Impfschaden: Haben Geimpfte Anspruch auf Entschädigung?
05.09.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Für Impfungen gilt generell: Negative gesundheitliche Auswirkungen sind zwar relativ selten, aber nicht ausgeschlossen. So beschränkten sich die häufigsten Nebenwirkungen bei den Impfstoffen gegen COVID-19 meist auf ein leichtes Brennen der Haut an der Einstichstelle, Kopfschmerzen, leichtes Fieber oder Grippesymptome. Im Vergleich zu herkömmlichen Impfstoffen wurden aber relativ viele Fälle von schweren Nebenwirkungen in Form von Autoimmunerkrankungen, dem Guillain-Barre-Syndrom, Thrombosen, Allergien, Herzerkrankungen bis hin zum Tod beobachtet.
In Deutschland verfolgt das Paul-Ehrlich-Institut solche Entwicklungen. Es hat vom Corona-Impfstart an bis Ende Februar 2021 insgesamt 67 Fälle von Anaphylaxie gezählt, also einen allergischen Schock als Impfreaktion, bei dem es zu Herz-Kreislauf-Problemen kommen kann. Beim Wirkstoff Astra-Zeneca gab es Berichte über Blutgerinnsel im Hirn nach der Impfung. Auch hier handelt es sich um sehr wenige Fälle, allerdings haben diese in verschiedenen Ländern und auch in Deutschland zu einem vorläufigen Impfstopp mit dem Wirkstoff Vaxzevria und schließlich zum Entzug der EU-Zulassung geführt. In den Jahren 2009 bis 2011 wurde gegen die Schweinegrippe geimpft. Diese Impfung kann die Schlafkrankheit auslösen. In Deutschland zählte das Paul-Ehrlich-Institut 86 Verdachtsfälle, einige davon landeten vor Gericht.
Als Impfschaden gilt eine gesundheitliche Schädigung, die über das übliche Ausmaß einer Reaktion auf eine Schutzimpfung oder andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe hinausgeht. Dies ist § 24 des 14. Sozialgesetzbuches zu entnehmen (SGB XIV). Die frühere Definition für einen Impfschaden im Infektionsschutzgesetz wurde ersatzlos gestrichen.
Während der Corona-Pandemie wurde mit § 60 Infektionsschutzgesetz eine Regelung eingeführt, nach der Impfgeschädigte gegen den Staat unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf verschuldensunabhängige Entschädigung in Form von Versorgungsleistungen hatten. Diese Regelung in § 60 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) wurde inzwischen gestrichen. Es gilt nun wieder - wie vor Corona - die Regelung im 14. Sozialgesetzbuch.
Nach § 24 SGB XIV erhalten Personen mit Impfschäden grundsätzlich sogenannte Leistungen der Sozialen Entschädigung - auch, wenn die Schutzimpfung mit vermehrungsfähigen Erregern durchgeführt und jemand anderen angesteckt hat, der dann geschädigt wurde.
Zu den Leistungen der Sozialen Entschädigung gehören nach § 2 SGB XIV unter anderem:
- Krankenbehandlung,
- Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
- Leistungen bei Pflegebedürftigkeit,
- Leistungen bei Blindheit,
- Entschädigungszahlungen,
- Berufsschadensausgleich,
- besondere Leistungen im Einzelfall (darunter auch Leistungen für Hinterbliebene),
- Leistungen bei Überführung und Bestattung,
- Ausgleich in Härtefällen,
- Leistungen bei Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland.
Es muss sich um eine Impfung gehandelt haben, die
- von einer Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich durchgeführt wurde,
- von der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung des Geschädigten bezahlt wurde,
- unentgeltlich vom Gesundheitsamt durchgeführt wurde,
- gesetzlich angeordnet wurde.
Wichtig ist der Nachweis, dass Ursache des Schadens wirklich die Impfung und nichts anderes war (§ 4 SGB XIV).
Auf den Informationsseiten der zuständigen Behörden wird als zusätzliche Voraussetzung oft genannt, dass der Schäden schon seit mehr als sechs Monaten anhält.
Nach § 4 Abs. 4 SGB XIV gilt: Für den Nachweis einer Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Diese ist gegeben, wenn nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht.
