht Hamm. Dieses war anderer Ansicht: Hier handele es sich um einen einfachen Diebstahl. Der Grund: Dem Mann seien die Zeitschriften nie übereignet worden, da er nicht den richtigen Strichcode eingescannt habe. Der Vermögensschaden beim Supermarkt sei nicht durch die Täuschung der Selbstbedienungskasse eingetreten, sondern erst durch die Mitnahme der Zeitschriften, ohne diese zu bezahlen. Für den Angeklagten seien sie zu diesem Zeitpunkt noch Sachen gewesen, die ihm nicht gehörten. Der Geschäftsinhaber sei nicht mit der Mitnahme der Zeitschriften einverstanden gewesen. Daher handle es sich hier schlicht um Diebstahl (OLG Hamm, 8.8.2013, Az. III 5 RVs 56/13).
Hier ging es nun allerdings lediglich um Waren im Wert von 8,40 Euro. Aber: Auch der Diebstahl geringwertiger Sachen ist strafbar. Dies hält § 248a StGB extra fest. Als geringwertig gelten Sachen mit einem Wert unter 50 Euro. Die Strafandrohung ist hier nicht anders als beim normalen Diebstahl, allerdings wird die Höhe des Schadens natürlich bei der Höhe der Strafe berücksichtigt. Der Unterschied zum normalen Diebstahl besteht darin, dass ein Diebstahl geringwertiger Sachen, zum Beispiel von Zeitschriften im Supermarkt, nur auf einen Strafantrag des Geschädigten hin verfolgt wird. Ausnahme: Die Staatsanwaltschaft hat im konkreten Fall ein besonderes Interesse an der Strafverfolgung. Der Strafantrag muss innerhalb von drei Monaten gestellt werden. Ein Strafantrag ist etwas anderes als eine Strafanzeige: Während bei der Strafanzeige lediglich die Polizei darüber informiert wird, dass eine Straftat stattgefunden hat, wird beim Strafantrag durch den Geschädigten ausdrücklich die Strafverfolgung beantragt.
Vor dem Landgericht Kaiserslautern kam 2021 ein Fall zur Verhandlung, in dem eine Frau nicht alle Artikel in ihrem Einkaufswagen an der Selbstbedienungskasse gescannt hatte. Sie hatte das Geschäft mit den unbezahlten Waren verlassen wollen und war von einem Ladendetektiv gestellt worden. Das Gericht schloss sich der Meinung des OLG Hamm an und bewertete die Tat als Diebstahl und nicht als Betrug. Hier ging es um einen versuchten Diebstahl, da sich die Waren noch im Geschäft und im Einkaufswagen befanden. Es habe sich um eine versuchte Wegnahme gehandelt, da die Angeschuldigte ohne das Einverständnis der Geschäftsführung des Supermarkts den Markt mit der Ware verlassen wollte, ohne diese vollständig zu scannen und zu bezahlen (LG Kaiserslautern, Beschluss vom 26.8.2021, Az. 5 Qs 68/21).
Wer sich durch Tricksen an der Selbstbedienungskasse Waren billiger oder kostenlos verschafft, muss also mit einer Strafe wegen Diebstahls rechnen. Wie hoch diese tatsächlich ausfällt, hängt immer vom Einzelfall ab - so können Vorstrafen eine Rolle spielen oder auch die Gründe für die Begehung einer Tat. Bei einer Geldstrafe wird eine bestimmte Anzahl von Tagessätzen verhängt. Die Anzahl der Tagessätze ist von der Schwere der Tat abhängig, ihre Höhe richtet sich nach dem Einkommen des Täters.
Bis wann eine Straftat strafrechtlich verfolgt werden kann, richtet sich nach der Höhe der Strafandrohung. Ein Diebstahl kann zu einer Freiheitsstrafe von höchstens fünf Jahren führen. Er verjährt innerhalb von fünf Jahren.
Selbstbedienungskassen im Supermarkt laden zum Tricksen ein. Aber: Hier handelt es sich um strafbaren Diebstahl. Mit einem Strafantrag durch den Marktbetreiber ist auch bei geringen Beträgen zu rechnen. Kunden sollten von solchem Verhalten also lieber Abstand nehmen. Im Falle eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen Diebstahls empfiehlt es sich, möglichst frühzeitig einen Fachanwalt für Strafrecht aufzusuchen und alle Aussagen bei der Polizei mit diesem abzusprechen.