Das bedeutet: Zunächst muss nachgewiesen werden, dass eine Impfung stattgefunden hat. Dies lässt sich mit Hilfe des Impfausweises oder einer Impfbescheinigung machen. Dann ist nachzuweisen, dass die gesundheitlichen Probleme mit überwiegender Wahrscheinlichkeit durch die Impfung verursacht wurden. Der Impfschaden muss also von einem Arzt diagnostiziert werden. Die Diagnose muss ausführlich dokumentiert werden. So kann zum Beispiel ein großes Blutbild bestimmte Marker aufweisen, die auf einen Impfschaden hindeuten, ebenso kann die Funktionsfähigkeit natürlicher Killerzellen und die Zahl der Lymphozyten geprüft werden. Zweifeln die für die Entschädigung zuständigen Stellen einen Impfschaden an, sind oft zusätzliche Beweise nötig, etwa ein medizinisches Gutachten eines Sachverständigen.
Nach dem Sozialgesetzbuch sind auch Entschädigungen in Geld möglich. Dabei wird je nach Grad der Schädigung eine monatliche Zahlung zwischen 418 und 2.091 Euro geleistet. Bei schwersten Schädigungen ist ein Aufschlag von 20 Prozent möglich, dies sind aber äußerste Extremfälle wie etwa Hirnschäden mit schweren psychischen und physischen Störungen.
Die monatlichen Zahlungen können auch in eine Abfindung umgewandelt werden, die dann einmalig für einen Zeitraum von fünf Jahren gezahlt wird.
Möglich ist auch ein Berufsschadensausgleich. Dabei werden durch Impfschäden verursachte Einkommensverluste ausgeglichen. Hier ist Voraussetzung, dass ein Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 30 anerkannt wurde. Auch dürfen Leistungen zur medizinischen Reha oder zur Teilhabe am Arbeitsleben bei dem/der Betreffenden entweder nicht erfolgversprechend oder nicht zumutbar sein. Die Einzelheiten regelt § 89 SGB XIV.
Wo der Antrag auf Leistungen nach einem Impfschaden zu stellen ist, richtet sich nach den Regeln des jeweiligen Bundeslandes. In Berlin wäre dies zum Beispiel das Landesamt für Gesundheit und Soziales, Abteilung Versorgung, in Bayern die Landesbehörde Zentrum Bayern Familie und Soziales.
Oft kann man online auf den entsprechenden Seiten der Bundesländer die Anträge herunterladen. Ohne ärztliche Nachweise hat die Beantragung jedoch keinen Sinn.
Alle. Die Regelungen im 14. Sozialgesetzbuch beziehen sich nicht explizit auf eine bestimmte Impfung wie COVID.
Nein, dies ist nicht möglich.
Dann gibt es keine Leistungen. Allerdings sind gegen jeden behördlichen Bescheid auch Rechtsmittel möglich, etwa, weil ein Ermessen falsch ausgeübt wurde. Dazu kann Sie ein Anwalt für Verwaltungsrecht beraten.
Urteil: Impfschaden nach Hepatitis-Impfung
Das Sozialgericht Dortmund hat sich mit dem Fall eines zweijährigen Jungen befasst, der von seiner Kinderärztin gegen Hepatitis A und B geimpft worden war und danach an den Folgen eines Guillain-Barre-Syndroms mit Restlähmungen in den Beinen und einer Fußfehlstellung litt. Hier ging es um die (frühere) staatliche Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz und dem Bundesversorgungsgesetz.
Der Landschaftsverband hatte eine Entschädigung abgelehnt, weil seiner Meinung nach nicht feststand, dass die Impfung die Erkrankung ausgelöst hatte. Das sah das Sozialgericht Dortmund anders: Auf Grund medizinischer Beweiserhebung sei eine Ursächlichkeit der Hepatitis-B-Impfung für das Guillain-Barre-Syndrom zu bejahen. Es handle sich hier um eine von der medizinischen Wissenschaft für möglich gehaltene Impfkomplikation, die sich in diesem Fall mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit realisiert habe. Komplikationen durch eine gleichzeitige Grippeerkrankung des Jungen seien in Hinblick auf seine Laborwerte unwahrscheinlich.
Das Gericht hat das nach einer Hepatitis B – Impfung auftretende Gullian-Barre-Syndrom als Impfschaden anerkannt und den Landschaftsverband Westfalen-Lippe zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt (Urteil vom 13.11.2013, Az. S 7 VJ 601/09).
Ist Narkolepsie nach Schweinegrippe-Impfung ein Impfschaden?
Das Sozialgericht Koblenz hat entschieden, dass eine nach einer Schweinegerippe-Impfung aufgetretene Narkolepsie (Schlafkrankheit) als Impfschaden anzuerkennen ist. Es bestehen also Entschädigungsansprüche gegen den Staat (Urteil vom 5.4.2018, Az. 4 VJ 4/15).
Impfung vor Auslandseinsatz
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat die Klage eines Soldaten abgewiesen, der wegen eines Auslandseinsatzes gegen Gelbfieber geimpft worden war und anschließend über eine Verlangsamung der Augenbewegungen, Schwindel, Sprachprobleme und Unbeweglichkeit geklagt hatte. Die Richter argumentierten, das Vorliegen eines Impfschadens sei nach gesicherten medizinischen Forschungsergebnissen zu beurteilen. Die bloße Möglichkeit einer Schädigung durch den Impfstoff reiche dafür nicht aus. Mehrere ausführliche Gutachten hatten im konkreten Fall ergeben, dass ein Zusammenhang mit der Gelbfieberimpfung unwahrscheinlich ist (Urteil vom 28.01.2021, Az. L 10 VE 11/16).
Die reinen Behandlungskosten werden von manchen gesetzlichen Krankenkassen übernommen. So haben etwa die Techniker Krankenkasse und der AOK Bundesverband bestätigt, dass sie Behandlungskosten für Impfschäden infolge einer Corona-Impfung übernehmen. Insoweit geht es aber nur um die reinen Behandlungskosten, nicht um Folgekosten oder Schadensersatz.
Ansprüche auf Versicherungsleistungen können sich auch aus einer privaten Unfallversicherung, einer Berufsunfähigkeitsversicherung oder bei Tod des Geimpften aus einer Lebensversicherung ergeben. Insoweit kommt es darauf an, ob Impfschäden vom Versicherungsvertrag umfasst sind und ob es Ausschlüsse für bestimmte Impfungen gibt. Hier heißt es genau hinzuschauen!
Impfstoffhersteller haften grundsätzlich nach dem Produkthaftungsgesetz. Für die Corona-Impfstoffe sind die Hersteller durch den Staat von der Haftung freigestellt worden. Als weitere Anspruchsgrundlagen können aber auch das Arzneimittelgesetz und das allgemeine Schadensersatzrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches herangezogen werden (§ 823 BGB).
Am 10.7.2024 hat das Oberlandesgericht Koblenz entschieden, dass eine Klägerin keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen Biontech hat. Die Frau hatte vorgetragen, dass sie Tage nach der ersten Impfung unter starken Kopfschmerzen und einem immer stärkeren Schwindel gelitten habe. Die Symptome seien nach der zweiten Impfung intensiver geworden. Sie leide bis heute unter einem unsicheren Gang, falle leicht und müsse oft gestützt werden. Sie verlangte ein Schmerzensgeld von 100.000 Euro.
Vor Gericht ging es um § 84 Arzneimittelgesetz, nach dem Hersteller unabhängig von einem Verschulden für Schäden durch Medikamente haften. Es kommt nur darauf an, ob zwischen Medikament und Gesundheitsschädigung eine Verbindung nachzuweisen ist. Dies war hier jedoch nicht der Fall. Außerdem kam hier auch eine Ausnahme für Impfstoffhersteller zum Tragen: Diese müssen nur Schadensersatz zahlen, wenn der Impfstoff "schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen". Auch dies war hier nach Ansicht des Gerichts nicht der Fall (Urteil vom 10.7.2024, Az. 5 U 1375/23).
Ärzte und Impfpersonal haften, wenn sie schuldhaft einen Fehler begehen und dadurch der Geimpfte geschädigt wurde (sogenannte Arzthaftung). Ein solcher Fehler könnte zum Beispiel vorliegen, wenn sich das Impfpersonal nicht nach Vorerkrankungen oder Allergien erkundigt und deswegen dann Komplikationen auftreten. Hier kommt es dann sehr auf den Einzelfall an. Bei der Arzthaftung spielen medizinische Gutachten meist eine wichtige Rolle.