Immer mehr Selbstbedienungskassen tauchen in deutschen Supermärkten und Baumärkten auf. Mancher mag in Versuchung kommen, dort nicht korrekt zu bezahlen. Handelt es sich um eine Straftat?
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
An der Kasse falschen Strichcode eingescannt: Diebstahl oder Betrug? Welche Unterschiede gibt es bei der Höhe der Strafe? Welche Straftat lag laut Gericht vor? Wann liegt ein Diebstahl geringwertiger Sachen vor? Nicht alle Artikel eingescannt und erwischt Wonach richtet sich die tatsächliche Höhe der Strafe Wann verjährt ein Diebstahl im Supermarkt? Praxistipp zum Diebstahl an der Selbstbedienungskasse An der Kasse falschen Strichcode eingescannt: Diebstahl oder Betrug?
Ein Kunde hatte an einer Supermarktkasse die Zeitschriften "Playboy" und "Stern" erworben. Der "Playboy" sollte 5 Euro, der "Stern" 3,40 Euro kosten. Das war dem Kunden jedoch zu teuer. Er riss am Zeitungsständer eine Ecke der Tageszeitung "WAZ" ab, auf der sich deren Strichcode für den Preis befand - und scannte diesen ein. So zahlte er für die beiden Zeitschriften nur jeweils 1,20 Euro. Allerdings wurde er vom aufmerksamen Personal dabei erwischt.
Das Oberlandesgericht Hamm sah in seinem Verhalten eine Straftat. Es prüfte, ob hier ein Diebstahl oder ein Betrug vorlag. Um einen Diebstahl handelt es sich, wenn jemand fremde Sachen wegnimmt, um sich diese rechtswidrig zuzueignen. Bei einem Betrug ist eine Täuschungshandlung erforderlich: Der Täter schädigt das Vermögen eines anderen in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, indem er falsche Tatsachen vorspiegelt oder wahre Tatsachen entstellt oder unterdrückt und so für einen Irrtum sorgt. Wird kein Mensch direkt getäuscht, sondern die Datenverarbeitung eines Computers manipuliert, kommt ein Computerbetrug nach § 263a Strafgesetzbuch in Frage.
Es soll auch schon Fälle gegeben haben, in denen Kunden den Barcode einer Packung Instantnudeln auf eine Kaffeemaschine geklebt oder eine Kartoffel statt einer Avocado abgewogen haben.
Welche Unterschiede gibt es bei der Höhe der Strafe?
Auf einen Diebstahl stehen laut § 242 StGB bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe. Auch ein Betrug wird mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe geahndet. Allerdings kann ein schwerer Betrug auch mit sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsentzug bestraft werden - zum Beispiel, wenn dieser von einer Bande begangen oder ein besonders großer Schaden hervorgerufen wird. Bei einem Computerbetrug sind es ebenfalls bis zu fünf Jahre oder eine Geldstrafe. Allerdings ist hier auch die Vorbereitung der Tat strafbar, etwa durch die Beschaffung, Herstellung oder Aufbewahrung von dazu erforderlicher Software oder die Beschaffung oder den Verkauf von Passwörtern und Sicherheitscodes. Hier ist mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe zu rechnen.
Welche Straftat lag laut Gericht vor?
Zunächst kam der Fall vor das Landgericht Essen. Dieses sah das Tricksen an der Selbstbedienungskasse als einen strafbaren Computerbetrug an und verurteilte den Mann zu einer Geldstrafe von 100 Euro. In der nächsten Instanz kam der Fall vor das Oberlandesgericht Hamm. Dieses war anderer Ansicht: Hier handele es sich um einen einfachen Diebstahl. Der Grund: Dem Mann seien die Zeitschriften nie übereignet worden, da er nicht den richtigen Strichcode eingescannt habe. Der Vermögensschaden beim Supermarkt sei nicht durch die Täuschung der Selbstbedienungskasse eingetreten, sondern erst durch die Mitnahme der Zeitschriften, ohne diese zu bezahlen. Für den Angeklagten seien sie zu diesem Zeitpunkt noch Sachen gewesen, die ihm nicht gehörten. Der Geschäftsinhaber sei nicht mit der Mitnahme der Zeitschriften einverstanden gewesen. Daher handle es sich hier schlicht um Diebstahl (OLG Hamm, 8.8.2013, Az. III 5 RVs 56/13).