Wer auf Schadensersatz klagen will, sollte mit einem öffentlich-rechtlichen Entschädigungsantrag gegen den Staat vorsichtig sein: Unter Umständen werden mit der Antragstellung die Schadensersatzansprüche des Betreffenden gegen Dritte an den Staat abgetreten. Hier sollte man sich unbedingt zunächst über die Folgen der Antragstellung informieren.
Entschädigungsansprüche nach einem Impfschaden können sich kompliziert gestalten. Ein Fachanwalt für Medizinrecht kann prüfen, welche Ansprüche im Einzelfall bestehen und zum sinnvollsten Vorgehen raten.
Das Wichtigste in Kürze
1. Voraussetzung: Eine Entschädigung für Impfschäden gibt es nur in bestimmten Fällen, z.B., wenn die Imfpung von einer Landesbehörde öffentlich empfohlen oder wenn sie gesetzlich angeordnet wurde.
2. Ursächlichkeit: Der Anspruchsteller muss nachweisen, dass die Impfung die einzige Ursache für die behauptete Schädigung ist. Der eingetretene Impfschaden muss bereits über einen gewissen Zeitraum bestehen.
3. Entschädigung: Nach dem Sozialgesetzbuch sind neben der Übernahme von Behandlungs- und Inklusionskosten etc. auch Entschädigungen in Geld möglich. Deren Höhe richtet sich nach der Schwere der Schädigung.
1. Voraussetzung: Eine Entschädigung für Impfschäden gibt es nur in bestimmten Fällen, z.B., wenn die Imfpung von einer Landesbehörde öffentlich empfohlen oder wenn sie gesetzlich angeordnet wurde.
2. Ursächlichkeit: Der Anspruchsteller muss nachweisen, dass die Impfung die einzige Ursache für die behauptete Schädigung ist. Der eingetretene Impfschaden muss bereits über einen gewissen Zeitraum bestehen.
3. Entschädigung: Nach dem Sozialgesetzbuch sind neben der Übernahme von Behandlungs- und Inklusionskosten etc. auch Entschädigungen in Geld möglich. Deren Höhe richtet sich nach der Schwere der Schädigung.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was ist ein Impfschaden? Welche Ansprüche stehen Betroffenen gegen den Staat zu? Unter welchen Voraussetzungen erhalte ich Leistungen bei einem Impfschaden? Wie kann ich einen Impfschaden nachweisen? Welche Entschädigung bekomme ich bei einem Impfschaden? Wo stellt man den Antrag auf Entschädigung? Wie beantrage ich eine Entschädigung für einen Impfschaden? Welche Impfungen fallen unter die Entschädigungsregelung? Kann ich auch ohne nachgewiesenen Impfschaden eine Entschädigung erhalten? Was passiert, wenn mein Antrag abgelehnt wird? Einige Urteile zur staatlichen Entschädigung bei Impfschäden Was zahlen Krankenversicherungen bei Impfschäden? Kann ich wegen eines Impfschadens Schadensersatz vom Impfstoffhersteller verlangen? Wann haften Ärzte und Impfpersonal? Praxistipp zur Entschädigung bei Impfschäden In Deutschland verfolgt das Paul-Ehrlich-Institut solche Entwicklungen. Es hat vom Corona-Impfstart an bis Ende Februar 2021 insgesamt 67 Fälle von Anaphylaxie gezählt, also einen allergischen Schock als Impfreaktion, bei dem es zu Herz-Kreislauf-Problemen kommen kann. Beim Wirkstoff Astra-Zeneca gab es Berichte über Blutgerinnsel im Hirn nach der Impfung. Auch hier handelt es sich um sehr wenige Fälle, allerdings haben diese in verschiedenen Ländern und auch in Deutschland zu einem vorläufigen Impfstopp mit dem Wirkstoff Vaxzevria und schließlich zum Entzug der EU-Zulassung geführt. In den Jahren 2009 bis 2011 wurde gegen die Schweinegrippe geimpft. Diese Impfung kann die Schlafkrankheit auslösen. In Deutschland zählte das Paul-Ehrlich-Institut 86 Verdachtsfälle, einige davon landeten vor Gericht.
Was ist ein Impfschaden?
Als Impfschaden gilt eine gesundheitliche Schädigung, die über das übliche Ausmaß einer Reaktion auf eine Schutzimpfung oder andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe hinausgeht. Dies ist § 24 des 14. Sozialgesetzbuches zu entnehmen (SGB XIV). Die frühere Definition für einen Impfschaden im Infektionsschutzgesetz wurde ersatzlos gestrichen.
Welche Ansprüche stehen Betroffenen gegen den Staat zu?
Während der Corona-Pandemie wurde mit § 60 Infektionsschutzgesetz eine Regelung eingeführt, nach der Impfgeschädigte gegen den Staat unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf verschuldensunabhängige Entschädigung in Form von Versorgungsleistungen hatten. Diese Regelung in § 60 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) wurde inzwischen gestrichen. Es gilt nun wieder - wie vor Corona - die Regelung im 14. Sozialgesetzbuch.
Nach § 24 SGB XIV erhalten Personen mit Impfschäden grundsätzlich sogenannte Leistungen der Sozialen Entschädigung - auch, wenn die Schutzimpfung mit vermehrungsfähigen Erregern durchgeführt und jemand anderen angesteckt hat, der dann geschädigt wurde.
Zu den Leistungen der Sozialen Entschädigung gehören nach § 2 SGB XIV unter anderem:
- Krankenbehandlung,
- Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
- Leistungen bei Pflegebedürftigkeit,
- Leistungen bei Blindheit,
- Entschädigungszahlungen,
- Berufsschadensausgleich,
- besondere Leistungen im Einzelfall (darunter auch Leistungen für Hinterbliebene),
- Leistungen bei Überführung und Bestattung,
- Ausgleich in Härtefällen,
- Leistungen bei Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland.
Unter welchen Voraussetzungen erhalte ich Leistungen bei einem Impfschaden?
Es muss sich um eine Impfung gehandelt haben, die
- von einer Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich durchgeführt wurde,
- von der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung des Geschädigten bezahlt wurde,
- unentgeltlich vom Gesundheitsamt durchgeführt wurde,
- gesetzlich angeordnet wurde.
Wichtig ist der Nachweis, dass Ursache des Schadens wirklich die Impfung und nichts anderes war (§ 4 SGB XIV).
Auf den Informationsseiten der zuständigen Behörden wird als zusätzliche Voraussetzung oft genannt, dass der Schäden schon seit mehr als sechs Monaten anhält.
Wie kann ich einen Impfschaden nachweisen?
Nach § 4 Abs. 4 SGB XIV gilt: Für den Nachweis einer Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Diese ist gegeben, wenn nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht.
Das bedeutet: Zunächst muss nachgewiesen werden, dass eine Impfung stattgefunden hat. Dies lässt sich mit Hilfe des Impfausweises oder einer Impfbescheinigung machen. Dann ist nachzuweisen, dass die gesundheitlichen Probleme mit überwiegender Wahrscheinlichkeit durch die Impfung verursacht wurden. Der Impfschaden muss also von einem Arzt diagnostiziert werden. Die Diagnose muss ausführlich dokumentiert werden. So kann zum Beispiel ein großes Blutbild bestimmte Marker aufweisen, die auf einen Impfschaden hindeuten, ebenso kann die Funktionsfähigkeit natürlicher Killerzellen und die Zahl der Lymphozyten geprüft werden. Zweifeln die für die Entschädigung zuständigen Stellen einen Impfschaden an, sind oft zusätzliche Beweise nötig, etwa ein medizinisches Gutachten eines Sachverständigen.
Welche Entschädigung bekomme ich bei einem Impfschaden?
Nach dem Sozialgesetzbuch sind auch Entschädigungen in Geld möglich. Dabei wird je nach Grad der Schädigung eine monatliche Zahlung zwischen 418 und 2.091 Euro geleistet. Bei schwersten Schädigungen ist ein Aufschlag von 20 Prozent möglich, dies sind aber äußerste Extremfälle wie etwa Hirnschäden mit schweren psychischen und physischen Störungen.
Die monatlichen Zahlungen können auch in eine Abfindung umgewandelt werden, die dann einmalig für einen Zeitraum von fünf Jahren gezahlt wird.