Wann liegt ein Diebstahl geringwertiger Sachen vor?
Hier ging es nun allerdings lediglich um Waren im Wert von 8,40 Euro. Aber: Auch der Diebstahl geringwertiger Sachen ist strafbar. Dies hält § 248a StGB extra fest. Als geringwertig gelten Sachen mit einem Wert unter 50 Euro. Die Strafandrohung ist hier nicht anders als beim normalen Diebstahl, allerdings wird die Höhe des Schadens natürlich bei der Höhe der Strafe berücksichtigt. Der Unterschied zum normalen Diebstahl besteht darin, dass ein Diebstahl geringwertiger Sachen, zum Beispiel von Zeitschriften im Supermarkt, nur auf einen Strafantrag des Geschädigten hin verfolgt wird. Ausnahme: Die Staatsanwaltschaft hat im konkreten Fall ein besonderes Interesse an der Strafverfolgung. Der Strafantrag muss innerhalb von drei Monaten gestellt werden. Ein Strafantrag ist etwas anderes als eine Strafanzeige: Während bei der Strafanzeige lediglich die Polizei darüber informiert wird, dass eine Straftat stattgefunden hat, wird beim Strafantrag durch den Geschädigten ausdrücklich die Strafverfolgung beantragt.
Nicht alle Artikel eingescannt und erwischt
Vor dem Landgericht Kaiserslautern kam 2021 ein Fall zur Verhandlung, in dem eine Frau nicht alle Artikel in ihrem Einkaufswagen an der Selbstbedienungskasse gescannt hatte. Sie hatte das Geschäft mit den unbezahlten Waren verlassen wollen und war von einem Ladendetektiv gestellt worden. Das Gericht schloss sich der Meinung des OLG Hamm an und bewertete die Tat als Diebstahl und nicht als Betrug. Hier ging es um einen versuchten Diebstahl, da sich die Waren noch im Geschäft und im Einkaufswagen befanden. Es habe sich um eine versuchte Wegnahme gehandelt, da die Angeschuldigte ohne das Einverständnis der Geschäftsführung des Supermarkts den Markt mit der Ware verlassen wollte, ohne diese vollständig zu scannen und zu bezahlen (LG Kaiserslautern, Beschluss vom 26.8.2021, Az. 5 Qs 68/21).
Wonach richtet sich die tatsächliche Höhe der Strafe
Wer sich durch Tricksen an der Selbstbedienungskasse Waren billiger oder kostenlos verschafft, muss also mit einer Strafe wegen Diebstahls rechnen. Wie hoch diese tatsächlich ausfällt, hängt immer vom Einzelfall ab - so können Vorstrafen eine Rolle spielen oder auch die Gründe für die Begehung einer Tat. Bei einer Geldstrafe wird eine bestimmte Anzahl von Tagessätzen verhängt. Die Anzahl der Tagessätze ist von der Schwere der Tat abhängig, ihre Höhe richtet sich nach dem Einkommen des Täters.
Wann verjährt ein Diebstahl im Supermarkt?
Bis wann eine Straftat strafrechtlich verfolgt werden kann, richtet sich nach der Höhe der Strafandrohung. Ein Diebstahl kann zu einer Freiheitsstrafe von höchstens fünf Jahren führen. Er verjährt innerhalb von fünf Jahren.
Praxistipp zum Diebstahl an der Selbstbedienungskasse
Selbstbedienungskassen im Supermarkt laden zum Tricksen ein. Aber: Hier handelt es sich um strafbaren Diebstahl. Mit einem Strafantrag durch den Marktbetreiber ist auch bei geringen Beträgen zu rechnen. Kunden sollten von solchem Verhalten also lieber Abstand nehmen. Im Falle eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen Diebstahls empfiehlt es sich, möglichst frühzeitig einen Fachanwalt für Strafrecht aufzusuchen und alle Aussagen bei der Polizei mit diesem abzusprechen.
(Wk)