Möglich ist auch ein Berufsschadensausgleich. Dabei werden durch Impfschäden verursachte Einkommensverluste ausgeglichen. Hier ist Voraussetzung, dass ein Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 30 anerkannt wurde. Auch dürfen Leistungen zur medizinischen Reha oder zur Teilhabe am Arbeitsleben bei dem/der Betreffenden entweder nicht erfolgversprechend oder nicht zumutbar sein. Die Einzelheiten regelt § 89 SGB XIV.
Wo stellt man den Antrag auf Entschädigung?
Wo der Antrag auf Leistungen nach einem Impfschaden zu stellen ist, richtet sich nach den Regeln des jeweiligen Bundeslandes. In Berlin wäre dies zum Beispiel das Landesamt für Gesundheit und Soziales, Abteilung Versorgung, in Bayern die Landesbehörde Zentrum Bayern Familie und Soziales.
Wie beantrage ich eine Entschädigung für einen Impfschaden?
Oft kann man online auf den entsprechenden Seiten der Bundesländer die Anträge herunterladen. Ohne ärztliche Nachweise hat die Beantragung jedoch keinen Sinn.
Welche Impfungen fallen unter die Entschädigungsregelung?
Alle. Die Regelungen im 14. Sozialgesetzbuch beziehen sich nicht explizit auf eine bestimmte Impfung wie COVID.
Kann ich auch ohne nachgewiesenen Impfschaden eine Entschädigung erhalten?
Nein, dies ist nicht möglich.
Was passiert, wenn mein Antrag abgelehnt wird?
Dann gibt es keine Leistungen. Allerdings sind gegen jeden behördlichen Bescheid auch Rechtsmittel möglich, etwa, weil ein Ermessen falsch ausgeübt wurde. Dazu kann Sie ein Anwalt für Verwaltungsrecht beraten.
Einige Urteile zur staatlichen Entschädigung bei Impfschäden
Urteil: Impfschaden nach Hepatitis-Impfung
Das Sozialgericht Dortmund hat sich mit dem Fall eines zweijährigen Jungen befasst, der von seiner Kinderärztin gegen Hepatitis A und B geimpft worden war und danach an den Folgen eines Guillain-Barre-Syndroms mit Restlähmungen in den Beinen und einer Fußfehlstellung litt. Hier ging es um die (frühere) staatliche Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz und dem Bundesversorgungsgesetz.
Der Landschaftsverband hatte eine Entschädigung abgelehnt, weil seiner Meinung nach nicht feststand, dass die Impfung die Erkrankung ausgelöst hatte. Das sah das Sozialgericht Dortmund anders: Auf Grund medizinischer Beweiserhebung sei eine Ursächlichkeit der Hepatitis-B-Impfung für das Guillain-Barre-Syndrom zu bejahen. Es handle sich hier um eine von der medizinischen Wissenschaft für möglich gehaltene Impfkomplikation, die sich in diesem Fall mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit realisiert habe. Komplikationen durch eine gleichzeitige Grippeerkrankung des Jungen seien in Hinblick auf seine Laborwerte unwahrscheinlich.
Das Gericht hat das nach einer Hepatitis B – Impfung auftretende Gullian-Barre-Syndrom als Impfschaden anerkannt und den Landschaftsverband Westfalen-Lippe zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt (Urteil vom 13.11.2013, Az. S 7 VJ 601/09).
Ist Narkolepsie nach Schweinegrippe-Impfung ein Impfschaden?
Das Sozialgericht Koblenz hat entschieden, dass eine nach einer Schweinegerippe-Impfung aufgetretene Narkolepsie (Schlafkrankheit) als Impfschaden anzuerkennen ist. Es bestehen also Entschädigungsansprüche gegen den Staat (Urteil vom 5.4.2018, Az. 4 VJ 4/15).
Impfung vor Auslandseinsatz
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat die Klage eines Soldaten abgewiesen, der wegen eines Auslandseinsatzes gegen Gelbfieber geimpft worden war und anschließend über eine Verlangsamung der Augenbewegungen, Schwindel, Sprachprobleme und Unbeweglichkeit geklagt hatte. Die Richter argumentierten, das Vorliegen eines Impfschadens sei nach gesicherten medizinischen Forschungsergebnissen zu beurteilen. Die bloße Möglichkeit einer Schädigung durch den Impfstoff reiche dafür nicht aus. Mehrere ausführliche Gutachten hatten im konkreten Fall ergeben, dass ein Zusammenhang mit der Gelbfieberimpfung unwahrscheinlich ist (Urteil vom 28.01.2021, Az. L 10 VE 11/16).
Was zahlen Krankenversicherungen bei Impfschäden?
Die reinen Behandlungskosten werden von manchen gesetzlichen Krankenkassen übernommen. So haben etwa die Techniker Krankenkasse und der AOK Bundesverband bestätigt, dass sie Behandlungskosten für Impfschäden infolge einer Corona-Impfung übernehmen. Insoweit geht es aber nur um die reinen Behandlungskosten, nicht um Folgekosten oder Schadensersatz.
Ansprüche auf Versicherungsleistungen können sich auch aus einer privaten Unfallversicherung, einer Berufsunfähigkeitsversicherung oder bei Tod des Geimpften aus einer Lebensversicherung ergeben. Insoweit kommt es darauf an, ob Impfschäden vom Versicherungsvertrag umfasst sind und ob es Ausschlüsse für bestimmte Impfungen gibt. Hier heißt es genau hinzuschauen!
Kann ich wegen eines Impfschadens Schadensersatz vom Impfstoffhersteller verlangen?
Impfstoffhersteller haften grundsätzlich nach dem Produkthaftungsgesetz. Für die Corona-Impfstoffe sind die Hersteller durch den Staat von der Haftung freigestellt worden. Als weitere Anspruchsgrundlagen können aber auch das Arzneimittelgesetz und das allgemeine Schadensersatzrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches herangezogen werden (§ 823 BGB).
Am 10.7.2024 hat das Oberlandesgericht Koblenz entschieden, dass eine Klägerin keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen Biontech hat. Die Frau hatte vorgetragen, dass sie Tage nach der ersten Impfung unter starken Kopfschmerzen und einem immer stärkeren Schwindel gelitten habe. Die Symptome seien nach der zweiten Impfung intensiver geworden. Sie leide bis heute unter einem unsicheren Gang, falle leicht und müsse oft gestützt werden. Sie verlangte ein Schmerzensgeld von 100.000 Euro.
Vor Gericht ging es um § 84 Arzneimittelgesetz, nach dem Hersteller unabhängig von einem Verschulden für Schäden durch Medikamente haften. Es kommt nur darauf an, ob zwischen Medikament und Gesundheitsschädigung eine Verbindung nachzuweisen ist. Dies war hier jedoch nicht der Fall. Außerdem kam hier auch eine Ausnahme für Impfstoffhersteller zum Tragen: Diese müssen nur Schadensersatz zahlen, wenn der Impfstoff "schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen". Auch dies war hier nach Ansicht des Gerichts nicht der Fall (Urteil vom 10.7.2024, Az. 5 U 1375/23).
Wann haften Ärzte und Impfpersonal?
Ärzte und Impfpersonal haften, wenn sie schuldhaft einen Fehler begehen und dadurch der Geimpfte geschädigt wurde (sogenannte Arzthaftung). Ein solcher Fehler könnte zum Beispiel vorliegen, wenn sich das Impfpersonal nicht nach Vorerkrankungen oder Allergien erkundigt und deswegen dann Komplikationen auftreten. Hier kommt es dann sehr auf den Einzelfall an. Bei der Arzthaftung spielen medizinische Gutachten meist eine wichtige Rolle.
Wer auf Schadensersatz klagen will, sollte mit einem öffentlich-rechtlichen Entschädigungsantrag gegen den Staat vorsichtig sein: Unter Umständen werden mit der Antragstellung die Schadensersatzansprüche des Betreffenden gegen Dritte an den Staat abgetreten. Hier sollte man sich unbedingt zunächst über die Folgen der Antragstellung informieren.
Praxistipp zur Entschädigung bei Impfschäden
Entschädigungsansprüche nach einem Impfschaden können sich kompliziert gestalten. Ein Fachanwalt für Medizinrecht kann prüfen, welche Ansprüche im Einzelfall bestehen und zum sinnvollsten Vorgehen raten.
(Ma)